Nr.455.36.Jahrg.
Bezugspreis:
Bierteljährl. 9, ML, menafl.&
frei tas Saus, voraus zahlbar. Bob bezug: Monatlich&
er Bu
ftellungsgebühr. Unter Kreuzband für Deutschland und Defterreich- Ungarn 6.25 ML, für das übrige Ausland 10.25 ML, bei täglich einmal 8uftellung 8.25 M Boftbestellungen nehmen an Dänemart Holland, Buremburg, Schweden u. die Schwetz. Eingetragen in die Boft- Bettungs- Breislifte. Der Borwärts" mit ber Sonntags beilage Bolt u. Beit erscheint wochen täglich zweimal. Sonntags einmal.
Telegramm- Adresse: Sozialdemofcat Berlin..
Morgen- Ausgabe.
( 15 Pfennig
Anding son as
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
Anzeigenpreis:
Ste achtgespaltene Nonpareillezetle Loftet 150 mt. Aleine Anzeigen". bas fettgebrudte Wort 60 Pfg.( zuläffig 2 fettgebrudte Worte), jedes weitere Bort 40 Bfg. Stellengesuche und Schlafftellenanzeigen das erste Wort 60 Bfg. febes weitere Bort 30 Bfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Teuerungszuschlag 50% Familien Anzeigen, politische und gewertschaftliche Vereins Anzeigen 150 mt die Beile. Anzeigen flir die nächste Summer müffen bis 5 he nachmittags im Hauptgeschäft, Berlin GB 68, Lindenstraße 3, abgegeben werden. Geöffnet von 9 Uhr früh bis 5 Uhr abends.
Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.
Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.
Fernsprecher: Amt Morinplay, Nr. 15190-15197.
Sonnabend, den 6. September 1919.
Die deutschen Soldaten im Baltikum.
Senoffe Minnig fendet uns folgende Darstellung über Geheime deutsch - dänische Verhandlungen. Bolschewiften nachfolgen und das von uns freigegebene Band
die Entstehung der verworrenen Verhältnisse im baltischen Often: Auf dem Kongreß der Soldatenräte der VIII. Armee, der am 17. November b. I. auf meine Veranlassung in Riga zusammentrat, erging sich ein alter Landsturmmann von einem bei Dinaburg stehenden Truppenteil in beweglichen Klagen über bolichemistische Angriffe. Er schilderte drastisch die Underfrorenheit der bolichemistischen Truppen, die seit einigen Tagen mit großer Macht unsere Truppen bedrängten und so gut wie feinen Widerstand fänden. Er forderte dringend eine Einwirkung auf die Truppen durch Aufklärung über die Bolschemisten und vor allem ausreichende Verstärkungen.
Bir, die Leitung des Kongresses, wußten nicht recht, mas wir mit diesen Klagen beginnen sollten. An einen Krieg mit den Bolschewisten dachte kein Mensch; die Nachricht von diesen Angriffen wirfte außerordentlich überraschend. Warum follte man sich mit den Bolichemisten schlagen? Es bestand zwischen uns und ihnen fein Streitpunkt. Und nun gar Verstärkungen hinzusenden erschien ganz und gar unmöglich. Die Truppen berlangten ungestüm nach der Heimbeförderung. Selbst wenn man gemollt hätte, wäre es unmöglich gewesen, Verstärkungen hinzusenden, weil einfach teine Truppe dam Marschbefehl ge folgt more. Man ließ daher diese Slagen zunächst auf sich bemihen.
besetzen.
Eigener Drahtbericht bes Borwärts". Diese Vereinbarungen wurden von den Bolschewisten Der dänische Reichstag hat zur Klärung und aur et nicht gehalten. Ihre Bekanntgabe an die Truppen erregte waigen Einschränkung der bestehenden Berteidigungseinrichtungen große Freude, verleitete aber die Truppen zu einer Unachtjameinen Ausschuß eingefest, deffen: Borsigender, der Berteidigungs- keit, die sich östlich. Dorpat und bei Wenden blutig rächte. Es minister Munch, unter anderem den Antrag stellte, die Festung war infolge der Unachtsamkeit unserer Truppen den WolfcheKopenhagen balbmöglichst zu fchleifen, obwohl nach dem wisten möglich, die deutschen Stellungen zu um. Wehrgefes von 1909 die Schleifung für 1922 bereits beschloffen ift. 3 ingeln und die Soldaten zu bedingungslosen Kapitulationen Diese Abficht wurde von der Oppofition angegriffen. Das Regie- zu zwingen. In den meisten Fällen haben sich die Soldaten rungsblatt Bolitiken" kritisierte entgegen dem Willen der Kom widerstandslo3 unterworfen, nur wenige Truppenmission den Beschluß. teile, so z. B. die Mecklenburgischen Dragoner, machten eine rühmliche Ausnahme und schickten die vertragsbrüchigen Bolschewisten mit blutigen Köpfen zurüd.
Jest hat sich herausgestellt, daß der Wunsch ber Rommission, der Deffentlichkeit seinerzeit teinen Bericht über die Berhand lungen zu geben, tiefer liegenbe Grünbe hat. Bei diesen Berhandlungen haben sich nämlich überraschende Dinge über die frühere Außen und Militärpolitik ber jebigen Oppo fition, nämlich des Führers der gemäßigten linken Partei, 3. G. Christensen, ber von 1905 bis 1908 Ministerpräsident und Kriegsminister war, herausgestellt.
Diese Entwicklung war naturgemäß auch der Regierung der am 19. November errichteten lettländischen Re publik unangenehm. Kamen die Bolichewisten ins Land, so war es um die Republik Latwija geschehen. Fast täglich waren die Minister Ullmann, und Walter bei mir und beschworen mich, für einen besseren Schuh des Landes zu sor Unser Kopenhagener Parteiblatt Socialdemokraten" gibt jest gen. Ich fonnte nicht mehr tun, als ich getán hatte und barüber einen ausführlichen Bericht. Christensen foll als Minister weiter tat. Auch die lettischen Sozialisten.( Richtung präfibent und Berteidigungsminister burdy ben bamaligen bänischen Saase- Boutant- Merges) maren fast täglich bei mir und be Sauptmann Luetten in Unterhandlungen mit bem damaligen arbeiteten mich im gleichen Simme. Die Lage wurde dadurch bentiden General abschef Maltte wegen Ab. noch fomplizierter, daß im Lande selbst der Bolschewisams Der auf diefem Rongreß gewählte Sentralrat der fchluffes einer Militäroupention mit Deutschland immer dreifter sein Haupt erhob. Ich hatte gleich in den ersten VIII Armee hatte sich dann aber in den nächsten Tagen mit geftanben haben, die gegen Deutschlands Feinbe", wie aus. Tagen meiner am 14. November aufgenommenen Amtstätigkeit Der Angelegenheit zu befaffen. Die Klagen mehrten fich. An brüdlich deutscherfeits betont wurde, gerichtet sein sollte. Als Ent die Borzenfur und die Versammlungsverbote aufgehoben und einigen Stellen der Front hatten unserz Soldaten mit den fäbigung bafür follte Dänemar? Rorbichleswig die politischen Gefangenen aus der Saft entlassen. InfolgeBolichemiften fraternifiert und ihre Borräte mit ihnen geteilt. 3urüderbolten. Dänemark follte Ropenhagen und Sealand deffen hatten auch die Bolschewisten Versammlungen abhalten Große Mengen Heeresgut, Geschütz, Maschinengemehre und felbft verteidigen, während Deutschland die Berteidigung von und eine lebhafte Propagandatätigkeit entfalten können. Es mar mir vollständig klar, daß an eine Abwehr der Roten Armee Munition war den Bolschewisten auf diese Weise in die Hände Schoenen und Jütland übernehmen sollte. gefallen. An anderen Stellen der Front, so insbesondere nörd- Diefe ganze Politik des früheren Ministerpräsidenten Christen- nicht mehr zu denken sei. Ich trachtete daher nur noch danach, lich des Peipussees, war es zu ernsten Kampfhand- fen nahm jedoch ein jähes Ende durch den Sturg bes betrüge- unsere Truppen heil aus dem Lande zu schaffen und soviel Iungen gefommen. Unsere Truppen hatten den borgehenden rischen Justizministers bert im Jahre 1908. G8 mutbe ber wie möglich von dem wertvollen Heeresgut mitzunehmen. Daneben mußte ich freilich die Berechtigung der lettischen Bolichemisten Widerstand geleistet. Etwa Ende November war Otantenvertrag zwischen Deutschland und Dänemark ab. die ganze Front der VIII. Armee in Bewegung. gefchloffen, der jedoch kein dauerndes Freundschaftsverhältnis zwi. Forderungen nach weiterem Schutz des Landes anerkennen. Wir Von Tag zu Tag zeigte es sich deutlicher, daß dem Vorgehen schen Deutschland und Dänemark schaffen konnte, sondern ein immer batten dem Lande seine Verwaltung und seinen Selbstschutz geder Noten Armee ein einheitlicher Plan zugrunde lag, und daß stärker werbendes Mistrauen des damaligen amt- nommen und hatten nun die moralische Pflicht, das Land so unfere Truppen nicht mehr in der Bage waren, den Vormarschlichen Deutschlands gegen Dänemark zurüdlies. Gerade der lange zu schügen, bis es einen neuen Selbstschutz organisiert hatte. aufzuhalten. Umstand, das Deutschland von ben Christensen- Verhandlungen entDa fich täglich mehr herausstellte, daß auch die Eiserne täuft wurbe, ba man ein größeres pofitives Ergebnis erwartet hatte, brachte es mit sich, daß man Dänemarks Politik von 1908 Division ein frommer Wunsch bleiben würde, fuhr ich am 8. Debis zum Kriegsausbruch mit der größten Wachsamkeit ver- 3ember nach Berlin und versuchte die Reichsregierung zu folgte und deshalb war die Stellung für Dänemark in den ersten beranlassen, kampffähige Truppen nach dem Bal. tenlande zu senden. Bei diesen Vorstellungen unterAguftagen 1914 febr fritisch.
hatte inzwischen die lettländische Regierung mit deutscher Hilfe einige Kompagnien aufgestellt. Diese Kompagnien waren sehr umzuverläffig; zwei von ihnen meuterten am 26. Dezember; sie wurden durch die Schiffsgeschüße der inzwischen vor Riga eingetroffenen Engländer zur Raison gebracht.
Die VIII. Armee, zum größten Teile aus den ältesten Jahrgängen und aus Invaliden bestehend, war vollständig de moralifiert. Manche Verbände löften fich von selber auf und erzwangen ihre Abbeförderung. Ungeheure Mengen an Heeres gut wurden von ihnen veruntreut oder der einheimischen Be bölkerung oder den Bolschewisten überlassen. In einigen Fällen Das Interessante an diefer Mitteilung des Socialdemokraten" st üste mich der damalige Soldatenrat Plottte, der jetzt, erzeugten die bolichemistischen Angriffe eine panifartige Flucht. ist für die Dänen, daß der sogenannte außenpolitische Deutschen , soweit ich weiß, bei den Leipziger Unabhängigen eine Auch die Front nördlich des Peipussees hielt nicht mehr stand. furs, ben bie jebige Oppofition bem jezigen Außenminifter Seave. führende Rolle spielt. Die Vertreter der Reichsregierung berSprachen uns Hilfe, insbesondere gab uns der damalige KriegsSie brach zusammen und die Massen der Roten Armee uius vorwirft, gerabe von ber Oppofition felbft feinerzeit geführt minister Scheuch die bindendsten Versicherungen. Silfe fam ergossen sich vom Norden her über Estland . Ende No- worden ist. jedoch nicht. Aus der Eisernen Division war allmählich ein bember hatten sie bereits die Nordgrenze Livlands erreicht. Die Beröffentlichung unseres Kopenhagener Barteiblatts hat Ich besprach die Bage faft täglich mit dem 3entralrat fofort dem ehemaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Oppofi.leines Säuflein von etwa 600 jungen Soldaten geworden, die der VIII. Armee und mit den Rommandobehörden. Die tionsführer Christenfen ben Mundgeöffnet Gr erklärt: um Teil noch niemals im Feuer gestanden hatten. Sie haben Die tionsführer Christensen ben Mund geöffnet. Er erklärt: fich als Nachhut manchmal gut und manchmal schlecht geschlagen. Ich habe im vollen Einverständnis mit dem König Hauptmann Das Schicksal Lettlands fonnten fie nicht wenden. Es fiel Kommandobehörden standen der Rage ebenfalls rat- und hilfsLo3 gegenüber. Ich schlug die Bildung einer Nachhut- netten nad Berlin gefäidt, wozu Moltke Beranlaffung den Bolschewisten wie eine reife Pflaume in den Schoß. armae vor, die durch Aufrufe zur freiwilligen Meldung er gegeben hatte. Queffen lehnte eine Militärtonvention Um die Weihnachtstage war es mir klar, daß es sich nur folgen sollte. Die Kommandobehörden gingen auf den Plan ober irgendeine militärische Bereinbarung ab, weil er eine solche noch um ganz wenige Tage handeln könne, dann würden wir ein, ohne aber etwas zu erreichen. Die Lage wurde von Tag als für Dänemark gefährlich erklärte. Seine Aufgabe war, Moltke Riga aufgeben müssen. Die Bolschewisten standen um zu Tag bedrohlicher. In dieser Not ging ich am 28. November davon zu überzeugen, daß Dänemark nicht auf ber Lauer liegen diese Beit etwa 40 ilometer vor der Stadt. In Riga selbst mit dem Verwaltungschef Herrn von Gozler zu dem Führer würbe, am Deutschland , während es in einen europäischen Krieg der VIII. Armee, General von Kathen, und ersuchte ihn, die verwidelt war, in den Müden zu fallen, und daß wir unser BerBildung der Nachhutarmee mit größerem Eifer zu betreiben. teidigungswesen fo einrichten würden, bah es von einer ber krieg Er erklärte uns, daß er bei dem demoralisierten Zustande der führenden Mächte nicht gegen die andere benutt werden könnte." Armee an feinen Erfolg glaube.Jch qab mich zwei Tage mit dem Bescheid zufrieden. Ms aber die Katastrophe immer ernster wurde, bewog ich den Zentralrat der VIII. Armee zu einer gemeinsamen Borstellung beim Chef des Stabes. Am Morgen des 30. November hatten wir eine Besprechung mit dem Oberbefehlshaber und dem Chef des Generalstabes, Major Franz. Die Unterhaltung mit dem Armeeoberkommando war außerordentlich bewegt. Diefe alten Soldaten waren ganz nieder- Der Eifer der Soldatenräte war vergeblich. Das Armee - Die Engländer waren am 21. Dezember auf der Düna gebrochen, glaubten an nichts mehr als an den völligen Bu- oberkommando versagte bei der Organisation. Behn vor Riga erschienen. Am 23. sandte der englische Befehlshaber fammenbruch und waren zu feinem Entschluß fähig. Ich zwang Tage nach diesem Entschluß war im Armeeoberkommando noch einen Ordonnanzoffizier zu mir und ersuchte mich um eine fie zu der Zusage, an Stelle des unausführbaren Planes, eine fein Offizier mit der Organisation der Eisernen Divifion be- Besprechung, die noch am gleichen Tage an Bord des englischen Nachbutarmee zu bilden, alle erforderlichen Schritte zu tun, um auftragt worden. Um den Zusammenbruch aufzuhalten, ent- Silfskreuzers stattfand. Hier erklärten die Engländer, wir eine Division von etwa 6000 Mann aufzustellen, die den schloß fich der 3entralfoldatenrat zu Berhand- hätten nach dem Waffenstillstandsvertrage die Pflicht, im Abzug unserer Truppen deden sollte. Dies bedeutete eine Re- Iungen mit den Bolsche wisten. Diese fanden unter ande zu bleiben, solange fie es verlangten. duzierung unserer Absichten. Es wurde beschlossen, mit- Teilnahme von Vertretern des Armeeoberkommandos und Sie verboten uns jeden weiteren Abtransport von Truppen und alieber der Soldatenräte auf Werbung zu den meiner Behörde vom 5. bis 7. Dezember in Di na burg statt. Seeresgerät. Ich erklärte ihnen, daß das ganz unmöglich sei, Truppenteilen zu senden. Das geschah: die Soldatenräte Sie hatten ein befriedigendes Ergebnis. Es wurde die Einstellung des Abtransportes würde einfach die Meuterei Siemens und Plottte aus Riga , Stobert Albert aus Mitan be- bereinbart, daß die Bolichemiften unsere Truppen nicht be- der Truppen zur Folge haben und das Chaos im Baltenlande reiften den Armeebezirk und brachten ftattliche Zahlen Frei- drängen follten. Unseren Truppen follte Reit gelaffen werden, noch vergrößern. williger zufommen. Diefe Divifion sollte den Namen ihre Stellungen in Ordnung zu räumen und alles Heeresgut In diesen Tagen der höchsten Not, als ich der lettischen Eiserne Division" erhalten. mitzunehmen. Erst nach pollzogener Stäumung sollten die Stagierung fagen mußte, daß alles verloren sei und Riga nicht
Runmehr werden auch bie beutfchen Atten über den Fall geöffnet werden müssen. Besonders wird es Interesse erregen, zu erfahren, ob bie Rüdgabe von Nordschleswig wirklich in Aussicht gestellt worden ist und wenn ja, in welcher Form and unter welchen Bedingungen.