Nr.457.36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernivrecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90--15197.

Sonntag, den 7. September 1919.

Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplat, Nr. 117 53-54.

Oesterreich unterzeichnet.

begründet worden ist, wird der Völkerbund der Versöhnung tommen. Auf ihn segen auch wir unsere Hoffnung. Erst wenn die wahre Demokratie der Völker begründet worden ist, wird das Recht sich bahnbrechen, das jezt der Gewalt weichen mußte: Erst dann wird die Bahn frei sein für das neue Deutschland aller Stämme. Bis dahin können wir nur den bitteren Schmerz unserer österreichischen Brüder teilen.

empfinden würde.

Kautsky gegen Spartakus.

Im Verlag Neues Vaterland( Berger u. Co., Berlin ) ist dieser Tage ein Buch Karl Kautsky s erschienen, das in der sozialistischen Welt die größte Beachtung verdient.")

Gestern hat das deutschösterreichische Parlament die An- Igen Entwurfe bollzogen. Die Friedensbelegation mußte wegen der nahme des Friedens beschlossen. Diese Bedingungen der absurden Diktionen des ursprünglichen Entwurfs einen zähen Sflaberei, der nationalen Selbstentsagung und der wirt- Kampf führen, dessen Ergebnis in dem Friedensvertrag vorliegt. Dennoch bleibt, die uns aufgebürdete a st ungeheuerlich, schaftlichen Unterdrückung, gegen die die unserm Vaterland und jeber deutschösterreichische Staatsbürger empfindet, daß uns auferlegten schweren Verpflichtungen nur ein Abflatsch sind, durch die Auseinandersetzung mit den Nationalstaaten unfühnbares muß die österreichische Volksvertretung, dem Drud der Gewalt Unrecht geschehe, daß der Kampf der Friedensdelegation u m folgend, annehmen. Als Nation hat Deutschösterreich bas Selbst bestimmungsrecht aller Deutschen in und nationalökonomisches Material geſtüßte Anklageschrift Kautskys Buch ist eine auf ein umfangreiches historisches aufgehört zu egiftieren. Die Republik der deut- Desterreich in der Hauptsache ohne Erfolg geblieben fei. Die schen Alpenlande", wie sie Staatskanzler Renner bezeichnete, borher zwischen den alliierten Mächten geschlossenen Verträge bilde gegen den Bolschewis mus und seine deutsche Neben­hat feine nationale Lebensfähigkeit, wenn es ihr nicht gelingt, ten hier ein unübersteigbares Hindernis. Die im Entwurf bor- strömung, den Kommunismus oder Spartafismus. Mit den sich mit den Deutschen diesseits der Sudeten und des baye- gesehene nationale Begrenzung spricht jeder Grundsäßlichkeit Hohn. ganzen Rüstzeug der Wissenschaft bewaffnet, tritt der hervor­rischen Waldes zu vereinen. So ist ihr Protest gegen den gäbe keinen Deutschen , der die Boslösung der Sudeten - ragende Verfechter des Marrismus gegen diese Zerstörer der sozialistischen Arbeiterbewegung in die Schranken. Naub des nationalen Selbstbestimmungsrechts auch unser deutschen von den Alpendeutschen nicht als nadte Bergewaltigung Das Buch gibt eine gedrängte Geschichte der Revolutionen Protest. Nach dem Völkerbund der Gewalt, der jetzt in Paris Brennergrenze im Süden bebeute ein schneidendes Schwert mitten Kommune von 1871 mit dem Regime des Bolschewismus ( Lebhafter Beifall.) Die Aufrichtung der seit 1789, es stellt die Schreckensherrschaft und die Pariser im Herzen des Tiroler Bolles, das feine Heimat und Einheit in Vergleich mit dem Ergebnis, daß dieser wohl mit der dieser Seimat über alles liebt. Auch das ist ein Unrecht, das tein Schreckensherrschaft starke Aehnlichkeiten besißt, nicht aber Bolt jemals vergessen kann.( Beifall.) Nur in bezug auf die mit der Kommune, die sich trotz einzelner von ihr nicht ge­Boltsabstimmung im südlichen Kärnten und bezüglich eines billigter Ausschreitungen vom Geiste der Demokratie und der Teiles West- Ungarns werde das Selbstbestimmungsrecht ge- Humanität leiten ließ. Kautsky , dem es darauf ankommt zu währt. Der Friedensvertrag legt uns die bittersten nationalen Opfer auf, uno jedes Herz ist darüber bon Trauer und Bitternis beweisen, daß sich der Bolschewismus zu unrecht auf die Kom­erfüllt. Alle Sergen vereinigen fich heute in dem Wunsche: Möge mune beruft, läßt die Tatsache ziemlich weit in den Hinter­der Bölferbund, auf den wir hoffen, das Unrecht, das grund treten, daß auch die Kommune ein verunglücktes, weil Saint Germain geschaffen bat, wieder aus der Welt schaffen. mit den wirklichen Reifeverhältnissen der Gesellschaft nicht Das nationale und politische Ergebnis des Friedens von Saint rechnendes Unternehmen war, doch hat er zweifellos recht Germain ist, daß mit der Feststellung, daß das Grundprinzip der Kommune nicht der Trrorismus war, sondern das allgemeine Wahl­recht. Der Terrorismus aber entnerut: die wirklichen revo Gefühl der Erschlaffung und des Widerwillens und sein Sturz wirkt als Befreiung. So erging es der Herrschaft Robes­pierres, so wird es nach Kautskys Urteil auch den gegen. wärtigen Machthabern Rußlands ergehen, wenn sie nicht, woran Kautsky zweifelt, noch im letzten Augenblick die Kraft finden, auf den Weg der Demokratie, der Menschlichkeit und

Der Protest.

unsere Staatsbezeichnung Deutschöfterreich nicht mehr den Tatsachen entspricht.

Wien , 6. September. In der deutschösterreichischen Nationalversammlung erstattete Staatskanzler Dr. Renner Bericht über den Verlauf und das Ergebnis von St. Ger­main, Der christlichsoziale Abgeordnete Haufer legte namens des Hauptausschusses einen Beschlußantrag vor, worin der Bericht bes Staatskanzlers zur Kenntnis genommen und vor aller Welt feier­lich dagegen protestiert wird, daß der Friedensvertrag von ist unser Staat seinem Wesen nach nur mehr eine St. Germain unter dem Vorwand, die Unabhängigkeit Deutschöfter­reichs zu schühen,

dem deutschösterreichischen Volke das Selbst­bestimmungsrecht uimmt

Infolge der Trennung der Süddeutschen von den Aldeutschen lutionären Energien, er erzeugt in den breitesten Massen ein

Republik der deutschen Alpenlande,

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die durch ihre Lage und ökonomische Gebundenheit von selbst ge­halten ist, eine Politik des Friedens und der Freundschaft mit allen Bölfern zu machen; aber mit dem gewaltigen Unterschied, daß wir und ihm die Erfüllung seines Herzenswunsches, seine wirtschaftliche, schaftskörper find. durch den Krieg verarmt und mur ein Bruchstück von einem Wirt­kulturelle und politische Lebensnotwendigkeit, die Bereinigung Das Gefühl dieser Berarmung, das Gefühl, als Bruchstück nicht des wissenschaftlichen Sozialismus zurückkehren. Deutschösterreichs mit dem deutschen Mutter- felbständig leben zu können, sondern nur zusammen mit unseren Die Verteidigung der Kommune hat aber im Zusammen­

lande, verweigert.

Die Nationalversammlung spricht die Hoffnung aus, daß, fobald der Friede den Geift nationaler Gehässigkeit und Feindselig teit, den der Krieg hervorgerufen habe, überwunden haben wird, der Völkerbund auch dem deutschen Volte das Recht auf

trok unserer ernstesten Mahnung ausführen.

Nachbarn, das Gefühl der nationalen und tulturellen Ge- hang von Kautskys Darstellung ihren besonderen Sinn. meinschaft mit den Deutschen des Reichs( Beifall) bestimmte die Nationalversammlung zweimal feierlichst den Anschluß an das Deutsche Reich

zu verkünden.

Haben doch die Theoretiker des Kommunismus sich stets als die einzig richtigen Marristen ausgegeben, weil Mary der Kammune seine Sympathie bekundet hatte, der Bolsche­Einheit und Freiheit der Nation, das er allen anderen Hause zu berkünden, daß der Friedensvertrag uns die Freiheit Gortjeßung sei. Mit dieser Geschichtsklitterung sowie mit G3 gehört zu meiner schmerzlichen Pflicht, dem wismus aber weiter nichts als ihre Wiederauferstehung und Bölkern gewährt, nicht dauernd verweigern werde. Die Nationalver- dieser Entschließung nimmt. Wir müssen versuchen, zunächst allein der ganzen Legende vom„ marxistischen “ Bolschewismus wird fammlung protestiert ferner gegen die gewaltfame 208 zu stehen. Da wir es müssen, müssen wir es auch wollen. Aber gründlich aufgeräumt. reißung von 3½ Millionen Sudetendeutschen und auch in dieser Frage soll der Völkerbund entscheiden, und das Ideal Kautskys Kritik an der Sowjetherrlichkeit ist, trotz der Alpendeutschen und ihre Unterstellung unter die Fremdherr der Vereinigung mit dem deutschen Mutterlande fann nur mehr tollen Beschimpfungen, denen er von jener Seite ausgesezt schaft eines Boltes, das sich selbst im Friedensvertrag als Feind vollzogen werden im Wege der Verhandlungen mit dem Völker- ist, frei von Gehässigkeit und nicht ohne menschliches Ver­bekennt. Die geschichtliche Verantwortung für diesen Ratschluß legt bunde , im Wege der Ueberzeugung ber Großmächte von der Not ständnis. Ohne weiteres wird zugestanden, daß die Bolsche­die Nationalversammlung auf das Gewissen jener Mächte, die ihn wendigkeit dieses Anschlusses. Ich bin nicht berufen, die fünftige wiki im Augenblick, in dem sie die Herrschaft ergriffen, vom Politit Deutschösterreichs vorher festzulegen, aber ich bege icine besten Willen und von den redlichsten Absichten gegenüber persönliche Ueberzeugung, daß Deutschösterreich diesen Weg zur gegebenen Zeit unter geeigneten Umständen in Loyalster Weise be- der Arbeiterklasse beseelt waren. Aber es war in Kautskys schreiten wird. Das neue Staatswesen hat mit den soge- Augen wie in den unseren der Sündenfall der Bolschewiki, nannten österreichischen Traditionen nichts zu als sie die russische Nationalversammlung wegen tun.( Lebhafter Beifall links.) ihrer mißliebigen Zusammensetzung auseinanderjagten und unter dem Schein einer neuen Staatsordnung, des Räte­systems, ihre eigene absolute Parteidiktatur errichteten. Seitdem ist die Geschichte der Bolschewistenherrschaft eine Geschichte des Terrors, der Korruption, der verunglüdfen Sozialisierungserperimente, deren Fehlschlag zur Wiederauf­nahme der alten Methoden führt. Rautsky weist im einzelnen Die Nationalversammlung nimmt mit Befriedigung zur nach, wie die Bolschewifi immer schließlich zum Gegenteil Kenntnis, daß die alliierten und assoziierten Mächte den Anspruch Die deutschösterreichische Nationalversammlung nahm nach dessen kommen, was ihr Biel gewesen war: sie waren Gegner der Bereinigung Deutsch - Westungarns mit den beut längerer Debatte den vom Hanptansschluß vorgeschlagenen der Todesstrafe und arbeiten mit Massenerschießungen, sie schen Alpenländern anerkannt haben. Die Nationalversamm- Beschlußantrag, wonach der Staatskanzler beauftragt zerstörten den Militarismus und bauten ihn dann wieder auf, Lung entnimmt der Antwort der alliierten und affoziierten Mächte wird, den Friedensvertrag unter Brotest zu fie machten die Intellektuellen zu Barias, mußten sie dann biz Zusicherung, daß sie willens seien, unserer außerordentlichen unterzeichnen, an. Der Protest wurde einstimmig und wieder zur Leitung der Betriebe heranholen, und statteten fie Bedrängnis Rechnung zu tragen und uns die notwendigste Existenz der Auftrag an den Staatskanzler, den Friedensvertrag zu nun sogar mit diktatorischen Befugnissen aus, wodurch die zu sichern. Sie ist bereit, das Möglichste zu leisten, um die Ber - unterzeichnen, mit 97 gegen 23 Stimmen angenommen.

Die Nationalversammlung erhebt weiter vor der gesamten Kulturwelt Klage und Protest über die Abtrennung des deutschen Südtirols von seinem einheitlichen Heimatland Tirol und den übrigen Deutschen der Alpenländer und damit von feiner Nation. Sie erwartet, daß der Völkerbund das unfah­bare Unrecht, das an den Sudetendeutschen, an Deutsch- Süd tirol fowie an wichtigen Teilen Kärntens , Steiermarks, Niederöfter­reichs verübt werden soll, chebalbigft wieder gut machen wird und entbietet den abgetrennten Volksgenossen im Norden und Süden heißestens Segenswunsch für die kampfreiche Zukunft.

gangenheit abzuschließen und sich eine neue Zukunft unter den Bölkern zu eröffnen. Doch hält die Nationalversammlung einen großen Teil der

Der Staatetangler empfahl schließlich der Nationalberfamm­lung gemäß dem Beschluß des Kabinettsrates den Vertrag zu unter­zeichnen." Wir können weder den Krieg wieder aufnehmen, noch fönnen wir weiterleben in dem Zustande, in dem wir uns befinden. Bringen Sie das Opfer und schließen Sie die Vergangenheit ab, und möge fie uns den Weg in die Zukunft weisen."( Lebhafter Beifall und Händeklatschen.).

Räte wesenlose Schatten wurden. Als Resultat des Ganzen erwartet Rautsky nicht die klassenlose Gesellschaft, sondern die Schaffung neuer Klassenscheidungen, und nicht den So­zialismus, sondern einen neuen

wirtschaftlichen unb finansiellen Bedingungen Konferenz der nordischen Arbeiterparteien. Dieser neue Rapitalismus giebt eine Sapitalismus.

für undurchführbar

Kraft den Tat­( Eigener Brahtbericht des Borwärts".) fachen, daß der Bauer Privatwirtschafter und Warenproduzent und befürchtet, daß unser Bolt sie einfach nicht ertragen kann. ist, daß ein weitverzweigtes Schleichhandelssystemi besteht und Kopenhagen , 6. September. Der bon den Gewerk Dennoch bleibt ihr keine Wahl. Sie sicht im Völkerbund jene schaften und den sozialistischen Parteien daß dem ausländischen Kapital Ronzessionen erteilt werden. eingefegte Aus Was als der sicherste Sprung ins Neue gedacht war, erweist Jaftanz, die berufen sein wird, auch unserer Republik ihr Recht schuß für Bufammenarbeit der ffandinavischen Arbeiter wieberzugeben und bauernd zu sichern, und beauftragt den Rangler, organisationen beichloß 1917, mit Schlug bes Beltkrieges die sich schließlich als ein Krebsgang zurüd ins Alte. ben Friebensvertrag zu unterzeichnen. Abbaltung eines standinavischen Arbeiterfongreffes vorzubereiten. Kautsky weist dann nach, wie trügerisch die Hoffnungen Die Borfizenden ber fchwedischen und norwegischen find, die der Bolschewismus auf die Weltrebolution Landesorganisationen fowie der Borfigende ber fozialfett. Helfen könnte ihm nur eine Revolution, die die jetzt bemotratifchen Bartei Dänemarts haben nun in einer Beratung beschlossen, den Borfizenden der Landesorganisationen und der Parteien der drei Länder den Borschlag zu diesem Kongres um den 1. Dezember in Kopenhagen zu unterbreiten.

Die Rede Renners. Staatstangler Renner tennzeichnete feine Berichte über die Friedensverhandlungen, den Wandel, der sich im ganzen Geifte der Friedensbedingungen zwischen dem erstmaligen und dem endgülti­

*) Sari Rautsty. Terrorismus und Kommunismus. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Revolutionen. Berlag Neues Bater land( E. Berger u. Co.), Berlin . Preis 4 M.