I Der Münchener Gel München , den 3. September 1913. B. S. Die zweite Woche des Münchener Geiselmord-Prozesses bat am gestrigen Montag chren Ansang genommen. Au Beginn der Sitzung unterfjielt sich der Hauptangellagte Seid! höchst vergnügt lächelnd mit einigen seiner Mitangeklagten. Beim Zeugenaufruf fehlt der Watros: Messerschmidt. der sich in Haft befand und am Sonnabendmittag auö dem Arrest verschwunden ist. Der Schluß der Beweisaufnahme über die Be- Handlung der Geiseln, welche nickt erschossen, sondern wieder frei gelassen wunden, bringt manche interessante Momente. So wird festgestellt, daß auch ein an Krücken gehender Mann sich unter den Geiseln befand. Vor den Augen der Geiseln wurden die Gewehre geladen, und die Aufnahm« im Polizeivräsidtum ging höchst eigenartig vor stch. Dort lag alles' wild durcheinander; auf Tischen und Stühlen lagen Waffen und Handgranaten herum und an einem Tisch saß eine„Dame" und seufzte:„Die ganze Nacht habe ich gearbeitet, schauen Sie nur den Stoß Akten, den ich durch» gearbeitet habe!" Alle Da inen im Vollzugsausschuß, im Polizei- prästdium und im Gmnyasium zeichneten sich dadurch aus. daß sie alle wie auf Verabredung kurz geschnittene Haare trugen. Eine ganze Anzahl dieser„Dam�n" ist mztmschen spurlos verschwunden. Bei der Erschießung der Geiseln muß offenbar alte Munition verwendet worden sein, die bereits stumpf war, da nur so di« furchtbaren Verletzungen an den Körpern der Geiseln zu erklären sind. Auch sollen Rotgardisten di« Munition noch besonders bearbeitet haben, dnnit sie bester wirkte.— Di« Behandlung der beiden Weißgardisten wird von sämtlichen Zeugen übereinstimmend als eine modern« Folter bezeichnet. Man trat den armen Menschen auf dem Leih herum und schließlich, als sie hingerichtet wurden, waren sie bereits halb tot. Ein Zeuge be- kündet, daß. als die beiden Husaren an die Mauer geführt wurden, und man ihnen zurief, sie sollten sich umdrehen, einer von ihnen gesagt habe, man soll« sie doch erst verhören. Darauf sei ihm ge- antwortet worden: �Seidl sei noch nicht da und sei« Stellvertreter habe keine Zeit." Di« beiden Weißgardisten gaben sich zum Abschied nochmals die Hand und gaben sich dann stumm ihrem Schick- sal hin. Einige der Rotgardisten fühlten dann doch wohl Ge- wissensbiste, denn diesem und jenem kamen die Tränen in die Augen. Ändere dagegen sagten:„Na, dem einen hat eS den ganzen Kopf weggerissen, das ganze Hirn ist raus?" und nach der Er- schießung des Prinzen Th u r n und Taxis hieß eS:„Dem Hat'S durch die Augen gemäht!" Daß Harmonika gespielt, gesungen, Wein getrunken, Zigaretten geraucht wurden usw., wird auch weiterhin von den Zeugen bestätigt. Ebenso, daß bei E g l h o f e r die Absicht bestand, womöglich alle bayerischen Prinzen festzunehmen, da man in ihnen die Hauptmacher der Gegenrevolution erblickte. Der Vor- sitzende der BerhaftungLkommifsion, der schon einmal erwähnte Zeuge, d-r Russe Zrobel. bestätigt, daß bei dem Vollzugsausschuß jedermann davon überzeugt war, die Räterepublik würde nicht mehr lange bestehen, nachdem die weiße Garde München umstellt hatte. Einem weiteren Zeugen PauluS , der ebenfalls in der Ver- Haftungskommission saß, wird vom Vorsitzenden vorgehalten, daß er gesagt haben soll,«S wäre am besten, nach französischem Muster auf dem Marienplatz, dem Hauptplatz Münchens , ein Schafott aufzustellen. Der Zeuge erinnert sich dessen nicht. Die weitere Beweisaufnahme dreht sich nunmehr um die Thüle- Gesellschaft und die Beteiligung der erschossenen Geiseln an der- selben. Hierzu wird zunächst der kaufmännische Direktor der Mün - chener Hotel-Aktien-Gesellschast Larringer vernommen. Er bekundet, daß eine Anzahl Älubräume des Hotels Bier Jahreszeiten von dem Germanenorden und b«x Thüle-Gesellschaft gemietet worder war. Heber die Tendenz beider Gesellschaften weiß der Zeuge nichts Nähere? auszusagen. Später sei auch noch ein Verlagsunternehmen in die Räum« hineingekommen, und zwar dasjenige, das den„Be- obachter", sin Münchener Wochenblatt mit antisemitischer Tendenz, herausgebe. Vorsitzender: In welchem Verhältnis stand der „Beobachter" zu der Thule-Gesellschast? Zeuge: Das weiß ich nicht. Am 27. April, so fährt der Zeuge fort, seien nachmittags in seiner Wohnug zwei Soldaten der Roten Armee erschienen, die wissen wollten, welche Mitglieder der Thule-Gesellschaft iov Hotel gewohnt hätten. Der Zeuge wurde dann verhaftet und zu Jglhofer geführt, der ih« in Gegenwart mehrerer Frauenzimmer und L e- vienS vernahm. Jglhofer saß in einem Fauteuil und trank Bier. Levien räkelte sich in einem Klubsessel und zeigte lebhaftes Interesse für di« Mitglieder und Gäste der Thule-Gesellschaft . Er äußerte, man solle die ganze Lande aufhänge« lassen. ES wurden dann noch der Hoteldirektor M a« d i n und der Portier gerufen, die dem Zeugen bestätigen konnten, daß er nichts mit der Gesellschaft zu tun habe und außerdem konstatierten, daß keines der Mitglieder der Thule-Gesellschaft überhaupt int Hotel wohnte. Verteidiger Rechtsanwalt Löwenfeld fragt den Zeu- gen, ob nicht eine große Menge Waffen in den Klubräumvn ge- simden wurden. Zeuge: Das ist richtig. Vorsitzender: In den Klubräumen deS GermanenordenS, der Thule-Gesellschaft oder deS Verlages der Wochenschrift? Zeuge: DaS kann ich nicht sagen. Die Frau deS Handlungsgehilfen Lack war vor ihrer Vcrhei- ratung Mitglied der Thule-Gesellschaft und besuchte allsonnabend- lich deren Veranstaltung. Vorsitzender: WaS bezweckte die Thule-Gesellschaft ? Zeugin: Die Pflege deS Deutschtums. lind zu diesem Zweck wurden späterhin die Thule-Gesellschaft und der Germanenorden verschmolzen. Vorsitzender: War auch die antisemitische Wochenschrift daran beteiligt? Zeugin: Rem, doch waren einzelne Angestellte Mitglieder d«r Gesellschaft, so unter anderem die v-äftn Westarp, die beim.Beobacht.r" als Steno- thpistin angestellt war. Vorsitzender: Es soll eine politische und ein« wissenschaftliche Abteilung bestanden haben? Zeugin: Politisch war ich niemals tätig. Vorsitzender: DaS Programm der Gesellschaft b.sagt u. a.. daß sie gegründet worden sei, um dem deutschen Volk in seiner tiefften Not zu helfen. Sie verfolgt den Gedanken:„Halte Dein Blut rein." I« deS deutschen Volkes tiefster Not und Sehnsucht sollte der Bund den Deutschen lehren, daß alles Unglück auf seine Eigenbrötelei und sein mang.lndes National- bewußtsein zurückzuWren wäre. Man müsse di« deutsche Ein« mütigkeit und daS Zusammengehörigkeitsgefühl wieder stärken. Der Aufruf schließt mit der Schlußstrophe des LiedeS:„Das ist des Deutschen Vaterland." Im Anschluß an di. Verlesung fragt der Vorfitzend« die Zeugin Lack, ob die Gesellschaft auch a n t i s e m i- tische Tendenzen verfolgte. Zeugin: Nicht mehr, als da- von im Programm die Rede ist. Vorsitzender: Auch i« der.
lelmorö vor Gericht. Redaktion des„Beobachters" sollen sich Mitgliederlisten der Thüle- Gesellschaft befunden haben? Zeugin: Das weiß ich nicht. Bor - sitzender: Wissen Sie etwas davon, ob Mitglieder der Thüle» ste. S'.emv�I gefälsch' h''"»? Zeugin: Nein. Tie Zeugin erzählt dann weiter: Am Sonnabend, den 26. April, kam ich in die Klubräume. Ich traf dort aber nur Rotgardisten an, die mich sofort festnahmen und des Näheren über den Schriftleiter des „Beobachter". HansMüller, vernahmen, der zufällig ein Schul- freu- d v) mi: war. Unten vor der Tür standen, als wir hinunter- kamen, weitere zwanzig Rotgardisten mtd einige Zivilisten. Einer davon fragte mich nach Müller und ob er Leutnant gewesen svi. Sie nahmen mir alle Namen und Adressen ab und dann brachte ein Rotgardist aus den Klubräumen«ine Anzahl gelber und grüner Flugblätter herunter. Darauf sagte der Zivilist: Jetzt haben wir die, die seinerzeit im Auto gesessen sind!(Be- kanntlich wurden während der Zeit der Räterepublik antisemitische Flugblätter in großen Mengen aus einem in der Stadt herum- fahrenden Auto herausgeworfen.) Bor sitzender: WaS waren das für Flugblätter? ES soll auch ein Galgen darauf abgemalt ge- wessn sein? Zeugin: Es waren antisemitische Flugblätter, aber von einem Galgen habe ich nichts gesehen Vorsitzender: Sind Sie sicher, daß die Blätter aus dsn Klubräumen stammten? Zeu- ein' Nein, tler d>• Rotgardist«-» dehaupt.sten dies. Vorsitzender: Konnten die Flugblätter nicht aus den Räumen des„Beobachter" setn? Zeugin: Ja. Auf der Straße begegnete dann die Zeugin, nach- dem sie wieder freigelassen worden war, zufällig den Schriftleiter deS„Beobachter. HanS Müller, und veranlaßt« ihn, sich zu ver- bergen. Vorsitzender:.Hai Professor Berger zur Thüle. Gesellschaft gehört? Zeugin: Nein, den kannte ich gar nicht. Vorsitzender: Waren Deik«, Neuhaus und Daumenlang Mit- glieder der Thule-Gesellschaft ? Zeugin: Nein, auch nicht; nur die Gräfin Westarp . Vorsitzend r: Waren Prinz Thurn und Taxis und Baron v. Teukert für die Gesellschaft vorgemerit? Zeugin: Davon weiß ich nichts. Nur von Herrn v. Seydtitz weiß ich bestimmt, daß er Mitglied way. Rechtsanwalt Liebknecht : War nicht daS antisemitische Wochenblatt dad Organ der Gesellschaft? Zeugin: Nein. Rechtsanwalt Lieb- knecht legt daraus zwei Nummern des„Beobachters" vom Mai vor, welche Artikel über die Thule-Gesellschaft enthalten. Bor. sitzender: Das war ja viel später. Zeugin: Ja. Un.o außerdem ist das Blatt auch nie unser Organ gewesen. Rechts- anwalt Liebknecht: Die Thule-Gesellschaft soll sich bis Berlin und über das ganz« Reich erstreckt haben. Zeugin: Das ist möglich. Der folgende Zeuge ist der Student der Chemie und Schreiber des Sicherheitsrates der. Stadtkommandantur Mick. Er erklärt. daß er im Ziinmcr anwesend war. als der Angeklagte Peter- meier, der Matrose Fichtner und Meyerhofer zum Stadtkomman- danten Mehrer gerufen wurden. Mehrer hatte eine größere An- zahl von Aufrtifen der Regierung Hoffman» und gefälschte Stempel vor sicb, die bei der Thule-Gesellschaft ge- funden sein sollten. Die vielgenannte Lilli Kram er, die eine Zeitlang als Berichterstatterin in dem Geiselprozeß tätig war, sei damals die Sekretärin des Stadtkommandanten gewesen und habe die VerHaftbefehle geschrieben, darunter die für die beiden erschossenen Geiseln Taumenlang und NeuhauS. Mehrer habe e:- klärt, eS handle sich um Gegcnrevolutionäre, die ausgerottet werden mühte«. Die VerHaftbefehle seien zum Bollzug an die einzelnen Sektionen der K. P. D. hinausgegangen. Mehrer und Fichtner feien dann im Automobil fortgefahren. Der Zeuge, der nur zur Kommandan- tur gekommen war, um sie gewissermaßen zu überwachen, hat dann einige bekannte Studenten warnen wollen, wurde aber daran ge- hindert. Bald daraus seien die ersten Verhasteten in die Korn- mantzantur eingeliefert worden. Sie sollen dann Jglhofer vor geführt worden sein. Später hat der Zeug« gehört, daß der frühere Stadtkommandant Wetnberger, der inzwischen aus geheim- nisvolle Weise umgebracht worden ist, Ausweise für di« Thüle» Gesellschaft besorgt hatte. Auf der Polizei hat er gehört, daß da? Todesurteil über die Leute der Thule-Gefellfchaft schon bereits gefällt sei oder doch bald gefällt werden würde. Am 30. April mußte er Meyerhofer mit einem ihm unbekannten Mann des Aktionsausschusses ins Gymnasium begleiteii. Dort Hahr Meyerhofer mit Seid! eine länger« Unterredung gehabt. Während dieser Zeit seien 20 bis 30 Leute auf dem Hof aufgestellt worden Der Posten am Eingang erzählte, daß Geiseln erschösse» würden. Die Frag«, ob er, der Zeuge, sich die Geiseln einmal an sehen könne, tmirde vom Posten dahingehend erwidert, daß die-' verboten sei, er wolle ihm über welche zeigen, die den anderen Geiseln ähnlich sähen. Darauf führte der Posten den Zeugen i»' den Schweine st all, den die Rotgardisten im Gymnasium ein gerichtet hatten. Der Zeuge mußte dann mit Meyerhofer im Auto fortfahren, wurde aber unterwegs in ausfälliger Weise ausgebootet. weil man ihm nicht recht traute. Als Meyerhofer dann später aus die Stadtkommandcmwr zurückkehrte, erklärte er: So, die sind erledigt. Abends sei dann plötzlich die Meldung von dem Anrücken de- Weißen Garde gekommen. Ein Herr vom Aktionsausschuß hol».' darauf gesagt:„Sofort S00 Geiseln verhaften und den Weißen e:n Ultimatum stellen." Mehrer und der Zeuge verwahrten sich jedoch dagegen. ES soll dann eine Stenotypistin Weiß aus Berlin vernommco werden, die das Telephon in der Kommandantur bediente- Sie ist jedoch nicht aufzufinden. Jbre Aussagen werden verlesen. Danach hat der Stadtkommandant M e h r e r am 2a. April in der Stadt- kommandantur gefragt, ob schon viele Protokolle geschrieben seien. Die Zeugin war auch anwesend, als Neuhaus zur Vernehmung kam. Dieser wurde sofort über die Thule-Gesellschaft und nickt etwa über Räubereien, Plünderungen und Stempelfälschungen ver- nommen. NeuhauS habe erklärt, di« Tbule-Gesellschaft bestehe aus einer wissenschaftlichen und politischen Gruppe. Von der politischen Abteilung seien auch die antisemitischen Flugblätter ausgegeben worden. Der Kunststudierende Deik« habe bei seiner Ver- nehmung angegeben, er sei der Thule-Gesellschaft beigetreten, um finanziell vorwärts zu kommen. Die Gräfin Westarp habe durch ihr festes Austreten imponiert. Sie sei Sekretärin gewesen, habe ihre Pflicht getan und sich nie um Politik gekümmert. Bei ihr sei eine Karte von auswärts gefunden worden, auf Ivelcher stand:„Ich bin gut durchgekommen." Daumenlang habe erklärt, er komme soeben mit Empfehlungen eines Berliner KreiSllubS der Thule-Gesellschaft nach Münch«!: zurück. Rechtsanwalt Dr. Theilhaber konstatiert darauf, daß die Aussagen dieser Zeugin im Prozeß gegen Lehrer in wesentlichen Punkten alz unrichtig zurückgenommen wurden.
Irbekter besprechen üen wl'eöeraufbau. J Aus Versailles wird gemeldet: In der Frage der Betrili- guug deutscher Arbeiter bei« Wiederaufbau Frankreichs , über die mit der französischen Regierung in den wesentlichen Pnukten EinverstäudniS besteht, haben am 6. September direkte Besprechungen zwischen einem Vertreter der deutschen G e- wrrtschasteu und den Vertretern der cooksösratlon vsnsrale«in Travail und des französischen Bauarbeiter- Verbandes begonnen. Boraussichtlich wird in der nächsten Woche die eiste iusormatorische Besichtigung deS zerstörten Ge- d i e t e S stattfinden können. Neglerung und Gefangenenrückkehr. Bei seiner vorübergehenden Anwesenheit in Berlin hat der Vorsitzende der Deutschen Friedensdelegation in Versailles auch mit dem zweiten Vorsitzenden des Völkerbundes zum Schutz der Kriegs- und Zivil- gefangenen Rittmeister Frhr. von Leisner Fühlung ge- nommen und ihn ausführlich über den Stand der Frage des Abtransports der Kriegs» und Zivilgefange- neu orientiAst, insbesondere ihm auch die Schritte mitgeteilt, die von der Deutschen Regierung zugunsten der baldigen Rückkehr der Kriegsgefangenen unternommen worden sind und noch unternommen werden. » In der ersten Septemberwoche kamen aus dem Bahnhof Deutz sieben englische Sonderzüg« mit rund 7000, und zwei französische Lazarettzüge mit rund 1000 deutschen Kriegsgefangenen an, ferner aus England mit Dampfer über Rotterdam 4000, über Koblenz -Mainz je 1000 Mann auS französischer Gefangenschaft, zusammen also 14000 Gefangene._
Das Streikrecht üer Arbeiterschaft. Die„Freiheit" veröffentlicht in ihrer Ausgabe vom 7. September ein Schreiben der Technischen Abteilung des Reichswehr- gruppenkommandoS I. daS an ein größeres E l e k t r i« z i t S t S w e r k gerichtet ist und geeignete Unterlagen erbittet, um im Streikfalle durch den Einsatz technischer Nothilfen den Be- lrieb oufrechl erhalten zu können. Die.Freiheü" bezeichnet es als einen offenen Angriff auf das wichtigste Recht der Arbeitorschaft, zugleich aber auch als eine Kampfansage an die Gewerkschaften, die ohne Aufgabe ihrer Existenzberechtigung auf da» Streikrecht nicht verzichten könnten. Hierzu bemerkt eine zuständig« Stelle über die Organisation der technischen Abteilung und der technischen Nothilse folgendes: 1. Die technische Nothilse bedeutet keine Kampfansage an die Gewerischairen und keine Verneinung des StreikrechtS. Denn das Recht zum Streik wird keinem Fachverband, auch nicht dem der Gas-, Wasser- und ElektrizitätSarbeiter abgesprochen. 2. ES ist der Beweis erbracht, daß die technische Nothilfe lediglich msotern produktive Arbeit leistet, als sie den Betrieb lebenswichtiger Betriebe aufrecht erhält, um durch einen Streik nicht unverschuldete Not über di« Bevölkerung zu bringen. Kinder. Frauen, Kranke, Wöchnerinnen dürfen nicht unter dem politischen Kampf und unter dem Noikampf leiden. 3. In allen andeien Betrieben sorgt die technische Nothilfe nur für Erhaltung der Produktionsmittel(Bergwerke dürfen nicht ersaufen. Hochöfen nicht zerspringen). 4. Di« unsinnige Behauptung, daß die technische Nothilfe den Streik rundweg illusorisch mache, wird schon dadurch widerlegt. daß sie nur wenig tausend Facharbeiter umfassen kann, die taum für di« Erledigung der dringendsten Arbeiten hin- reichen. S. Die technische Nothilfe stützt sich auf Facharbeiter. Sie kann deshalb nur solange wirksam sein, wie sie solche Arbeiter findet, die moralisch und vernünftig genug denken, um zwischen Streikrecht, Streikerfolg und möglicher Vermeidung unerwünschter. schädlicher Begleitericheinunpen des Streik» zu unterscheiden. 6. Die technische Nothilse untersteht der Regierung und ist frei von der Initiative und der Beherrschung durch Kapi - listen. Es ist durchaus erforderlich, daß jeder Mann, der die tech- nische Vorbildung für derartige Hilfsleistungen aufzuweisen ver- mag und entichlosien ist, die Bevölkerung vor den Verhängnis- vollen Folgen eines BersagenS derartiger Betriebe zu schützen. sich freiwillig der daiür eingerichteten technischen Abteilung des Reichswebrgriippenkommando I. Potsdamer Str. 83 c. Telephon Nollendorf 4566—69, zur Verfügung stellt. Wenn sich die Organisation in dem hier näher bezeichneten Rabmen hält. 7o find die Einwendungen, welche die.Freiheit' da- gegen erhebt, als unerheblich zurückzuweisen. Es ist nämlich er- sichlich, daß den Arbeitern daS Koalitionsrecht durch dies« Mannahmen nicht im mindesten beschnitten wird, so daß auch der Vorwurf, sie enthielten eine Kampsansage gegen die Gewerkschaften, als agitatorische Phrase in sich zusammenfällt. Keine Herabsetzung üer Renten. Das Reichsarbeitsministerium teilt mit: In Kriegsbesckädigienversammlungen und in der Presse wird von unverantwortlicher Seite die Behauptung verbreitet, die Reich«- regierung bab« einen Entwurf zur Reform des Mannschaft«- verwrgungSgesetzeS ausgearbeitet, der u. a. besage, daß den Renleiiempfäiigein mit weniger als 25 Proz. Erweibsbeschränkung die Rente entzogen, allen Rentenempfängern die Krieg«- zu lag«gestrichen und die zu gewährenden Renten unter Bcrucknchligung de« früheren Berufs- oder Arbeitseinkommens sowie des Familienstandes beinessen werden sollen. Diese Behauptungen entsprechen in keiner Weise den Tatsachen. Ein Gesetzentwurf liegt überhaupt noch nickt vor. Es bat lediglich«ine unverbindliche Besprechung mit Vertretern der Kriegsbeschädigtenorganisationen und anderen in der Fürsorgearbeir erkohienen Kreisen stattgefunden, in der einige allgemeine Gesichtspunkte erörtert wurden, die bei der Ausarbeitung des Entwurfs etwa in Betracht zu ziehen wären. Aber auck mit dieier Besprechung find die ausgestreuten Behaup- lungen nicht in Einklang zu bringen. Von lerner Seite ist ver- langt oder empfohlen worden. Gebührnisse, die nach den bestehenden 'Gesetzen als Bestandteil der Rentenve, sorgung gewährt werden, zu streichen, ohne etwa« anderes biersür zu bielen. Wenn der Zweck der Neuregelung«rreicht und den Wünschen der Rnegsbeichädlgren und KriegShinterblibenen entsprochen werde» soll, wird man allerdings vor der Beseitigung einzelner Formen der bisherigen. Versorgung wie z. B. di« KriegSzulag«. nicht zurück- ichrecken dürfen. Hieraus folgt aber keineswegs, daß die Renten« berechtigten den einsprechenden Betrag ohne weitere» verlieren sollen, sondern lediglich, daß im neuen Gesetz auf andere Weise ein Ausgleich geschaffen werden muß. Die Kriegsbeschädigten werden daher dringend ermahnt, sich nickt von gewissenlosen Tceivern rrresühren oder gar mißbrauchen zu laffeu. Bezugsschempslicht und Kommunalware». Die ReichSbekkek- dungs stelle weist daraus hin, daß durch die Aufhebung de» Bezug Sich e i n v« r f a b r e n S die Bestimmungen über die Be- rechtigungSlcheine für den Bezug von Kommunalwaren, die von den Kommunalverbänden für die in KleidungSnot befindliche Bevölkerung ausgestellt werden, nicht aufgehoben find. Demgemäß dürfen diese Waren tm Kleinhandel nach toit vor nur an die Käufer werden, die sich zum Bezüge durch einen BerechligungS- schetu oeS SommuualverbaudeS ausweisen können.
Rassenvereöler. Die rasiewütige« Antisemiten haben festgestellt— wa» ihnen vorbehalten war— daß im Völker leben da» monarchische und ari st akratische Prinzip stet» den größten dauernden Erfolg hatte. Den geschichtlichen Nachweis hieriür zu erbringen, dürfte ihnen weniger möglich sein, als den Nachweit für ihre Geld« b e d ü r f t i g k e i t, die sie in einem neuerding« verbreiteten Flugblatt nur.Mitglieder möglichst gesicherter Lebensstellung" suchen läßt. Schade, daß man nicht ein paar jüdische Groß- k a p i t a l i st e n ausnehmen kann. Oder sollt« man etwa? Biel - leicht unternimmt es ein Spaßvogel einmal, die alldeutschen Ami-
semiten aui ihre Ltandhaftigkeit zu prüfen. Wehe un«. wenn die .blonde Bestie" einmal losgelassen ist. Vermehrung de« Jungviehs. Die Zahl der Kälber unter drei Monaten ist seit dem i. März d. I um 30 Prozent, die der Ferkel um 23 Prozent ge stiegen. De Menge des s ch l a ch t- reifen BiebeS hot ireilich nochinalS abgenommen, so daß im Augenblick die Fleischversorpung sebr schlecht steht. Aber nach einigen Monaten ruhigen Weiterarbeiten» ist gleichwohl eme Besse- rung deS Biehbestandes zu erwarten. Lord vercsford gestorben. Da? Reutersche Bureau meldet, daß der Admiral Lord Beressprd im Aller von 73 Jahren m Schottland plötzlich verstorben ist.