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Nr.483.36.Jahrg.

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Telegramm- Abreffe:. Sozialdemokrat Berfin".

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

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Sonntag, den 21. September 1919.

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Wie Deutschland in den Weltkrieg ging.

Im Verlag von L. W. Seidel u. Sohn in Wien erscheint| foeben ein Buch: Das Wiener Kabinett und die Entstehung des

v. Trotha und Reinhard vereidigt.

Italien erhält Fiume.

Sieg d'Annunzios

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grund fort, und Gies!( der österreichische Gesandte, der auftrags­mäßig algereist war. Red. d. B.") hätte ruhig in Belgrad

Dazu ist zu bemerken: Daß Oesterreich nach dem Mord liches Wohlwollen zugesehen hat. Für die Entente kam es anheimftellen, die Vermittlung Englands unter den

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Weltkriegs. Mit Ermächtigung des Leiters des Deutschöster- Am 19. September vereidigte der Reichswehrminister den bleiben sollen. Daraufhin hätte ich niemals Mabilmachung be­reichischen Staatsamts für Aeußeres auf Grund aftenmäßiger Chef der Reichswehrbefehlsstelle Breußen, Oberst Reinhard, fohlen. Forschung dargestellt von Dr. Roderich Goo B." Das Buch und den Chef der Admiralität, Admiral von Trotha, Ein Bescheid in gleichem Sinne geht sofort an Bethmann. erbringt, furz gesagt, den dokumentarischen Beweis, daß der auf die Verfassung des Deutschen Reichs. Am Nachmittag des Im großen und ganzen seien Desterreichs Wünsche erfüllt, Krieg vom österreichischen Kabinett und seinem Führer, dem 20. September erfolgte die gleiche Bereidigung aller Offi- Borbehalte könnten durch Verhandlungen geklärt werden. f. u. k. Minister des Aeußeren Grafen Berchtold, absichtlich ziere und Beamten des zukünftigen Reich 3 Trotzdem sei zur Sicherung der Erfüllung eine fanfte Gewalt herbeigeführt worden ist und daß die Lenker der deutschen wehrministers, sowie des Offizierstabs des Reid)- notwendig, denn die Serben seien Drientalen, verlogen und Reichspolitik dabei die Rolle von ahnungslosen Sampel- wehrgruppen- Kommandos 1 durch den Chef der falsch und Meister im Verschleppen.( Echter Wilhelm!) Die männern gespielt haben. Reichswehrbefehlsstelle Preußen, Oberst Reinhard. Desterreicher müßten also durch Besetzung eines Stücks ser­Schon im Mai 1914 hatte Berdytold eine Aktion auf dem bischen Gebiets ein Faustpfand" nehmen( das verhängnisvolle Balkan erwogen, die sich gegen Rumänien wegen seiner " Faustpfand"!). Natürlich sei damit ein Kriegs. schwankend zweifelhaften Haltung richten sollte. Der Mord zustand nicht mehr vorhanden. Es folgen Be­bom 28. Juni lenkte die Spize der österreichischen Aktivität ,, Niederlage" der Entente. feuerungen der Absicht, den Frieden zu erhalten, wobei aber naturgemäß gegen Serbien . Der Legationsrat Graf Hoyos Laut Amsterdamer Handelsblad" meldet Daily Mail", daß das österreichische Nationalgefüh!" geschont werden müsse. wurde am 5. Juli nach Berlin geschickt mit einem Hand- Lloyd George , Zittoni und Clemenceau beschlossen Wilhelm II wußte also nicht, daß der Krieg gegen schreiben Franz Josephs an Wilhelm II. , das es als das haben, sofern Wilson zustimmen sollte, Fiume an Italien Serbien in Wien beschlossen war, gleichviel wie Serbiens Ant­Biel Desterreichs bezeichnete, Serbien als Machtfaktor am u geben. Der Safen von Fiume folle jedoch dem Bölterwort lauten würde, und offenbar hatte auch sonst keine offi Balkan auszuschalten. Am 5. Juli überreichte Botschafter und unterstellt werden. zielle Persönlichkeit in Berlin davon eine Ahnung. Graf Szögeny Wilhelm II. dieses Handschreiben, worauf der Jetzt begann man erst in Berlin zu begreifen, wohin man damalige Kaiser erklärte, mit der Aktion gegen Ser Blagiat einer Shakespeareschen Komödie, die d'Annunzio im 29. Juli machte Sir Edward Grey seinen bekanten Vorschlag. d'Annunzio hat gefiegt". Damit hat das lächerliche geführt werden sollte und legte sich aufs Vermitteln. Am bien dürfenicht zugewartet werden. Auch im Falle Auftrage der italienischen Militärpartei in Szene sezte, ein Desterreich möge nach der Besetzung Belgrads Halt eines Krieges mit Rußland werde er die Bundestreue wahren. rühmliches und neben anderem für die Auflagenziffer feiner machen und in Verhandlungen mit den Mächten ein­Rußland aber sei noch feineswegs friegsbereit und werde es Bücher ein sehr vorteilhaftes Ende genommen. Wenn auch treten. fich gewiß noch sehr überlegen, zu den Waffen zu greifen. am ernsten Willen Nittis. dem chauvinistischen Rebellen herigen englischen Annahme Dieser Vorschlag wurde- entgegen der bis. Also: der günstige Augenblid müffe ausgenügt werden. - sofort befürwortend entgegenzutreten, nicht gezweifelt zu werden braucht, fann weitergegeben. Herr v. Tschirschkh wurde beauftragt in Wien In ähnlichem Sinne äußerte sich tags darauf Beth- man davon überzeugt sein, daß die herrschende Klaffe Ita- zu sagen, das deutsche Kabinett müsse es dringendst und mann. Gin jofortiges Einschreiten gegen Serbien sei die liens den Extravaganzen ihres Luftfnaben nicht ohne mütter- nach drüdlich st der Erwägung der t. und f. Regierung radikalste und beste Lösung. ohnehin nur darauf an, den Jugoslawen gegenüber m bon Serajewo gegen Serbien irgend etwas unternehmen einen triftigen Vorwand zu haben, Fiume den Italie mare für Desterreich- Ungarn und Deutsch­gegebenen ehrenvollen Bedingungen anzunehmen. mußte, war flar. Durchaus verständlich wäre es gewesen, nern zuzusprechen und diesen Vorwand hat d'Annunzio I and ungemein schwer, die Verantwortung wenn die deutschen Reichsregierer den Desterreichern erklärt gemanagt". Deswegen fönnen die homerischen Schimpfgefür die Folgen einer Ablehnung zu tragen hätten: Bei jeder vernünftigen und wohlüberlegten Aktion sänge d'Annunzios gegen Nitti sehr echt gewesen sein, ist doch werdet ihr uns an eurer Seite finden, aber wir bitten uns nitti Giolittianer, und einen solchen mag ein vom vom altersschwachen Szögeny nach Wien weitergegeben worden, Unglücklicherweise war der Text des Greyschen Vorschlags aus, daß wir von jedem Schritt, den ihr tut, unterrichtet" heiligen Ggoismus" besessener Italiener ebensowenig, wie und bei der Dechiffrierung ergab sich ein Fehler: statt Ver­werden, denn von dem, was ihr tut, hängt auch unser Schid- ein ausgewachsener Alldeutscher etwa einen Erzberger von handlungen mit den Mächten" hieß es Verhandlungen mit sal ab und das Schicksal von 70 Millionen, das uns anver- heute schmecken kann. traut ist." Das Gegenteil davon ist geschehen. Man hat den Desterreichern, ohne die vorgefaßten Entschlüsse mit der heiteren Gelassenheit des Unbeteiligten betrachten. unwillkommenen englischen Vorschlags auf die lange Bank zu Serbien ", was den Sinn veränderte. Graf Berchtold gewann Deutschland und Deutschösterreich können dieses Spiel dadurch eine Gelegenheit mehr, die Beantwortung des ihm Berchtolds zu kennen, Blanfovollmacht erteilt und sich dann Das Selbst bestimmungsrecht, das Jugoslawien schieben und der von ihm gewünschten Entwicklung fieten volle zwei Wochen lang, in denen das Schicksal der Welt ent- wie Italien für den Besitz von Fiume ins Feld führten, ist doch auf zu lassen. Er wußte ja schon mindestens schieden wurde, buchstäblich um nichts gekümmert. nur eine feile Bhrafe im Munde von Leuten, die in so schmäh- feit dem 7. Juli was er wollte. In Berlin wußte Am 7. Juli ist der Ministerrat in Wien ( über den wir licher Weise Ländereien mit urdeutscher Bevölkerung Deutsch man es leider nicht. Und so entstand in London der irrtüm­schon im gestrigen Abendblatt berichteten). Berchtold hat die österreich aus dem Leibe gerissen haben. Berliner Blankovollmacht und zwingt mit ihr die Bedenken liche Eindruck, die nichtachtende Behandlung des englischen Friedensvorschlags sei auf deutsche Einflüsse zurückzuführen. des Grafen Tisza( der jetzt, entgegen allen bisherigen An­nahmen, als das maßvollste Mitglied des Rates erscheint) die Berliner Machthaber, die nicht recht wußten, wie sie zum Inzwischen war die russische Mobilisation erfolgt, und nieder. Es wird beschlossen, Serbien Bedingungen zu stellen, die es unter keinen Umständen annehmen kann. Also Krieg Am 21. Juli abends teilt Szögeny, t. u. t. Botschafter Sie schlugen drauf los, obwohl fie, wie aus der Darstellung Strieg gekommen waren, schlugen aus toller Angst drauf los. um jeden Preis. In Berlin erfährt man nichts in Berlin , telegraphisch in Wien mit, Staatssekretär Jagow des Buches flar hervorgeht, schon damals wußten, daß sie davon! Es wird dorthin mur mitgeteilt, daß am 7. Juli habe ihn gefragt, ob er schon eine Mitteilung über den Inhalt talien und Rumänien eher im Lager der Gegner als in Wien ein Ministerrat wegen der weiteren zu ergreifenden der Note habe. Er habe erfahren, daß sie am 23. überreicht im eigenen finden würden und daß England sich auf Maßnahmen stattgefunden habe". In Berlin zeigt man für werden solle, und er glaube doch erwarten zu die Seite Frankreichs schlagen werde. die Wiener Geheimnisse fein Interesse: nicht die ge- können, daß man die deutschen Bundesge- Heeresmassen rollten inzwischen nach Südost, als ob Die österreichischen ringste Spur weist darauf hin, daß man in noffen früher als die anderen Kabinette bon nichts gebe als einen serbisch - österreichischen Krieg. Am 31. Juli Berlin über die Vorgänge in Wien vom 7. bis dem Inhalt und den Modalitäten unseres telegraphiert Wilhelm II. an Franz Josef, alle Kräfte müßten 21. Juli irgend eine vertrauliche Auskunft Belgrader Schrittes benachrichtigen werde" jekt gegen Rußland gewendet werden, man dürfe sie nicht Der Staatssekretär habe ihm klar zu verstehen gegeben, daß auf dem nebensächlichen serbischen Schauplak zersplittern. Offenbar hielt man in Berlin diese Taktik des Sichtot- Deutschland selbstredend unbedingt und mit aller Straft hinter Der Chef des österreichischen Generalstabes bemerkt dazu: stellens für diplomatisch", in Wirklichkeit war sie geradezu der Monarchie stehen werde, daß es aber für die daß die Transporte nach Süden bereits im Laufen sind, idiotisch. So entstanden Fehler, an denen man feinen Anteil deutsche Regierung gerade aus diesem was vor zwei Tagen noch hätte inhibiert werden können". hatte, für die aber Deutschland später furchtbar büßen mußte. Grunde bon bitalstem Interesse sei, beizeiten Es war die vollendetste Stopflosigkeit auf allen Gebieten! Selbst wenn Desterreich unter allen Umständen gegen( 1) darüber informiert zu werden, wohin Zusammenfassend kann man fagen: Es war sozusagen Serbien Krieg machen wollte ein Verfahren, dem Deutsch - unsere Wege führen". noch ein Akt der internationalen Höflichkeit, daß die Entente land nie seine Zustimmung geben durfte, wäre eine offene Also am 21. Juli erinnert man fich in Berlin daran, daß die deutschen Machthaber für die bewußt Schuldigen des Taktik immer noch besser gewesen als die von Berchtold ge- das Deutsche Reich an dem Unternehmen Desterreichs, dem es Beltkriegs erklärte. Die Geschichte kennt andere Männer, wählte, hinterhältige. Die erste wäre als Totschlag aus fich blindlings mit Kopf und Kragen verpfändet hat, gewisser- die Kriege gewollt und berloren haben und hat Leidenschaft erschienen, die zweite war der mit Lügen einge- maßen auch interessiert sei und erlaubt sich die bescheidene für fie Entschuldigungsgründe übrig. Ihr Urteil fädelte Mord. Desterreich fonnte Serbien den Krieg er- Anfrage, wohin der Weg nun eigentlich gehe. über Wilhelm II. und feine Ratgeber wird strenger, flären, weil es die serbische Regierung für mitschuldig am Szögeny erhält die Antwort, der Inhalt der Note sei dem es wird bernichtend lautend, bernichtend, fo­Attentat in Serajewo hielt, oder es fonnte Bedingungen deutschen Botschafter in Wien am 21. Juli mitgeteilt worden, weit man ein Nichts überhaupt noch bernichten stellen, nach deren Annahme es auf den Krieg verzichtete. fei also voraussichtlich in Berlin bereits vorgelegt. Berlin tann. Ein Nichts sind diese Männer gewesen, bei der größten Aber zum Schein Bedingungen stellen, um durch ihre er- nahm die Note am 22. anscheinend ganz still zur Kenntnis, Entscheidung der Welt haben sie, denen das Schicksal eines wartete Ablehnung einen Vorwand zum Kriege zu finden, am 24. bei der offiziellen Ueberreichung erklärte Jagom, die der größten und tüchtigsten Völker der Erde anvertraut war, Bedingungen zu stellen mit dem Entschluß, Krieg zu führen, deutsche Regierung sei selbstverständlich ganz einverstanden". die erbarmungswürdige Rolle von vollkommenen Nulpen gleichviel wie die Antwort des Gegners lauten sollte, das ist Nun kommt das Unerwartete: die Annahme der un- gespielt. Und so ist die Enthüllung der Vorgeschichte des ein Stück aus Satans Küche. Ueber diesen weltpolitischen annehmbaren Note durch Serbien mit ganz geringen Bor- Weltkriegs für Deutschland eine entsetzliche Schande, Schufterlestreich hat aber Deutschland nichtsahnend mit ber- behalten. Am 28. Juli wird die serbische Antwort Wilhelm II. eine schlimmere, als wenn die Absicht seiner Herrscher, den bundenen Augen den Nibelungenschild gehalten. borgelegt, r schreibt auf ihren Nand: Krieg herbeizuführen, erwiesen worden wäre. Die regierende

erhalten hätte!

abends, wird fie in Belgrad überreicht, am 24. vormittags den Mächten in einer Zirkularnote mitgeteilt.

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Also weiter! Wien arbeitet, während Berlin schläft, Gine brillante Leistung für eine Frist von 48 Stunden. Das Unfähigkeit des letzten Hohenzollern dreißig Jahre lang er­die unannehmbare Note aus. Sie wird entworfen, verschärft, ist mehr als man erwarten tonnte. Ein großer tragen zu haben, das war unsere Schuld, für sie büßen nochmals verschärft und zugespizt. Am 23. Juli, 6 Uhr moralischer Erfolg für Wien . Damit fällt jeder Kriegs- I wir jekt!