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Nr. 496 36. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die bürgerliche Frau und die

Politik.

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Sonntag, 28. September 1919

9. Verbandstag der Gastwirtsgehilfen.

besaßen und es fo für fie Pflicht wurde, zu Fragen der Politik| Man will heute überall von uns Taten sehen. Darin Tiegt ja Stellung zu nehmen, überhaupt wenig mit Politif befaßten. Als die Schwierigkeit der Stellung unserer Partei in einer Zeit, in ber fie sich nun ernsthaft damit beschäftigten, lernten sie an die Lehre das freie Handeln so unendlich erschwert ist. Ich glaube daher, des Sozialismus glauben. Viele, die seit langem instinktmäßig daß man die bürgerlichen Frauenfreise am besten durch Kultur und unbewußt die ungerechtigkeit der Güterverteilung auch der leistungen zu uns herüberzieht. Henni Lehmann geistigen innerhalb der bisherigen tapitalistischen Gesellschafts­In dem Artikel in Nr. 454 des Borwärts" November- ordnung empfanden, waren vielleicht schon gefühlsmäßig Sozia­sozialisten" heißt es am Schluß, es sei in bürgerlichen Kreisen listen und fanden nun erft bewußt die Stelle, an die sie gehörten. besonders bei Damen förmlich Mode, der demokra= Ich rechne hierher besonders sozial arbeitende Frauen. tischen Partei anzugehören. Es ist fraglich, ob dies überall zu­trifft, lokale Verschiedenheiten spielen hier sicher eine Rolle. In Städten, in denen Universitätsfreise maßgebend find, gehen die aedantenlosen weiblichen Mitläufer und nur von diesen kann die Rede sein, wenn man von Mode spricht vielfach mit der Deutschen Volkspartei , deren Mitglieder dort gesellschaft. lich dominieren. In Hannoverland ist an manchen Orten die Hannoversche Partei die tomangebende, der anzugehören Mode" ist. In anderen Teilen Deutschlands find andere bürger­liche Parteien in der Mode".

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Wenn trotzdem der äußere Einbrud entsteht, ala neige bie bürgerliche Frau besonders zur bemokratischen Bartei, so spricht da anderes mit. Vor dem Kriege gab es in bürger­lichen Kreisen außer den Indifferenten, den gänzlich Gleichgülti­gen, zwei Arten Frauen, die in der bürgerlichen Frauenbewegung und im Vereinsleben der bürgerlichen Kreise eine Rolle spielten, die mehr links gerichteten, die das Frauenstimmrecht be­jahten, die mehr rechts gerichteten, vielfach firchlichen Kreisen zuneigenden Frauen, die es berneinten. In dieser Frage des Frauenstimmrechts spizten sich die Gegenfäße innerhalb der bürger­lichen Frauenkreise zu, und dieser Gegenjat bewirkte es, daß vor wenigen Jahren, als der Bund deutscher Frauenvereine , die Hauptorganisation der bürgerlichen Frauenbewegung, in seiner Gesamtheit sich für das Frauenstimmrecht aussprach, der große evangelische Frauenbund aus dem Bund deutscher Frauenvereine austrat. Borsitzende des etangelischen Frauenbundes ist Paula Müller - Hannover , die dort für die Deutschnationalen tandi­dierte, aber kein Mandat erhielt, Vorsitzende des Bundes deutscher Frauenvereine ist Gertrud Bäumer , die demokratische Ab­geordnete. Diese beiden Namen sind das Pro­gramm. Es ist natürlich, daß sich die Bertreterinnen des Frauenftimm­rechts der damaligen Fortschrittlichen Volkspartei , die sich jetzt in die Demokratische Partei umgewandelt hat, zuneigten, da die Fort­fchrittliche Voltspartet als einzige von den bürgerlichen Parteien wenigstens in gewissem Umfange für ein Frauenstimmrecht eintrat, vor allem auf fommunalem Gebiete, auch eine dahingehende, aller­dings sehr unbestimmte und verklausulierte Forderung auf ihrem Mannheimer Parteitage annahm, auf dem im übrigen charakte ristischerweise die unbedingte Forderung des politischen Frauenstimmrechts abgelehnt wurde.

Hannover , den 26. September. Bierter Berhandlungstag.

Durch Anschluß des Genfer Berbandes und des Deutschen Kellnerbundes an die freien Gewerkschaften und durch die Bildung eines Kartells biefer Berbände mit dem Berband der Gastwirts gehilfen ist dieses Ziel in greifbare Nähe perüdi

In bezug auf die Wiederanknüpfung ber internationalen De ziehungen kann der Referent mitteilen, daß bereits festgelegt wor ben sei, der holländische Verband werde fich der Aufgabe unterziehen, die gerissenen Fäden der internationalen Beziehungen wieber zu knüpfen

Endlich kommen solche hinzu, die infolge zunehmender Gr. fenntnis, insbesondere nach dem Erleben der Kriegsjahre ihren bisherigen politischen Standpunkt bewußt und überzeugt nach links beränderten. Der Weg war für manche von ihnen nicht weit. Sie haten schon ganz lints innerhalb der Fortschrittlichen Volks- Zu den mit Spannung erwarteten Verhandlungen über die Bew partei geftanden. Die meisten Bunfte des Erfurter Programms strebungen zur Ginheitsorganisation im In- und Auslande erstattet werden sich mit ihrer Weltanschauung ohnehin gedeckt haben, die das einleitende Referat Boesch- Berlin . Einheitsschule, die Trennung von Staat und Kirche, die Forderung Dem ersten Teil feiner Ausführungen liegt folgende Resolution internationaler Zusammenhänge werden ihnen genehm ge- zugrunde: wesen sein. " Der Berbarb der Gaftwfatsgebilen bat lets eine Einheits Das Schwierige wirb meist in der Frage der Soziali- organisation angestrebt, in der alle Berufsvereine aufgehen sollen, fierung liegen. Und da haben in der Tat biele, die die Ursache und die sämtliche Kategorien der gaftwirtschaftlichen Angestellten des Weltunglücks dieses ungeheuren Krieges im fapitalistischen und Arbeiter zu umfaffen hat. Interesse erbliden, die in ihm einen Kaufmannstrieg, einen Rampf um die Weltmärkte sehen, umdenken gelernt. Sie sehen in einem fozialistischen Staatswesen eine, vielleicht die einzige Art, einen fünftigen Weltbrand zu verhitten. Ich glaube nicht, daß es die Wertlosesten sind, die so empfindend ihre Einstellung geändert Die von den Genfern und Bündern in letter Beit betriebene haben. Wer lernt ist immer besser, als wer nichts lernen will. Gründung eines gesonderten reinen Verbandes gelernter Berufs Wie weit man dem einzelnen vertrauen tann, ist bei a Iten follegen", dem gegenüber dem Verband der Gastwirtsgehilfen bie und neuen Sozialisten eine Frage der Persönlichkeit und des Rolle einer Organisation des umgelernten Hilfspersonals aange Charakters. Wir haben manche abschwenken sehen, die sich Jahre wiesen wird, lehnt der Verbandstag ab. hindurch als Säulen der Partei hinstellten. Wollte man von born- Das anzustrebende Biel ist nach wie vor die Zusammenfaffung herein allen Neugewonnenen mit zurückweisendem Mißtrauen aller Arbeiter und Angestellten im Gastwirtsgewerbe in einem ein­gegenüberstehen, so würde die Gewinnung neuer Genos- heitlich geleiteten großen Industrieverband sen sehr erschwert und gerade Frauen gegenüber ist Die Hauptverwaltung wird beauftragt, unverzüglich mit ben folches Mißtrauen aus all den angeführten Gründen besonders Bartellierten Verbänden in diesem Sinne zu verhandeln. Ift hier wenig gerechtfertigt. Sie sind eben neu im politischen Leben und eine Verständigung, wonach es in absehbarer Zeit zu einer Ver müssen erst ihren Standpunkt gewinnen. Das eine möchte ich jedoch schmelzung zu kommen hätte, nicht zu erzielen, dann ist der Kartell­sagen: Wenn in dem Artikel Novemberfozialisten" darauf hin- vertrag aufzulösen, damit der Verband der Gaftvirtagehilfen die geniesen ist, daß das Eintreten des Mannes in die sogialdemokra bolle Bewegungsfreiheit wiebererlangt." tische Partei fowierig, ja fast unmöglich war, so galt und gilt dies in weit höherem Maße für die Frau. Es gehört für eine Frau etwa aus" höheren" Beamten- und Offizierstreifen schon ein tüchtiges Stüd Courage dazu, fich zur Sozialdemokratie zu befennen und für sie einzutreten. Man legt ihr das aus als Verrätertum an der gemeinsamen Sache, als ein nicht gesellschafts- In der Diskussion schilder neben fünf Delegierten auch je etn fähiges Verhalten. Landjährige Beziehungen lösen fich, eine Wolfe Bertreter bom Holland und Deutschösterreich ihre Erfah von Klatsch und Gehäffigteit breitt fich um die Betreffende, denn rungen auf dem Gebiete der Einheitsorganisation, während das Wort Sozialdemokrat ist immer noch für viele Miller- München zur Resolution Boetsch eine Aenderung be ein Kleinkinderschred, ettvas Feindliches und Unerlaubtes. antragt, wonach es im letzten Sape heißen foll: Alldem zu troben, hat nicht jede Frau die Nerven. So haben Ist eine Verständigung über einem bestimmten ich weiß verschiedene Fälle Frauen, die fich äußerlich zur Termin nicht zu erzielen. demokratischen Partei bekannten, dennoch geheim sozialdemokratisch Nachbem noch zwei Vertreter des Deutschen Kellnerbundes tyre gewählt. Diese Frauen starf zu machen, daß fie eintreten für ihre Auffaffung verteidigt haben, stimmt der Referent in feinem sozialdemokratische Ueberzeugung ist eine Aufgabe für uns Genos- Schlafßwort der beantragten Menderung zu. Die so geänderte Re­finnen, die wir wohl mit Erfolg in vielen Fällen lösen fönnen. folution wird einstimmig angenommen. Weitere Frauen aus bürgerlichen, insbesondere den näher­stehenden demokratischen Kreisen zu gewinnen, ist eine weitere So mag der Anschein entstehen, als ob besonders viele bürger. Aufgabe. Auch hier hoffe ich bieles, denn die gemeinsame Arbeit liche Frauen der Demokratischen Partei angehörten. Ob dies in einer Anzahl von Fragen, die Frauen besonders berühren, jedoch tatsächlich zutrifft, glaube ich nicht. Bielleicht verhält es Fragen der Rechtsstellung der Frau, der Stellung des unehelichen sich so in den Großstädten, in Klein- und Mittelstädten wohl sicher Kindes, der Entlohnung und Ausbildung, Erziehungsfragen, wer nicht. den uns immer in gleicher Richtung zusammenführen und Ge­Es kann und muß mun unbedingt in Erstaunen feßen, daß legenheit zu Rüdsprachen geben, bei denen Borurteile überwunden, die leidenschaftlichen Bertreterinnen des Frauenstimmrechts nicht Mißberständnisse beseitigt werden können. Man muß den bürger. die Konsequenz aus ihrer Forderung zogen, fich der Sozial- lichen Frauen, die in vielem so neu sind, nur Zeit laffen und die, demokratie anzuschließen, als der Partei, die uneinge­schränkt für das Frauenstimmrecht eintrat und es den Frauen, sobald sie zur Macht gelangte, auch tatsächlich verschafft hat. Dieser letzte Beweis der Ehrlichkeit, mit der die Partei den Programm Ein Mißtrauen werben wir noch beseitigen müssen. Die puntt erfüllt hat, hätte weit mehr November sozia bürgerliche Frau, auch die ganz lintastehende, steht in der So listinnen" schaffen müssen, als es der Fall gewesen ist. Solchen zialdemokratie die Gefahr der 8erstörung von Kultur­Novemberfozialistinnen dürfte man taum einen Vorwurf daraus terten, die fie in Dingen erblickt, die ihr nun einmal ans Herz machen, daß sie sich der Partei nicht früher anschlossen. Für sie getradien find. Und ein Frauenhera hängt meist fefter am leber­war eben ausschlaggebend, daß die sozialdemokratische Partei die feinmenen und Uebernommenen, als Mannerherzen es hm. Es Forderung des Frauenstimmrechts verwirklichte. gilt zu zeigen, daß wir nicht altes Kulturgut vernichten, sondern Außerdem gibt es eine zweite Art von Novembersosialistin- bus Vorhandene nur weiten Preisen zugängig machen und schöpfe Es find folche Frauen, die sich, bevor sie das Stimmrecht| risch auf breitester Bolfsgrundlage neue Werte schaffen wollen. werden können.

Diese Stimmrechtsvertreterinnen, die fich also vielfach der Fortschrittlichen Boltspartei zuwandten, haben sich natürlich mehr mit politischen Fragen beschäftigt als die anderen bürgerlichen Frauen, die das Stimmrecht einfach ablehnten oder ihm gleich gültig gegenüberstanden. Sie sind auch durch ihre Tätigkeit in der Frauenbewegung für die Oeffentlichkeit vorgeschult. Infolgedeffen freten ste im heutigen politischen Leben unter den bürgerlichen Frauen mehr hervor als die anderen.

men.

Ein Theaterreformer von 48. Miglungene Revolutionen haben ein schlechtes Renommes. Den reaktionären Mächten, die bie 48er Revolution au Fall brachten, ist es gelungen, die erste deutsche Revolution besonders gründlich zu verfehmen. Und doch hat sie so viel fruchtbare Ideen zutage ge­fördert, daß die zweite deutsche Revolution in manchem noch davon zehren kann.

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die ehrlich kommen, auch ebenfo ehrlich und offen annehmen. Vor den 9. November zurüddatieren tann fie doch ihren Eintritt in die Bartei nicht mehr.

Ginklang mit seinen Grundfäßen über Bolts! ultur gebracht werden. Vor allem wird er die Hoftheater zu National theatern umgestalten, damit sie ihre künstlerische und foziale Bestimmung erfüllen können,

ftellt werden."

Dem Bunft:

Die weitere Gestaltung der Lehn- und Arbeitsbedingungen legt der Berichterstatter, Berbandevorstbenber 8eiste, eine län gere Resolution zugrunde, deren wichtigste, bie Oeffentlichkeit inter­effierenden Säße lauten:

Der 9. Verbandstag des Verbandes der Gastwirtsgehilfen ev lärt unter Berücksichtigung früher gefaßter Beschlüsse, daß das Trinkgeld als die vertverliche Art der Entlohnung für geleistete Arbeit unbedingt zu bekämpfen und grundsäßlich zu beseitigen ift. Das geftedte Biel, die gänzliche Beseitigung des Trinkgeld­wesens in jeder Form, muß unter allen Umständen unter Aniven­dung aller zu Gebote stehenden Mittel zu erreichen versucht werden. Von den Unternehmern im Gastwirtsgewerbe ist für geleistete Av beit gleich allen anderen Arbeitgebern entsprechende Gegenleistung in Form von Barlohn zu verlangen

Bur Herbeiführung einer unbedingt notwendigen Einheitlich feit der Lohnbarife ift bafin zu wirken, baß unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse Bezirkstarife zum Abschluß gelangen. Goft dann, wenn eine genügende Anzahl solcher vorhanden ist, dürfte an die Lösung des Broblems eines Reichstarifs herangegangen

hat, ist in diesem Falle besonders traß. Devrient hat das Wesen der Schauspielkunst( und damit jeder genossenschaftlichen Arbeit) an der Wurzel erfaßt: Das Wesen der Schauspielkunft aber ist bollkommene Bergesellschaftung aller, mit Er haltung der Eigenheit bes einzelnen. Sie fordert gänzliche Sin gebung an den Gesamtvorteil der Totalwirkungen, fordert Selbst­verleugnung in einer Tätigkeit, welche Ehrgeiz und Gibelkeit am gewaltigften aufregt, forbert, daß der einzelne die Befriedigung feines eigenen Vorteils in der Befriedigung des allgemeinen finde, die Schauspieltunst forbert also repablitanisce ngend in höchster. Potenz

Alles, was die Menschheit bilden und ber­ebeln soll, muß vom Staate geftübt, bom bloßen Erwerbe unabhängig gemacht werden; das gilt von der Stunft, wie von der Schule und der Kirche. Privatindustrie, Die Theaterreform, bie heute ein bringenbes Gebot ift, stand in Bachtverhältnissen wie in selbständigen Unternehmungen, tann, auch nach den Märzstürmen zur Debatte. Sogar im preußischen bei den Bedingungen unsere Zeit, dem Theater fein höheres Ge Kultusministerium beschäftigte man fich damit. Sein damaliger deihen bringen; ohne den Rückhalt träftiger Geldunterstübung, Verweser, A. von Ladenberg, ein weißer Rabe in der langen Reihe welche den Bühnen Unabhängigkeit von der geldbringenden Menge Aus diesem Prinzip wird immer mit Hintvels auf ble praf­der Dunkelmänner, erließ in den Zeitungen eine Aufforderung, fichert, ist ihre Führung nach reinen Grundsäßen unmöglich.... tischen Erfahrungen die künstlerische Selbstregierung des Theaters Vorschläge zur Begründung einer neuen Organisation für den Be- Frei auf sich selbst und ihre hohe Bestimmung: den Menschen abgeleitet. Die Körperschaften der Bühne( Darsteller, Orchester, trieb der Kunstangelegenheiten zu machen. Eduard Debrient, die Menschheit darzustellen, dem Bolte das Leben Chor, Ballett) wählen sich ihre Ausschüsse, die einen Teil der Sei aus der bekannten Schauspielerfamilie und selber mit dem deutschen 6er Böller abzuspiegeln, foll die dramatische Stunft ge- humg der Geschäfte übernehmen oder boch mitbestimmend und mit Theater, dessen berufener Geschichtsschreiber er später werden sollte, beratend banan teilnehmen. Weitgehende Demokratie in der Wahl aufs innigfte berwachsen, griff den Gedanken auf. Seine Dent Devrient forbert also, wie wir heute fagen würden, die Sozia- der fünstlerischen Beiber soll dafür sorgen, daß Männer des schrift, die er dem Ministerium einreichte und nachher unter dem lifierung der Schaubühnen. Das Kultusministerium, das allgemeinen Vertrauens an die Spipe fontmen. So Titel Das Nationaltheater des neuen Deutsch die Erziehung und Veredelung des Volkes zur Aufgabe hat, soll wählen alle musikalisch Beteiligten den Kapellmeister. Der Diret Iands" erscheinen ließ, ist eine Haffische Reformschrift, die, weit die Aufsicht über das ganze Theaterwesen übernehmen tor wird von sämtlichen Darstellern und den Ausschüssen der entfernt eine überholte Kuriosität zu sein, erst heute ihre volle und so die Staatspflege aller Kultur in einer Hand bereingen. übrigen Gruppen ein guter Ausweg, um die Ueberstimmung Tragweite enthalten kann. Nach dem Sieg der Neaktion waren Gegenüber dem Wirrwarr der Kompetenzen, der bis zur Re- durch das nichtkünstlerische Bersonal zu verhüten mit Beidrittel Devrients Reformvorschläge, deren fiegreiche Kraft auch den Mi- volution herrschte und heute zum guten Teil weiterbesteht, ba fo- Mehrheit gewählt und vom Ministerium bestätigt. Der Direktor nister gewonnen hatten, böllig erledigt. Die Schrift geriet in Ver- wohl das Ministerium des Innern wie der Finanzen in Theater muß in der Regel ein darstellender Künstler fein, ein Prinzip, für gessenheit. Jetzt, de die zweite Revolution die Theaterprobleme fragen mit oder allein zuständig find, eine erfreuliche Klarheit das die großen Beispiele aus der Glanzzeit der beutschen Schau­da wieder aufnimmt, wo die erste fie gelaffen, ist ihre Beit ge spieltunft, Eckhof, Schröder, Iffland, sprechen. Neben der berech kommen. Von N. 5. Döscher wieder ans Licht gefördert und tigben Mitwirtung der Ausschüsse, die den Gesamtgeist stärken, ift von der Bühnengenoffenfchaft verlegt, trifft die Arbeit die fünstlerische Autorität des Direttors gu fichern. Er hat die den Boden wohlvorbereitet: ihre Saat kann man aufgehen und Entscheidung bei Anstellung und Verabschiedung, Bestimmung des Früchte tragen. Repertoires, Rollenbefebung. Die Wichtigkeit eines Stammreper toires, bas jährlich wiederkehrt, wird dabei gebührenb herborge hoben.

Das vormärzliche Theater war absolutistischer Hofbetrieb, von Sofbeamten nach den Launen der Fürsten geleitet, oder Stadt­theater, die als reines Geschäftstheater betrieben wurden und für den Rest wandernde Schmieren. Von Schillers weitfliegender Idee einer moralischen Anstalt war ein Hauch zu spüren. Plattes Vergnügen und Geschäft beherrschten als einzige Beitfterne das Ganze. Demgegenüber weist Devrient der Bühne ihre hohe Stel­lung an. Er proflamiert Sätze, die heute endlich gehört werden müssen:

Noch in feinem Momente des Bölberlebens ist die höhere Sendung der Künste zur Veredelung des Menschenge. schlechts so leuchtend hervorgetreten, hat fich noch nie zu so fräftiger, tiefgreifender Wirkung angeboten, als in der großen Wendung unserer Tage.... Daß unter allen Künften teine von fo allgemeiner volkstümlicher Wirkung ist als die Schauspielkunst, be­darf hier keiner Beweisführung, die tägliche Erfahrung liefert fie. Keine Kunst wird also in dem Maße die Aufmerksamkeit der Staats­gewalt verdienen, fo wie feine einer Organisation so dringend be­dürftig ist, welche sie mit allen anderen höheren Kulturmitteln des Staates in Uebereinstimmung seßt, als die Schauspielkunst." Sie muß daher, da sie die gewaltigsten Wirkungen auf das Bolt hervorbringt, vom Staat unter Kontrolle genommen und in

über die Biele und Mittel einer wirklichen Theaterkulturpolitik! Die Ueberlegenheit eines organischen Aufbaus gegenüber der bloßen Routine und Behelfstartit zeigt sich überhaupt in dem ganzen Theaterplane Devrients.

Wir fönnen nicht in die Einzelheiten der Sozialisierung ein­dringen: für die Hoftheater soll sie völlig durchgeführt werden, für die Stadttheater, die nicht länger bloße Vergnügungs- und Industrieanstalten bleiben dürfen, wird zunächst starte fünstlerische Staatskontrolle erstrebt und ihre Ueberführung in Sozietätstheater ( zur Beseitigung der Ausbeutung der Kunft und der Künffler durch das Unternehmerwesen"!) in Aussicht stellt. Im Intereffe gerade der unteren Bolfsschichten wird ein großzügiger Plan von Wanderbühnen entworfen, die, mit Privilegien für ihre Be zirte ausgerüstet, nun wirklich eine würdige Kunstpflege ausüben follen.

Sehr gefunde Ansichten ftellt Devrient auch über die Aus ftattung auf: die Schauspielfunft muß die anderen Künfte ber menben, nicht aber ihnen dienstbar werben. An eine Konsumenten­politit, wie fie die Wolfsbühnen für das Theater herbeigeführt haben, konnte Devrient natürlich noch nicht denken. Ms Demokrat, der überall Vertrauensprinzip und Mitverwaltung befürtvortet, hätte er diese Bewegung ameifellos begrüßt. Immerhin tritt er für Ermäßigung der Eintrittspreise, besonders für Nicht minder bedeutungsvoll und zukunftsträchtig und daher die wohlfeileren und mittleren Blähe ein. Für die Heranbildung auch wieder für die Gestaltung des Theaters heute und morgen eines tüchtigen Künstlerstammes will Devrient durch Eirichtung anregend find Devrients Vorschläge für die innere Organi ftaatlicher Theaterschulen sorgen, die im Rahmen einer fation des Theaters. Was er an deen über die fa challgemeinen Kunstakademie aufzubauen sind. Auch hier und in männische Leitung, die republikanische Ver zahlreichen anderen Einzelfragen wirft er heute noch wegweisend, faffung der Bühne, die Selbstregierung der Künst Die hohe Auffassung, die Devrient von ber Rolle der Bühne Ier entwickelt, ist ja seit kurzem wenigftens an den Staatstheatern im Leben der Nation hat, die flare und tiefe Erfassung der Kern verwirklicht. Wie lange im voraus und richtig dieser von jeder probleme, die eble Begeisterung für Kunst und Demokratie ficherm Braris befruchtebe, schöpferisch denkende Bühnenreformator die Ent- feiner Reformschrift wenn sie auch im Beiwerk veraltet ist widlung bereits geschaut hat, ist erstaunlich. Wie verderblich auch heute noch ihre große Bedeutung. Möge sie uns helfen, nun andererseits das alte System politischer und wirtschaftlicher Unter- mehr Ernst zu machen mit seinen aus der Sache geborenen ideale brüdung alle fruchtbaren Reime einer Neugestaltung erstidt Forderungen, die inamischen bie bes gongen Bolten gemachen fi

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