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schetvistischen TollhauS gemacht werde, soll. wenn möglich, mit Hilfe der Alliierten zer- schlagen werden. Leider hat dieses landesverräterifche Treiben in der noch immer nicht gewichenen Atmosphäre allseitigen Mißtrauens namentlich bei den Franzosen nur zu viel Erfolg gehabt. Trotz grundverschiedener Motive finden sich derP o p u- l ä i r e" und derT e m p s" zusammen in dem Wunsch, Deutschland völlig wehrlos zu machen. Während die einen bezwecken, Deutschland dem Bolschewismus ans Messer zu liefern, fürchten die anderen selbst von einer noch so unbe- deutenden deutschen Truppenmacht Gefahren. Nun kann nicht oft und laut genug betont werden, daß die deutsche Regierung schon aus finanziel- len Gründen gern auf jeden Mann, den sie entbehren kann, verzichtet. Wie bei der Durch- führung des Friedensvertrages im allgemeinen, so ist sie auch bei der Herabminderung des Heeres benrüht, das Diktat der Entente in loyal st er Weise zu erfüllen und ihr mit absoluter Offenheit jeden ge- wünschten Einblick in unser Heerwesen zu ge- währen. Selbstverständlich soll auch in Zukunft der Ver- such gemacht werden, mit 100 000 Mann Reichswehr auszu- kommen. Aber die Ehrlichkeft gebietet, es schon jetzt offen auszusprechen, daß es schlechterdings unmöglich erscheint, diese Verkleinerung bis zum 1. April 1020 durchzuführen. Infolge der Kohlen- not und der mit ihr verbundenen Arbeitslosigkeit gehen wir einem sehr schwierigen Winter voll unberechenbaren Möglich- keiten entgegen. Deshalb wäre es dringend erwünscht, wenn wenigstens vom 1. Januar 1920 ab nicht mehr wesentlich an den Beständen der Reichswehr gerührt zu werden brauchte. Abgesehen davon, daß dadurch die Ziffern der Arbeitslosen fortgesetzt anschwellen müßten, würde eine rasche Verwinde- rung auch die bestehenden Verbände zerreißen und in ihrer Verwendungsfähigkeit beeinträchtigen.' Infolge der Verzögerung der Ratifizierung des Frie- densvertrageS war es bisher leider nicht möglich, mit den Vertretern der Alliierten in Verbindung zu treten. Sehr viele Mißverständnisse hätten sich dann leichter beseftigen lassen. Inzwischen ist die Vorkommission der alliierten Ueberwachnngskommission unter Führung des französischen Generals Rollet eingetroffen und auch General D u p o n t am 1. Ottober aus Paris zurückgekehrt. In dem bisherigen Zustand allgemeinen Mißtrauens konnte das Gift derFrei- Heft* leider nur zu sehr wirken. Wir zweifeln jedoch nicht daran, daß sehr bald, nachdem die offiziellen Beziehungen und ein regelmäßiger Gedankenaustausch aufgenommen sein werden, die Alliierten sich davon überzeugen werden, wie unangebracht aller Argwohn gegenüber Deuffchland ist. Dann wird sich auch zeigen, daß die Lügen derFreiheit" kurze Beine haben. Auf die Dauer wird sich auch das ängstlichste Genmt auf Seiten der Entente der Einsicht nicht verschließen können, daß 200 000 bis 300000 Mann deutscher Reichswehr für niemand in der Welt eine Gefahr bilden, daß dazu aber gegenwärtig 100 000 Mann werden könnten, denn diese dürften äugen- blicklich kaum in der Lage sein, die Flick des Bolschewismus aufzuhalten. Ein bolschewistisches Deutschland jedoch bedeutet eine Katastrophe für das ge- famte Ab e.n bland._ Die �Ireiheit" gesteht! Gestern noch auf stolzen Rossen... Testern noch Ge- schrei über Lüge, Verleumdung und Entstellung deSVor­wärts" heute ein halb trotziges, halb verlegenes Ge- ständnisl Diesen Umschwung in der Haftung derFrei- heit" haben die Zitate hervorgebracht, die wir in der Mitt- woch-Morgennuimner aus der französischen sozio- listischen Presse veröffentlichten.

ytiis Thoma . Am 2. Oktober wird HanZ Thotna. der Altmeister der deutschen Maler, der immer noch schafft und uns eben erst in einer kleinen Schrift.Wege zum Frieden"(E. Diederichs, Jena ) trostvoll« Be- tnrchtunizcn gespendet hat, 80 Jahre alt. In all dem wild auf- gärenden Gebrodel unserer Zeit steht er ruhig da: ein Bild in sich gefestigter Kraft und Geschlossenheit. Wenn wir nun arui zu nennen sind an materiellen Gütern, das soll uns die Freude an der Arbeit nicht verleiden. Es ist be- Wiesens Tatsache, daß man arm und dabei fröhlich sein kann Wir müssen auch in die Zukunft hinein weitsichtig werden wie das Alter über die Gegenwart hinweg, in der Hoffnung auf neue Jugend, in der deutsches Wesen, zu unvergänglicher Klarheit geläutert, wieder aufersteht. Im Volksleben muß man mit Geschlechtern rechnen und muß über Persönlichkeit und Gegenwart hinwegsehen, der Blick in die Weite gibt uns die so notwendige Gelassenheit und Seelen- ruhe, das Ungemach der Gegenwart zu ertragen." So spricht der Achtzigjährige,... Hans Thoma ist geflissentlich als der deutscheste der deutschen Künstler gepriesen und als Bannerträger einer nationalen Volks- hwp ausposaunt worden. In seiner schlichten Art hat er solchen Ehrgeiz von sich gewiesen. Er ist ein wackerer MalerSmann, der sich in steter Entwicklung gefunden und seine besondere Art auS- gewirkt hat. Diese Art freilich ist tief verwurzelt im bäuerlichen deutschen Volkstum, das künstlerisch gesteigert und verfeinert in ihm zum Ausdruck kam. Thoma selbst hat alles nötige darüber gesagt: Die Natur hat niir gute Augen zum Sehen und Schauen mitge- geben. Von den Ellern erbt« ich Ausdauer im Arbeiten nnd Ge- buld. das große Erbgut der Armen. Als besonderes Muttererbe wurde mir ein reicher Schatz bon Phantasie und Poesie in den ein- fachen Grundformen, loie sie noch im Volk« lebt." So ausgerüstet hat der Bauern- und Handwerkersproß er stammt aus Bernau im südlichen Schwarzwald selbst seinen Weg suchen müssen. Er ist bei eiltem Lithographen und später bei einem Uhrenschildmaler in die Lehre gegangen und hat also auch Hand- werkliche Tradition übernommen. Von früh auf hat fick sein Talent angeregt, so daß man auf ihn aufmerksam wurde und ihn schließlich mit 20 Jahren auf die Karlsruher Akademie schickte. Wie so vieles im Leben, bat er den Drill ohne Gefahr überstanden und dann den schweren Weg deS Künstlers gehen müssen, der ohne den festen Anhalt einer Schul« und ohne die materielle Stütze von Auf- trägen sich durchfrettet, bis er Freund« findet, dke ihn verstehen. In Viesen Wander- und Lehrjahren hat Thoma starke Anregungen, besonders auch französischer Kunst, in sich aufgenommen: dieser deutsch « Maler hat wie Dürer nach guter deutscher Art sich euro- pätsch orientiert. Die Landschafterschule von Fontainebleau und besonders der urwüchsig-kraftvolle Tourbet, der Entdecker der All- tagsschönheit, habe» stark auf ihn gewirkt. Als er nu» in Karls- nahe und München auszustellen begann, wurde er von den Kunst- Vereinsphilistern in den Bann getan. Ja, der später so gefeierte und populäre Thoma war wegen seiner roalistischcii Malerei als Sozialdenwkrat" verschrien und dauernd unverkäufllch. Er hat spüler in seinem schönen Plauderduche.Im Herbste des Lebens" mit Htnnor dadoa erzählt- s5» ist heut besonders zeitgemäß, daran zu

Wer freilich das verlegene Gestammel in der Mittwoch- Abendausgabe derFreiheit" liest, der bekommt keine Vor- stellnng, um was sich die ganze Auseinandersetzung eigentlich dreht. Die alte Taktik, hinter Schimpsworten die a b s o l u t e Ratlosigkeit zu verbergen, feiert Triumphe. DieFrei- heit"-Leser erfahren, daß die Redakteure desVorwärts" ein- fältiM Pinsel find, was aber diesePinsel" eigentlich der Welt mitgeteilt haben, wird schamhaft verschwiegen. Wir rekapitulieren kurz: Wir haben festgestellt, daß die französischen Sozialisten die völlige Entwaffnung Deutschlands bis zum letzten Mann und zur letzten K anone fordern, mit der Absicht oder m i n d e» stens Nebenabsicht, dadurch den Steg eines u n» abhängig-kommunistischen Putsches zu fördern, wir haben weiter festgestellt, daß ihnen als Material für diese Kampagne die von den deutschen Unabhängigen verbreiteten Lügen über die angebliche Märke der deuffchen Wehrmacht dienen. DieFreiheit" begeifert das als Schwindel, Lüge usw. Wir bringen darauf ein klares und eindeutiges Zitat aus einem Leitartikel desPopulaire", in dem die französische Partei aufgefordert»vi od, eine große Kampagne zur völligen Enttvaffnuirg Deuffchlands zu unternehmen, denn ihr könnt e�es doch nur lieb sein, tvenn auf diese Weise dieRepublik Scheidemann" in Trümmer gehe und die Unabhängigen und Kommunisten in den Sattel gehoben würden. Natürlich hat dieFreiheit" nicht den Mut, ihrenLesernauchnurdieExistenzdieses Populaire"-Artikels, geschweige denn sei- nen Inhalt od er. gar Wortlaut zu verraten. Dafür beschuldigt sie uns, daß»vir keine Ahnung vom In- halt der französischen Presse hätten. Mehr offenbar, als der Freiheit" lieb ist! Aber da sich nun gegen unser» Fest- stellirngen nichts sagen läßt und dieFreiheit" auch den Crispienschen Schwindel in Luzern nicht ableugnen kann, so bequemt sie sich zu folgendem Geständnis: Nun wolle« wir v.-n NoSke-Nationalisten gegenüber gar kein Hehl daraus machen, daß, wenn wir Gelegenheit gehabt hätten, unS mit den franzSfifchen Genossen darüber z« verständige«, wir sie sicher nicht davon abgehalten hätten, die genaue Einhaltung derjenigen Bestimmungen des Friedensvertrages z« fordern, die uns writau» die beste dünkt. Nämlich die Einschränkuag der Wehrmacht a«f daS für Polizeizweckr nötige Matz. Na also! Warum denn dann erst daS große Theater moralischer Entrüstung?! Es ist doch eine»nerttvürdige Taktik, erst mft großem sittlichen Pathos ein« Tat abzu- leugnen, um nachher zu erklären, man hätte sie ganz gern ausgeführt, wenn man nur Gelegen- heitdazu gehabt hätte! Nur soll uns dieFreiheit" nicht erzählen, daß es den Unabhängigen an Gelegenheit g e- fehlt hat. sich nnt den französischen Sozialisten zu verstän- digen! Ist man denn in Amsterdam und Luzern nicht miteinander zusammengekommen? Und nun beachte man: Die Gelegenheit war reichlich da. DreFreiheit" sagt:Wenn wir die Gelegenheit gehabt hätten, hätten wir es getan." Wer glaubt nun, daß sie es nicht getan haben?!_

Die Lebensmittelnot im Saargebiet. Die bekannten unhaltbaren Zustände auf dem Lebensmittel- markt im Saargebiet, die sich durch die willkürliche Herab- setzung der Mark herausgebildet hatten, waren in den letzten Tagen Gegenstand von Besprechungen der Militär- v e r w a lt un g s- L a n d r 2 te und Bezirksamtmänner deS Saarlandes bei dem Oberften Militärverwalter deS Saargebietes in Saarbrücken . Das Resultat dieser Be« spreckiungen war, daß der Oberste Militärver Walter anordnete, daß die Zuschüsse der Kommunalverbände zur Verbilligung der französischen Lebensmittel beibehalten werden. Ferner sollen im Auftrage der französischen Verwaltungsgebäude vereidigte Bücherrevisoren die Bücher und die gesamte Geschäfts« führung der Kommunalverbände bezüglich der Lebensmittel aus französischen Lieferungen prüfen.

erinnern, tvo dieselbe Unduldsamkeit sich gegen die jüngste Kunst breitmacht. Wer die Welt anders schaut und gestaltet, als«S die Zeitgenossen gewohnt sind, wird zwar immer Wioerstände über- winden müssen. Wer der AusgleichSprozetz kann ohne Gehässigkeit und Bitterkeit vor sich gehen. Thoma mußte fünfzig Jahre all werden, biS die andern mit feinen Augen febea gelernt hatten. Dann kam rasch der Ruhm und die Popularität und das Wirken ins Breite. Er wurde nun museumsreif(in Karlsruhe , wohin er als Galeriedirektor berufen wurde, gibt eS ein eigenes Thoma- Museum) und die Bücherschreiber bemächtigten sich seiner: er wurde Zielscheibe und Schild im Kunstkampfe. Auch das hat nun wieder abgeebbt und heute wissen wir ungefähr, was wir an dem alten kleinen Mann mit dem starken Kopf und den feinen Zügen haben. ES ist ein herzliches Gutscin mit ihm, das viel wertvoller ist denn die Verhimmelung. Thoma ist immer ein Eigener und Wseitiger gewesen. Darum bat er bei aller Berührung mit den Zeitgenossen etwas Zeitlose?. Wenn man wollte, könnte man ihn heute besonder?«modern" finden, da er, wie die Expressionisten, nicht die Natur abgeschrieben, sondern in sich neu geboren, seinen Kunstzwecken untergeordnet und mit allerlei guten Gaben auS seiner Phantasie ausgestattet hat. Er ist knie Böcklin ein Dichter-Maler, wenn auch seine Poeterie hausbackener, derber, irdischer gerichtet ist. In seinen Mappen und Wandblättern, in seinen Kalendersachen ist viel altes volkstümliches Gut wieder lebendig geworden. Aber so schöpferisch und vielseitig er seine Welt gestaltet, so stark er sein Innenleben zum Ausdruck bringt, so hat er doch den fruchtbaren Anschluß an die Natur nie aufgegeben. Unermüdlich hat er ihren unerschöpflichen Formenreichtum in sich aufgenommen, um nachher frei mit diesem Schatz zu Wirt- schaften. Wie die alten deutschen Meister hat- er die Andacht zum Kleinen und Kleinsten. Jeden Grashalm und Stein Hat er voll Ausdruck gefunden und mit frischen Sinnen sich liebevoll in die Natur versenkt.(Seine köstlichen Zeichnungen im Besitz der Na- tionalgalerie legen Zeugnis davon ab.) Neue Generationen sind herangewachsen, neue Klassen, die den Traditionen des Bauerntums entfremdet find, heraufgestiegen. Diesen jagt Thoma heute am meisten in seinen Landschaften und reinen Stimmungsbildern. Hier hat er uns sein Bestes gegeben: seine Innerlichkeit, seine Frohhcit und vor allem auch seine Maler- gualität. Als Südlvestdeutscher bat er vorzüglich die heitern Land- schaften des Oberrheins, des SckiwarzwaldeS. d«S Taunus gemalt. Raumweite und sonnige? Gefühl strömt au» ihnen: wir werden frei und leicht davon. Schöpfer und Schöpfung sind völlig eins ge- worden, eS klingt uns die frohe Botschaft von der Alleinheit alle» Seienden aus Baum und Wiese und Bach. Der Geist des deutschen Volksliedes ist hier Anschauung geworden; wie ein« holde Musik umfängt uns der Zauber deutscher Heimat. Der Maler Thoma ist es nirgends mehr als in der Landschaft. Nirgends hat er feinere Tonwerte, größere Harmonie, leichteren Rhythmus und freiere Uebersetzung der Natur. Wer den Maler Thoma, der auch ein gediegener Terboiker ist, kenne« lernen will, der soll ihn hier erspüren. Mit Hans Sachsens Ruf sei uns der Alle in Karlsruhe heute gegrüßt: i Ehrt eurs deutschen Meister, dann bannt ihr gute Geister! K. H. v.

Sozialöemokratke unö Antisemitismus. Vom Genossen Georg L an d»b erg. Breslau erhalten wix folgende Zuschrift: Folgende Angelegenheit, bei der nach meinem Gefühl perfön- lichc, publizistische und politische Reinlichkeit in gleicher Weise in- teressiert sind, zwingt mich denVorwärts" um ein wenig Raum zu bttden. August W i n n i g, der jetzige Oberpräfident von Ostpreußen . veröffentlicht in Nr. IS derGlocke" einen Artikel:Glossen zur Ratifizierung", in dem er den Sozialdemokraten jüdi- scher Abstammung zumutete, fich in allen Fragen, die na- tionale Gefühle des deutschen Volkes berühren, zurückzu- halten, weil ihnen durch ihre volksfremde Abstammung der Weg- zum Verständnis für das Fühlen des Volkes versperrt sei. Da kein anderer antwortete, so hielt ich mich für verpflichtet. der 5datze die Schelle umzuhängen indem ich in Nr. 20 derGlocke" Winnigs Rassentheorie kritisierte und ihn an die Seite der Anti- semiten stellte. In Nr. 22 trat Winntg zu länger« Antwort an. Zunächst kieß er sich von einem ungenannten Parteigenossen den Mut be- fcheinigen, der ihn, wohl gegenüber der Alliance isvaelite, zu seinen Schriftleistungen beseelt hätte. Dam» aber spielte er den natio- nalen Otto Landsborg gegsn mich ans und überhäufte mich mit Schmähungen, weil ich seinem Anspruch an Patriotismus nicht genüge. Max Schippe! hat vor Jahnen melancholisch über gewisse Par- toS>iSkus sinnen geäußert, sie fangen bei der Weltanschauung an und endeten in der Gosse. Antisemitische Darlegungen wie die WinnigS bleiben von vornherein der Gosse treu. Ich verzichtete selbverftändlich, denselben Ton anzuschlagen und sandte derGlocke" beifolgende kurze Erwiderung, die bemüht ist, daS sachliche Ergebnis der Debatte herauszuarbeiten. Unter dem 27. v. M. teilt mir die Redaktion mit, daß sie die Diskussion als abgeschlossen betrachten möchte. Ich derzlchte darauf, gcgem diese merktvüiÄige Auffassung her- auSyeborifcher Anzuttäglichkett zu polemisieren. Da mir aber der ganze Vorfall als Beitrag zu der Frage.Antisemitismus und So­zialdemokratie" nicht gang unerheblich zu fein scheint, wäre ich demVorwärts" dankbar, wenn er mein« Erklärung veröffentlichte." Wir kommen dieser Bitte nach. Die abgelehnte Entgegnung lautet: Herr Winnig gibt zu, daß er kein Rassenöheoretiker ist. Das ging aus feinem Aufsatz klar genug hervor. Jödenfctlls freut mich. daß er seine Unlänglichkeit auf diesem Gebiete jetzt selbst einsieht. Wenig« fortgeschritten ist die Selbsterkenntnis Winnigs in Fragen der praktischen Politik. Erweiß sich von jeder anttsemiti- scheu Regung frei", llnd hat doch in Nr. 16 derGlocke" unseren Genossen jüdisch« Abstammung zugemutet,sie sollten darauf ver- ziehten, dem deutschen Volke da ihren Rat zu erteilen, wo ihnen durch ihre volksfremde Abstammung der Weg zum Verständnis für das Fühlen de» Volkes versperrt ist*. Kurz gesagt: jeder deutsche Jude soll sich als Deutscher, und wenn or Sozialdemokrat ist, als Parteigenosse zweiten RangeS fühlen und verhalten. Mit anderen Worten steht das auch in jedem antisemitischen Programm. Die Traub(in denEisernen Blättern") und Bruhn (in derWahrheit") wissen schon, warum sie Winnig als Retter begrüßt haben. Winnig tut mir die Ehre an, mich als Typuö der ihm un- sympathischen Juden zu bebandeln. Er irrt. Ich bin ein klein« Vorstadtarzt in ein« zurückgebliebenen Großstadt, habe niemand hinter mir, niemand um mich. Winnig selbst bezeugt mir mit sein« hilflosen Raterei, wie unbekannt ich ihm bin. Aber ich glaube wie Tausenide anderer deutsch « Juden nach beffem Ermessen schweigend mein« Pflicht<Ai Deutscher getan zu haben. Und des- halb lehne ich mich gegen einen Angroif« auf. d« mir diese Selbst- Verständlichkeit abspricht. Winnig zitiert Ludwig Frank und Otto LandSberg . Beide Juden, als nationale Polittker. Ich nenne als Mchtjuden Gerlach� Förster, Lichnowsky, Mühlon, den Kreis der B«nerFreien Zei­tung". die wohl auch Winnig nicht so ganz in seinen Sinnen natu»

Geld»nd Kunst. Der Künstler nach all« Auffassung, der Ver­walter göttlicher Gaben, ist durch den Kapitalismus völlig um- gezüchtet worden. Sr ist vielfach zum Mammonsjäger und gleich- zeitig zum Sklaven der goldspendenden Kapitalistenschicht geworden. Ein in ihrer Art klassisches Beispiel daiür ist die eben verstorbene Patti. Nicht minder gut wie auf Singen verstand sie sich auf Reklame, und sie wußte fich mit einer unerhörten Sphäre von Pracht und Luxus zu umgeben. Ein Beweis dafür, was sie farderte und was sie fordern konnte, sind die SS B e d i n« g un gen, die sie in den Verträgen bei ihren Konzertturneen stellte. Danach verlangte sie nicht nur für jede» Konzert 20000 M. und wenn die Einnahmen größer waren, die Hälfte der ganzen Einnahme. sondern die Reise in einem eigenen LuxuSzug für sie, ihren Gatten, ihre- Dienerschaft, ihre Hunde. Vögel usw., zwei eigene Köche, die nur für fie Mahlzeiten bereiten durften, in jeder Stadt Tag nnd Nacht zwei Wagen zu ihrer Verfügung usw. Ein Impresario, von dem fie einmal S0 000 Dollar für einen Monat verlangte, wendete ein, daß ja das Jahreseinkommen des Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht mehr betrage, worauf die Patti erwiderte:Nun. dann lassen Sie den billigeren Präsidenten fingen." Schon 1877 hatte man ausgerechnet, daß fie sich 12fl, Millionen Frank ersungen hatte. In den Jahren 18611880 hat fie jährlich ö 600 000 M. eingenommen. Kapitalisten werden das ganz in der Ordnung finden und mancher Künstler hat diesen Goldregen als Triumph, ja Befreiung der Kunst gefeiert. Daß die Kunst nichts dabei gewinnt, ja per« versiert wird, schiert diese Lobredncr wenig. Die Patti, zur Rede gestellt, warum sie Wagner nicht sänge, mußte gestehen:Meine Bewunderung iür Wagner ist groß. Ab« ich darf meiner Stimme keine anderen Dinge zumuten, als die ihr seit langer Zeit zur Ge- wohnheit gewordenen. Außerdem will das Publikum von mir immer nur dieselben Sachen hören; möchte ich neue Sachen singen. so besteht das Publikum auf den alten." So sieht dieFreiheit" der goldverklärten Kunst aus. Dir Ausstellung:Arbeit und Kultur in Oberschlesien " wurde DienStag mittag in Breslau im Beisein des Reichskanzlers eröfs- net. Sie gibt rn 65 Räumen eine his ins kleinste gehende Dar- stellung der Entwicklung OberschlefienS von� der Völwrwanderung bis in die jüngste Gegenwart. Den schlesifchen Dichtern Eichen- dorff und Gustav Freytag sind besondere Räume gewidmet, ebenso den ob«schlesischen Malern der jüngsten Generation. Das gesamte oberschlesische Kulturleben(Kunst, Wissenschaft. Industrie) wird mustergültig veranschaulicht. Im Opernhaus werden Donnerstag wegen mehrfacher Erkrankungen stattRappelkopf"«HofsmannS Erzählungen" gegeben. Theater. Im Theater in der Königgrätzer Sttage findet die erste Ausführung von S t r i n d b c r g s phantastischem Drama.Ein T r a u m I p l e l" am 10. Ottober statt. Eine Gustav Mabler-Woche veranstaltet die Konzert-Leiiung Hau« Adler im kommenden sirlibjahr. Sämtliche Smsonie» und Lieder de» MelsterS werden zur Aulsührung gelangen. Ein.Opernkabarett- will Felix»«ln»artnerw Wien im An- fchlutz an die Wiener Volksoper gründen. ES sollen darin heitere Operu - Kammerspiele veranstaltet werden. Das LustschiffBodenscc- hat während des Betriebes zwischen Berlin und FttedrichShasen vom LI. August bi» 28. September 1300 Per- Ionen(«inschlietzlrch Besatzung) befördert. Bei 36 Fahrte« legte eS in 208 Stunden 20000 tan zurück.