Nr.504.36.Jahrg.
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Telegramm- Abreffe: „ Sozialdemofrat Berlin".
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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Donnerstag, den 2. Oktober 1919.
Renner über Oesterreichs Wirtschaft.
Staatskanzler Dr. Renner erklärte am Mittwoch einer feinen Fall schlechter behandelt werden sollen, als die übrigen Abordnung zu den Gerüchten von einem Staatsbanke. Vermögen. rott, daß es unverantwortlich wäre zu leugnen, daß die
Ueberrumpelung.
Die Fünfzehner- Kommission des Metallarbeiterverbandes hatte für den Donnerstagvormittag, 11 Uhr, dreißig Versamm als eine Aufforderung von allgemeinen Arbeitseinstellungen. lungen angekündigt. Diese Ankündigung ist nichts weiter Wieder einmal sollte über die nichtsahnende Arbeiterschaft österreichische Staats- und Volkswirtschaft in zahlreichen Auch der Staatssekretär für die Finanzen erklärte Groß- Berlins aus dem Blauen heraus, ohne Fragen nach Punkten morsch sei und daher ein Staatsbankerott nur der Abordnung, daß jede Bankerottpolitik streng ber- ihrer Zustimmung der Generalstreit verhängt werden könne. Es müßte eine große Vermögens a b. Geldentwertung getroffenen Staatsgläubiger unverkürzt be bern auch das, was sich heute früh in den Betrieben ereignet durch sehr energisch eingreifende Maßregeln verhindert mieden werden wird und daß die Ansprüche der durch die werden. Beweis dafür ist nicht nur der Umstand, daß die Versammlungen in die Arbeitszeit verlegt worden sind, songabe gemacht werden. friedigt werden müssen. Bezüglich des Finanzplanes Bezüglich der Sozialisierung erflärte Dr. Renner, erflärt man heute, daß die Vermögensabgabe bei einem Ber. hat. Ueberall zeigt sich das fieberhafte Bestreben, die Ardaß das Eigentum der Bauern nicht sozialisiert werde. mögen von 30 000 Stronen beginnen wird und in ansteigender beiter aus den Betrieben heraus und auf die Straße Daran dächten nur die Bolsche wisten, aber nicht die Skala 65 Proz. erreichen wird. Weiter ist eine innere zu bringen. Sozialisten. Dagegen sei selbstverständlich, daß der Anleihe geplant, deren Zeichner gewisse Vergünstigungen breitet, die Versammlungen seien zwar verboten, aber nach Zu diesem Zwede wurde die lügenhafte Behauptung berGroßgrundbesit der Allgemeinheit zugeführt bei der Entrichtung der Vermögensabgabe erhalten sollen. träglich wieder gestattet worden. Die Freiheit" veröffentAuch jene, welche Valuten im Auslande haben, und Der Staatskanzler gab die Bersicherung, daß bei der sie der Regierung zur Verfügung stellen, sollen gewisse Nach- lichte heute früh folgenden Aufruf: Vermögensabgabe die Kriegsanleihen auf lässe und Entlastungen bei der Vermögensabgabe erhalten.
werde.
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Der Schmuggel im besetzten Gebiet.
Wie das Preßbureau Radio meldet, wurde Mittwoch Minister Erzberger hat ebenso wie der Abgeordnete nachmittag in London eine nicht öffentliche Versammlung Gothein über das Boch im Westen" in der Nationalversammabgehalten, die von dem nationalen Transportar- Lung bewegliche Klage geführt, durch welches deutsches Rapibeiterverband einberufen war und an der Vertreter tal unangefochten ins Ausland geht und englische und amerider meisten Gewerkschaftsorganisationen, die tanische Waren ohne Kontrolle hereinkommen. Eines dieser am Streit beteiligt sind, teilnahmen. Die Führer der Eisen- Löcher, durch das wöchentlich Dubende von Millionen deutschen bahner Thomas und Bromley gaben eine Erklärung Geldes nach Belgien wandern, ist, wie uns von gut informierter über ihre Sache ab und verließen darauf die Versammlung. Seite mitgeteilt wird, das unter belgischer Besatzung stehende Die Versammlung beschloß, eine aus Arthur Henderson und Aachen . zehn anderen Arbeiterführern bestehende Abordnung zum Premierminister zu entsenden.
Aachen hat sich im Laufe der Zeit der belgischen Besazung zu einem auptstapelplas für englische, belgische und Lloyd George erklärte sich bereit, die Abordnung zu amerikanische Waren herausgebildet. Aachen versorgt heute das empfangen. Die Transportarbeiterkonferenz tritt Donners- nördliche Rheinland , Hannover , Westfalen und selbstverständlich tagabend wieder zusammen, um den Bericht der Abordnung auch das Hinterland mit Waren aller Art. In Aachen hat sich über das Ergebnis ihres Besuches beim Premierminister ent- eine Rapitalschmuggelzentrale aufgetan, die in höchster gegenzunehmen. Die Transportarbeiter haben über die Ver- Blüte steht und zu verhältnismäßig niedrigen Preisen die handlungen der Konferenz eine Erklärung veröffentlicht, Steuerflüchtigen sicher nach Brüssel bringt. Von der die besagt: Nach Anhörung der Erklärung der Vertreter der belgischen Hauptstadt nach Aachen tommen pro Tag brei bis vier Eisenbahner wurde einstimmig die Ansicht ausgesprochen, daß belgische Automobilkolonnen, welche den Besatzungstruppen Heeres es sich um einen rein gewerkschaftlichen Streit bebarf und Verpflegung liefern. für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen handelt.
Diese Kolonnen übernehmen bereitwilligst auch Privat. aufträge in größerem Umfang. So importiert beispielsweise Der Vollzugsausschuß des Transportar - eine Gelsenkirchener Tabatsfirma allein zwei Milliobeiterverbandes veröffentlicht eine Erklärung, in der nen Zigaretten pro Woche, die auf 2afttraftwagen nach es heißt, es sei unmöglich, jeine Mitglieder auf unbeschränkte Aachen gebracht werden. Es sind die bekannten englischen BigaZeit davon zurückzuhalten, die Eisenbahner und das retten, die in Brüssel mit 15 Centimes gehandelt werden, in Aachen Gewerkschaftsprinzip durch eine energische bereits 22 Bf. tosten und im Hinterland mit 28 bis 30 Pf. weiter. Aktion zu unterstützen. verkauft werden. In Aachen bedarf es teiner Formalität, um die belgischen Poften an der Grenze zu passieren. Die Militär. traftfahrer befördern in ihren geschlossenen Wagen gegen einen Betrag von 1000 bis 1500 M. jeden, der das Geld hierfür übrig hat, unangefochten über die Grenze.
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Die deutsch - polnischen Verhandlungen. Ueber den Stand der deutsch polnischen Verhandlungen wird folgendes amtlich mitgeteilt: Am 1. Oftober 1919 abends fanden Berhandlungen über das Ferner besteht ein Privatschmuggelverkehr zwischen gegenseitige Abkommen über die Entlassung festgehaltener Ber - dem deutschen Ort Forst, der turz vor Aachen liegt und der fonen, namentlich auch der Kriegsgefangenen, und die Ge- belgischen Ortschaft Baals, das bereits wenige Stilometer hinter währung einer weitgehenden Straffreiheit für die mit mili. der Grenze auf belgischem Boden liegt. Zwischen diesen beiden tärischer, politischer und nationaler Tätigkeit zusammenhängenden Orten verkehren nachts Fuhrwerte und gegen Erlegung einer strafbaren Handlungen, sowie über die damit verbundenen Fragen statt. Summe, die nicht allzu hoch ist gelangt man durch die SperrDas Abkommen wird gleichzeitig in Berlin und in Warschau tette hindurch. Da der Verkehr Nacht für Nacht ein sehr reger im Laufe des 3. Oktober veröffentlicht werden und bedarf der ist, so läßt sich denken, welche Summen hier unausgesett ins AusRatifikation durch die deutsche Nationalversammlung , land gehen. Der Warenschmuggel wird von Aachen über Düssel der unverzüglich eine entsprechende Borlage zugehen wird, um ben dorf in das Hinterland geleitet. Es ist kaum glaublich, welche zahlreichen betroffenen Deutschen die Wohltaten des Abkommens Mengen an Lebensmitteln, Tertilwaren usw. in möglichst bald zu verschaffen. Gleichzeitig werden auch die Kom Aachen aufgespeichert liegen. Der Nachschub erfolgt aus misfare benannt werden, die den Bollzug des Abkommens auf Brüssel , wo große Gesellschaften die Waren aus Amsterdam der Gegenseite feststellen sollen. heranschaffen und weiterleiten.
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Der Leiter der polnischen Delegation, Unterstaatssekretär Wro. Vor allen Dingen müßte eine weit schärfere Kontrolle ber blewski, hat sich am 2. Oktober früh auf turze Zeit nach Eisenbahnstationen an der Besetzungsgrenze stattfinden. Warschau begeben, um zu ben in den letten Tagen abgehaltenen Nach wie vor gehen Waggons über Waggons nach allen großen Borbesprechungen die näheren Weisungen seiner Regierung ein- Städten des Reiches. Wenn auch der Eisenbahnüberwachungszuholen. Nach seiner in wenigen Tagen zu erwartenden Rüd- dienst in den letzten Wochen erheblich schärfer geworden ist, so ist fehr werden die Verhandlungen in vollem Umfange wieder auf- es noch immer ein leichtes, gegen eine gute Provision ein genommen werden.
oder mehrere Eisenbahnwagen nach jeder beliebigen deutschen Station zu bringen. Die Kontrolle der falsch deklarierten Vertrauensvotum für die französische Kammer. Güter ist so gering, daß unter zehn Fällen kaum ein. oder zweimal Aus Paris wird gemeldet: Die Kammer hat mit 262 gegen der Schwindel entdeckt wird. Eine schärfere Ueberwachung wäre 188 Stimmen ein Vertrauensvotum für die Regierung besonders im Eisenbahndirektionsbezir! Frant. bei der Beratung über den Antrag Lefèvre bezüglich A brüstung furt a. M. nötig, von wo jetzt besonders viel amerikanischer Deutschland 8 angenommen. Labat, Kaffee und Textilwaren eingeführt werden.
Zulage für die oberschlesischen Eisenbahner.
Nach einer telegraphischen Mitteilung des Gewertschaftsbundes deutscher Eisenbahnbeamten wird die Beschaffungszulage
Ein allgemeiner Ausstand der Handels- und Transportarbeiter für die oberschlesischen Eisenbahner in den nächsten ist Mittwoch ausgebrochen. Der gesamte Berkehr wird aufs Tagen ausgezahlt. Damit ist die Voraussetzung für den seinerzeit schärffte betroffen. Auch die Arbeit in der Lebensmittelgeplanten Eisenbahnerstreit in Oberschlesien hinfällig ge branche ruht. Die Post fah sich gezwungen, ihre Batetbestellungen einzustellen.
worden.
Die Fünfzehnerfommission hat im Verein mit dem Reichsarbeitsministerium bei den maßgebenden Stellen die notwen bigen Schritte eingeleitet, das Versammlungsverbot aufzuheben.
Die 30 Bersammlungen werden deshalb zu der angegebenen Zeit stattfinden. Mitgliedsbuch einer Gewerkschaft oder Streiftarte legiti miert, ohne Legitimation fein Zutritt.
Die Fünfzehnerkommission.
Das Metallfartell.
Und in seinem Leitartikel schreibt dasselbe Blatt:
Der Versammlungen also werden stattfinden. Wir wissen atvar, daß die Regierung alle militärischen Vorberei tungen zu ihrer gewaltsamen Unterdrüdung getroffen hat und daß starke Einflüsse am Werke sind, die diese Gelegenheit zum Gingreifen nicht unbenutzt möchten vorübergehen lassen. Die Beantwortung aber für alle daraus etva entstehenden Folgen trägt die Regierung in vollem Umfang.
Dagegen erhielt eine hiesige Lokalkorrespondenz folgende Mitteilung des Polizeipräsidenten Genoffen Ernst:
Die heutigen 30 Versammlungen, bie die Fünfzehnerkom mission des Metallarbeiterverbandes angesetzt hatte, sind nicht genehmigt worden und wir werden die Abhaltung der Ver. sammlungen verhindern. Die Fünfzehnerkommission hat den Berliner Zeitungen gestern mitgeteilt, daß der Reichsarbeitsminister dem Polizeipräsidenten in einem Gespräch mitgeteilt habe, daß nach seiner Ansicht kein Bedenken vorliege, die Zum sammenkünfte stattfinden zu lassen.
Diese Mitteilung entspricht feineswegs ben Tatsachen.
Am heutigen Donnerstagvormittag erst hat der Reichsarbeits. minister beim Polizeipräsidenten Ernst angefragt, ob Bedenken gegen die Abhaltung der Versammlungen vorliegen. Der Polizeipräsident hat daraufhin erwibert, das die Bersammlungen nicht angemeldet worden sind und infolgebeffen eine Genehmigung nicht mehr stattfinden tönne.
Die Korrespondenz sagt weiter:
Am gestrigen Mittwochnachmittag hat der Polizeipräsident an den Metallarbeiterverband ein Schreiben gerichtet, in dem er betonte, daß die Versammlungen nicht angemeldet und deshalb unzulässig seien. Auch Versammlungen unter freiem Himmel dürften nach den Bestimmungen des Belagerungszustandes nicht stattfinden und das Polizeipräsidium müßte gegebenenfalls hiergegen einschreiten. Polizeipräsident Ernst hat weiterhin auch telephonisch mit dem Metallarbeiterverband über diese Angelegenheit verhandelt. Auf den Brief des Präsidenten ist vom Metallarbeiterverband feine Antwort eingelaufen. Wenn der Metallarbeiterverband auf das Schreiben des Präsidenten und auf den telephonischen Anruf hin gestern nachmittag geant wortet hätte, wenn die Erlaubnis für Mitgliederversammlun gen nachgesucht worden wäre, so hätte einer Genehmigung nich im Wege gestanden. Wenn nun behauptet wird, daß die ange= festen 80 öffentlichen Versammlungen lediglich als Gewerkschafts. bersammlungen anfzufassen sind, so ist das eine Jrreführung. Vielmehr muß das Vorgehen der Fünfzehner. tommission als ein Verfuch aufgefaßt werden, die bestehenden Bestimmungen des Belage. rungszustandes zu durchbrechen.
Es kann danach gar kein Zweifel daran bestehen, daß die Budendorffe des Bürgerkriegs wieder einmal den Versuch gemacht haben, die Arbeiter unter falschen Vorspiegelungen auf die Straße zu loden. Es ist darum so ziemlich das stärkste Stück, wenn die Freiheit" behauptet, für die Folgen trage die Regierung die Verantwor tung. Es war nicht die Regierung, die diesen Generalftreifversuch aus dem Hinterhalt, ohne Vorwissen und Zustimmung der Arbeitermassen arrangiert hat, und es war nicht die Re