»nzu führen. Nach flvtistrschen TrmüUrmgen betrug in der Groß- stadt in einer Arbeiterfamilie der Verbrauch pro Kopf im Monat an Brot bor dem Kriege rund 12 000 Gramm p er war im April 1917 auf 8646 Gramm herabgedruckt. Für Butter und Fett von 1166 Gramm auf b?S Gramm gesenlt. Eine Organisation, die eine solche schmale Ernährungsbasis herbeiführte, mutzte mit Angriffen von allen Seiten rechnen. Niemand schränkt sich frei- willig ein, der Zwang aber wird als Plage empfunden. Meine Herren! Aus dieser Wirtschaftsepoche kommen wir. Wir kommen zu einem verlorenen Krieg, unser Voltskörper leidet schwer an der" maßlosen U e b e r a n st r e n g u n g der letzten .labre, an körperlicher Entkräfwng und an einem schweren geistigen lieber. Mit diesem Wirtschaftskörper lassen sich keine Eisenbart- urcn machen. Jetzt die Entwicklung in ein neues System hinein- zwängen, wäre verkehrt; wir müssen zum natiirtichen Aufbau mrück. Schon die außenpolitische Lage verbietet die Aufstellung eines Planes auf lange Sicht. Immer noch nicht kennen wir die Entschädigungsansprüche unserer früheren Gegner an uns, immer noch ist der Osten Europas Kampfgebiet und in seiner wirtschaftlichen sukunft völlig unübersehbar. Da bleibt nichts anderes übrig, ulS die jeweilige äussere»nd innere Situation klar zu erfassen«ad danach den Wirtschaftsplan einzurichten, bereit, ihn zu madifizieren, wenn neue Faktoven auftreten. Da» Kennzeichen der gegenwärtigen WirtschastSepoche ist gerade diese Flüssigkeit und Unsicherheit. Um nur einige Momente auf- zuzählen, nenne ich voran die Valuta. So verheerend der Tief- stand der Mark auf unsere Einfuhrgeschäfte wirkt, das aller- schlimmste find die unaufhörlichen Schwankungen des Geld- wertes. Sie machen jede Kalkulation unmöglich und verwandeln die ganze Zirkulation von Geld und Ware in ein reines Epe- !' n la t> o n s g e sch ä f t. Die Ausnahm« großer ausländischer Kredite gibt allgemein für ein wirksames. Heilmittel unserer Wäh- rungsnot. Ich habe mich auch zusammen mit dem Reichsfinanz- minister mit aller Kraft fttr die A n b a h n u n g s o l ch e r K r e d i t- g e sch ä f t e eingesetzt. So notwendig diese Operation zur Stützung unserer unmittelbar notwendigen Kaufgeschäste ist, ein Allh e 1 1- mittel gegen die Valutakalamität i st s i e n ich t. Ich kann nur immer wiede«holen, was ich allen ausländischen Vertretern uner- n, üdlich sage: Das W ä h r u n g s p r o b l e m ist ein internationales Problem, unter dem fast alle kriegfiihrenden Staaten, auch der größere Teil der Sieger, zu leiden haben. Nur eine internalionale Regelung, ein- Ncimusüalanzieruu, der Kurse durch eine internationale Anleihe bringt endgültige Heilung. Ebenso dringend ist aber für un?, daß endlich das Loch im Westen verstopft wird und wir wieder eine normale Grenze er- l alten. Leider haben die langwierigen Verhandlungen mit Frank- reich immer noch nicht zum erwünschten Ergebnis geführt. Wenig Bedeutung lege ick den manchmal geäußerten Befürch» tungeu bei, die deutschen Waren würden keine Absatz-. Märkte finden. Fragen Sie bei unseren großen Export- Industrien an. Sie sind überhäuft mit Aufträgen. Der Besuch bei der Leipziger Messe hat eS mir deutlich vor Augen geführt, daß die i deutsch « QuaNtStsware nach wie v»r begehrt ist. Die Mengen, die wir für die nächste Zeit bereitstellen kSnneu, werden auch sicher unterkommen. �' In der klaren Erkenntnis, daß nur eine schnelle Anbah-! nung der AuSlandSge sch äste daS Schwungrad unserer inneren Wirtschaft wieder in Bewegung setzen wird, habe ich vom> ersten Tage meiner Amtszeit an mich bemüht, alle Hemmungen; -n beseitigen, die im Interesse des Schutzes der heimischen Arbeit- und de? heimischen Verbrauches entbehrlich waren, um gerade dem Sandel möglichst große Bewegungsfreiheit zu geben. Ich darf l an die Aufhebung der Debisenordnung erinnern, an die Freigabe> der Einfuhr für Tcxtilrcchstoffe und Kautschuk. In der alleruäch-' » sten Zeit ist die! Freigabe der Einfuhr für weitere Rohstoffe( beabsichtigt. Zur Ausführ sind freigegeben: Textilfertigfabrikate,, soweit sie nicht Gegenstände des täglichen Bedarfs sind, Kautschuk- j iertigfabrikate, gewisse Eisen- und Stahlerzeugnisse. Auf dem, Gebiet der Ernährung ist Ihnen bekannt, daß bisher die Einftchr z von Reis, Hülsenfrüchten und Kakaobohnen freigegeben und die i innere Bewirtschaftung aufgehoben ist. Die Stammprodukte der j
Ernährung: Gel reihe, Karkofsekn, Fleisch und Fett, kssnnen frei eingeführt werden, müssen aber, solange ihre Bewirtschaftung auf- recht erhalten ist, den zuständigen Zentralstellen zugeführt werden. Es wird Sie interessieren, einige Zahlen zu hören, in welchen Grenzen sich unsere Rohstoffeinfuhr seit Abschluß des Waffenstillstandes bewegt. Verglichen mit der Einfuhr des letzten Friedensjahres ist unsere gegenwärtige Ein- fuhr, der Menge nach berechnet, immer noch sehr gering. Sie hatte im vergangenen Juli noch nicht 26 Proz. der Mengen des Juli 1913 erreicht. Prozentual am höchsten standen hierbei neben den Lebensmitteln Oele und Fette, Kautschuk, Papier, Ton- und GlasNwen sowie unedle Metalle. Ein ganz anderes Bild ergibt aber die Einfuhr auf den Wert berechnet. Während im April der Einfuhrwert noch nicht 25 Proz. gegenüber dem April 1913 betrug, hatte er sich im Juli gegenüber dem Juli 1913 mehr alsverdoppelt. Dieser Einfuhrhöhe stehen leider nicht die entsprechende:! AuS- fuhren gegenüber. Seit April haben wir ein« passive Zahlungsbilanz schon nach den Zahlen der amtlichen Statistiken, geschweige denn, wenn wir die unkontrollierten Einfuhren in Rechnung stellen. Im Juli hat der Einftihrwert fast das Vierfache des Ausfuhrwertes be- tragen, wovon ja unsere Valutabewegung ein deutliches Zeichen gibt. Die AnSfuhrmenge betrug im Juli noch nicht den sechsten Teil der Mengen des JahreS 1913. Voran stehen Fertig- erzeugnisse der chemischen, keramischen, graphischen Gewerbe, der Maschinenindustrie, sowie mineralische Rohstoff«. Solche Zahlen mahnen zn allergrSsstcr Vorsicht. Sie zeigen, daß der Wirt- schaftSkörper noch unter so schweren FunktionS- störungen leidet, daß er nicht unkontrolliert sich selbst über- lassen bleiben kann Di« technisch« Durchführung der' AuS- und Einfuhrregelung für die nächste Zeit ist so gedacht, daß die Einfuhr gruud- sätzlich verboten bleibt. Für die freigelassenen Artikel wird ein« detailliert« Freiliste ausgearbeitet werden. Umgekehrt soll die Ausfuhr grundsätzlich erlaubt sein. Für die der- bo tonen Waren wird eine Verbotsliste aufgestellt. Ich hoffe in absehbarer Zeit eine klein« gedruckte Zusammenstellung nach den Warenbezeichnungen deS Zolltarifs herausgeben zu können, an deren Hand sich der einzelne Kaufmann genau orientieren kann. In meinem Ministerium habe ich zur Beschleunigung der Geschäfts- erledigung dt« Außenhandelskragen einem diktatorischen A u s s ch u ß zur Entscheidung übertragen, der»räch kaufmännischen Gesichtspunkten arbeitet. Um in allen wichtigen Fragen m engster Fühlung mit den beteiligten Kreisen selbst vorgehen zu können, habe ich für die Zwischenzeit, solange der verfassungsmäßige ReichSwirtschaftSrat noch nicht besteht,«inen Wirtschaft» rat aus den maßgebenden Organisationen von In- dustri«, Handel, Landwirtschaft und Verbrauchern berufen. Mit größtem Interesse verfolge ich daher auch die neuerlichen Versuche, ein« einheitliche Arbeitsgemeinschaft des gesamten Handels zu bilden. Ich messe diesen Bestrebungen größten Wert bei, denn sie schaffen die dringend benötigten Vertretungsorgane, deren ich mich zur Beratung und Unterstützung bedienen möchte. Im Binnenhandel bietet sich mit fortschreite»«« Abb»« der Bewirtschaftung dem freien Handel von selbst t» der nächsten Zeit ein immer grötzercS Betätigungsfeld. Mein« Herren! DaS Drängen noch völliger Freigabe der privaten Wirtschaftsbetätigung ist heute stärker als je. Lassen Sie mich zum Schlüsse hierüber noch ein offenes Wort sagen. Ich weiß, daß der Handel eine produktive Tätigkeit ist, denn pro- duktiv sein heißt Werte schaffen, und Werte schafft nicht nur der, der in der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion Kraft und Stoff verbindet und verändert, sondern auch der, der das fertige Produkt an den Ort der größten Rachftage bringt, wo es den größten Wert besitzt. Ich weiß auch, welch beflügelnde Kraft ungehemmte Bewegungsfreiheit des persönlichen SwebenS und der un- gevstndenen Betätigung entwickelt. Aber, meine Herren, ich mutz noch einmal auf den Ausgangspunkt zurückkommen: Denken Sie daran, daß wir a«S einer verarmten Wirtschaft kom- men, von der jede weiter« soziale Erschütterung ferngehalten werden muß. So würde die Anlehnung deS JnnenmarkteS an die Preislage des Wettmarkte» volkswirtschaftlich und politisch von katastrophaler Wirkung sein. Wir haben mit vieler Mühe in der Kohlenproduktion
ekne gewisse Etettgkeik erziekk. Auch au» manchen ankeren K neige» der Industrie ist mir bekannt, daß Arbeitswille und Arbeitslust all- mählich wiederkehren. Dieses allmähliche Erwachen des Produktionswillens darf auf keinen Fall durch übereilt« Experiment« gestört werden. Sie können Ihre Tätigkeit im Warenumsatz und in der Warenverteilung nur ausüben, meine Herren, wenn Waren er- zeugt werden. Aber, meine Herren, wenn sich der Handel als Glied der gesamten deutschen Volkswirtschaft fühlt und bereit ist, in den schweren Uebergangsjahren, die uns noch bevorstehen, mitzu- tragen auch an den Opfern und sich diejenige Selbstbeschräne k u n g aufzuerlegen, die notwendig ist, damit wir den sozialen Frie- den im Lande wiederherstellen und bewahren, dann werden wir auf sicherem Boden den Aufbau vollziehen. Dann gehen wir zwar einer an harter Arbeit überreichen Zeit entgegen, aber einer Zeft des Neuaufbaues, in der der deutsche Handel eine seiner Be- deutung und seiner früheren Stellung entsprechende Position ein- nehmen wird. Das Programm, das der Reichswirtschaftsminister vor den Hamburger Kaufleuten entwickelt hat, umsaßt natürlich nicht alle Fragen, die die deutsche Wirtschaft betreffen. Außer- ordentlich klar hat der Reichswirtschaftsminister seine Stellung zur Zwangswirtschaft dargelegt. Sie soll nur da aufrecht- erhalten werden, wo das unumgänglich notwendig ist, und auch da nur so lange, als es sich im Interesse des Volksganzen nicht vermeiden läßt. Wir sind verarmt und können mit unserer Armut nicht noch Schin-dluder treiben, indem wir mit einer Bankerottpolitik liebäugeln. Das ist alles. Der Reichswirtschaftsminister bekennt sich in seinen Aus- sühruugen nicht zu einem Wirtschaftssystem, sondern zu einer praktischen Wirtschaftspolitik, die aus den unsicheren EntwicklungAbedingungen der heutigen Zeit entstanden ist und sich den Notwendigkeiten des Tages anpaßt. Man mag das über den größeren Gedanken einer straff organisierten Wirtschast ablehnen. Es kommt aber heute nicht darauf an, Theorien in die Masse zu werfen, die im Widerstreit der Einzelinteresien verzerrt, im Kampfe der Parteien umstritten und erst im Laufe der Jahre durchgesetzt werden können. Unsere heutige Wirtschaft bedarf einer starken Gegen- w a r t s p o l i t i k, die alle positiven Kräfte zum Wiederaus- bau eint.
Die Verbilligimg öer Lebensmittel. In der Sitzung de» HauShaltsauSschusscS der Preußischen Landesversammlung vom Mittwochabend machte Finanz« minister Dr. S 2 d e k u m nähere Abgaben über die Aktion zur Senkung der Lebensmittelpreise, für welche das Reich annäbernd 2ft, bis 3 Milliarden aufnehmen werde. Wenn Speck zu den bisherigen billigen Preisen und wie bisher t2ö Gramm gegeben werden soll, erfordert dies bis zum Ende des Etat- jahreS 1189 Millionen Mark, bei kondensierter Milch S1 Millionen. Wenn die bisherige Aleischration aufrechterhalten werden soll, so find für Zufuhren aus dem Ausland« 800 Millionen erforderlich. außerdem für Kartoffeleinfuhr 25 Millionen. ES ist zu hoffen, daß infolge dieser neuen Aktion die Ernährung der Bevölkerung für den Winter einigermaßen gesichert ist. Vorbedingung dazu ist aber«. a.. daß die Margarine- f a b r i k e n genügend mit Kohlen und Rohmaterialien beliefert werden. Sollte die? nicht der Fall sein, so würden neue große Beträge sür vermehrte Einfuhr von Rohstoffen für die Margartnefabrikativn notwendig werden. Die Abgabe von AuSlandSmehl soll wie bisher zu billigen Preisen, aber in etwa« geringerem vmsang erfolgen. Für daS Mehl ist im Ausland 4000 M, pro Tonne zu zahlen. Der Brot« preis wird um ungefähr 10 Proz. erhöht werden, was einen Zu« schuß von 238 Millionen bis zum Ende des Erntejahres erfordert.
Der Trle»raphenbienst in gauz Frankreich ist, wie uns aus Bern gemeldet wird, m dem vorkriegSmäßigen Umfang wieder hergestellt worden.
fim den berliner Kunstsalons. Der Maler Carl Hofer , von dem Paul Cassirer eine Sonderausstellung zeigt, ist ein Schüler von Kalchreuth und Tboma gewesen und har dann je fünf Jahre in Rom und iu Paris gearbeitet. Wollte man die Spuren dieser Lehr« und Eniwickelungs- zeit iu seinen Werken aufsuchen, so würde man indessen zu einem negativen Resultat gelangen. DaS Schaffen Hofer«, wie eS uns hier vorliegt, zeigt'kcine klar nachweisbaren Einflüsse, aber eS zeigt ebensowenig eine ganz deutliche und ganz selbständige, alles durchdringende künstlerische Note. An ein paar fabelhaft virtuos ge- malten Akten(.Stehende und Sitzende') imponiert die Wucht der Formen und die gesammelte Kraft der Farbe. Die Bildnisse be« künden das Bestreben, die Bision de» innersten Wesens malerisch zu gestalten, wobei mancke eindrucksvolle Wirkung zustande kommt, ohne daß es gelingt, bis zu den tiefen seelischen Analysen etwa eines Kokoschka vorzudringen. I» Bildern w.ie.Mädchen mit Blumenstrauß' und.Mann, ins Zimmer tretend', die zu den besten der Ausstellung gehören, ist das Gegenständliche nicht restlos in die innere Rhythmik eingeschmolzen, unv der Zwie- ipalt zwischen einer teils flächigen, teils plastischen Auffassung läßt leinen reinen Gesamteindruck aufkommen. Wenn wir aber Werken wie„Schlafende',.Der erwachende Gefangene',.Hiob',.Kahn- fahrt' gegenübertreten, so gewinnen wir doch den Eindruck einer imrken und wenigstens in begrenzlein Gebiet eigenartigen In- dividualität. Wie auf der großen Fassung der.Schlafenden' die charfeu, eckigen Linien der Gruppe von der.sanft geschwungenen lontm deS Hügels umrahmt werden und wie darüber sich aus sein fließendem, horizontal gelagertem Schnörkel ein sanfttS, goldiges Licht ergießt: dieses allmähliche Lösen beängstigender, krampf- hiister Traumstimmungen und ihr Hiuübergleiten in das ruhige Weben der äußeren Natur, die an den Ovalen der Menschenseelen nicht teilnimmt— das ist fein und redlich empfunden und male- risch eigenartig zum Ausdruck gebracht.— Interessant ist.ein Vergleich der.Gefangenen''in der ersten und zweite» Fassung. Beide zeigen eine Anzahl Gestalten, die, von dem Gemäuer eines runden Turmes eng umjlblvsien, in müdem Trott eine Mühle drehen. In der ersten, ausführlicheren und größeren Fassung tritt das Gegenständliche mit seinen zufälligen Details so hervor, daß durch die reinen Kunstmittel keine Stiminung zustande kommt. Die zweite Fassung gibt in kleinem Format dasselbe Motiv, ober hier verschwindet das eigentlich Gegenständliche und die reine Sprache der Farben und Linien wird deutlicher vernebmbar, der eindrucke- volle/ Rhythmus des gesamten Aufbaues erzeugt die ergreifende Stimmung der Monotonie, des Trost- und Hoffnungstessen. Diese Fassung ist zweifellos weniger.malerisch' und technisch weniger imposant als die erste, aber in dem, worauf e« ankommt, steht sie hoch über ihr: sie dringt direkt zu Herzen und erreicht ihr Ziel mit rein lünstlertschen Mitteln.— Den tiefsten und klarsten Eindruck von der Eigenart Hofers gibt aber das Gemälde.Kahnfahrt'. Ein Nachen, der inr Vollmondlicht über den Spiegel eines Gebirgssees streicht. Ein idyllisches Motiv-- aber wie hat Hofer es ver- wertet I Alles Schaurige, Gespenstische, Aengstigende, daS eine Fahrt auf nächtlichem Wasser in nervösen Naturen erwecken kann, ist hier zu mächtiger Wirkung zusammengeballt. Die Nachtseiten des Leben« sind Hofers Domäne. Er ist der Maler des Alpdrucks,
der für wirre Angstzustände und stiere Verzweiflung ergreifende Töne zu finden weiß. ES ist ein kleines Gebiet, das er beherrscht, aber auf dieiem ist er immerhin ein Meister. Bei Nieolat(Bikioriaftr. 20») lernen wir in Walter Hippel einen jungen Autodidakten kennen, der sich müht, auf eigene Weise der Lösung des Bildnisproblems im modernen Sinne nahezukommen. Mit der Farbe weiß er nicht diel anzufangen, aber einige resolut hingestrichene Schwarzweiß-Porträts zeugen von zweifellos starker Begabung und von dem ehrlichen Streben, über rein impresfionistifche Wirkungen zu tieferen Ausdrucksmöglich- leiten zu gelangen. Die Ausstellung im Sturm(Potsdamer Str. 184») zeigt neben der üblichen.Gesamtschau'— darunter erstklassige Werte von Albert G l e i z e S, Paul Klee , Fritz Stuckenberg und Kurt Schwitter«— ältere und neuere Arbeiten von Georg Much« und Hans Sittig. Much « hat sich als einer der ersten Ver« treter der sogenannten absoluten Malerei einen Namen gemacht; er begründete seinen Ruf vornehmlich mit Werken, die in einer streng geometrischen Linien- und Formensproche ihr charakteristisches AuS- drucksmittel hatten. Die Ausstellung zeigt daneben eine Reihe von Gemälden, bei denen diese Tendenz zurücktritt und ein feines Gfumato, ein sanfte» Zerfließen, Verdampfen und AuSklingen der Farben vorherrscht. Nach meinem Gefühl liegt diese Art ihm besser, und gegenüber der ergreifenden Vifion„Wilhelm Runge zum Ge- däcktnis" und der kleinen koloristischen Kostbarkeit.Gegenschein' wirken jene anderen Arbeiten trocken und schwer und fast alodemisch. — AuS hellen, fröhlich leuchtenden Farben baut HanS Sittig seine graziösen Rhythmen, denen er seltsamerweise düsiere Namen, wie.Krankenstube',.Karfreitag',.Mühlentod' gibt. Es sind gute Arbeiten von kultiviertem Geschmack, die als Wandschmuck die Sinne erfreuen mögen, aber tiefere seelische Regungen nicht wecken. _ John©chitowfll
Der 41, deutsche Aerztetag, der vom 27. bis 28. September in Eisenach tagte, brachte vieles, was über den Rabmsn deS Bertis- lichen weit hinausging, stand doch als erster Punkt die S o z i a l i- s i e r u n g d e S H e i I w e s e n S auf der Tagesordnung. Es zeugte von einem nicht geringen Verständnis der Aerztesckaft diesem Prob- lem gegenüber, wenn Mugdans Thesen hierüber nicht ohne weitere« angenomnten wurden. Dieser Referent setzte nämlich Sozialisie- rung,'Verstaatlichung und Verbeamtuug gleich. Wenn nun derAerztetag auch gegen eine derartige Verstaatlichung einstimmig Stellung nahm so bedeutet eS doch einen großen Fortschritt, daß bemängelt wurde, daß kein Beiürworter dieser Idee da» Korreferat erhalten hatte. Und in der Diskussion wurde besonders von Berliner Aerzten energisch bestritten, daß im Erfurter Programm ein« solche Rege- lung gefordert werde. Wollen die Aerzie nun im Krankenkasseadienst die organisierte freie Arztwahl restlos durchführen, so find sie doch für beamtete Fürlorgeärzte zur Bekämpfung der Volkskt ankheiten und Errichtung eine« Gesundheitsamtes mir einem Arzt an der Spitze. Die sozialhygienilche Ausbildung der Aerzte wurde erfteulicherwetse übereinstimmend verlangt. Hierüber referierte Prof. Krautwig , Köln , während Schwalbe, Berlin , der Herausgeber der.Deut« scheu medizinischen Wochenschrift', über die Reform des Medizinal- swdiums sehr ausführlich sprach. Die hier schon früher erwähnte Idee einer Krankenwärterzeit der künstigen Aerzte wurde von fast
allen Seiten als unerläßliche Forderung bezeichnet. Die gesamte Debatte hierüber wurde als Material einer zu bildenden Regierungs- kommisflon übergeben, zu der beamtete praktische Aerzte und— wieder ein erfreulicher Fortschritt— Studierende zugezogen werden sollen. Am 29. September tagten dann in vertraulicher Sitzung die Vertreter der wirtschaftlichen Abteilung des AerzteveretnSbundeS, der.Leipziger Verband'. Man begeht aber keine Jndiskretiot� wenn man hervorhebt, daß hier, wie auch schon in der Sonntags sttzitng, eine friedliche Stimmung den Krankenkasienverbänden gegen- über herrschte. Von allen Seiten wurde die Mitteilung, daß eine zentrale Verhandlung der Verbände schwebte, mit großer Hoffnung begrüßt und der Wunsch ausgesprochen, daß die Zeit der Kämpfe endgültig bei aller Wahrung der berecktiaten Interessen vorüber sein möge." vr. E. L. An? der Republik der Wissenschaften. An der neuen lettischen Landesuniversität in Riga wirkt auch Prof. Karl Ballod , der bisher im preußischen ftaiistischen LandeSamt und an der Berliner Univer- sität tätig war. Prof. Ballod, ein gebürtiger Balte, hat bekanntlich unter dem Pseudonym Atlanticus im Dietzschen Parteiverlag ein Büchlein über„Produktion und Konsumtion im Sozialstaat' er« scheinen lassen. Nach der Revolution wurde er Parteigänger der Unabhängigen. B. war Mitglied der SozialisierungSkommission. Hundert Jahre Auskultation. In Frankreich wurde dieser Tag« der hundertste Gedenktag einer medizinischen Großtat gefeiert. ES handelt sich um die Austultatton, das heißt um die ärztliche Unter- suchungsmethode, die mit Hilfe des menschlichen Obres oder eines Hörrohrs, deS sogenannten Stethoskops, die Geräusche im Innern de« menschlichen Brustkasten» und damit auch etwaige Erkrankungen borauSzuhören sucht. Der Erfinder dieser Methode ist der im Jahre 1826 in der Bretagne verstorben« Arzt Lasnnec, dessen grundlegendes Werk über die Auskultation gerade vor hundert Jahren erschienen ist. LaSnnec hat übrigens auch das Stethoskop erfunden. Die andere Unteriuchungsmethode, die de« Abklopiens oder der Perkuifion, geht auf den Oesterreicher Auenbrugger zurück. Die Rückkehr Dr. Karl MuckS. Nach 10 monatft.c Jnternierung in Amerika ist Dr. Karl Muck wieder in Berlin eingetroffen. Er bat, vom Philharmonischen Orchester freudig begrüßt, bereits seine Tätigkeit aus der Probe aufgenommen. Bsttzner-Hausse. Die Oper hat die Preise der Plätze für die Erst- auphrung des.Palestrina '(für Kriegsgewinnler: tetn Druckfehler sür Palestrinaj mit Rückficht aus den Andrang«rbeblich erhöht. Die Fremden- log« Mitte kostet z. B. 100,59 M.(in der zweiten, im Abonnement statt- findenden Vorstellung«0,50 M.). Der Stehplatz bleibt aus 3,50 M. stehen, Mustk. Der 1. Abend des Kammcrmusikzhklus in der Singakademie am 6, Oktober bringt ausschlietzlich Werte von B r a h m S,— Die Neue Musikoereinigung(Dirigent Paul KlcbS) veranstaltet am 7. Ottober in der Hochschule einen Bach-Mozart- Abend. Der Berliner Bolks-Ehor beginnt am«. Oktober einen einjährigen Elernentarkursus der Notentebre, des vom Blattsingcns und der Stimm- bildung, an dem auch Nichtmttglteder— Damen und Herren— gegen Zahlung«ine» monatlichen Beitrages von 3 M. in beschränkter Anzahl teilnebmen tonnen. Der Kursus findet jeden Montag von 8 bis 10 Uhr abends in der Aula der 5. PflichtjortbildungSschule, Langeftr. St, statt. Borträge. Am 10, Oktober beginnt Dr. Adols Sehne im Frauen- Nub, Genthin er Str. 18, eine Vortragsreihe.Einführung in die Kunst* mit Lichtbildern(8-10 Uhr abends).