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Nr.508.36.Jahrg.

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Telegramm- Abreffe: Sozialdemokrat Berlin  .

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Ferufbrecher: Amt Morisplay, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 4. Oktober 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplay, Nr. 117 53-54

Alldeutsches Bangen.

Jezt, wo der Untersuchungsausschuß der Bisher keine offizielle Einladung nach Wolke selbst im höchsten Maße nützen, indem es auf ewig.

Washington  .

Von zuständiger Seite wird uns mitgeteilt:

interpretierte; ferner wird diese Aufklärung dem deutschen  sich von dem berderblichen Regime der Hohenzollern  , Falken­hayn, Tirpik und Reventlow in Abscheu und Ekel abwen­den wird.

Nationalversammlung   seine Tätigkeit begonnen hat und zugleich mit der bevorstehenden Veröffentlichung der deutschen   Archive die Klärung der verschiedenen Schuldfragen wenn nicht restlos herbeiführen, so doch wenigstens gewaltig fördern dürfte, wird den AlIdeut. Der Vorwärts" bringt hente morgen aus Amfter- Es gibt übrigens noch einen weiteren Grund, der gegen schen sehr unbehaglich zumute. Sie hatten es nämlich dam die Nachricht, daß laut einer Information, die dem eine voreilige Veröffentlichung und Untersuchung sprach: geschickt und rücksichtslos durch freche Verdrehungskunst und Bureau des Internationalen Gewerkschaftsbundes   in Amster. es bestand die Gefahr, namentlich solange die geistige antisemitische Wühlereien verstanden, den Zorn weiter Kratie dam gegeben worden sei, Deutschland   und Desterreich eine Blockade der Mittelmächte, verbunden mit dem Fortbestehen des deutschen   Volkes von den Urhebern des großen Unglüds, offizielle Erklärung übermittelt worden sei, nach der der Zensur in den siegreichen Ländern, aufrechterhal­den Fürsten und Staatsmännern des Kaiserreichs, gegen die die Delegierten Deutschlands   und Desterreichs an der Inter- ten wurde, daß die Ergebnisse der deutschen   Klärungsaktion Träger der unseligsten Erbschaft der Weltgeschichte, gegen die nationalen Arbeiterkonferenz in Washington   würden teil in einer Weise verwertet und gefälscht würden, welche die regierenden Barteten der Deutschen Republik, speziell gegen nehmen können. Ferner sei den stellvertretenden Vorsitzenden Menschheit dem Endziel, nämlich der Wahrheit als solcher, die deutsche   Sozialdemokratie abzulenken. Die maßlose un Jouhaug und Martens von der französischen   bezw. der nicht nähergebracht hätte. Mit anderen Worten: wenn die abhängig- spartakistische Demagogie, mit ihren ruinölen und belgischen Regierung erklärt worden, daß alle Delegierten Belastung der Hohenzollern   und Habsburger   und ihrer oft blutigen Begleiterscheinungen, hatte ihnen dabei die denk- Deutschlands und Desterreichs auf der Konferenz dieselben Staatsmänner zur Freisprechung der übrigen Regierungen bar besten Werbedienste geleistet. Doch drohen die Früchte Rechte haben würden, wie die Delegierten der anderen Europas   gedient hätte. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, Dieser nationalen" Lügenpropaganda, noch ehe man fie bei Länder. den nächsten Reichstagswahlen pflüden fönnte, au verfaulen. In dem Schreiben, das dem Vorsitzenden der deutschen   daß die bevorstehenden Veröffentlichungen und Untersuchun gen eine ganz überwiegende unmittelbare Hauptschuld Die doppelte Klärungsaktion des Untersuchungsausschusses Friedensdelegation in Versailles   übermittelt wurde, heißt der Zentralmächte ergeben. Aber wir sind überzeugt, daß und der Archivöffnung wird die ganze deutschnationale Mache es aber, daß die Zulassung deutscher   oder österreichischer die wahre Schuld an der Entstehung des Krieges weniger über den Haufen werfen und die Auferstehungsträume der Delegierter zur Konferenz der Entscheidung der bei einzelnen führenden Männern zu suchen ist, als in dem monarchistischen Parteien endgültig, vernichten. Arbeitskonferenz selbst unterliegen würde, ganzen politischen System; daß also alle Regierungen Natürlich haben die Alldeutschen diese Gefahr längst er- für den Fall, daß die deutschen   und österreichischen Delegierten kapitalistisch- imperialistische Politik getrieben und somit den fannt. Jezt, wo sie in ein afutes Stadium tritt, versuchen fie fich in Borwegnahme einer ihnen günstigen Entscheidung Krieg mit verschuldet haben. Ein abschließendes Urteil, das den Untersuchungsausschuß der Nationalversammlung   von nach 28ashington zu begeben wünschten. bornherein zu diskreditieren. Schon sprechen die Deutsche Beitung" und die Deutsche Tageszeitung" nur noch vom ,, Untersuchungsausschuß"( zwischen Gänsefüßchen), und in Iegterem Blatte läuft bereits Herr Reventlow gegen führende Im Anschluß an die kürzlich in Genf   ins Leben ge­Mitglieder dieses Ausschusses Sturm, die er als bekannte rufene pazifiſtiſche Internationale Vereinigung Fanatiker einer deutschen   Schuld am Striege" bezeichnet, deren der Weltkriegsteilnehmer wurde am 2. Oktober Forschungsarbeit nicht anders als tendenziös sein könne. in Berlin   der Friedensbund der Kriegsteil. Wir kennen diese Methoden der präventiven Diskredi.nehmer" begründet.

Ein Friedensbund der Kriegsteilnehmer.

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nur einzelne Männer verdammen und andere freisprechen würde, obwohl alle, ob in Berlin   oder in Paris   und London  , in Wien   oder in Petersburg  , in Belgrad   oder in hatten, würde nur eine Verfälschung der historischen Sofia  , die eine allgemeine Politif jahrzehntelang getrieben und sozialen Wahrheit ergeben und, anstatt der endgültigen Gesundung der Welt durch Sozialismus und Pazifismus nur neue friegerische Katastrophen mit oder ohne Hin­einziehung Deutschlands   herbeiführen. Deshalb ist die Borgeschichte des Arieges behandeln wird. Beil es jehr begrüßenswert, daß der Untersuchungsausschuß auch Sozialdemokraten befürchteten, daß eine am 28. Juni 1914 beginnende geschichtliche Forschung nur einzelne Per­sonen belasten würde und das ganze System unbe­schein zu erwecken, als wollten sie das faiserliche Deutschland  decken, indem sie immer wieder auf die Vorgeschichte des Krieges hinwiesen, die für alle Regierungen Eu­ ropas   gleich schmer belastend ist alles in allem bielleicht sogar etwas weniger für Deutschland  . Auch Herr Steventlow trat jüngst anläßlich der Wiener   Veröffentlichun­gen lebhaft dafür ein, daß man die Borgeschichte des Krieges nicht etwa zugunsten der Juliereignisse vernachlässige. Nun, der Untersuchungsausschuß wird hoffentlich über das Maß bon Schuld, das die Blätter vom Schlage der Deutschen Tageszeitung" auch an der Vorgeschichte des Krieges trifft, ein deutliches Wörtchen reden.

tierung": fie sind das Kennzeichen des schlechten Gewissens. Die Randstaaten verhandeln mit Sowjetrußland. Wir haben vor einiger Zeit ein ähnliches Bemühen erlebt, als Die Unabhängigen den von der Preußischen ( Drahtbericht unseres Kopenhagener Korrespondenten.) Landesversammlung eingesetzten Ausschuß zur Aus Dorpat   wird über Helsingfors   gemeldet: Auf der De Untersuchung der Januar und Märzputsche in legiertenkonferenz befchloffen Estlands  , Lettlands   und 2i Berlin   für parteiisch und des Vertrauens der Arbeiterschaft tauens Bertreter die Einleitung von Friedens verhelligt ließe, haben sie das Odium auf sich geladen, den An­unwürdig erklärten. Nad anfänglicher aktiver Mitarbeit bandlungen mit den Bolschewiften. Die drei Länder schied Dr. Kurt Rosenfeld   mit sogenanntem Eflat aus der werben Delegierte ernennen, die in nächster Zeit mit den boliches Kommission aus, als er erfte, daß die Angelegenheit für wiftischen Bevollmächtigten zusammentreffen werden. feine Partei und speziell für ihn selbst brenzlich wurde. Der Untersuchungsausschuß der Nationalversammlung   hat biel­mehr die Sorge um Unparteilichkeit so weit getrieben, daß er als wissenschaftliche Sachverständige auch Leute berufen hat, die als Fanatiker einer beutschen Unschuld am Kriege" be­fannt sind, wie z. B. Professor Dietrich Schäfer   und Reventlom felbst! GB ist zu erwarten, daß diese Herren sich die billige Geste leisten werden, unter irgendeinem Borwand ihre Funktion niederzulegen, sobald sie fühlen wer­den, daß die Sache für fie fchief enden dürfte.

Keine Munition gegen die Bolschewiki. Aus Boulogne- sur- Mer   wind berichtet, daß die dor. tigen Hafenarbeiter dem Beispiel ihrer Kameraden in Brest   folgend und gemäß der bei dem allgemeinen Gewerkschaftstongreß in hon getroffenen Entscheidung sich geweigert haben, die zur Nieder werfung der russischen Revolution bestimmten Munition 3. fenbungen zu berladen.

Wenn bei den Deutschnationalen der Patriotismus etwas Ueberhaupt fann fich die Untersuchung nicht mehr um Freunde sehr wohl. Auch die Unabhängigen wiffen es. Aber anderes wäre als mittelalterliches Schweifwedeln vor ent Schuld" oder Nichtschuld" drehen, sondern nur noch um beide Extreme, rechts und links, sind sich, wie in so vielen thronten Fürsten   und bankerotten Schlachtenlenkern, als das Maß von abfichtlicher bzw. fahrlässiger anderen Dingen, wenn es heißt, die Regierung und die Mehr- schwarz- weiß- roter Fahnenrummel und nicht immer un­Schuld, das auf den ehemaligen Machthabern Deutschlands   heitsparteien wider besseren Glauben anzugreifen, auch dies- eigennügiges Parteigeschäft, so könnten sie sich gerade lastet, um das Maß bon Berbrechen und von bio- mal im Verschweigen unserer Beweggründe einig. Biel   an der zurückhaltenden Behandlung der Schuldfrage tismus, das das alte Regime im allgemeinen und die wichtiger und heiliger als die Parteipropaganda war uns durch die deutsche   Regierung, die das innerpolitische führenden Männer der wilhelminischen Aera   im Einzelnen das Wohl des deutschen   Volkes. Wir nahmen an und der Interesse hinter das Interesse des ganzen Wolfes trifft. Vertrag von Versailles  , der moralisch auf dem Artikel 231, monatelang zurückstellte, ein Beispiel selbstloser Vater­Reventlow knüpft an die. Bemerkung unseres Ministers dem aufgezwungenen Schuldgeständnis, beruht, hat uns durch landsliebe nehmen. Unerhört aber ist es, wie Reventlom des Aeußeren, des Genossen Hermann Müller  , daß die heutige aus recht gegeben, daß jede einseitige Belastung der in seinem Versuche, den Untersuchungsausschuß im voraus Regierung fein Intereffe baran babe, die Maßnahmen der kaiserlich- deutschen Regierung, die sich aus einer Archibber- zu diskreditieren, der Regierung unterstellt, sie wolle mit alten irgendwie zu deden die Behauptung, daß fie tatsäch öffentlichung und aus einer parlamentarischen Untersuchung einer Belastung des alten Regimes parteipolitische Geschäfte lich sogar alles Intereffe daran habe, die Maßnahmen zu ergeben müßte, sich am deutschen   Volfe schwer treiben. Die ganze Saltung unferer Partei und ihrer Ver­diskreditieren. Das ist vollkommen richtig, und wenn rächen würde. Das Wilsonsche Programmt, diese beiderseits trauensmänner in der Regierung, speziell in dieser Frage man sich die bisherige Saltung der Regierung seit der Revo- feierlich vereinbarte Friedensbasis, erwähnte zwar in feinem der Deffnung der Archive, straft Reventlow Rügen  , und lution vergegenwärtigt, so wird man nur in der Reventlow- feiner 14 Punkte die Schuldfrage als einen für die Friedens. wenn er meint, daß wir jetzt aus Furcht" vor den Unab­schen Erklärung die den bar schmeichelhafteste, wenn auch un- bedingungen maßgebenden Faktor, aber es war voraus- hängigen handelten, so ist dies geradezu lachhaft. Mir haben freiwillige Anerkennung der Uneigennüßigkeit der Sozial- zusehen, daß ein Schuldgeständnis dennoch von den Entente- uns in viel gefährlicheren Fragen den Haß der Radikalen demokratie erblicken fönnen. In der Tat, nichts wäre uns regierenden ausgenügt würde, um die ungeheuerlichsten von links zugezogen und werden der Kampf ausfechten, ohne leichter gewesen, als die Konservativen von gestern und finanziellen und wirtschaftlichen Bedingungen durchzudrücken uns um den Beifall oder um die Kritik der Radikalen von Deutschnationalen von hente auf ewig unmöglich zu machen, und ihre eigenen gärenden und notleidenden Völker auf rechts zu kümmern. wenn wir uns, gleich nach unserem Einzug in die Wilhelm- Kosten des deutschen   Volkes zu beruhigen. straße ,,, auf die Archive gestürzt", um mit Reventlow zu reden, Das war es, was wir verhindern wollten. Es ist uns und deren Inhalt, wenn nicht streng wissenschaftlich, so doch leider nicht gelungen und das deutsche   Volk wird nun parteipolitisch rüdfichtslos ausgebeutet hätten. Dann hätte auf Jahrzehnte hinaus die er drüdenden Folgen der vielleicht die Volfsmut manch einen, der Reventlows Herzen Berbrechen der alten Regierung tragen nahe steht, und soweit er nicht sofort vorsichtshalber neutralen Boden betrat, ein gleiches Schicksal bereitet, wie jenes, das feinerzeit den vielleicht nicht einmal ebenso schuldigen Grafen Tisza ereilte.

Warum wir das nicht taten, wiffen Reventlow und seine

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müssen. Jeßt aber ist der Friede unterzeichnet. Jezt fann die restlose Aufdeckung der Wahrheit dem deutschen   Volke nur noch ni ben. In doppelter Hinsicht: einmal dem Aus­lande gegenüber, das diese unsere Burüdhaltung vielfach nicht verstand und als ein Zeichen unveränderter Geistesverfassung

Aus den Auslassungen Reventlows gewinnt man den Eindruck, daß mit dem Herannahen der großen Abrechnungs­stunde, die mit der Veröffentlichung der Archive und mit dem Beginn der Arbeiten des Untersuchungsausschusses schlägt, ihn ein Gefühl der Bedrückung übermannt, das immerhin in einem merklichen Gegensatz zu dem Gefühl der Erleichterung steht, mit dem er die Kriegserklä rung Ameritas begrüßte, diesen nicht zuletzt durch ihn ver. schuldeten Todesstoß gegen das beklagenswerte deutsche   Volk. Bittor Schiff.