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Nr.512. 36.Jahrg.

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Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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B

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morizplak, Nr. 15190-15197.

Dienstag, den 7. Oftober 1919.

Der Streikabbruch in England.

( Drahtbericht unseres Kopenhagener Berichterstatters.)|

Das Reutersche Bureau meldet aus London vom 5. Ofto. Londoner Mitteilungen über die Beilegung des Eisen- ber amtlich: Die Bedingungen für die Beilegung des Streiks bahnerstreiks zufolge war es der Führer der Konservativen, find folgende: Bonar Law , der die Grundlage für eine Verständigung der Parteien schuf. Anf der Massenversammlung der Eisen­bahner in Albert Hall wurden Thomas' Mitteilung von der Beendigung des Streiks von den Eisenbahnern und deren Franen mit Begeisterung begrüßt. Man erwartet, daß der König eine Proklamation unterschreiben wird, durch die das Parlament zu einem früheren Zeitpunkt, als ur­sprünglich bestimmt, einberufen wird.

Wie der Tel.- Union" berichtet wird, äußerte sich der Eisenbahnführer Thomas mehreren Pressevertretern gegen­über, die Eisenbahner hätten im allgemeinen dem Vergleich zugestimmt. Nur eine geringe Anzahl verweigere die Rüdfehr zur gemeinschaftlichen Arbeit mit den Streifbrechern und freiwilligen Hilfsarbeitern. Eine Gruppe hindert Die Arbeiter, die Arbeit wieder aufzunehmen. Bonar Law versucht, auch zwischen dieser Gruppe und der Regierung zu bermitteln.

Italienischer Sozialistenkongreß.

1. Die Arbeit wird sofort wieder aufgenommen. 2. Die Verhandlungen werden fortgesetzt mit der Maß­gabe, daß sie vor dem 31. Dezember beendet sind. 3. Die Löhne werden bis 30. September 1920 auf der gegenwärtigen Höhe gehalten und können nach dem 1. August 1920 im Lichte der dann herrschenden Ver­hältnisse na ch geprüft werden.

I

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 117 53-54.

Französischer Jrrwahn.

Die französische Kammer hat mit 444 gegen eine Stimme einen Antrag Lefèvre angenommen, der die völlige Entwaffnung Deutschlands durch ein Ver­bot der Fabrikation jeglichen Kriegsmate. rials vorschlägt. Am liebsten würden uns die Franzosen weder einen Mann noch einen Browning lassen. Aber da wenigstens die verantwortlichen Regierungsmänner in Frant­reich noch soviel Einsehen haben, daß sie nicht gut die Polizei­dienste und den Grenzschutz für Deutschland übernehmen fönnen, ist man Herrn Tardieu gefolgt, der uns zwar die Fabrikation von Kriegsmaterial verbieten, aber das, was wir brauchen, immerhin liefern will.

4. Kein erwachsener Eisenbahner soll weniger als 51 Schilling wöchentlich erhalten, solange die Kosten des Lebensunterhaltes nicht weniger als 110 Proz. über der Höhe vor dem Kriege stehen. 5. Die Arbeiter werden mit den bei der Arbeit Gebliebe- böllige Untenntnis der tatsächlichen Ver­nen oder zur Arbeit Zurückgekehrten in Harmonie hältnisse Deutschlands , vor allem der Zu­arbeiten und niemand wird in irgendeiner stände in der Reichswehr ist. Für die französische Weise wegen des Streiks benachteiligt werden. Mentalität ist nichts bezeichnender als der Satz des Depu­6. Die in Folge des Streits einbehaltenen Löhne werden tierten Lefèvre: Wahrscheinlich habe Deutschland nach Wiederaufnahme der Arbeit ausbezahlt werden. gegenwärtig eine Armee von 600000 bis 800000 Mann." Noch unlängst hat der Temps " in einem Artikel zur Ratifikation des Friedensvertrages festge­stellt, daß sich Frankreich oft genug über Deutschland geirrt habe und man jezt eine Politik betreiben müsse, die auf einer genauen Kenntnis unserer Verhältnisse beruhe. Davon ist leider noch immer nichts zu spüren, denn sonst müßten die Franzosen wissen, daß wir nicht mehr als 400 000 Mann Franzosen wissen, daß wir nicht mehr als 400 000 Mann unter Waffen haben, an deren ständiger Verringerung gear­beitet wird.

Diese französischen Kammerdebatten lösen zunächst ein Gefühl des Erstaunens aus über die Kluft des Mißverstehens, Argwohns und Hasses, die uns noch immer von unseren west­lichen Nachbarn trennt und deren Hauptursache die

Bewahrt die Heimat!

Am Sonntag ist der Sozialistentongreß in Bologna WTB. verbreitet folgenden Aufruf:" Deutsche Männer und unter sehr starker Beteiligung zusammengetreten. Barocci Frauen! Bewahrt Euch die deutsche Heimat! Ihr, die Ihr aus eröffnete ihn mit heftigen Angriffen auf die Regierung, die Ost- und Westpreußen , aus Oberschlesien und aus and fich nur durch reattionäre Maßnahmen, wie die Schleswig- Holstein stammt, bewahrt Eurer Heimat auch die Wiedereinführung der Zensur halten könne. Er las dann Treue, wenn Ihr jest in fremdem Land, in fremder Stadt weilt. Wenn die Rechte und die Linke der französischen Kammer ein Begrüßungsschreiben der russischen Sowjet- In Eurer Hand liegt das Schicksal der Gebietsteile, in denen nach sich bei der Annahme des Antrages Lefèvre zusammengefunden republik unter stürmischen Sundgebungen für Lenin und Inkrafttreten des Friedensvertrages Volksabstimmungen vorge. haben, so doch aus ganz verschiedenen Motiven. Sowjetrußland vor. Porteisekretär 2 a 3 3 ari stellte ein nommen werden sollen. Ihr sollt mit darüber entscheiden, ob Eure Die französische Bourgeoisie hat auch hier wieder weiteres Anwachsen der Partei und der straffen Disziplin Heimat fernerhin noch zum Deutschen Reiche gehören soll. Steiner bewiesen, daß sie mit dem Versailler Friedensdiktat nicht zu­in dieser fest, wodurch die Wahrscheinlichkeit des Gelingens von darf bei dieser Entscheidung fehlen. Jeder tuefeine Pflicht! Jeder frieden ist, weil es ihr längst nicht weit genug geht. Massenaktionen zur Eroberung der wirtschaftlichen Abstimmungsberechtigte trage fich in die Fragebogen ein, die Wie die Frage der Räumung des Baltikums so benutzt ſie und politischen Macht zugenommen habe. Im Namen der am 8. Oktober aus Anlaß der Volkszählung in jede Familie marimalistischen Gegner der Wahlbeteiligung tommen. Es gilt die Abstimmung vorzubereiten, von der sprach Bordiga unter scharfen Angriffen auf die Kammer- Vorbereitung hängt der Erfolg ab. Jeder hole die Seinigen heran! fraktion. Treves antwortete in deren Namen. Er er- Jede Stimme zählt, jede entscheidet!" Klärte, daß der

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Appell an die Gewalt,

Ein Notschrei an Alle.

auch diese Gelegenheit zu einer brutalen Knebe lung Deutschlands . Nichts fürchtet man in Frankreich mehr als den Augenblick, in dem Deutschland wieder auf­atmen und ein gleichberechtigtes Mitglied des Völkerbundes werden könnte. Man weiß sehr wohl, daß die Abrüstung nur dann einen Sinn und Aussicht auf Verwirklichung hat, wenn der heute von vielen Genossen verlangt werde, ein Um alle Staaten auf die im Friedensvertrag vorgesehene sie auf Gegenseitigkeit beruht und von allen Kriegsüberbleibsel sei, der Barrikaden- Sozia- Vergewaltigung des Hultschiner Ländchens Staaten des Völkerbundes nach bestimmten Iismus unter Leitung der Minderheit führe nur ins Ber - aufmerksam zu machen, wurde folgender Funkspruch An Alle" Grundsäten gleichzeitig durchgeführt wird. derben. Die Gesamtheit wolle feine Einzelattion, jeden- verbreitet: Nach Artikel 83 des Friedensvertrages soll der süd- An diesen Völkerbund aber glaubt man nicht, weil man ihn falls sei gegenwärtig nur ein ganz unscheinbarer Teil der liche Teil des Kreises Ratibor , das Hultschiner Ländchen , nicht will, sich vor ihm fürchtet. Wenn Herr Clemenceau Arbeiterschaft für einen gewaltsamen iusturz zu haben. Die ohne Volksabstimmung der Tschewoslowakei nach ihm ruft, so nur, um ihn als Büttel gegen Deutschland Meinung der überwiegenden Mehrheit des Kongresses gab einverleibt werden. Diese Bestimmung hat allgemeine Er- zu benutzen. So befindet man sich in Frankreich in einem Gennari wieder als er die Notwendigkeit einer regung und heftigsten Widerstand unter der Bevölkerung her- Sustande allgemeiner Verwirrung und Unsicherheit. Man Revolution für die Errichtung der Diktatur des Proletariats vorgerufen, die ausnahmslos den Wunsch heat, bei Deutsch - will den Frieden und schreckt doch vor ihm zurück; und als forderte, aber auch gleichzeitig die Beteiligung an den Wahlen land zu verbleiben. Die Einwohner des Hultschiner Ländchens einzigen Ausweg sieht man die dauernde gewaltsame Nieder­Wenn der Franzose Romain­als unerläßlich verlangte. bitten die alliierten und assoziierten Mächte in letter Stunde, haltung Deutschlands . Aus den Verhandlungen des ersten Tages fann fest- die Ungerechtigkeit aus dem Friedensvertrage zu beseitigen gestellt werden, daß zwar ein tiefer Gegensatz zwischen und der Bevölkerung des Hultschiner. Ländchens das vom Reformisten und Marimaliften besteht, daß aber niemand Präsidenten Wilson proklamierte und garantierte Recht der eine Trennung wünscht und daß aller Wahr- Volks abstimmung zu gewähren. scheinlichkelt nach die Einheit der Partei erhalten bleiben wird.

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Die Bauarbeiter- Internationale. In Amsterdam wurde die 4. internationale Konferenz der Baufacharbeiter unter dem Borfis des deutschen Delegierten Baeplow eröffnet. Es haben Vertreter entsandt: Deutschland , Belgien , Frankreich , Holland , Defterreich, Norwegen , Schweden , Dänemark und die Schweiz .

Ende des Seemannsstreiks.

Unser Hamburger Berichterstatter meldet: Nachdem in der Hochseeschiffahrt der Ausstand endgültig abgebrochen ist, machen sich nur noch im Fisch dampferberlehr die Ausläufer des

wilden Streits bemerkbar. Doch auch

Mißhandlung deutscher Gefangener.

Rolland es einst als seine gläubige Ueberzeugung aus­sprach, daß nach dieser Periode des patriotischen Hasses eine Zeit überschwenglicher Schnsucht und weltbürgerlicher Liebe kommen werde, so ist Frankreich heute davon weiter entfernt als je.

Hat die französische Bourgeoisie dem Antrag Lefèvre zu­gestimmt, um den Friedensvertrag zu sabotieren, so die Von den amerikanischen Kriegsgefangenen Sozialisten in der naiven Annahme, dadurch lagern in Frankreich , wo bisher unsere Gefangenen eine der allgemeinen Abrüstung näher kommen günstige Behandlung hatten, liegen jezt zahlreiche Klagen zu können. Wir sprechen den französischen Sozialisten über schwere Mißhandlungen Deutscher vor. Deutsche Ge- feineswegs den guten Glauben ab, müssen aber bekennen, daß fangene werden teilweise grausam und menschenunwürdig be- ihr Verhalten ein gar bedenkliches Maß poli. kindlicher handelt. Die deutsche Regierung hat an die ich weizerische tischer Einsichtslosigkeit und Regierung eine Note gerichtet, in der sie bittet, eine Reihe von Illusionen verrät. Einzelfällen zur Kenntnis der amerikanischen Regierung zu bringen und schärfst en Einspruch gegen die Mißhandlung deutscher Gefangener zu erbeben. Außerdem wird um Entsendung von Vertretern gebeten, die die Mißstände feststellen und ihnen ab­helfen sollen.

Deutschenverfolgungen und Streiks in Elsaß- Lothringen .

hier find täglich Abbrödelungen festzustellen, so daß in Die Verfolgung und Geschäftsschädigung der Deutschen in wenigen Tagen diese erste Kraftprobe des Seemannsbundes voll Elsaß- Lothringen durch die französischen Behörden dauern an. tommen gescheitert sein wird. Die Streifführer vermögen ihre Die Rechtsanwälte Elsaß - Lothringens haben von den Präfekturen wenigen Anhänger nur durch das Märchen zusammenzuhalten, daß die Aufforderung erhalten, nach Erledigung der noch schwebenden sie mit den Reedern in Unterhandlungen ständen. Der Transport- Prozesse ihre Pragis einzustellen. arbeiterverband stellt demgegenüber fest, daß nur er zu Berhand- Die elsaß Iothringischen Eisenbahner find in lungen berechtigt sei, und daß die Reeder nach wie vor jede Vereine neue 2ohnbewegung eingetreten. Sie fordern eine handlung mit fommunistischen Drahtziehern ablehnten. Es steht Lohnerhöhung um 100 Proz. demzufolge zu erwarten, daß nunmehr auch im Fischdampferbetrieb der Seemannsbund die Wassen strecken muß und die Fischversorgung wieder im vollen Maße aufgenommen werden kann. Der Transportarbeiterstreit in Kiel ist beendet, die Arbeit greßbeschluß der französischen Sozialdemokraten ein Zusammen­bieber aufgenommen.

Die Bürgerlich- Radikalen Frankreichs treten in die künftigen Kammerwahlen mit der Devise ein Frankreich vor allem". Die oberelsässischen Sozialisten lehnen unter Hinweis auf den Kon­

gehen mit den Bürgerlich- Radikalen ab.

Die Heeresorganisation eines Landes kann nie das Pro­dukt rein theoretischer Ueberlegungen sein, sondern richtet sich jeweils nach dem praktischen Zwed, dem sie dienen soll, und der Art des voraussichtlichen Gegners. So hat England als Kolonialmacht neben seiner Flotte ein Söldnerheer behalten, während in der Kontinentalmacht Frankreich , von den Demo­fraten und Sozialisten gestützt, die allgemeine Wehrpflicht fortbesteht. Auch in Preußen hatte sich nach 1806 die allge­meine Wehrpflicht durchgesetzt und behauptet. Daß Deutsch­ land jetzt ein Söldnerbeer aufgezwungen wurde, geht, wie aus bieber: Anzeichen bemerkbar ist, in erster Linie auf England zurück.

Die französischen Sozialisten geben mit Recht vom demo­fratischen Standpunkt aus dem Miliz- System vor dem Söldnerwesen den Vorzug. Ihren Standpunkt haben sie in folgenden Worten formuliert:

Es ist die Aufgabe der Gesellschaft der Nationen, eine mili­tärische Kooperation der nationalen Einheiten herbeizuführen, zur Beaufsichtigung der Entwaffnung, Kontrolle der Herstellung Des Kriegsmaterials, Organisierung der Rekrutierung nationaler Kontingente nach dem Miliz- System, strenges Verbot von Berufs­heeren, die eine ständige Bedrohung des bürgerlichen sowohl wie bes internationalen Friedens find."