Nr.524.36.Jahrg.
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Sozialdemotrat Beefia".
Abend- Ausgabe.
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.
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Montag, den 13. Oftober 1919.
Rüstet zum 9. November!
An die Partei!
Genoffinnen und Genossen!
Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplay, Nr. 117 53-54.
Thersites Ludendorff.
nur mit der größten Sorge dem Winter entgegensehen fön- fich die Babanquespieler des Weltfrieges in Schweigen hüllen nen. Zu alledem kommen die
selbstmörderischen Bruderkämpfe Am Sonntag, den 9. November jährt sich zum ersten unter den Arbeitern, sowie der offene und geheime Kampf Male der Tag, an dem das kaiserliche Reich zusammen- der Reaktioäre gegen die Republik . gebrochen ist. Mehr als vier lange Kriegsjahre hindurch hatte Wahrhaftig, ernster kann die Lage eines Staatswesens das deutsche Volk unerhörte Opfer an Gut und Blut gebracht, nicht sein. Und dennoch brauchen wir nicht zu verzagen! als mit dem Zusammenbruch des Heeres auch das ganze von Nein, ganz im Gegenteil! Frohen Mutes wollen wir in die der Obersten Heeresleitung errichtete Presse- Lügengebäude Zukunft blicken. Die vielen Arbeiter, die von der revolutioin sich zusammenstürzte. nären Umwälzung mehr erwartet haben, als sie bringen fonnte, werden zu der Einsicht kommen, daß man die Wirtschaft eines großen Landes wohl in kürzester Frist ruinieren, nicht aber sozialisiert umgestalten kann.
Als mit dem Angebot des Waffenstillstandes die hoffnungslose Lage unseres Landes aller Welt erkennbar wurde, fiel es dem deutschen Volk wie Schuppen von den Augen. Born erfaßte die Massen, besonders gegen den Träger des imperialistischen Systems, den Kaiser.
Herrlichen Zeiten werde ich Euch untgegenführen!" so hatte er dem Bolke großsprecherisch verkündet. Durch ein Meer von Blut hat er das Volk in das tiefste Elend geführt. Immer stürmischer wurde sein. Rücktritt verlangt. Als der Raiser fich weigerte, feinen Platz zu verlassen, zerstörte er die lette Hoffnung auf eine friedliche Umgestaltung der politischen und sozialen Verhältnisse im Reich.
Lawinenartig war der Unwille des Volkes angewachsen. In Kiel fand die erste revolutionäre Erhebung statt, die wie eine gewaltige Feuergarbe die zündenden Funken über das ganze Reich aussprühte.
Als am 9. November Berlin ohne jeglichen ernsten Widerstand in die Hände der revolutionären Arbeiter und Soldaten fiel, hatte die legte Stunde des Monarchismus und der Junkerherrschaft mit allen ihren Klassenvorrechten geschlagen. Aus dem morschen, in Not und Elend versunkenen Kaiser. reich erstand die junge deutsche Republik .
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" Freiheit und gleiches Recht für alle!"
Die Nationalversammlung hat eine Berfaffung beschlossen, die die Mehrheit des deutschen Volkes in die Lage setzt, alles durchzusehen, was vernünftigerweise durchgesetzt werden kann. Die Demokratie ist gesichert für alle öffentlichen Einrichtungen und für jeden einzelnen.
Damit ist der Grund gelegt für den Sozialismus, der nur auf demokratischer Grundlage erreicht werden fann. Das gilt es, den Massen zum Bewußtsein zu bringen, denen jest von törichten oder gewissenlosen Quadsalbern goldene Berge versprochen werden.
Am 9. November muß die Jahresbilanz geschlossen werden. Das soll und muß ohne jebe Beschönigung geschehen. Es muß geprüft werden, was zur Sicherung der Republik geschehen, was für die Demokratie und den Sozialismus erreicht worden ist und was zunächst weiter erreicht werden muß.
Genossinnen und Genossen!
Trefft für den 9. November alle Vorbereitungen das war eine Selbstverständlichkeit vom selben Tage an. Der für feierliche und würdige Kundgebungen zugunsten Achtstundentag und viele andere sozialistische Forderun- der jungen Republik, der Demokratie und des gen wurden sofort auf Beschluß der Volksbeauftragten dekre. Sozialismus! tiert. Aber Brot und Fleisch, Fett und Kohlen lassen sich nicht
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zu
Seid pflichtbewußt! Gestaltet den 9. November 3 dekretieren- das alles muß in fleißiger Arbeit produziert einer großen Heerschau und zu einem Werbetag der Sozialund transportiert werden! Was auf diesem Gebiete gefün- demokratie! bigt worden ist, wiegt um so schwerer, weil das junge Staats. wesen, abgesperrt von aller Welt, den furchtbarsten Waffenstillstandsbedingungen unterworfen war und jetzt den schwersten Friedensbedingungen unterworfen ist.
Unsere wirtschaftlichen Zustände sind so schlimm, daß wir
Mit Parteigru Der Parteivorstand.
der Düna . Die Letten haben Riga in den Händen und wurden von den Esten durch einen Panzerzug im Kampfe gegen die Bolschemisten unterſtügt. Englische Marine liegt bor Ntiga gefechtsbereit.
Wenn altrömische Feldherren eine Schlacht berloren batten, stürzten sie sich ins Schwert. Heute find wir anspruchsloser und humaner und wären schon zufrieden, wenn würden. Herr Ludendorff aber schweigt nicht, er stürzt sich auch nicht ins Schwert, sondern in die inte Am 2. Oftober, bem Geburtstage Hindenburgs, veröffentlichte er in der Berliner deutschmationalen Presse gegen Reichswehrminister Noste einen gehäffigen polemischen Artikel, der insofern zumindest eine vollendete Geschmadlosigkeit war, als der Feldmarschall dem parteipolitischen Getriebe ausdrücklich fernzubleiben wünscht.
Die in jenem Artikel begonnenen Bemühungen, zwischen den Reichswehrminister und die Reichswehr einen Seil zu treiben, fezt Herr Ludendorff nunmehr fort. In einem Artikel:„ Die vereinsamte Armee", der am Sonntag früh in allen deutschnationalen Berliner Blättern stand, gefällt er sich in der Pose eines Anwalts der nach seiner Meinung berlassenen Armee" und zugleich in der Stolle einer verfolgten Unschuld:
Herr Noske hat der Weisung des sozialdemokratischen Parteiborstandes bis jebt insoweit entsprochen, daß er in meiner Perfon den inaktiven, start national empfindenden Offizieren das Recht freier Meinungsäußerung zu nehmen sich bestrebt. Ich jedenfalls werde mich durch nichts abhalten lassen, von diesem bürgerlichen Recht Gebrauch zu machen, um von jetzt an nament lich auf die Schäden hinzuweisen, die in der Armee herrschen. Wie viele nehmen sich denn des verlassenen Heeres an?
Ach nein, der Sozialdemokratie fönnte, wenn es sich nur um Herrn Ludendorff handelte, nur recht sein, wenn er fich noch recht oft bernehmen ließe. Wäre das doch das sicherste Weittel, um weiten Kreisen, die in altpreußischer Tradition in einem General, selbst wenn ihm in so erheblichem Maße wie Ludendorff die pupillarische Sicherheit des großen Feldherrn fehlt, eine Art Halbgott" erblicken, die Augen darüber zu öffnen, wie flein im Grunde genommen doch dieser " große Mann" ist.
Was Noske in seiner Rede in der Nationalversamm lung dem General Ludendorff bestritt, war das moralische Recht, an seiner Tätigkeit während der Revolution und seiner Führung der Reichswehr Kritik zu üben.
er Bismards leidenschaftliche und gewaltige Größe In seinen Kriegserinnerungen schreibt Ludendorff , daß glühend verehrte. Nur schade, daß er aus dem Kampf dieses wirklichen Bolitikers gegen die Halbgötter " so wenig gelernt hat. In seinen Gedanken und Erinnerungen" sagt Bismard:
Es ist natürlich, daß in dem Generalstabe der Armee nicht nur jüngere, ftrebfame Offiziere, sondern auch erfahrene Stra tegen das Bedürfnis haben, die Tüchtigkeit der von ihnen geJeiteten Truppen und die eigene Befähigung zu dieser Zeitung zu berwerten und in der Geschichte zur Anschauung zu bringen. Es wäre zu bedauern, wenn diese Wirkung friegerischen Geistes Die Blockade gegen Sowjet- Rußland. in der Armee nicht stattfände; die Aufgabe, das Ergeb nis derselben in den Schranken zu halten, auf Daß eine Teilnahme Deutschlands an den von welche bas Friedensbedürfnis der Völker beder Entente gegen Rußland geplanten Blockade- Maßnahmen rechtigten Anspruch hat, liegt ben politischen, ihre schweren Bedenken hat, liegt auf der Hand. Daß Deutschnicht den militärischen Spigen des Staates ob Nichtsdestoweniger scheinen die Aussichten für die antiland sich ohne weiteres dazu verstehen sollte, sich an Maß- bolfchemistischen Truppen nicht allzu günstig. So heißt es in Ludendorffs selber im Weltkriege war es, daß sich die miliDas tragische Verhängnis des deutschen Volkes und auch nahmen zu beteiligen, die auf die Verhängung einer Hunger. einer Meldung, daß Riga „ noch" in lettischem Besitz sei. tärische Spitze auch zur eigentlich politischen machen konnte. blodabe über Rußland hinauslaufen würden, ist ihm nach Zwischen dem Befehlshaber der russischen Nordwestarmee An dem politischen Dilettantismus der Obersten Heeresden fürchterlichen Erfahrungen, die es fünf Jahre lang mit Judenitsch und dem Führer der pseudorussischen Korps leitung ist Deutschland letzten Endes zugrunde gegangen. Under Hungerblockade machen mußte, nicht zuzumuten. Bermondt bestehen nichts weniger denn freundliche Be- fähig, in ihrem roin militar stischen Denken die tieferen UrEs müßte also zunächst einmal festgestellt werden, wie die ziehungen. Der erstere bezeichnete Bermondt als Landes sachen für das immer deutlicher fühlbar werdende Versagen Entente sich die Durchführung der Blockademaßnahmen und berräter und findet dabei den Beifall ententefreundlicher der sich mehr und mehr erschöpfenden und in immer stärkerem ihre Wirkungen vorstellt. Hierbei wäre dann auch zu er- Streife, während andererseits unter den Offizieren und Mann- Maße notleidenden Heimat zu erkennen und Flug in Rech örtern, ob die von der Entente beabsichtigten Maßnahmen schaften der Judenitsch - Armee Strömungen für Bermondt nung au stellen, glaubte die Oberste Heeresleitung, daß auch überhaupt mit den Grundsäten des Völkerrechts in Einklang festzustellen sind. Die estnische Regierung ist bereits sehr un hier nur ein scharfes Drauflosgehen notwendig wäre, um die zu bringen sind, sowie mit den Brinzipien, auf denen der ruhig und hat eine besondere ueberwachung des ruffi- Dinge zu meistern. Die bessere Stimmung", meinte fie, Völkerbund aufgebaut ist. Zur Klärung all dieser Fragen schen Militärs angeordnet. wäre eine eingehende Aussprache zwischen den brauchte nur energisch kommandiert zu werden! alliierten und assoziierten Mächten, Vertretern der neutralen antibolichemistischen Truppen in großer Besorgnis, weshalb rung eintrat und die Mitverantwortung für die Politik überIn Sowjetrußland ist man angesichts der Erfolge der Als die Sozialdemokratie im Herbst 1918 in die Regieund der Mittelmächte unumgänglich notwendig. Daß Deutschland fein Interesse daran hat, den Bolsche- berufung des siebenten Rätefongreffes be- berbeizuführen. Sie dachte aber nicht im geringsten an ein Dan Deutschland fein Interesse daran hat, den Boliche. Das Zentralfomitee der allrussischen Rätemacht die Einnahm, stellte sie sich selbstverständlich die Aufgabe, den Frieden wismus irgendwie zu stüßen oder zu fördern, ist eine Selbst- schlossen hat. verständlichkeit. Aber freilich, ob die von der Entente geplante überstürztes Kriegsende, sondern wollte das Flugzeug im Blockade ein wirkfames Kampfmittel gegen den Bolichewis. Gleilflug landen laffen. Wer anders abertrieb zum mus ift, das ist ohne weiteres nicht flar, und auch darüber übereilten Sturzflug als General Qudendorff! Er ließ durch den Major, Frhrn. v. d. Bussche am mühte in der Besprechung mit den beteiligten Mächten Klar2. Oftober 1918 den Parteiführern des Reichstags eröffnen, heit geschaffen werden. daß alles verloren fei. Er drängte au einem affen stillstandsangebot binnen fürzester hatte er herbeigeführt. rist. Den unausbleiblichen gewaltigen Stimmungssturz
Der baltische Hexenkessel.
Der eble Einigungsfreund. Mit ganzer Seele um die Einigung der Sozialdemokratie ist Herr Helmut v. Gerlach besorgt. Sein ganzes Blatt gibt er au diesem Zwed her. Borweg schreibt er selbst einen Leitartikel zur Einigung, hinterbrein läßt er drei Mehrheitssozialisten, brei Unabhängige und einen Zweifelhaften verfaßt der poetische Mitarbeiter jogar ein Einigungsgedicht. Wirt ihre Ansichten über die Einigungsfrage äugetn. Für die Beilage lich zuviel, zuviel des Guten von dem Mann, der im Dezember vorigen Jahres aus lauter Einigungssucht-die Deutsche Demokratische Partei gegründet hat.
Im Balkan an der Ostsee treisen die politischen und militärischen Wirbel immer toller. Wie die B. B. N. melden, ist eine Reutermeldung, wonach v..d. GoIt sich auf der Reise nach Berlin befindet. unzutreffend. Er hat viel mehr noch gestern an die zuständigen Stellen mitteilen lassen, Rüdfehr Internierter aus Polen . Die Bolen haben nunmehr daß er eifrig bestrebt sei, die Truppen zur strengen Ein- mit ber ei mienbung der beutichen Internierlen be Rüdfehr Internierter aus Polen . Die Polen haben nunmehr haltung der ergangenen Rüdmarschbefehle zu veranlassen. gonnen. Sie begannen auch mit der Entlassung folder gericht Eine Londoner Meldung dementiert denn auch die Beteili- fi Berurteilter und Angeklagter, deren Fälle flar lung Deutscher an der Besetzung Rigas. Nachrichten aus liegen. Wegen fchwierigerer Fälle wird demnächst mit den polni. Helsingfors berichten von schweren Rämpfen am rechten Uferlichen Juftigbehörben berhandelt,
Aber wo war Herr Ludendorff, als das Verhängnis sich erfüllte, der überspannte Bogen jäh zerbrach? Wo war er, als Noste aus den Trümmern des gänzlich zerfallenen Heeres raffte, um Deutschland vor dem russischen Chaos zu bemit entschloffener Hand einige geringe Streitkräfte zufammenwahren?!( Nach Schweden davongelaufen. d. Vorwärts")
Red.
Jetzt, nachdem wir wieder einigermaßen festen Boden unter den Füßen haben, kennt Herr Ludendorff keinen höheren