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Geschästepolitik! Während die Aufforderung der Entente an Deutschland , sich an der russischen Blockade zu beteiligen, ziemlich allge» mein auf Ablehnung siötzt, spricht sich dasBerliner Tageblatt" erstaunlicherweise gegen ein glattesNein" aus. In einem ArtikelWas müssen wir tun" wird gesagt: Ein Rein ist noch keine Politik(!) und wir wiederholen, daß die deutsche Regierung in der Aussprache über Rußland , die jeyt von der Entente veranlaßt ist, Gelegenheit finden müßte, ein eigenes russisches Programm vorzulegen und die Frage auf- zuwerfen, ob nicht eine Verständigung, zunächst über die Wirt- schaftliche Ncuerschließung Rußlands , zwischen der Entente und Deutschland erzielt werden könnte.... Es liegt im Interesse der Entente, die eine künftige Verständigung zwischen Deutsch - land und Nußland fürchtet, daß Teutschland sich nicht absondert, und es liegt in unserem Interesse, daß wir bei der wirt- schaftlichen Wiederaufrichtung Rußlands nicht abgesondert werden. Diese Ausfübruugeu stehen in zienilich auffälligem Ge- gensaß zu der Haltung, die das gleiche Blatt während der Un- rerzeichnungskrise einnahm, und haben einen stark kapita- I i st i s ch e n Beigeschmack. Das ganze läuft auf ein ge- meinschaftliches Schiel>ergeschäft(die Wortewirtschaftliche Erschließung" usw. sind natürlich gleichwirtschaftliche Aus­beutung" zu lesen) mit der Entente heraus. Die Frage ist ober, ob diese ernsthaft daran denkt, den deutschen Kapi- talismus als Partner bei ihrem russischen Geschäft zuzulassen. Wir glauben es nicht; das englische Kapital wird sich schwer hüten, der deutschen Konkurrenz Konzessionen zu machen: hat der deutsche Mohr seine Schuldigkeit getan, dann kann er gehen, und in diesem Falle könnte man mit dem Herein- gefallenen nicht einmal Mitleid haben.

Die bescheiüenen Unabhängigen. Bei den Stadtverordnetenwachlen in Köln haben die Unabhängigen noch nicht ein Fünftel der Stimmenzahl unserer Partei erreicht. Dieses Ergebnis ge- nügt derFreiheit"(Nr. 490), um von einem glänzenden Wahlergebnis der Unabhängigen und von einer wahren Katastrophe für dieRechtssozialisten" zu schreiben. Für diese Phantasien hat das Blatt nur die Grundlage, daß dieUnabhängigen" allein ihre Stimmenzahl steigern koünten, während alle anderen Parteien Stimmenverlust er- litten, da die Wahlbeteiligung nur bO Proz. betrug. Die Steigerung derunabhängigen" Stimmen erklärt sich aus der Tatsache, daß diese Partei bei den Ianuarwahlen weder eine Presse noch eine einigermaßen funktionierende Organs- sation besaß. Jetzt hat sie beides. Sie hat sowohl journa- listisch wie organisatorisch und nicht zuletzt auch durch viele Plakate den Wahlkampf mit mindestens so großen M i t t e I n geführt wie die anderen Parteien. Sie war auch die einzige Partei, die einen Stab auswärtiger Redner auf- marschieren ließ. Das demokratischeKölner Tageblatt" hat vollkommen recht, wenn es der U. S. V. D. bestätigt, daß das Wahl- ergebnis in keinem Verhältnis zu dem Aufwand stehe. Die bürgerliche Press? batte der U. S. P. D. bis zu 29«Ntze zu- gesprochen Tie Vertrauensleute derUnabhängigen" rech- neten mit IL Sitzen. Erreicht haben sie glücklich 7, während die Mehrheitssozialistep mit 43 Sitzen in das Rathaus ein- ziehen. So sehen die glänzenden Wahlergebnisse der Unabhängigen und so sehen rechtssozialistischeKatastrophen" aus. kleine politifthe Nachrichten. Kein Bersammlunqöverdot. Entgcgen anderslautenden Presse- na-bricbten wird amtlich mitgeteilt, daß die von der Parteileitung U. S. P. für Dienstag abend in Berlin einberufenen Sd Protest- Versammlungen gegen den Belagerungszustand stattfinden dürfen. Recht so! Die schwarze« Listen hat der Oberste Rat endgültig ausgehoben. Die Ein- und Ausfuhrbeschränkungen bleiben natürlich bestehen. Adolf Hoffmaun verleidigte in, preußischen HauShaltSauSschuß seine Tätigkeit als Minister in dreistündiger Anti-Haenischrede. Ge­tretener Quark wird breit, nicht lang. Auf Entschuldungssummen verzichtet haben auch die Reichs-' minister.

Wirtschaft. Ter Berkehr mit Hafer. Das Verbot des Ausdrusches von Hafer endet mit dem 15. Oktober. Eine Verlängerung deS Verbots ist nicht beabsichtigt. Dagegen werden die Kommunalverbände an- gewiesen werden, zur Sicherung der Ablieferung der auSgeschrie- benen Pflichtmangen die zur UMerstühung des Druschverbotes bereits erlassenen Ausfuhrverbote für Hafer zu ver- längern oder neue Ausfuhrverbote zu erlassen, soweit solche bisher noch nicht bestehen. Diese Ausfuhrverbot« werden erst auf- gehoben werden, wenn der einzelne Kommunalverband einen er- hebiicbsn Prozentsatz der auf ihn entfallenden Hafevumlage mindestens die Hälfte erfüllt haben wird. Die Kommu- nalverbände sirtd angewiesen worden, gegen diejenigen Landwirte, die bis zum 1. Dezember nicht 25 Proz. und bis zum 1. Januar 50 Proz. der Haferumlage abgeliefert haben, sofort mit den E nteig n u n g S- and Strafvor­schriften der ReichSgetrerdeordnuug vorzu- g e ben. Ausnahmen von den Ausfuhr- cider Transpo -rtverboten wer- den von den Kommunalverbäuden allgemein zugelassen werden für Lieferungen an die ReichSgetreidestelle, für ander« Lieferungen nur, wenn der Absender die auf ihn entfallende Pflichtmenge an Hafer erfüllt hat. Weitere AuS- nahmen dürfen nur mit Zustimmung der ReichSgotreidestelle in dringenden Fällen zur Verhütung von Futternot in landwirtschaft- lichen oder anderen volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben geneh- migt werden. Ententekapital auf dem deutscheu GrundstülkSmarkt. Die»friedliche Durchdringung" Deutschlands , das immer mehr zum Tummelplatz des internationalen, vornehmlich aber des EntentekapiMlS wird, greift in letzter Zeit stark um sich. Zu den bereits bekannt gewordenen Bank- und Handels- Niederlassungen der Franzosen und Engländer im besetzten Gebiet, zu den Hotel- und Grundstückskäufen der Franzosen in Wiesbaden gessllen sich jetzt,'wie die P. P. R. aus bester Quell« erfahren, weiter großzügige GrundstückStranSaktioaen französischer Kapttalisten in einer großen Anzahl deutscher Bade- orte. So werden aus Baden-Baden , Homburg , Wie». baden weitere umfangreiche Grundstücksaufkäufe seitens der Franzofen gemeldet, welche die Gefahr näherrücken lassen, daß dies« alten berühmtem Heilstätten mehr und mehr in franzöfisch« Hände übergehen.

Der zweite Sei (Fortsetzung aus der Abendausgabe.) Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er nicht selbst die Aufstel- lung der beiden Weißgardisten an der Mauer vorgenommen habe, erwiderte Angeklagter Kammer stätter: Nein, sie sind auf Vedlrngen der Rotgardisten selbst an die Mauer getreten und haben sich mit dem Gesicht nach der Wand gelehrt. Er bestreitet, die beiden Husaren an die Mauer gestellt und sie aufgefordert zu haben, sich zur Mauer zu wenden. Er habe auch nicht milgeschossen. Die Rotgardisten waren so sehr erregt und schrien:»Nieder mit den NoAehunden!", auch schimpften Sie auf die Saupreußen. Man rief auch: Rur gleich an die Wand mit ihnen." Er behauptet, eine ganze Reihe von Zeugen benennen zu können, daß er die Leute weder an die Wand gestellt, noch mitgeschossen habe. Vors.:»Aber zwischen dem Militär und den Leuten im Gymnasium bestand doch wohl ein Unterschied?" Angekl.: »Das ist schon loahr." Vors.:»W- run, sind Sie überhaupt aus dem Hof geblieben?" Angekl.:»Ich habe nur zugeschaut." Vors.:»Wohin sind Sie dann gegangen?" Angekl.:»Zum Kommandanten S-eidl hinauf. Ich sagte ihm, jetzt sind die beiden Weißgardisten erschossen." Vors.:»Was sagte Seid! daraus?" Angekl.:»Er sagte: Ist schon recht!" (Bewegung.) Vors.:»Wissen Sie, ob Levien. Axelrod und Le- vine-Mssen dabei waren?" Angekl.:»Nein, ich hörte nur, daß sie fragten, warum die Weißgardisten erschossen seien. Seidl erwidert« ihnen, daß sie bei der Vernehmung ausgesagt hätten, eZ seien Kopfprämien auf die Erschießung von Rot- g a r d i st e n zugesichert worden, und daß E a lhofer die Er- mächtigung zur Erschießung erteilt habe. Vors.:Sie sollen zu den Russen gesagt haben:»Seid doch so gut und tut den Beiden die Papiere heraus. Ich habe mitgeschossen, aber jetzt graut mir. Holt Ihr sie doch." Angekl. sehr erregt:»Das ist «ine Gemeinheit, so etwas habe ich niemals gesagt." Vor f.; ..Mäßigen Sie sich nur; es werden noch weitere Zeugen kommen, die Sie belasten." Der Angeklagte erzählte dann, daß er aber- malS mit Ee-idl im Auto fortgefahren sei und erst nachmittags um 3 Uhr etwa kam der Befehl zur Erschießung weiterer Geiseln; er sei ins Gymnasium gegangen und habe gesehen, wie gerade drei' Geiseln heruntergeführt wurden. Wenige Minuten später krachten die ersten Schüsse. Vors.:»Woher wußten denn Sie, was mit diesen Leuten geschehen würde?" Angekl.:»ES war doch vor- her davon gesprochen worden, daß weitere Erschießungen erfolgen sollten." Der Angeklagte behauptet weiter, daß er den Hotelier Aumüller bcfteit habe, und daß er von diesem 8 M. für Freibier für die Wachmannschaften erhalten habe. Auch habe er noch drei anderen Geiseln zur Flucht verHolsen. Ter Vor- sitzende hält dem Angeklagten vor, daß er auch zur Erschießung von Geisqtn aufgefordert worden sei, doch erklärt habe:»Jetzt kann ich das nicht machen, ich habe schon Vormittag mitgemacht." Ter Angeklagte bleibt auch angesichts der Photographien der Er» schossencn dabei, daß er keinen Mord begangen und auch an den Erschießungen aktiv nicht teilgenommen habe. St a a t s a n- w al t Hoffmann:«Haben Sie der Ginlieferung und dem Ver- hör der Geiseln beigewohnt?" Angekl.:»Nein. Ich habe bei der Vernehmung der beiden Weißgardisten im Zimmer gesehen, daß Seidl den jungen Husaren ins Gesicht schlug, weil dieser nicht zugeben wollte, daß Kopfprämien«ruf vi« Erschießung von Notaardisteu ausgesetzt worden seien, und daß er an der Erschießung Liebknechts und der Luxemburg teilgenommen habe." Vors: »Was haben Sie sonst noch bemerkt?" Angekl.:Auch Lcvic« hat dem Kleinen eine hingchanen."(Bewegung.) Vors.:Hatte Seidl einen Revolver in der Hand?" Angekl.:»Ja, tmuernd." Vor s.:»Hat er etwa mit dem vorgehaltenen Revolver das Geständnis erpreßt?" Angekl.:Das kamt ich nickt sagen." Der zweite Angeklagte, Kellner D e b u s. ist am 4. März 1901 geboren. Er kam Ansang Dezember 1918 infolge Arbeitslosigkeit nach München und bezog hier Arbeitslosenunlerstützung. AIS es hieß, daß diese Unterstützung nur denen gezahlt werde, die in die Rot« Armee eintreten, ging er ins Luitpold-Gymnosium, wo er Wäsche und Abzsicken erhielt. Er wurde aber nicht militärisch eingekleidet. Er habe da Wacke gestanden. Vors.:Sind Sie auch einer Partei beigetreten?" Angekl.:»I a, d e r U. S. P., denn die Zugehörigkeit zur U. S. P. oder K. P. D. war Vorbedingung für den Eintritt in die Rote Armee." Am 30. April hatte der Angeklagte Debus Urlaub. Als er mittags ins Luitpold-Gymnasium ging, um sich die Löhnung zu holen, wurde er zu Schicklhofer geschickt. Dieser sagte ihm: »Geh nur zur Wache, da sind Geiseln und Weiße zu erschießen." Schicklhofer veranlaßte den Angeklagten, ein Gewehr mitzunehmen, obwohl DebuS gar nicht schieße« konnte. Der Angeklagte gibt weiter an. er habe 5 Rotgardisten und etwa 14 oder 15 Zivilisten im Geiselzimmcr getroffen. Der Angeklagte schildert dann, wie der Baron v. SeyWitz und der Prinz von Thurn und Taxis auf den Hof geführt wurden. Der Angeklagte ist dann weggegangen, will aber nicht gewußt haben, was mit den Geiseln geschah, bis er auf den.Hof kam und dort die Leichen der Erschos- seinen gesehen habe. Da sei er ganz baff gewesen und habe in bezug auf die anderen Geiseln gesagt:»Die Leute sind noch gar nicht abgeurteilt." Da hieß es aber: Da? ist ganz wurst, die werden auch erschossrn!" Herr v. Sehdlitz fragte dann, ob er noch etwas schreiben könne. Der Angeklagte hebe«inen Schreiber geholt und der gab dem Ba- ron Block und Bleistift in die Hand. Der dritte Angeklagt«, Andreas Strelenko, ein Russe, ist in Minsk geboren, hat die Bürgerschule und höhere Lehren- stalten besucht und hat Medizin studiert. Deutsch, das er sehr gut versteht und auch recht gut mit bayerischem Einschlag spricht, hat er erst in der Gefangenschaft gelernt. Er sagt aus: Am 26, April kamen revolutionäre Soldaten in das Lager bei Buchheim und haben uns mit Gewalt fortgeführt. Sie erklärten, daß wir erschossen würden, wenn wir nicht mit- kämen. Im Luitpold-Gymnasium erhielten wir Gewehre und mußten nur Posten stehen. Als ich am 80. April früh bereits wieder im Zimmer war, kam ein So loa t hereingestürmt und sagte. er brauche Soldaten, damit zwei Weißgard'sten erschossen werden könnten. Ich erklärte ihm, ick wolle keine Soldaten er- schießen. Leute, die im Zimmer waren, haben darüber ge- schimpft, daß man Gefangene erschießen wollte. Von der Erschie- ßung der Gefangenen habe ich nickts bemerkt; ich bin erst nach- mittags um 3 Uhr wieder in da» Gymnasium gekommen �und habe dort Posten gestanden. Um Uhr, kam wieder der Soldat anscheinend tvar es Schicklhofer und sagte zu mir:»Rußki ,>zeh mit." Darauf sagte ich: Ich habe doch diensisrei. Er antwortete: »Einen Augenblick nur, Du wirst schon sehen, was Tu zu tun hast." Wir find dann hinuntergegangen und er hat mir ein Gewehr ge- geben. Darauf gingen wir in den Hoff Ivo bereits mehrere Sol­daten mit Gewehren standen. In diesem Augenblick wurden die beiden Husaren an die Wand gestellt und es wurde laut durchein- ander geschrien. Die anderen haben geschossen und ich habe mich umgedreht und habe gesagt:Da tu ich nickt mit." Dann bin ich in mein Zimmer gegangen und später in die Kantine. Dort haben die Szoldoten, welch« die beiden Weißgardisten erschossen hatten, Wein getrunken und hatten Zigaretten hekommeu,--- Porj.:»Bot Ihrem,

Vernehmung aus der Polizei hoben Sie doch gesagt, Sie hätten bereits das Gewehr angelegt und gezielt und hätten nur nicht mitgeschossen, weil Sie das deutsche Kommando nicht verstanden Kitten." Angekl.:D a s stimmt nicht." Vors.: »Der früher« Angeklagt« Bittmeher hat behauptet, daß er Sie�mit dem Gewehr im Anschlag gesehen hat. Auch der Kantinenwirt seidl hat am Tage vor seiner Hinrichtung noch zu Protokoll gegeben, daß er Sie unter den Schützen gesehen habe." Angekl.:Als das Schietzen angefangen hat, haben viele das Gewehr sortgeworfcn und gesagt: Das ist eine Schweinerei. Darum habe ich auch mein Gewehr weggeworfen." Der vierte Angeklagte Gr« in er ist Mitglied der Kommu­nistischen Partei. Er ließ sich in die Rote Armee aufnehmen, um seinen Lebensunterhalt zu haben. Am 30. April, nachmittags, sei im Bureau Seidls erklärt worden, die Löhnung werde nickt früher ausgezahlt,«he nicht die Geiseln erschossen seien. Ilm 5 Uhr hieß es plötzlich, es fei Alarm Als er dos Bureau verließ, habe er schon schießen gehört. Als er auf den Hof zum Richtplatz kam, habe dort eine Person am Boden gelegen und eine andere wurde gerade herbeigeführt. Er könne mit Bestimmtheit sagen, daß Hauß- mann das Kommando gegeben habe. Die Behauptung de? Kanttnenwirts Josef Seidl, daß er mitgeschossen habe, sei nicht richtig. Dos habe Seidl auch gar nicht von seinem Fenster aus sehen können. Diese AuSsaye sei ein Racheakt. Es beginnt dann die Zeugenvernehmung, die sich sehr kurz gestaltet. Der Zeuge Postbote Max PauluS bekundet mit Bestimmtheit, daß die beiden Weißgardisten von Kammcrstätrer an die Mauer geführt und dort mit dem Gesicht zur Wand gedreht wurden. Der aus dem Zuchthaus Straubing vor- geführte Lermer, der im ersten Prozeß zu 15 Jahren Zuchtham verurteilt wurde, gibt an, daß er mittags Kammerslättcr in dar Nähe des HolzjchupvenZ, in dem die Leichen der Weißgardisten lagen, getroffen habe. Kammer stätter habe chm ge-sagt: die Zwei habe ich erschießen lassen! Ob das Großsprecherei war oder nicht, wisse er nicht. Zeuge Josef Schneider erklärt, daß der Angeklagte chn gefraat- habe. ob er nicht so gut sein wolle, die beiden RegierungSsoldalen nach Papieren zu untersuchen. Er hnbe sie wohl niederschießen helfe», aber nun finde er nicht den' Mut dazu, den Leichen die Papiere abzunehmen, weil ihm davor grcrnle. Ter Zeuge hat den Ange­klagten an die Russen verwiesen. Darauf wurde der ebenfalls zu 15 Jahren ZuchhauS verurteilte Johann Hannes vorgeführt. Er bestätigt, daß er am Nachmittag des 30. April zusammen mir Grein er da» Gymnasium verlassen habe. Ab Greiner an d Erschießung beteiligt gewesen sei, wisse er nicht,« er HumreL gi. zu, daß er zu einem Schutzmann gesagt fytbe, Joses Seidl habe ihn: erzählt. Greiner sei an der Erschießung beteiligt gewesen. Der Zeuge Neubauer gibt an, daß Greiner die Geiselcrschießung al» Gemeinheit bezeichnet habe und ebenso bei dem scharfen Vor- gehen gegen die Weißgardisten erklärt habe: das verdanken wir den Schlawaken im Luitpold-Gymnasinm. Zum Schluß der Beweisaufnahme wird die Aussage des Kantinen- wirtS Josef Seidl verlesen, die er am Tage vor seiner Hinric. tung gemacht hat. Seidl erklärt, daß er m i: eigenen Augen gesehen, daß Greiner mit seinem Gewehr aus die Geiseln ziel:.: ob er selbst geschossen habe, wisse er nicht, aber bei vier bis füitt Geiseln habe Greiner sicher mitgewirkt. Er habe das vom Fenster seiner Kantine aus sehen können. > Die Plaidoyers. Es erhält darauf zur Vertretung der Anklage Staats- anwalt Dr. Mugler das Wort Er hält es für erwiessn, daß Kammerstätter an der Erschießung der Weißgardisten teilgenommen habe. Der Angeklagte sei deshalb des Mordes schuldig. Kammer- stätter habe die Erschießung nicht abwarten können. WaS Kammer- stätter eingestanden habe, sci schon allein für den Mord genügend. Dazu komme noch, daß er sich der Tat rühmte. Er sei der typische Mörder. Greiner habe nachweislich mährend des ersten Prozess. - den Staub Münchens von seinen Füßen geschüttelt. Ileberzeug.c Vertreter ihrer Ideen suche man vergeblich unter den Angeklagten. Sie haben alle nur ihren Vorteil gesucht. Der Staats- anwatl hält die Anklage des Mordes auch gegen Greiner aufreckt. Sehr scharf wendet sich der Staatsanwalt gegen den Russen Stre lenko. Strelenko habe sich schuldig gemacht, weil er am Nachmittag fredvilltg mitgegangen sei. DclmS hält der Staatsanwalt der Bei- Hilfe für schuldig, und zwar müsse gegen ihn auf die Höchststrafe erlannt werden. Der Staatsanwalt beantragt, Kam in er stätter, Grei- n e r und Strelenko wegen Mordes zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Debus wegen Beihilfe zum Morde zu IbJahrenZuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust zu verurteilen. Wahrend der Ausführungen deS Verteidigers der vier Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Sauter, bekommt der Angeklagte Greiner«inen Krampfanfall. Er fällt von der Anklagebank herunter und schlägt lang zu Boden. Nach kurzer Zeit hat er sich oder wieder erholt Greiner leidet cm Krampf- aufällen. Der Verteidiger ist der Meinung, daß die ganze Anklage­sich nicht begründen lasse. Der Kronzeuge sei der Hingerichtete Seidl, der enttveder unschuldig hingerichtet sei oder noch ange« sichts des Todes gelogen hätte. Die Anklage gegen Gveiner stützt sich lediglich auf diese Aussage. Es sei aber nochweis- bar, daß Seidl die Unwahrheit gesagt habe; Seidl habe offenbar «wS Rache gehandelt Auf solche Zeugenaussage könne ein Todes- urteil nicht ausgebaut werden. Greiner habe sich zu einer Zeit, als die Vorgänge im Luttpold-Gymnasium noch als etlvaS Rühmenswertes galten, über dieselben abschreckend und auf-- geregt geäußert Die scharfen Worte des Staatsanwalts gegen den Russen Strelenko find auf das Konto der öffentlichen Meinung zurückzuführen, die vielleicht solche harten Worte verlange. ES habe geklungen, als ob der Staatsanwalt Strelenko am liebsten erschossen sehen möchte, bloß weil er Russe ist Man müsse mit diesem Manne Mitleid haben, denn er sei fünf Jahre von seinen Angehörigen in Gefangenschaft ferngehalten worden. (Der Angeklagte Strelenko bricht in lautes Wei- neu aus.) Gegen Strelenko sei nur wenig bewiesen; nur ein absurder Polizeibericht liege vor, nach welchem Strelenko selbst erklärt laben soll, daß er das Gewehr angelegt habe. Vor Rich- fem und als Zeuge habe der Angeklagte immer gesagt, daß er das Gewehr an der Seite gehabt habe. Es könne vielleicht bei diesem Polizeibericht ein falscher Ausdruck infolge der Mangel- haften Cprachkennlnisse des Angeklagten vorliegen. Diese Mo- mente können aber nicht zur Verurteilung führen. Die Leiden- schaftlichkeit der Anklagebehörde mute dem Gericht einen Rechtö- bruch zu. Es könne vielleicht Kammerftätter wegen Beihilfe zum Morde verurteilt werden, die übrigen müßten aber f r e i g e- sprachen werden. Wenn der politische Kurs nach links geht dann werden vielleicht die Leute, die heute als Verbrecher verur- teilt werden, als politische Märtyrer gefeiert werden. Wohin werden wir kommen, wenn jeder politische Umschwung be- gleitet ist von Bluttaten aus der einen und Todesurieilen auf der anderen Seite. Das Gericht müsse zur Beruhigung beitragen, indem eS nicht weiteren Zündstoff in die Massen wirft Es erhielten dann noch die Angeklagten daS Schlußwvrt. Sie versichern sämtlich, daß sie die Taten nicht b e ga n g e n kof n und bitten nm Freisprechung, teilweise um mildernde Um>- uoe. Die Angeklagten Debus und Strelenko sprechen dabei unter T nen. Der Vorsitzende, OberlcrndesgerichtSrat Aull, fetzt darauf bis U r t eils verlündung auf Dienstag nachmittag 2% Uhr«,