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Nr.529.36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

Fernivrecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Donnerstag, den 16. Oktober 1919.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplats, Nr. 117 53-54.

Der Frieden in Kraft.

Heute werden nach den Nachrichten aus Baris bie engli= ichen, französischen und italienischen Ratifizie rungen des Friedensvertrages beim Generalsekretariat der Frie­denskonferenz deponiert werden.

Da nach den Bestimmungen des Friedensvertrages dieser in Kraft tritt, sobald drei der alliierten Großmächte ihn vollzogen haben, ist der Friedensvertrag, vorausgesett natürlich die Richtigkeit

der Pariser Melbungen, von heute ab wirksam. Damit wird die Frage der Abstimmung in den verschiedenen deutschen Grenzgebieten akut, von diesem Tage an gilt z. B. für Schleswig der Zeitraum von 10 Tagen, innerhalb dessen die deutschen Be­hörden der ersten und zweiten Abstimmungszone ihre Geschäfte an die Abstimmungskommission übergeben müssen.

Für uns ist dieser Tag insofern von höchster Wichtigkeit, als mit ihm die Schranken fallen, die uns bisher noch den Verkehr mit der gesamten Welt behindert haben. Dabei barf freilich nicht außer acht gelassen werden, daß die Hemmungen des Friedensvertrages uns nicht gestatten, unser früheres Verhältnis zu den übrigen Län­dern der Welt wiederherzustellen.

An die Elektrizitätsarbeiter! Mäßchen und Belanglosigkeiten?

Genossen, man versucht, Euch gegen Euren Willen in den Streit zu heben. Ohne daß man Euch befragt, ist beschlossen worden, heute die Elektrizitätswerke stillzulegen.

Für jeden demokratisch gesinnten Sozialisten ist es eine Freude zu sehen, wie die Unabhängigen jekt gegen den Belagerungszustand demonstrieren. Denn daß Gestern abend 6 Uhr fand in den Sentral- Festfälen" eine Ver- der Belagerungszustand etwas undemokratisches ist und bleibt, ſammlung der städtischen Arbeiter statt. Die dort erschienenen Ge- selbst wenn er zum Schutz demokratischer Einrichtungen ein­noffen glaubten, daß dabei über den Streik gesprochen werden solle. geführt und von der Mehrheit der Volksvertretung gebilligt Plößlich tauchte der Arbeiterrat Böse von den städtischen ist, daß dieser schmerzende Fremdkörper aus der freiheitlichen Elektrizitätswerken in der Versammlung auf und proklamierte: Verfassung des Reiches entfernt werden muß, sobald das Wir stehen im Streit." Danach kam noch der Obmann irgend angängig ist darüber besteht ja gar kein Streit. der Arbeiterräte, Sylt, und machte die gleiche Mitteilung, Der Protest der Unabhängigen gegen den Belage­hinzufügend, daß das Streifbureau bereits eingerichtet sei. Ein rungszustand bedeutet alfo eine Wiederannähe Straßenbahner sagte, er werde den Entschluß bekanntmachen rung an die Demokratie. Traurig bleibt nur, daß und dafür sorgen, daß am Donnerstag die städtischen Straßenbahner die Unabhängigen den Wert demokratischer Grundsäge erst er­für den Fall, daß die Elektrizitätswerke durch die städtische Nothilfe fannt haben, nachdem sie selber durch ihre Einschränkung zu weitergeführt werden, die Arbeit niederlegen. Schaden gekommen sind, und leider fehlt noch immer, was die Haupisache ist, nämlich die bündige Erklärung, daß bei dem Verzicht auf den Belagerungszustand Gegenseitig.

Genossen! Arbeiter! Last Euch nicht gefallen, daß man, ohne Mit dem Inkrafttreten des Friedens darf man wohl auch auf Euch zu fragen und über Euren Kopf hinweg, den Streit prokla­eine friedlichere Haltung der Entente gegenüber miert. Heute früh hat jeder Arbeiter an seine Ar- teit verbürgt wird. Deutschland rechnen. Es müßte wie eine Satire auf den Frie- beitsstelle au gehen und feine Arbeit zu verrich Von der Kirche hat man einmal gesagt, sie verlange den wirken, wenn nach seinem Inkrafttreten die völlige Blockade der ten wie an anderen Zagen. Wenn gestreift werden soll, jede Freiheit für sich, gönne aber gar feine den anderen. Soll deutschen Ostseeküsten und die Unterbindung selbst auch des so habt Ihr selbst in geheimer Abstimmung innerhalb des Be- das etwa auch für bestimmte sozialistische Richtungen Fischereiverkehrs in Kraft bliebe. Auch in den baltischen Antriebes darüber zu entscheiden. gelten? gelegenheiten ist zu hoffen, daß von nun ab in den Berhand- Verlangt unter allen Umständen geheime Ab­lungen nicht mehr der Ton des Siegers gegenüber dem Besiegten timmung. 2ast Euch nicht von politischen Draht­angeschlagen wird, sondern daß man die im internationalen Berziehern mißbrauchen! fehr üblichen Formen der Höflichkeit auch uns gegenüber er­neut einführt.

Finnland lehnt den Frieden ab.

Bersailles, 15. Oktober. Durch ein Dekret des Präfi­denten der Republik ist die allgemeine Mobilmachung Aus Helsingfors wird mitgeteilt, daß dort keine Neigung be­der französischen Armee mit dem heutigen Tage aufge: steht, auf das Friedensangebot der russischen Sowjetregierung ein hoben worden. zugehen. Die finnische Regierung hat beschlossen, dem Reichsrat vorzuschlagen, das Friedensangebot abzulehnen.

Petersburg in Gefahr.

,, Times" meldet aus Reval , daß die Vorhut des Generals Judenitsch an der Bahn nach Petersburg rasch vordinge. Wo­Loffowa, 40 Kilometer von Petersburg , wurde am Sonntag genommen. Dabei fielen mehr als tausend Gefangene den Freiwilligen in die Hände. Bei der Einnahme von Gomon­towa, an der Straße von Jamburg nach Petersburg , wurden 600 Gefangene gemacht und Geschüße erbeutet.

Um die Absetzung des Sultans. Bern , 15. Oftober. Der Korrespondent des Corriere della Sera " in Konstantinopel berichtet, daß die Führer der Kleinasia­tischen nationalistischen Bewegung die eventuelle Absetzung des Sultans oder die Einfeßung eines neuen Kalifen erörterten, um die Anerkennung und Unterstützung der nationalistischen Bewes gung durch eine gefeßmäßige Regierung zu erlangen. Mustafa Semel Pascha will sein Heer unter eine reguläre Regierung ge­Es geht das Gerücht, daß die Sowjet- Ministerien in stellt sehen. Die Massen gehen zum Teil eigene Wege, um uner­Petersburg am Donnerstag geschlossen waren und daß alle Arfüllbare Wünsche zu befriedigen, was bereits zu boische wisti= beit still lag. schen Regungen geführt haben soll. Die Führer geben die Hoffnung nicht auf, den Sultan zu gewinnen, weil auch die Ver­bündeten lin Konstantinopel einer Berständigung mit Semel Bascha nicht abgeneigt sind.

Englische Aengste.

Morningpost" meldet, daß die Retfe des russischen Geschäfts. trägers in England Matlato w zu Denilin bezwede, ihn vor der Gefahr zu warnen, mit den russisch- deutschen Truppen im Balti­fum zufammenzuwirken. Mit anderen Worten: Denelin soll scharf gemacht werden gegen jede mögliche Sympathie für Deutschland .

Denikin auf dem Vormarsch auf Moskau . Denikins Heer macht in seinem Vormarsch gegen Moskau febr befriedigende Fortschritte und ist jetzt 220 Kilometer von Moskau entfernt. Der Kampf wütet in der Gegend von Drel, einem der wichtigsten Eisenbahnknotenpunkte auf dem Wege nach Moskau . In diesem Kampf bat Denikin bereits 3500 Gefangene gemacht und seine Truppen stehen in einer Entfernung von höchstens 5 Meilen von der Stadt.

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Die Ostseesperre.

Nach Mitteilung der interalliierten Marinekommission er stredt sich die Sperre für deutsche Schiffe in der Ostsee auch auf die deutschen Territorialgewässer. Derartig schroffe Represalien man denfe nur an die zahlreichen Fischer boote sind nur geeignet, im ganzen deutschen Volke, vor allem aber bei der betroffenen, an den Verhältnissen im Baltikum völlig unbeteiligten Küstenbevölkerung, berechtigte erbitterung hervor

zurufen.

bootszerstörer Westroit während der letzten zwei Tage sechs " Telegraaf" meldet aus London , daß der britische Torpedo deutsche Handelsschiffe nach Reval eingebracht hat.

Henke, der Handlanger Chauvins .

An der Don Front machten die Freiwilligen 1500 Gefan gene und eroberten die Stadt Tschernigo w. Die Dontosaken Figaro" und Petit Parisien" veröffentlichen die Nede des rüden auf dem linken Don- Ufer weiter vor. Ein Bataillon des unabhängigen Sozialisten Hente, der im Reichstag 182. Roten Regiments tourde friegsgefangen gemacht. In der Rich. erklärt habe, Deutschland habe jetzt eine Million Soldaten unter tung auf Orel unternahmen die Roten Truppen mit 18 Regimentern den Waffen, ohne indes die Antwort des Reichswehrministers Noste einen heftigen Angriff auf die Freiwilligen, sie wurden aber a banzufügen. gewiefen und es gelang den Freiwilligen, 3500 Bolschewisten gefangen zu nehmen und 4 Geschüge und 30 Maschinengewehre au erbeuten.

Rücktransport aus Frankreich .

Englische Bergarbeiteraktion für Rußland . Jaffen, daß die in Lyon , Breſt und Nantes internierten deutschen

Fast will es so, scheinen! Durch die Presse ging am Mittwoch eine Notiz, in der festgestellt wird, wie die In­abhängigen dort, wo sie die Macht besaßen, den Be­Lagerungszustand eingeführt und gehand­habt haben. Die Freiheit nennt das Mäßchen und ,, einige belanglose Fälle". Diese Leichtfertigkeit in der Be­nrteilung des Belagerungszustandes, wo er sich nicht gegen die Unabhängigen, sondern gegen ihre Gegner richtet, ist geradezu erschreckend.

In Braunschweig wird über die ganze Presse die un­abhängige Vorzenjur verhängt." Mäßchen" sagt die " Freiheit", aber nicht gegen die unabhängigen Zensoren, sondern gegen diejenigen, die diese Aufhebung der Meinungs­freiheit tritiieren!

In München wird angedroht: Wer Handlungen gegen die Regierungsgewalt vornimmt oder wer zu solchen auf­fordert(), wird gemäß den Bestimmungen über den Belagerungszustand erschossen." Ein belangloser Einzel­fall", sagt die Freiheit", und wendet sich achselzuckend ab, um gegen die Schande der Regierung" weiterzutoben. Nein, so geht's wirflich nicht!

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Das unabhängige Blatt meint, der Belagerungszustand, den die Regierung verhängt habe, sei schlimmer als der seiner­geit von den Unabhängigen verhängte, denn er dauere schon jieben Monate. Das wäre famos, wenn man nicht wüßte, warum der von Unabhängigen und Kommunisten verhängte Belagerungszustand so turz gedanert hat! Freiwillig haben sie ihn doch nie und nirgends abgeschafft. Auf Rußland liegt schon seit zwei Jahren der Belagerungs­zustand, und was für einer! Hätten wir russisch - bolsche­wistische Zustände, dann dürfte die Freiheit" nicht so tapfer auf die Regierung schimpfen, wie sie es jegt- Gott sei Dank! täglich zweimal tut. Von Protestversammlungen gegen den Belagerungszustand, wie sie in Berlin ant Dienstag abend unbehindert stattfanden, fönnte schon gar nicht die Rede sein. Herrschten bei uns die Kommunisten, so sein, oder sie wäre längst vom Erdboden verschwunden. müßte die Freiheit" gegen ihre Ueberzeugung kommunistisch

Es fällt uns natürlich nicht im Entferntesten ein, den Belagerungszustand zu loben, den wir vielmehr beseitigt sehen möchten, so schnell das irgend möglich ist. Aber nichts­destoweniger muß festgestellt werden, daß der Belagerungs­zustand, den wir jetzt haben, selbst für die Unabhängigen ein Schutz ist gegen den Belagerungszustand, den die stommn­nisten verhängen würden, wenn sie an die Macht tämen. Am 11. September schrieb die Freiheit" sehr vergnügt:

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Der Belagerungszustand während des Krieges hatte jede öffentliche Agitation und jede legale Organisationstätigkeit un möglich gemacht, unsere Bresse war durch die Zensur vollständig gefnebelt.... Das ist nun seit dem 9. November gründlich anders geworden; die politische Organisation zählt dreiviertel Millionen Mitglieder, die Partei verfügt über eine bedeutende Bresse, und was das Wichtigste ist Bresse sowohl als Organisation befinden sich in erfreulicher Aufwärtsentwidlung.

Marschall Foch hat, wie die P. B. N. erfahren, der Deutschen Waffenstilstandskommission in Düsseldorf am 13. d. M. mitteilen Zivilpersonen in vier Zügen über Straßburg und Mainz nach Frank­Der Sekretär des englischen Bergarbeiterverbandes, Hodge, 700 bis 750 Personen in Frage, davon 25 Broz. Frauen und Kinder. furt a. M. zurückgeführt werden sollen. Es kommen im ganzen erklärte, daß es innerhalb dreier Monate zu einer neuen Aftion Der erste Transport wird am 20. Oktober von Lyon aus Was unter dem Belagerungszustand à la Ludendorff un­der Bergarbeiter kommen werde. Die Bergarbeiter werden eine abgehen, der zweite und dritte am 25. und 26. Oftober von Brest möglich war und unter dem Belagerungszustand à la Lenin sehr bestimmte Politik führen, und es ist ein Antrag angenommen und der vierte am 2. November von Nanics. Die deutsche Regie- ebenso unmöglich gewesen wäre, das ist unter dem gegen­worden, der verlangt, daß England einen sofortigen Frieden mit rung wurde gebeten, die erforderlichen Transportmittel zur Berwärtigen Belagerungszustand troz allem möglich gewesen. der wirtlichen Regierung Rußlands schließen soll. fügung zu stellen. Ganz so schlimm ist es also bei uns doch nicht, wie es die