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Nr.548.36.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsvrecher: Amt Moritplas, Nr. 15190-15197.

Sonntag, den 26. Oktober 1919.

Die Spaltung der Kommunisten.

Die Freiheit" schreibt, daß

( Hamburger Drahtbericht des, Borwärts".) heit sofort neu organisieren müsse und daß die Parteiorgani Die Hamburger Kommunistische Arbeiterzeitung" ver- sation in Hamburg   die Durchführung der Vorarbeiten für die öffentlicht an der Spike des Blattes folgenden Aufruf: Organisation der neuen Partei in die Hand genommen Die Kommunistische Partei Deutschlands  ( Spartakusbund  ) hat habe. Der Aufruf ist unterzeichnet n. a. von Dr. Laufenberg sich gespalten. Auf ihrem Parteitag hat die Zentrale dieser und Wolffheim- Hamburg. Partei die Delegierten mit Leitsätzen überfallen, die vorher den Organisationen zur Beschlußfassung nicht vorgelegen haben. Am Schluß diefer Leitsätze befand sich der Bermerk, daß alle Ge­nossen, die nicht auf dem Boden dieser Leitsätze ständen, aus der Partei auszuscheiden hätten. 18 von den 43 Delegierten haben gegen diese Leitfäße gestimmt, wurden deshalb als außer halb der Partei stehend erklärt und aufgefordert, den Parteitag fofort zu verlassen.

Der Aufruf nimmt dann zu diesem Vorgehen der Zentrale Stellung und weist am Ende darauf hin, daß sich die Minder­

Schweizer Polizei.

( Lörracher   Drahtbericht des, Vorwärts.). Die Geschäftsleitung der Schweizer   sozialdemokratischen Partei erklärt jede Gemeinschaft mit dem internationalen sozialistischen  Jugendbureau abzulehnen. Die beiden deutschen   Kuriere dieser Jugendorganisation, die den Brief des Kommunisten Marlowsti an Bucharin   und Tschitscherin   in Moskau   nach Deutschland   bringen wollten, Student Alfred Kurella   aus Berlin   und Martin Kohler aus Konstanz  , wurden aus der schweizerischen Haft entlassen, jedoch aus gewiesen. Die schweizerische Bundesanwaltschaft hat zahlreiche deutsche  und italienische Arbeiter wegen gewerkschaftlicher Betätigung des Landes verwiesen.

Malmedy  .

Eine Note der Deutschen Waffenstillstandskommission in Düsseldorf   an die Entente protestiert gegen die unseren Lejern bekannten sieben Ausweisungen und sagt:

die ökonomischen, sozialen und politischen Verhältnisse Deutsch  lands für die spezifisch bolschemistischen Methoden keinen Boden abgeben und die Uebertragung russischer revolutionärer Methoden auf Deutschland   nur die Gegenrevolution stärkt, was bereits immer weitere Kreise der Arbeiter begriffen haben."

Wir begrüßen lebhaft diese Erkenntnis, die in so erfreu­lichem Gegensatz zu der bisher befolgten Taktik des Blattes steht und wollen nur hoffen, daß es nicht umgehend gezwungen wird, Buße zu tun.

Der Hauptmann Sadout, der auf der Pariser   sozialistischen  Kandidatenliste steht und wegen seines Uebergangs zu den Boliche­wifi in Rußland   angeklagt ist, soll seiner Bürgerrechte und feines Privatvermögens für verlustig erklärt werden, wenn er nicht vor dem Kriegsgericht erscheint. Dazu schreibt Cachin in der Humanité":" Scht ist es zuviel, Herr Clemenceau  . Auf Ihre Provokation wird das gesamte Bolf von Paris   nicht verfehlen, Ihnen eine deutliche Antwort zu geben

Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 117 53-54.

Der Gesellenmordprozeß.

Das Münchener   Volksgericht hat die beiden Haupt­angeklagten im Gesellenmordprozeß, Müller und Ma­Fowski, wegen Totschlages zu je vierzehn Jahren 3uchthaus verurteilt.

Mit den Worten der Urteilsbegründung, daß die grauen­hafte Tat ohne Beispiel dastehe und daß die Bestialität der Ausführung jede Erwägung mildernder Umstände von vornherein unmöglich mache, wird das Urteil des Mün­ chener   Volksgerichts dem Volksempfinden gerecht.

Immerhin hat das Gericht nur wegen Totschlags verurteilt. Ob es nicht wenigstens hinsichtlich des Makowski wenn man schon Müller seine Angetrunkenheit zugute hält zu einer Verurteilung wegen Mordes hätte gelangen müssen, soll hier dahingestellt bleiben, weil wir einmal grund­säglich Gegner der allein auf Mord stehenden Todesstrafe sind

wir hatten das auch beim Geiselmordprozeß betont, und weil andererseits 14 Jahre Zuchthaus immerhin eine Strafe sind, die von der Auslöschung der Persönlichkeit nicht sehr weit entfernt ist. Mit der Gerechtigkeit um den Rest eines ge­knickten Lebens zu hadern, den die Strafe den Verurteilten läßt, überlassen wir den Anhängern der unbedingten Ver­geltungsjuftiz.

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Unwillkürlich drängt sich die Parallele mit dem Geisel­mord auf. Da beide Taten- Gesellenmord und Geifelmord ein Höchstmaß von Scheußlichkeit und menschlicher Ver­irrung darstellen, so erübrigt sich jeder Vergleich, welche Tat als die bestialischere anzusehen ist Beide Taten rufen uns Eine merkwürdige Parallele stellt Daniel Renoult   mit eherner Deutlichkeit zu: Das ist der Bürger­im Populaire" an, nämlich zwischen dem Angriff auf Sowjet- frieg!" russland   und dem Attentat auf Saase, das Renouft mit der Gegenrevolution in Deutschland   zusammenkoppelt. So wird einfach drauflos geschrieben, ohne daß man eine Ahnung von der Wahrheit hätte, aber auch ohne daß man auf genauere Nachrichten warten

würde!

Seit Jahrtausenden zeigt die Geschichte, daß der Kampf zwischen Bürgern desselben Staates innerhalb ihrer Stadt­mauern Graujamfeiten erzeugt, die selbst in dem Kriege zwi­schen Nationen zu den Seltenheiten gehören. Und deshalb trifft für das Geschehene im höheren Sinne eine Verantwor­Das von uns mitgeteilte französische Gesez über die tung stets diejenigen, die den Bürgerkrieg gepre­Beendigung der Feindseligkeiten macht nur dem Kriegszustand in digt und gewollt haben, mag sich auch die Tat in der Frankreich  , aber nicht mit Deutschland   ein Ende. Dazu ist natür. Meinung der Täter gegen sie selber gerichtet haben. Die lich die Ratifizierung des Versailler Vertrages erforderlich. Es heißt, Leute, die schon am Tage nach dem 9. November die zweite Die ausgewiesenen Personen haben sich keiner Gefähr- daß die Ratifikation etwa Mitte November erfolgen wird. Die Revolution" ankündeten und vorbereiteten und jeden Ge­dung der Sicherheit der belgischen Bejagungstruppen schuldig sozialistische Humanité" greift die Regierung an, weil sie entgegen danken, daß weiterer Bürgerkrieg vermieden werden müsse, gemacht, sondern sind lediglich für das Verbleiben der den stritten Verpflichtungen die deutschen   Kriegsgefangenen noch als Verrat beschimpften, sie können nicht einfach ihre Hände Kreise Eupen und Malmedy bei Deutschland   eingetreten. Der immer nicht freilasse. Das Aufhören der Feindseligkeiten sei offiziell in Unschuld waschen angesichts der grausamen Taten, die ihr Friedensvertrag gibt den Bewohnern dieser Kreise das im Amtsblatt angezeigt worden, was also die Rüdiehr zum Treiben auf beiden Seiten hervorgerufen hat. Recht, ihre Wünsche in diesem Sinne zu äußern, und die Frieden bedeute, wodurch alle Kriegsmaßnahmen sofort Wenn wir diese moralische Mitverantwortung der Hezer alliierten und assoziierten Mächte haben feierlich versichert, aufgehoben werden müssen. Das Blatt weist auf das Beispiel zum Bürgerkriege feststellen, so fällt uns doch nicht ein, daraus daß die Abstimmung in voller Freiheit vor sich gehen der englischen   Regierung hin und sagt, es sei ein unerträg- einen Milderungs- oder Entschuldigungsgrund für die Per­werde. Mit diesen Zusicherungen steht es in Widerlicher Gedanke, daß man den Gefangenen auch nur eine Minute sonen abzuleiten, welche die unmittelbare Verantwor spruch, wenn unter der Bevölkerung jede Regung für das weitere unnüße Leiden auferlegt. tung an der Tat trifft. Offen sprechen wir aus, daß diese Tat Verbleiben bei Deutschland   gewaltsam unterdrückt, In einer Bekanntmachung des französischen   Militärverwalters nicht ohne inneren Zusammenhang ist mit den andererseits aber belgische Propaganda mit allen Mitteln im Saargebiet werden Saarländer   und Franzosen   aufgefordert, im Miß ständen der Reichswehr, die an dieser Stelle betrieben wird. Der Bevölkerung von Malmedy   hat sich durch Falle neuer Unruhen sich nicht als Neugierige unter die Ruheftörer oft genug kritisiert worden sind. Wir haben hier oft mit Be­die Ausweisungen eine tiefgehende Erregung bemächtigt, da zu mischen. Wegen der Plünderungen sind über 1000 Personen dauern festgestellt, daß in der Führerschaft der Reichswehr das fie in ihnen einen neuen Beweis für die von den belgischen verhaftet. republikanische Element nicht stark genug vertreten ist. Behörden vorbereitete Unterdrückung jeder freien Willens- Landrat v. Halfern in Saarbrücken   ist durch Ministerial- Gerade bei den Truppen, die München   besetzten, ist nach zahl­äußerung in bezug auf die Abstimmung erblickt. erlaß vom 2. Oktober unter Beilegung des Titels Berreichen Beobachtungen dieser Umstand besonders starf maltungspräsident" mit der vertretungsweisen Wahr  - hervorgetreten. Republikanische Führer unterscheiden sich von nehmung der dem Regierungspräsidenten in Trier   zustehenden Ver- monarchistischen nicht nur in ihrer formalen Staatsauf­waltungsgeschäfte im Gebiet des künftigen Saarstaate 3 be- fassung, sondern auch sehr erheblich in ihrer Auffassung vom auftragt worden. Soldatenberuf, namentlich auch in der Beurteilung der Auf­gaben des Militärs im Bürgerkrieg. Mit der republikanischen Gesinnung paart sich regelmäßig ein größerer Sinn für Menschlichkeit und Humani­cher Führung standen, sind Taten, wie sie mehrfach das tät auch im Kampfe. Wo Truppen unter republikani­Schild der Reichswehr befledt haben, nicht zu verzeich nen gewesen. Hätten die Münchener   Truppen unter dem Einfluß solcher Führer gestanden, anstatt unter Offizieren, die ihrerseits so manches taten, um- wilde Instinkte anzustacheln, so wäre die Tat wohl nicht geschehen.

Die deutsche Regierung legt gegen die Ausweisungen, die nur der Einschüchterung der Bevölkerung dienen können, nach drücklich Verwahrung ein und spricht die Erwartung aus, daß die belgischen Militärbehörden unverzüglich Anwei­fung erhalten, die getroffenen Maßnahmen aufzuheben.

Nachgiebigkeit am Rhein  ?

Wie uns ein eigener Drahtbericht von der badischen Grenze meldet, hat der Generalfommissar für Elsaß- Lothringen  , mille rand, durch Verfügung vom 23. Oktober den Belagerungszustand und die Preffezensur in Elsaß- Lothringen   aufgehoben, auch die Vor­zenfur für die sozialistischen   Blätter.

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Der Frieden tritt Anfang November in Kraft.

Aus Paris   wird gemeldet: Der Oberste Rat hat die Richt: linien, die der Ausschuß zur Ausführung des Friedensvertrages hin­sichtlich der Organisationen der Volts abstimmungskom­missionen aufgestellt hat, gebilligt. Die. Bevollmächtigten wurden aufgefordert, ihre Repräsentanten für diese Kommiffionen zu ernennen. Der allgemeine Streit in dem belgischen Besatzungsgebiet Im weiteren Berlauf der Situng wurde Marschall Foch vernommen, soll den General Michel veranlaßt haben, den Streifenden die der Aufklärung über die Bedingungen gab, unter denen die Volks­Freilich dürfen wir nicht vergessen, daß der Münchener  Erfüllung aller ihrer Forderungen zuzusagen: Beschräntung abstimmung mit Rücksicht auf die militärischen Bestimmungen des Gesellenmord sich bereits im Mai abgespielt hat, also der Militärpolizei auf ihre eigentlichen Aufgaben, Befreiung der Friedensvertrages vorgenommen werden kann. In Paris   wird er noch innerhalb der Periode der unaufhör­Bevölkerung von den Quälereien, Erleichterungen des Verkehrs wartet, daß die Konzentration und der Transport der für die Ab- lichen Aufstände und Wirren, die unmittelbar an innerhalb der Besatzungszone und mit dem unbesetzten Gebiet und stimmungsgebiete bestimmten alliierten Truppen bis Anfang den ersten großen Spartakusputsch im Januar anschlossen. einen Teilversuch mit der Siebenstundenschicht. November erledigt sein wird und daß der Friedens. Gerade in diefer Periode fehlte es außerordentlich an der vertrag bis zu diesem Termin in Kraft treten kann. Möglichkeit, das Truppenmaterial sorgfältigzujieben und auszusuchen, weil die Verbände in größter Gile aufgestellt und dann bald hier, bald dort im Kampfe eingesetzt ihren fortwährenden Butschen haben die Unabhängigen und Kommunisten selber die Hauptschuld daran, daß der Auf­bau der Reichswehr nicht besser ausfallen konnte, als er tatsächlich ausgefallen ist. Hätten sie der Regierung Beit und Ruhe gelassen, so wären wohl manche Elemente nicht­in die Reichswehr gelangt, die bei der allgemeinen Hast und Unruhe Gingang finden konnten.

In Straßburg   wurden Flugblätter beschlagnahmt, die sich an die französischen   Soldaten wenden und ihnen vorhalten, daß sie zur Unterdrückung der Elsaß- Lothringer mißbraucht werden, die

weder Franzosen noch Deutsche  , sondern gleich den Soldaten aus Einstellung des Eisenbahnpersonenverkehrs. werden mußten, so daß sie gar nicht zur Ruhe kamen. Mit

gebeutete Profetarier seien. G3 wird gesagt, daß die Soldaten nach Hause und nicht mehr dem Militarismus dienen wollten. Der Die Münchener   Gorrespondenz Hoffmann meldet amtlich: Schlußiaz Nieder mit der Wahl!" zeigt die links radi Bufolge eines Beschlusses des Ministerrates wurde an den tale Herkunft des Flugblattes, welches unterzeichnet ist Das Reichskanzler sowie an den Reichswirtschaftsminister je ein Tele­elsaß- lothringische Volk". Aber nach der Enthüllung, daß der ver- gramm gerichtet, in dem der bayerische   Ministerrat seine Auffassung schwundene Bolschewist Pierra ein Agent Clemenceaus sei, da betont, daß die in Süddeutschland   herrschende Kohlennot zur weiter eine antibolschewistische Nede Clemenceaus angekündigt wiro Katastrophe führen muß, wenn nicht die Einstellung des und die bürgerliche Koalition den Wahlkampf gegen die Sozialisten Eisenbahnpersonenverkehrs auf 10 bis 14 Tage unter dem Schlagwort des Bolschewismus führt, tönnte man ver- erfolgt. Gleichzeitig wird ersucht, zur Beratung dieser Maß­fucht sein, auch dieses Flugblatt als eine Spielma che anzu- nahme die Verkehrsminister der einzelnen Länder fofort nach Berlin  sehen; mindestens wird es gegen die Sozialisten ausgeschrotet werden. zu berufen.

Die Regierung soll aus dem Gesellenmordprozeß die Mahnung ziehen, bei der äuberung der Reichswehr von ungeeigneten Elementen größte Strenge walten zu laffen, und namentlich auf die Heranbildung eines