patfeinaifittiiljtfen*Parteikonferenz. Am Sonntag, den 2. September, fanbfür den 6. Hannover',' che» Wahlkreis in Achimeine Parteikonferenz statt, in welcher folgende Orte durchDelegirte vertreten waren: Verden. Achim. Hemelingen, Brinkumund Langwcdel.Auf der Tagesordnung stand:!. Kassenbericht. 2. Wahleines Delegirten zum Parteitag in Frankfurt a. M. 3. InnereAngelegenheiten.Zum ersten Punkt erstattete der Vertrauensmann FriedrichGünlheroth Bericht, wonach die Einnahme den Betrag von321 M. ergiebt. Die Ausgabe 410.06 M.. so daß ein Kassen-bestand von 211,82 M. vorhanden ist.— Als Delegirter wurde(im vorigen Jahre halte man aus finanziellen Gründen von derBeschickung des Parteitages in Berlin Abstand genommen) Ge-nosse Friedr. Günlheroth in Verden gewählt, und im Ver-Hinderungsfall Genosse Heinrich Manier in Hemelingen. ZuPunkt G wurde beschlossen, sobald die Arbeiten der Landleutebeendet seien, eine rege Agitation auf dem Lande zu entfaltenund hierzu die Broschüre„Die Sozialdemokraten kommen"in einer Auflage von 3000 Exemplaren zu verbreiten. Sodannfand noch Abends zum Todesrage Lassalle's eine Volksversamm-lung statt, in welcher Genosse Alwin Kerrl aus Bremen referirte.**Von der Agitation. Dem Wunsche der Genossen inThüringen entsprechend, unternahm Genosse Pfannkuch in derzweiten Hälfte vorigen Monats dortselbst eine Agitationstour,die sich bis nach Hessen ausdehnte. Versammlungen fanden stattzunächst in Apolda, Buttstädt, Weimar, Ilmenau und Erfurt.Interesse bot die Versammlung in Buttstädt. Die vornehmlichackerbautreibende Bevölkerung war bis dahin vorwiegend frei-sinnig. Bis zu den örtlichen Führern hinauf kam der Unniuth mit derRichter'schen Führung in puncto der Sozialpolitik zum Ausdruck.Gegenüber der Haltlosigkeit der Zustände erkannte man die Be-rechtigung der sozialdemokratischen Kritik und Bestrebungen an.In Weimar versuchte der jetzt in Antisemitismus machendeJournalist Stieb diesem das Wort zu reden. Angriffe auf diejüdischen Mitglieder der Reichstagsfraktion bildeten den Unter-grund. Die Replik Psannkuch's steigerte die hochgradige Nervositätdes Herrn derartig, daß er trotz des kühlen regnerischen Abendsnicht merkte, daß er seinen Ueberzieher im Stich gelassen hatte.Die in Eisenach einberufene Versammlung war von der Behördeverboten— wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung undSicherheit. Die Polizei in Waltung ihres Amtes in vorbeugenderRichtung hatte sogar den Saal abgeschlossen und angedroht,'jeden Ver-such der Zuwiderhandlung gegen das ergangene Verbot, mit allenMachtmitteln zu verhindern. Trotzdem das Menschengewoge indem Lokal und den angrenzenden Straßen einem Zu- und Ab-fluthen glich, hat sich kein Zwischenfall ereignet, der die Befürch-tüngen, aus denen das Verbot begründet war, gerechtfertigt hätte.Wie in allen gleichen Fällen, ivar die nicht abgehaltene Versamm-lung eine ausgezeichnete Agitation. Die Versammlungen in Gold-lauter, Albrechts und Suhl waren sehr gut besucht. Der Druckdes wirthschaftlichen Uebergewichts lastet bei der Geschästsflauedoppelt schwer auf dem arbeitenden Volk der Thüringer Berge,weil die Liebe zur Heimath ihnen keinen Ausweg läßt, alszähneknirschend zu tanzen wie das Unternehmerthum pfeift. InHessen waren Versammlungen in Wehlheiden, Melsungen, Kasselund Hardershausen vorgesehen. Die in Melsungen mußte wegeneines Formfehlers in der Anmeldung unterbleiben. Der Ein-berufer erhielt davon erst so spät Kenntniß, daß eine Korrigirungnicht vorgenommen werden konnte. Die anderen Versammlungenwaren sehr stark besucht, insbesondere die i» Kassel, bei welcherder Andrang fast ebenso groß war, wie in der vorjährigen Wahl-bewegung bei der Anwesenheit Bebel's. Der Geist, der die Genossenbeseelt, ist allenthalben ein vorzüglicher, sein Grundton ist einezuversichtliche Siegesgewißheit.— Die Agitationskommission vonFrankfurt a. M. hat beschlossen, im Laufe des kommendenWinters aller 14 Tage Vorträge namentlich von namhaften auswärtigen Genossen zu halten. Das Programm ist ein sehr viel-feitiges; es umfaßt folgende Themata: Dr. Lux-Berlin:„DieEntwicklung der Technik in ihren Beziehungen zur Entwicklungder kapitalistischen Produktionsweise." Dr. Konrad Schmidt-Zürich:„Adam Smith und die bürgerliche Nationalökonomie."Dr. Quarck-Frankfurt a. M.:„Die Frankfurter Arbeiter-Kongresse des Jahres 1348." Dr. B. Schoenlank-Berlin:„DieProstitution als soziale Massenerscheinung." Dr. David-Gießen:„Schul- und Erziehungswesen im Licht des Sozialismus."I. S ch w a l b a ch- Frankfurt a. M.:„Der Sozialismus unddie Vergeudung von Arbeiskraft in der heutigen Gesellschafls-Ordnung." E. Wurm- Berlin:„Volksernährung und Volks-einkommen." Dr. med. M ar e u s e- Mannheim:„Wissenschaftund Aberglaube am Krankenbett." G. H o ch- Frankfurt a. M.:„Aus der Agrargeschichte." W. Blas- Stuttgart:„Die tollenJahre 1848 und 1849." Frau Klara Zetkin: Ueber dierauensrage.(Thema noch näher anzugeben.) Dr. Rüdt-eidelberg:„Die Todesstrafe— eine Barbarei."Parteiorgan konfiszirt.* Der„Rhein.-Westf. Arb.-Ztg."wird ans Mannheim telegraphirt: Abermals ist die„Volks-stimnie" konfiszirt worden, und zwar ist eine in der letztenNummer enthalten gewesene Kritik eines Inserats ans einembürgerlichen Blatte oder vielmehr einer auf das Inserat erfolgtenOfferte der Staatsanwaltschaft als„unsittlich" erschienen.Ei» ganzer Blumenftraust von Polizeimaßregeln gegenunsere sächsischen Parteigenossen steht auch heute wieder zur Ver-fügung: In M i t l w e i d a, dem Sitze des durch sein schneidigesAustreten in der Feuerwehrangelegenheit bekannt gewordenenBürgermeisters A p e l t, ist eine sozialdemokratische Versammlung,in welcher Reichstags-Abgeordneter Genosse Albert Schmidt ausMagdeburg über„Die Sozialdemokratie im Kampfe gegen diebürgerlichen Parteien" sprechen wollte, vom Stadtrath verbotenworden.— In Mylau wurde seitens der Amtshauptmann-schaft der Gesangverein„Liederhain" aufgelöst. Auflösungs-grund: Betheiligung am Crimmitschauer Sängersefte. An-gezogene Paragraphen: 24 und 25 des Vereinsgesetzes.—Aus Elsterberg wird berichtet: Der hiesiege Turnverein„Vorwärts", dessen Vorsitzender sich an dem in Ernstthal ab-gehaltenen Gauverbandstage von Arbeiter-Turnvereinen betheiligthatte, ist durch die Amtshauptmannschaft Plauen wegen Ver-gehens gegen das Vereinsgesetz aufgelöst worden.— In Glauchauhaben sich die Genossen im Volksverein zusammengeschlossen.Dieser Verein unternahin nun am 3. Juni einen Ausflug nachGrünefeld. Dieses harmlosen Ausfluges wegen hatten sich die GenossenSchmalfuß und Meier am vergangenen Dienstag vor dem GlauchauerSchöffengericht zu verantworten- Schmalfuß wegen Vergehens gegendas sächsische Vereinsgesetz, weil er den völlig zwanglosen Ausflugnicht angemeldet hatte, Meier wegen groben Unfugs. DerGendarm Rudolph aus Remse trat als Zeuge aus und sagteaus, die Ausflügler hätten einen Aufzug durch Remse und Klein-bernsdorf veranstaltet, ohne die Genehmigung der Amtshauplmann-schaft zu haben. Deshalb wurde Schmalfuß als Vorsteher desVolksvereins zu 10 M. Geldstrafe oder drei Tagen Gefqngnißverurtheilt. Der Genosse Meier hatte, als die Ausflügler in dersogenannten Glänzelmühle Rast machten, zur Unterhaltung derGenossen das bekannte Gedicht„Der Zukunflsstaat" vorgetragen.Das Gericht erblickte darin groben Unfug und verurtheilte denGenossen zu fünf Tagen Gefängniß. Denn, so wurdegefolgert, es sei auch noch anderes Publikum dagewesen, unddieses sei durch den Vortrag des Gedichtes belästigt worden.Ueber die Lassallefeier liegen uns weiter noch folgendeBerichte vor: Eine sehr bewegte Lassallefeier hatten die Genossenin N e u- R u p p i n. Am Sonntag Nachmittag hatten sie eine»Ausflug nach dem Walde ohne Polizei; dort verlief alles ruhig.Slm Abend fand eine Volksversammlung im Parteilokal statt.Den Vorkrag, der dort über Lassalle gehalten wurde, erklärteder Beamte für Politik. Er löste die Versammlung, die auchvon vielen Frauen besucht war, auf. Damit nicht genug, verboter auch das vom Wahlverein arrangirte Vergnügen und schließlichverbot er auch noch dem Wirth, der um 11 Uhr Polizeistunde hat,schon gegen 9 Uhr das Ausschänken von Getränken. Die Anwesendenmußten sich wohl oder übel fügen, die Aufregung und Erbitterungüber das unqualifizirte Vorgehen des Beamten war unter derBevölkerung begreiflicherweise eine sehr große— hoffentlich wirdBeschwerde eingelegt und der Beamte rektifizirt.— In Oder-berg i. M. fand die Gedächnißfeier am Sonnabend, den1. September statt. Die Feier bestand is Konzert, Gesang undVorträgen. Aber auch hier sollte nicht Alles ungestört verlaufen.Die Frauen der Genossen hatten am Tage vorher den Saal mitGuirlanden, Fahnen und dem Bildnisse Lassalle's geschmückt. AmFesttage selbst, im Laufe des Nachmittags kehrten im selben Gast-Hofe eine Anzahl Gymnasiasten aus Freienwalde ein. Als nun dieTochter des Wirths, sowie das Dienstmädchen, welche noch im Saal zuthun hatten, diese auf kurze Zeit den Saal verlassen hatten, machtensich etliche dieser Hochschüler dabei und demolirten alles. Diegroße Fahne wurde zweimal eingerissen, zwei Banner mit In-schrift gänzlich durchgerissen, acht kleinere Fahnen und einBildniß von Lassalle gänzlich gestohlen u. s. w. Der Verein hatdie Frevler der Staatsanwaltschaft angezeigt wegen Sach-beschädgung und Diebstahl. Um 1 Uhr Nachts, nach Be-endigung der Kaffeepause, wurde den Festtheilnehmern eineandere nnliebsame Ueberraschung. Der Wirth gab bekannt, daß er,da er von vielen Seiten der Bürgerschaft, anderen Wirthen undhauptsächlich von der Behörde viele Unannehmlichkeiten erleidenmüsse, daß der Verein bei ihm nicht mehr tagen könne,auch keine Versammlungen mehr abgehalten werden können.Die Genossen nahmen nun sofort den Kampf, den sie ja seitdem Jahre 1890 schon gewöhnt sind, wieder auf; die Feiererlitt keinerlei Störung, aber von Minute an, bis Morgensin der sechsten Stunde, denn da wurde die Feier erstbeendet, stärkte sich ein jeder nur mit Brunnenwasser, selbst dieMusikanten verzehrten keinen Pfennig mehr, es war dies einesofortige Antwort, von welcher der Wirth vorher nicht geträumthatte. Der Behörde gegenüber antworten die Genossen mit einerVolksversammlung, welche am Sonntag, den 9. dieses Monats,unter freiem Himmel auf gepflanzte m Kartoffel-f e l d e in der Nähe des Krieger- Denkmals stattfindet,denn auch durch Gewaltmaßregeln läßt sich in Oderbergder Strom nicht mehr aufhallen.— In Lübeck ver-ief die Feier in bester Weise; Genosse Schwartz hieltdie Festrede.— Für die Parteigenossen von Fackenburg,Stockelsdorf, Mori und S t e i n r a d e fand am Donnerstagin Stockelsdorf eine Volksversammlung statt. Als Referentwar Friedrich-Lübeck erschienen.— Die Kieler Partei-genossinnen und-Genossen begingen Freitag den Todestag unseresgroßen Vorkämpfers durch eine würdige Gedächtnißfeier. Die Theil-nehmerzahl in den beiden Sälen„Englischer Garten" und„Elysium"betrug mindestens 5000. Die Festredner Genossen Kluß undHeinzel feierten den großen unsterblichen Todten in kernigenWorten und fanden für ihre Ausführungen lebhaften Beifall.—Eine äußerst gut besuchte Mitgliederversammlung des Vereinsfür volksthümliche Wahlen fand Freitag Abend im„Kaisersaal"in Gaarden statt. Genosse Ströbel legte in etwa einstündigemVortrag den Lebensgang und die Bedeutung Lassalle's für die moderneArbeiterbewegung dar und erntete reichenBeifall.— Di: Gedächtnißfeier zu Ebren Lassalle's fand in Mainz am Sonnabend untergroßer Betheiligung statt; Genosse Stock hielt den Festvortrag.— In Frankfurt a. M. hatten die Parteigenossen die Lassalle-feier verbunden mit einer Gedächtnißfeier zu Ehren der am18. September 1843 in Frankfurt gefallenen Freiheitskämpfer.Genosse W. Schmidt und Dr.' David- Gießen hieltendie Festvorträge.— Die Betheiligung in Hanauwar. trotzdem die Mordspatrioten alles aufgeboten hatten,die Arbeiter für den Sedanrummel zu gewinnen, größer, dennje zuvor. Genosse Hoch gedachte in einer zündenden Rede derVerdienste Lassalle's. Bei hereinbrechender Dunkelheit wurde derFestplatz illuminirt und bengalisch beleuchtet und unter Abbren-nung von Feuerwerkskörpern eine Polonaise aufgeführt, an welchersich viele Personen betheiligten.— In Kalk sprach GenosseGrobleben aus Köln vor einer zahlreichen Versammlung.— Einenbesonders großartigen Verlauf nahm die Feier auch in N ü r n-berg. Die Lokale waren trotz des auch Vormittags schon seineKreise ziehenden Sedanrummels überfüllt. Die Gedächtnißredehielt Genosse Oertel, welcher in anderthalbstündiger, mit Be-geisterung vorgetragener und aufgenommener Rede einLebensbild des großen Gelehrten, des Menschen unddes unübertroffenen Agitators Ferdinand Lassalle entrollte.—In Fürth sprach ebenfalls der Genosse Oertel und auchhier war der Besuch ein sehr guter, der Verlauf ein würdiger.—In W ü r z b u r g hielt der Wahlverein am Sonnabendeine Lassallefeier ab, welche außerordentlich zahlreich be-sucht war. Genosse Kern, sowie der als Gast an-wesende Genosse Siebert aus Nürnberg erzählten denAnwesenden in gediegenen kraftvollen Worten das Leben undWirken des großen Denkers und Kämpfers für die Freiheits-fache.— Die Genossen von Mannheim begingen die Feieram Sonntag. Der Garten des„Rheinpark" war überfüllt. DasProgramm, in Konzert, Gesang und Festrede bestehend, wurdein exakter Weise ausgeführt. Genosse Drees bach hielt die mitgroßem Beifall aufgenommene Festrede.— In Stuttgartfand die Feier am Sonnabend Abend statt. Genosse Hilden-brand hielt eine halbstündige, ebenfalls sehr beifällig auige-nommene Gedächtnißrede, die großen Verdienste des Vorkämpfersum die moderne Arbeiterbewegung ins richtige Licht setzend. DieFeier verlies in allen Theilen in schönster und würdigster Weiseund erreichte, nachdem noch gemeinschaftlich die Arbeiter-Marseillaise gesungen worden war, um 11 Uhr ihr Ende.—Ueber die Feier in W i e n wird berichtet: Anläßlich des dreißig-jährigen Todestages Lassalle's haben die Wiener Parteigenossenim Parke Dreher eine große Lassalle-Feier veranstaltet, an welcherüber 10 000 Arbeiter theilnahmen. In einer Festrede würdigteDr. Ellenbogen die Verdienste Lassalle's. Unter den Lieder-vortrügen wurde das Singen der Lassalle-Hymne polizeilichverboten.Damit wollen wir die Sonderberichte über die Feier schließen,nicht ohne ausdrücklich zu betonen, daß die von uns veröffent-lichten auf Vollständigkeit natürlich keinen Anspruch machenkönnen; würde es doch den Raum unseres Blattes bei weitemübersteigen, wollten wir auch nur alle stattgehabten Gedächtniß-feiern registriren. Wie wir schon Eingangs unseres Berichteshervorgehoben, wird die Lassallefeier eben immer mehr zu einerallgemeinen Volksfeier, die überall begangen wird, wo klaffen-bewußte Arbeiter wohnen. Mit jedem Jahre wird der gedanken-lose Haufe derer um St. S e d a n kleiner, während die Massezielbewußter Genossen ständig sich vergrößert.Polizeiliche», Gerichtliche»:e.— Der Genosse P r u k o p ist laut einem Privaltelegramm,das uns von Zaborze zugeht, aus der Haft entlassen. Unserevor einiger Zeit veröffentlichte gleichlautende Nachricht wurdedamals demenlirt.— Genosse Reiher, Redakteur des„Sächs. Volksblattes".hat am 1. d. M. die Verbüßung einer dreimonatigen Gefängniß-strafe angetreten.GewerkrlAmfkHrhes.Achtung, Töpfer l Der Streik der Töpfer in Rostockdauert unverändert fort. Wir ersuchen die Berliner Kollegen,unter allen Umständen Rostock zu meiden, da die Meister ver-suchen, aus Berlin Arbeitskräfte zu bekommen. Alle Anfragensind zu richten an C. Bugdahn, Töpfer, Beguinberg Nr. 10,Zentral-Hsrberge.Der GlaSarbeiterstreik in Oldenburg dauert fort. Ineiner Versammlung, welche am 1. September am Streikorte statt-fand, referirte der Landtagsabgeordnete Horn über den Streik.Es wurde konstatirt, daß sich nur erst wenige Streikbrechergesunden, die der Direktion mehr Geld kosten, als die gesammteLohnreduktion beträgt. Widerlegt wurde die Behauptung desDirektors Schultze, daß er der Konkurrenz wegen gezwungen sei,die Löhne zu reduziren. Es wurde im Gegentheil nachgewiesen,daß die Löhne auf anderen Hütten bedeutend höhere sind, als inOldenburg. Der Kampf dauert also fort— halte mau denZuzug fern!Auch der Weberstreik in Bielefeld nimmt seinen Fort-gang. Bis jetzt ist von den Streikenden mit Ausnahme einigerLehrlinge noch niemand abgefallen, wohl aber haben Weber undWeberinnen sich den Streikenden angeschloffen. Im Ganzenarbeilen nach den angestellten Ermittelungen 15 Weber undWeberinnen, darunter befinden sich die Lehrlinge und 2 KrefelderMädchen. Im Ausstand befinden sich 123 Weber und Webe-rinnen. Die Millionäre Delius u. Söhne haben sich bekanntlichgeweigert, den armen Weberinnen den Lohn auszuzahlen. Siebegründeten das damit, daß diese sich seinerzeit verpflichtet haben,zwei Jahre lang in der Fabrik zu frohnden. Der Magistrat vonBielefeld hat nun zu gunsten der Weberinnen entschieden, so daßder Lohn ausgezahlt werden muß. Ein Theil der Frauen aber,die unterlassen hatten, das Kündigungsschreiben mit zu unter-zeichne», ihre Kündigung nur mündlich angebracht hatten undzwar bei einem Komptoirbeamten, werden ihr Recht vor demGewerbegericht geltend machen müssen.Der Tischlerstreik in Budapest, welcher am 12. Augustausgebrochen ist, umfaßt sämmtliche Fabriken der Stadt und istjedenfalls der größte und bedeutungsvollste Lohnkampf, den Ungarnjemals gesehen hat. Die Ursache des Streiks ist, wie dasKorrespondenzorgan der österreichischen Gewerkschaften schreibt,die immerwährend sich steigende Ausbeutung seitens der Unter-nehmer und die sich fortwährend, besonders in den Winter-monaten, wiederholende Arbeitslosigkeit der Gehilfen, welchesich aus 30, 40—45 pCt. aller Arbeiter ihrer Branche beziffert.Die Gehilfen, endlich zur Einsicht gelangt, reduzirten imJahre 1893 die Arbeitszeit auf 10 Stunden täglich, was zurFolge hatte, daß die Meister zu verschiedenen Repressivmaßregelngriffen, wodurch die Situation zwischen beiden Theilen immerkritischer wurde. Der Durchschnittslohn der Tischler beträgt inBudapest 7 Gulden. In der Versammlung vom 12. August be-schloffen denn sämmtliche Tischlergesellen, 5000 an der Zahl, dieArbeit ruhen zu lassen, was am nächsten Tage auch geschah.—Die Arbeiter, durchdrungen von der Siegeszuversicht, stelltennoch nächst der Forderung der Arbeitszeitverkürzung auf neunStunden die Abschaffung der Akkordarbeit, Feststellung einesMinimallohnes, Anerkennung der Vertrauensmänner, sowie dieFreigabe des I. Mai, auf ihr Programm. Diese Forderungenstießen wohl vom Anbeginne des Streiks auf einenhartnäckigen Widerstand der Unternehmer, welcher erstetwas gebrochen wurde, als sie sahen, daß die Arbeiterihre gestellten Forderungen auch in's Praktische zu übersetzenwillens waren, und bewilligten bis zum heutigen Tage fast einDrittel der Unlernehnier ihren Arbeitern obengenannte Be»dingungen. Zwei Drittel der Meister beharren hartnäckig aufihrem Standpunkt und versuchen, die Gehilfen zum Nachgebenzu zwingen.— Die Arbeiter kämpfen ebenso energisch, als klugund taktvoll. Fast täglich geht ein ganzer Waggon Streikeuder,vom Komitee gemiethet, nach Fiume oder Wien, wodurch es möglich wird, Budapest förmlich zu enl-Völkern. Durch dieses Vorgehen find auch thatsächlich 1300 Mannexpedirt worden und sind sohin nur noch 1900 Streikende znunterstützen, was indeß den ungarischen Tischlern allein un»möglich ist. Sie richten daher an uns die Bitte, in den Arbeiter-blättern die Adresse anzugeben, an welche Unterstützungen gesandtwerden können. Es ist dies die Redaktion des...Äs�tslosolrSzaklapja", Budapest, Lautergaffe Nr. 1o, 1. Stock.Zwölshnndert Arbeiter der ungarischen Waffenfabrik inBudapest haben wegen Lohndifferenzen die Arbeit eingestellt.Infolge deffen hat die Fabrikleitung den gesammten Betrieb ststirtund die noch übrigen Arbeiter entlassen.— Ein späteres Tele-gramm von Wolff besagt, daß es der Direktion gelungen sei, dieArbeiter von der„Opportunität(Zweckmäßigkeit) der Lohnresorm"zu überzeugen, so daß morgen die Arbeit wieder aufgenommenwerde. Die Bestätigung dieser Nachricht bleibt jedenfalls abzu-warten.Vezreflhen.(Wolff'» Tölegraphen-Burean.)Haag, 5. September. Die Interparlamentarische Friedens-konfereiiz nahm fast einstimmig die Ernennung einer Konunissionvon 6 Mitgliedern an, in welche Hirsch(Deutschland), Stanhope(Euland), Gobat(Schweiz), Rahusen(Holland), Trarieux(Frank-reich) und Housseau- Delaheye(Belgien) gewählt wurden.Die Kommission soll die Frage eines internationalen Schieds-gerichtshofs studiren und der nächsten Konferenz, welche voraus-sichtlich in Brüssel stattfinde» wird, einen darauf bezüglichenEntwurf vorlegen.(Depeschen-BureaufHerold.)Marburg, 5. September. In Bürgeln ist neuerdings einePerson an Cholera asiatica erkrankt. Die übrigen Erkranktenbefinden sich fortgesetzt auf dem Wege der Besserung. EineBaracke wurde heute in Betrieb gesetzt.München, 5. September. Aus Neu-Oetting(Bayern) wirdgemeldet: Bei dem gestrigen Brigademanöver bei Erlbach wurdeder Hauptmann von Kresz zu Kreffenstein vom 16. bayerischenInfanterie- Regiment durch einen scharfen Schuß getödtet.Die Untersuchung nach scharfen Patronen in der Brigade warresultatlos.Temesvar, 5. September. In dem durch seine Wunder-kuren bekannten südungarischen Schlammbade Weleneza sindfämmtliche bisher wasserreichen heißen Quellen plötzlich versiegt.Die Badeverwaltung beschloß geologische Sachverständige ein-zuladen, um die Ursache der Katastrophe zu erforschen und mög-lichst schnell Abhilfe zu schaffen.Czernowitz, 5. September. Die Manöver bei Stanislauwurden mit Rücksicht auf die Choleragefahr abgesagt.Petersburg, 5. September. Bei Charkow brannte einegroße Wollwäscherei im Werthe von einer Million Rubel nieder.London, 5. September. In Glasgow wurden in vorigerNacht 350 arbeilende Bergleute von den Streikenden thätlichangegriffen und mit Steinen beworfen. Ein starkes Polizeiauf-gebot konnte rechtzeitig einen blutigen Znsammenstoß verhindern.London, 5. September.„Die„Pall-Mall-Gazette" besprichtdie Meldung, daß 70 Beamte der Nigergesellschaft von denFranzosen getödtet worden seien und fordert die Regierung auf,eine energische Untersuchung der Angelegenheit einzuleiten undeventuell die englische Flotte an der Küste Afrikas zu verstärken.New-Hork, 5. vept. Die Zahl der bei den WaldbrändenVerunglückien und Vermißten wird auf 1500 angegeben. Inden größeren nordamerikanischen Städten werden Sammlungenfür die Hinterbliebenen der Opfer veranstaltet. Man glaubt,daß die Wälder in Brand gesteckt worden sind, um den Lager-holzverkauf zu erleichtern. Im Staate New-Iork stehen nocheinzelne Wälder in Flammen; man befürchtet, daß das Feuerdie Petroleumquellen erreichen wird, doch sind von den Behördenalle Vorsichtsmaßregeln getroffen.Hierzu zwei Beilagen.Verantwortlicher Redakteur: Hugo Pötzsch in Berlin. Druck und Verlag von Max Babing in Berlin SW., Beuthfrraße 2,