Nr. 209.
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für 1894 unter Nr. 6919.
Vorwärts
11. Jahrg.
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Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse:
Bolksblatt.
Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. Sonnabend, den 8. September 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein Trinkt kein boykottirtes
Eine Rede.
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Eine erhebende
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Bier!
Standpunkt an, in dem wir erzogen und aufgewachsen find,| läßt sich nicht streiten. Wenn aber der Monarch die als eine uns von Gott auferlegte Prüfung! Halten wir still, Hauptstüße der Monarchie in dem Adel erblickt, Der Kaiser hat in der bei einer in Königsberg i. Pr. ertragen wir fie in christlicher Duldung, in fester o befinden sich sich seine Anschauungen im Widerabgehaltenen Galatafel gehaltenen Tischrede eine Reihe von beffere Beiten, nach unserem alten Grundfaße: preußische Monarchie Jahrhunderte lang den Adel zum Entschlossenheit und in der Hoffnung auf spruch mit der Geschichte, die uns lehrt, daß die Aeußerungen gethan, über die wir nach der vom Wolff: Noblesse oblige!( Adel verpflichtet.) schen Telegraphen- Bureau übermittelten Depesche wie folgt Feier hat sich vorgestern vor unseren Augen abgespielt; vor uns eind hatte, und daß zur Zeit, wo sie sich am ausberichten: steht die Statue Kaiser Wilhelm 1., das Reichsschwert erhoben schließlichsten auf den Adel stützte im Jahre 1806E3 find nunmehr vier Jahre verflossen, seitdem ich mit in der Rechten, das Symbol von Recht und Ordnung. Es sie von den Edelsten und Besten der Nation" elend vers Ihnen bei dem mir von der Provinz gebotenen Mahle vereint mahnt una Alle an andere Pflichten, an den rathen, und" hernach erst durch die" bürgerliche Canaille" war. Ich betonte damals, daß die Provinz Ostpreußen ernst en Kampf wider die Bestrebungen, welche wieder zu Ehren gebracht wurde. als eine hauptsächlich Landwirthschaft treibende vor fich gegen die Grundlage unseres sta at: Das Gleichniß vom Epheu an der Eiche ist nicht allen Dingen einen leistungsfähigen Bauernstand erlichen und gesellschaftlichen Lebens richten. glücklich, wenn auch unserer Ueberzeugung nach wahr halten und behalten müsse, und daß fie als solche Nun, meine Herren, an Sie ergeht jetzt mein die Säule und Stüße meiner Monarchie sei. Es wird daher Ruf:„ Auf zum Kampfe für Religion, für Gitte denn der Epheu pflegt, wie männiglich bekannt, den mein stetes Bestreben fein, für das Wohl und die wirthschaftliche und Ordnung, gegen die Parteien des Umsturzes. Wie Baum, um welchen er sich rankt, auszusaugen und langsain Hebung Ostpreußens angelegentlich zu sorgen. In den vier ver- der Epheu sich um den knorrigen Eichstamm legt, ihn schmückt zu tödten. flossenen Jahren haben schwere Sorgen den Landwirth bedrückt, mit seinem Laub und ihn schützt, wenn Stürme seine Krone Die Wirkung der Rede auf die renitenten Adligen und es will mir scheinen, als ob unter diesem Einfluß Zweifel durchbraufen, so schließt sich der preußische Adel bleibt abzuwarten. Daß der Kaiser sich als größten aufgeftiegen feien an meinen Versprechungen, ob sie auch wohl um mein Haus. Möge er und mit ihm der gesammte Grundbesizer und damit gewissermaßen als Kollegen gehalten werden könnten. Ja, ich habe sogar tief bekümmerten Adel deutscher Nation ein leuchtendes Vorbild für die ihnen vorstellt, dürfte ihnen den Wink mit dem Baun Herzens bemerken müssen, daß aus den mir nahe noch zögernden Theile des Volkes werden. Wohlan denn, lassen pfahl taum angenehmer erscheinen lassen. Indeß bei stehenden Kreisen des Adels beften Sie uns zusammen in diesen Kampf hineingehen! Vorwärts mit Absichten mißverstanden, zum Theil bekämpft worden sind, ja, Gott, und ehrlos, wer seinen König im Stiche läßt!. Liebesgaben kann man auch einen solchen Wink sogar das Wort Opposition hat man mich vernehmen lassen. mit in den Kauf nehmen. Und fette Liebesgaben haben die Meine Herren! eine Opposition preußischer Adeliger gegen ihren Zunächst sei festgestellt, daß der heutige Reichs- Anzeiger" Herren Junter empfangen. Was ihnen versprochen ward Rönig ist ein Unding, sie hat nur dann eine Berechtigung, wenn die Rede des Kaisers nicht bringt, und daß die Kreuz- und es ist viel ist voll und ganz gehalten worden. fie den König an ihrer Spize weiß, das lehrt schon die Geschichte Beitung" fie ohne ein Wort der Kritik oder Beurtheilung Daß die den Arbeitern in den Februar- Erlassen des unferes Hauses.) Wie oft haben meine Vorfahren Frre abbrudt. Dieses Schweigen ist beredt und verständlich; Jahres 1890 gemachten Versprechungen nicht ebenso erfüllt geleiteten eines einzelnen Standes zum Wohle des Ganzen richtet die Rede fich doch sehr scharf gegen die Kreuz- worden sind, wie die den Junkern gemachten, hat unzweifelhaft gegenübertreten müssen!...... ..... Meine Herren! Was Sie bedrückt, das empfinde auch ich, denn ich bin der Beitungs"-Partei, den Bund der Landwirthe, und die junter seinen Grund darin, daß es nicht in der Hand des größte Grundbesitzer in unserem Staate und ich weiß sehr liche Fronde. Und scharf wie die Worte sind, sie werden noch Monarchen lag, jene Versprechungen zur Verwirklichung zu wohl, daß wir durch schwere Zeiten gehen. Täglich ist mein verschärft durch die Thatsache, daß der Kaiser vor dem Fest bringen, weil die kapitalistische Gesellschaft stärker ist als Sinnen darauf gerichtet, Ihnen zu helfen, aber Sie müssen mich eigenhändig die Namen der hervorragendsten Agrarierführer der monarchische Staat. dabei unterstützen, nicht durch Lärm, nicht durch Mittel der von( Graf Mirbach , Kanit 2c.) von der Liste der Eingeladenen Wer und was die Parteien des Umsturzes" find, Ihnen mit Recht so oft betämpften gewerbs gestrichen hat." gegen die der kaiserliche Ruf ergangen ist, das wissen wir mäßigen Oppositionsparteien, nein in vertrauensvoller Aussprache zu Ihrem Souverän. Meine Thür ist allezeit eine Aufforderung zum Kampf gegen die Umsturzparteien" Partei Als Gegengewicht dieser Kundgebung nach rechts ist nicht. Giebt es doch jetzt in Deutschland keine einzige die agrarische Adelspartei obenan gegen einem jeden meiner Unterthanen offen und willig leihe ich ihm Gehör. Da Da sei fortan Ihr Weg und als ausge angefügt. die der Vorwurf des„ Umsturzes" nicht geschleudert Iöscht betrachte ich Alles, wag geschah! In der Rede selbst begegnet uns jenes starte mon- worden wäre. Mein Wort habe ich gehalten. Aber noch mehr. archische Bewußtsein, das in früheren Reden aus dem näm- Man darf nicht vergessen, daß der Kampf gegen die Ich werde fortfahren, in stetem Bemühen füc für dieses lichen Mund zum Theil noch stärker hervortrat, und das so Umsturzparteien" ohne die durch die Verfassung eingesetzten Land zu sorgen, und der nächſtjährige Etat wird bereits neue recht grell den anormalen Zustand unseres Verfassungswesens gefeßgebenden Faktoren nicht geführt werden kann; der Beweise meiner landesväterlichen Fürsorge bringen. Meine beleuchtet. Was über die Stellung der Krone gesagt ist, preußische und der deutsche Adel gehören nicht zu denHerren! Sehen wir doch den Druck, der auf uns lanet, und die hätte auch in Petersburg von dem Zaren gesagt werden selben. Zeiten, durch die wir schreiten müssen, von dem christlichen Wir wollen uns also den Kopf nicht zerbrechen. Wir Hier handelt es sich unzweifelhaft um eine falsche WiederDie Vorliebe für den Adel die Edelsten und Besten harren in heiterer Gemüthsruhe der Dinge, die da kommen, gabe der Rede durch das Wolff'sche Depeschen- Bureau, eine der Nation" ist schon früher von der gleichen Stelle und halten unser Pulver trocken. Opposition mit dem Könige an der Spitze, ist ein Unding. betont worden. Nun, über Neigungen und Abneigungen
Der Inde.
Deutsches Sittengemälde
aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler .
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können.
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liebe gute Judith, ob noch keine Frau nach mir gefragt Seelentranten nicht allzuheftig zu erschüttern. Gleichgiltig hat,... ob noch kein Kind gebracht worden ist das ich fast fragte endlich Katharina nach dem Namen der zum umarmen soll?" Judith verneinte bekümmert lächelnd, Tode Verwundeten, und Judith glaubte ihr ihn nicht verdenn sie meinte, die Frau spräche wieder im Wahnsinn. hehlen zu müssen. Nun war es aber gerade, als ob alle " Das ist doch recht traurig," sprach Katharina weiter, Flammen der Leidenschaft aus der schwermüthigen Frau und das Haupt ließ sie in ihre Hand finken, wie die von der Rhön schlügen, denn sie fuhr auf, daß selbst die hellen Thränen aus den Augen:" Sieh, Judith, fieh, das herzhafte Judith erschrecken mußte. Wallrade!" rief sie: wird mich wahnsinnig machen, wenn ich's nicht schon bin. Wallrade? o bittere, allzu bittere Täuschung! Sie hat in Und sie hatte mir's so heilig versprochen und gelobt!" diesen Mauern gelebt, und ließ mich im Kerker? fette fie, vor sich hinredend hinzu: und sie bleibt aus Auf ihren Befehl liege ich also hier in Retten? O, der Die Oberin, um das Gemüth ihrer Freudin, und einen mit meinem Kinde."" Esset doch, gute Frau!" ermahnte Gräuelstunden meines Lebens schrecklichste komme über ihr schmerzlichen Auftritt zwischen ihr und ihren Angehörigen, Judith: Es segne der Herr Eures Körpers Gedeihen, Haupt! Doch nein, nein..." sette sie gemäßigter hinzu: nicht der Neugierde und dem Tadel fremder Augen bloß und zugleich das Licht Eures Haupts."- Laß mich doch;" hat sie denn Gottes Gericht nicht schon getroffen? zustellen, entfernte die Frauen des Klosters. Unter ihnen, versette Katharina schwermüthig: Glaubst denn Du auch, Liegt sie nicht darnieder, wie ein abgerissener Zweig! Fluche oder vielmehr nach ihnen entfernte sich auch Judith, die daß ich thöricht im Gehirn bin? Olaß doch die Leute ihr nicht, Katharina, aber fluche auch Deinem Gatten nicht, sich erinnerte, daß sie über dem gräulichen Mord- reden. Leider habe ich meinen Verstand, und wenn ich dessen Leumund die Schlange gewiß nur vergiftet hat, um schauspiele vergessen hatte, der armen Frau, die im Ihnen nur sagen dürfte, wer ich bin, und wie ich mich meine Ruhe zu morden! Ach, welche Erinnerung thut Kloster eingesperrt war und gehalten wurde, wie eine nenne, und wenn meine Freundin käme und sähe, wie fich mir auf beim Angedenken meines Gatten! Judith! Wahnsinnige, ihre Roft zu bringen. Das Versäumte eilte man hier mit mir verfährt, grausam wie mit einem wil- Judith! Dente Dir den Jammer einer Mutter! Hat gleich die Mitleidige nachzuholen, ließ sich von der Küchenmeisterin den Thiere... dann sollte alles anders werden. Aber das schwere Schicksal und Dein eigener starrer Wille Dics Speisen und Schlüssel geben, und trat zu der abgehärmten wo wird sie sein, die Zeit? wo find fie, meine Lieben?" bestimmt, nie die Mutterfreuden zu genießen, so bist Du Frau in die dürftige, enge und wohlverwahrte Klause.--Wehrt doch Euren Thränen, Frau," ermabute Judith doch ein Weib; Du ahnest doch Leiden und Wonne des " Seid nicht böse", redete sie so sanft als möglich und ver- dringender:" Das Wasser des Auges hilft nie von dem, Weibes; hilf mir darum heraus, heraus aus diesem Kerker, suchte ihre unschönen Züge durch Freundlichkeit gefälliger was das Auge gesehen, noch zu dem, was es verloren hat." hinaus zu der Sterbenden, denn ich muß mit zu machen. Seid nicht böse, liebe Frau Katharina. Ich Verloren?" fragte Katharina schnell. Verloren? ihr reden,... ich muß sie sehen -Gute Frau", bin ein unwürdig, vergeßlich Ding, das allenthalben Wahrlich, wahrlich, Du hast Recht. Hin ist hin, verloren entgegnete Judith, welche noch immer auf dem Glauben seine Hände bieten möchte, und dabei immer einem ist verloren, und nimmer,- ach nimmer tehrt das Ver- an Katharinen's Wahnsinn beharrte und in ihrem Schmerz oder dem andern ein Leid thut. Mir thut es herzlich lorene wieder. Glaube mir doch ja," setzte sie langsamer nur einen heftigen Anfall der Krankheit sah; faßt und weh, daß Ihr gehungert habt um meinetwillen. Bergebt und schwermüthig hinzu:" Glaube doch ja, daß ich nicht mäßigt Euch, ich vermag nicht, was Ihr begehrt, mir." Ach, was bist Du eine gute treue Magd;" er- wahnsinnig bin, und sage es der hochwürdigen Frau Wal - und zudem ist es leider gewiß schon zu spät. Wallrade widerte Ratharina wehmüthig und freundlich, richtete sich burg ; ich könnte aber verwirrt im Haupte werden, wenn lebt gewiß nicht mehr." Barmherziger Gott!" freischte aber nicht empor, aus der nachdenkenden Stellung, in man mich fürder zwingen möchte, mit meinem Schmerz Katharina gräßlich auf: Sie lebte nicht mehr? Was welcher sie von Judith gefunden worden:" Habe Dank! und meiner ungewissen Angst allein zu sein. Erzähle mir sagst Du, Unfelige? Das kann nicht sein! Sie darf nicht beruhige Dich doch. Mich hungert nicht,.. denn wie aber jetzt, meine gute Magd, wie es fam, daß Du heute todt ſein, sie kann nicht sterben! Sie muß mir ja follte ich in meinem Elend mich erinnern, daß ich ein so lange weggeblieben?" Judith erzählte, was vorge sagen, wo mein Kind hingekommen ist... ich bin ja Weib bin, das noch fürder zu leben gedenkt? Sage mir, fallen war, aber mit vieler Vorsicht, um das Gemüth der Agnesens Mutter,... sie darf mir ja nicht verhehlen...
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