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tzinöenburg belagert. Die V. K.- Korrespondenz sendet un-Z folgende lreklärung: JJu unserm Bericht über die studentischen Kundgebungen für Hindenbueg behauptet die Reichskanzlei, das; die Dlilleilung. Hmdenburg sei am Betrclen des Reichstages verhindert worden, nicht den Tatsachen einspreche. Hierzu bemerken wir, dai; diese Bebaup- tung unrichtig ist. Der Generalseldmarichall bal vor den �el'en, als sein Aulo angehalten wurde, selbst gesagt, daß er zum Reichs- tag müsse, wie durch zahlreiche Zeugen festiunellen sst. Die Tat­sache, dag Hindenburg nicht in den Reichstag zu gelangen veriuochrr, ist den amtlichen stellen sicherlich umjngenehni. Man begrenr das wenn man die Meldung der Berliner Sicherbeilspolizei liest, die lautet: ,Gor dem Reichstag ballen("ich T> upps Studenten und Schüler angesamiiielt. um Hindenburg zu begrüße». Die Lciite ginge» auseinander, so daß die Polizei keinen Änlaß s!) zum Einschreiten hatte." HinSenbnrg-propaganöK in öen Schulen. Von einem Schüler des Werner-Sie-mwcS-Renlgymnasiu.mZ in Schöneberg wird uns berichtet: Auch in unserem Gymnasium ist von deutschnationaler Seite starke Propaganda für den Hindenburgempfang gemacht worden. So erschien z. B. am Donnerstag in der zweiten Stunde der stellvertretende Direktor Rengel und fragte die Angehörigen der deutschnationalen Jugend, ob sie sich an dem Hindenburgempfang beteiligen wollten. Ein großer Teil der Schüler meldete sich. Als darauf die anderen erklärten, daß sie zur Beerdigung H a a s e S gehen wollten, entstand ein fürchterlicher Tumult und«ine große Auseinandersetzung. Auch am Freitag wurde wieder zur Demonstration für Hindenburg aufgefordert. Die Schüler der anderen Richtung erklärten nun, daß si« dann auch frei haben wollten. Die Folge war, daß wiederum ein großes Geschrei entstanden. Die Westrup engelüee. Zu der Beschlagnahme des russischen Geldes in Potsdam können wir melden, daß in der Vereinsdruckerei in Potsdam , Junkerstr. 36. im Laufe deS Vormittags Haussuchung gehalten wurde, und auch hier fand man einen Teil im Druck vor. Alles Material wurde beschlagnahmt. Auch diese Druckerei gibt nicht den Namen des Auftraggebers an. Die Papiere stnd in festver- schlossenen Koffern zur Polizei gebracht. Der Hofbuchdruckerei- besitzer Müller jun. erklärt, daß nach seiner Meinung nur die Entente dieses Geld beschlagnahmen könnte, da sie der West- russischen Regierung keine Unterstützung verleiht. Jetzt ist man eifrig bemüht, den Auftraggeber zu ermitteln. Wie wir nachträglich noch erfahren, bat die Potsdamer Staatsanwalt- schaft an der Hand der Rechtsprechung festgestellt, daß die Beschlagnahnre nicht aufrechterhalten werden kann. Sie wurde deshalb aufgehoben. Ein politisches Attentat. Am DomterStag abend wurden die Einwohner der Rödelstraße in Leipzig -Schleußig durch eine heftige Detonation erschreckt. Im Treppenhaus deS Grundstückes Rödelstr. 1 war eine Bombe zur Explosion gebracht worden. Der Anschlag galt, wie die Kriminalpolizei mit Bestimmtheit annimmt, dem Stadt' ingenieur und Leiter der Leipziger technischen R o t h i l f e, S ch w a r tz, der im 2. Stockwerk deS genannten Hause» wohnt. Die Wirkung der zur Entzündung gebrachten Sprengung war außerordentlich stark. Es macht den Eindruck, als ob eine Granate durch das Dach gegangen und an der Tür des In- genieurZ Schwaitz zur Explosion gekommen sei. Der Familie deS In- genieurS Schwartz, der im Moment der Explosion nicht in der Woh- nung war, hat das Attentat nicht geschadet, doch erlitten eine Anzahl Personen infolge der heftigen Detonationen einen Rervenchok. Tie Nachforschungen nach den Tätern sind im vollen Gange.

Ein weg aus öer Koblennot. Die Wurzel all der vielen Hebel, an denen heute unser Wirt- schaftSlcben krankt, ist de? Mangel cm Kohle. Keine einzige In- dustrie wird in Deutschland eine erfolgreiche Tätigkeit aufnehmen ! können, solange die Kohlennot andauern wird. Auch viel Krank- ! heitserscheinuugeu am Volkskörper gehen letzten Endes darauf zu- ' rück. Wir sind also genötigt, unser Augenmerk auf unsere Kohlen- zecten zu richten, um herauszufinden, weshalb nicht genug Kohle gefördert wird. Warum werden in letzter Zeit nicht genug neue Kohlinstlder erschlossen, di? alten nicht wirtschaftlich genug auSge-utzt? Zu- nächst muß festgestellt werden, daß in Teutschlands Gebiet noch für Jahrtausende genug Kohle vorhanden ist. ES muß nur endlich die Aufschließung der Kohlenfelder energisch in die Hand genommen werden. Aber das ist zurzeit nicht möglich, weil in früheren Jahren und insbesondere in den letzten Kricgsjahren fast alle erreichbaren Äohlcnselder durch Mutun- gen belegt wurden und seitens der Bergbehörden als Bergwerke verliehen worden sind. An Kosten entstehen dem glücklichen Berg- ' Besitzet außer den geringfügigen Kosten der Bohrungen ganze IwO Mark Stempelkostcn. Und der auf so billige Weise zum Bergwerks- besitzer gewordene Unternehmer denkt nun heute gar nicht daran, daß ihm aus dem Besitz außer den vielen Rechten auch Pflichten erwachsen, trotzdem in der Verfassung deS Deutschen Reiches fest­gesetzt ist:Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das gemeine Beste." Unter stillschweigender Dul- dung der Behörden werden die verliehenen Bergwerke nicht in Betrieb gesetzt, sondern weiden von Hand zu Hand vsr- handelt und dienen so nur der Spekulation. Denn da der Preis der Kohle in dauerndem Steigen begriffen ist, so ist der Handel mit solchen Bergwerken, die nicht betrieben zu werden brauchen, außerordentlich vorteilhaft. Wir müssen nun noch feststellen, in welchem Umfange solche Kohlen felder verliehen worden sind. Für Steinkohle ist seit meh- raren Jahren schon eine Mutungssperre für den Staat gesetzlich festgelegt Eine um so größere Regsamkeit hat aber gerade in den letzten Kriegsjahren die Spekulation aus dem Gebiet« des Braun­kohlenbergbaues entwickelt, und die Behörden haben Braun- kohlenbergwerke in einem solchen Umfange verliehen, daß man heute den verliehenen, aber nicht in Betrieb gebrachten Besitz an Braun- kohlenjeldern auf etwa 3000 Quadratkilometer schätzen kann. ES stellt sich also nun heraus, daß eS ein Fehler der Bchör- den war, Bergwerk-besitz in einem solch ungeheuerlichen Umfange zu verleihen, trotzdem cm di« Inbetriebsetzung dieser verliehenen Felder nicht zu denken war. Aber immerhin ist es noch nicht zu spät, wenn nun endlich seitens der in Betracht kommenden Be- Hörden in der richtigen und gesetzlich vorgeschriebenen Weise ein- gegriffen wird. Die Möglichkeit des Eingreifens beruht auf dem Allgemeinen Berggesetz vom 24. Juni 1866, in welchem die Pflicht, ein verliehenes Bergwerk zu betreiben, ausdrücklich festgelegt ist; alS Zwangsmaßnahme ist in diesem Gesetz insbesondere die Eni- ziehung deS Bergwerkseigentums für diejenigen Bergwerksbesitzer vorgesehen, die der an sie ergangenen Aufsorde- rung zur Inbetriebsetzung der verliehenen Bergwerke nicht nach- kommen. Bisher ist von diesen im Allgemeinen Berggesetz enthaltenen Vorschriften noch in keinem einzigen Falle Gebrauch g e ma ch t worden, und so ist eS klar, daß sich mit jedem verlorenen Tage die Notlage der Allgemeinheit steigert. Damit nun aber--uch die Allgemeinheit einen Nutzen von dem so freigemachten Berg- Werksbesitz hat, muß der Staat die Felder schleunigst zum Abbau bringen. Hierbei wird es dann zweckmäßig sein, in jedem ein- zelnen Falle eine solche Art de? Abbaues der Felder zu wählen, daß die heute schon bestehenden Schwierigkeiten deS Transportes auf der Bahn und all die anderen vielen Mißstände vermieden Iverdcn. Das ist aber gerade im, Braunkohlenbergbau möglich, Ivenn die Sache am richtigen Ende angefangen wird. Dlpl.-Jng. 33. M e tz.

Ceiknahme am Religionsunterricht, In einem an das ReichSmirnstcrium de§ Innern gerichteten Schreiben hat derNcichsbund entschiedener Schul- reformer unter den akademisch gebildeten Lehrern und Lehre- rinnen an deutschen Schulen" Protest erhoben gegen eine Stelle in dem Erlaß des Preußiscken Kultusministers vom 22. August, die.wie folgt lautet: Die Befreiung vom Religionsunterricht findet zu Be- ginn des Schuihalvjahves für das Halbjahr statt." Es wird diese Bestimmung als unvereinbar mit der Reichs- verfassuno bezeichnet und verlangt, daß die bei Aufnahme der Kinder in di? Schule abgegeben� Erklärung über die Teilnahme am RclicionSunlerrickt Geltung behalten soll, bis sie von den Eltern ' zurückgezogen wird. Durch den inzwischen ergangenen Erlaß de? KultuSwtni- st e r s vom IS Oktober sind die über den Sinn und die Absicht ! obiger Stelle obwaltenden Mißverständnisse behoben worden. Da- nach soll derjenige, der einmal vom Religionsunterricht befreit ist, selbstverständlicb dauernd befreit bleiben. Der Schüler soll nur nicht das Recht haben, nach Belieben einmal von der Rel,- gicmsstunde fortzubleiben und dann w-eder zu erscheinen; wer ein- mal am Religionsunterricht teilnimmt, soU solange teilzunehmen verpflichtet sein bis die Befieiung ordnungsmäßig auf Grund eines i Gesuches ausgesprochen ist. Diese Gesuche sind tunlichst zu B e. !ginn dez Halbjahres einzureichen, damit nicht irgendein Vorkommnis während des Unterrichts zur Einreichung des Befrei- ungSgefuchs Veranlassung gibt. Es darf noch hinzugefügt werden, daß nach dcx einmütigen Stellungnahme der Vertreter der Landes- regierungen auf der vor kurzem abgehaltenen Vorbesprechung zur Reichs schulkonferenz die Willenserklärung über die Teil- nähme am Religionsunterricht so einfach als möglich er- folgen soll. DaS Reichsministerium des Innern hat sich ein Ein- schreiten für den Fall vorbehalten, daß dies« Erklärung irgend- wo erschwert werden sollte. Di«,Kreuzzeitung " und derReichsbote" haben kürzlich ver- sucht, in der Frage der Teilnahm« am Religionsunterricht einen Gegensatz zwischen dem Unterstaatssekretär Sch u l z und der Vorbesprechung zur R e i chZ sch u l k o n f e r e n z zu konstruieren. UnterstaatSftkretär Schulz hatte am 17. Ottober aus Anlaß einer kurzen Anfrage in der Nationalversainnrlung gesagt: ES ist der Reichsregierung bekannt, daß die Parieieu bei Vereinbarung deS Wortlauts des Art. 149 Abs. 2 zum Ausdruck bringen wollten, daß der Wille des BestimmungSberechtigten, das Kind soll« am Religionsunterricht teilnehmen, ausdrücklich erklärt werden müsse." Tie.Reichsschulkonferenz" soll nun, so behaupten obige Blätter, gegen den Unterstaatssekretär Schulz dahin entschieden haben,daß «S keines ausdrücklichen Antrages der Eltern bedarf, um den Kin- dern den Religionsunterricht zu erhalten." ES handelt sich ledig- lich um die oben schon erwähnte Vorbesprechung der Vertre- ter der Landesregierungen und der drei größten Gemeindeverbände für die ReichZschuIkonserenz, die vom 20. bis 22. Oktober im ReichSministerium stattgefunden hat. Auf dieser Vorbe- sprechung, die in der.Hauptsache einer Klärung der strittigen Fragen diente, sind ihrem Charakter gemäß Beschlüsse überhaupt nicht gc- faßt worden. Zur Frage der Teilnahme am Religionsunterricht er- klärte Unterstaatssekretär Schulz, nach den Weimarer Ver- Handlungen sei der Sinn der VerfassungSbesnmmung aller- dingS der. daß der Wille der Bestimmungsberechtigten, das Kind solle am Religionsunterricht teilnehmen, ausdrücklich erklärt werden müsse. Daran sich anschließende Erörterungen, wie dies« Willenserklä- rung ani einfachsten und zweckmäßigsten zu gestalten sei, führten zu einer Verständigung dahin, daß die Willenserklärung nur bei Nichtteilnahme am Religionsunterricht abgegeben zu werden brauche, allerdings unter der Voraussetzung, daß sie so einfach und formlos wie möglich erfolgen könne und keinerlei er- schwerende Bedingungen daran geknüpft werden dürften. Von einer Entscheidung der Vorbesprechung gegen Unterstaatssekretär Schulz kann also gar keine Rede sein.

Der Diplomat. Bon Paul Gutmann. vor mehreren Tagen hatte ich einen seltsamen Besuch. Ein Mann in den Fünfzigern von dem Aussehen eineS vom Schicksal zerzausten, mit Undank belohnten Propheten kam aufgeregt in mein Zimmer und erklärte, daß er mich dringend zu sprechen wünsche. Er halte stch nicht einmal die Zeit genommen, seinen Mantel, einen etwas abgetragenen Regenkragen, draußen abzulegen. Er stellte sich vor: Professor Wolkenflug von der früheren deutschen Univerfilät in K. Mit der Liebenswürdigkeit de« Oesterreichers entschuldigt« er sich vielmals wegen seines unangemeldeten Besuches und be- dauerte, meine Geduld in Anspruch nehmen zu müssen. Aber die Angelegenheit müsse endlich einmal aufgehellt werden. Er könne nicht länger schweigen. In dieser Zeit allgemeiner Eni- hüllungen müsse auch er sein Scherflein zur Aufdeckung der Wahrheit beitragen. Kurz und gut, er behauptete und ich fühlte wie die Erregung ihn schüttelte einer der Anläße zum Ausbruch des Weltkrieges gewesen zu sein. Ich blickte entsetzt in seine Pupillen, die jedoch nichts Auffallendes hatten. Auf jeden Fall setzte ich mich so, daß ich mit einem leichten Sprung die Tür gewinnen konnte. Er bemerkte schon meine Unruhe und lächelte: .Fürchten Sie nicht?/ sagte er.»Außer einer mehrmaligen Nikotinvergiftung hat mir noch nie etwa? gefehlt. Betrachten wir also die Sache ordnungsgemäß und chronologisch." Die Erwähnung der Nilotinvergiftung bewog mich, ihm eine Zigarre anzubieten, die er mit vielem Dank annahm. Nach meiner Kenntnis der in Betracht kommenden Persönlich- leiten halte ich 91, für einen der hauptsächlichsten Anstifter des Welt- kriegeS." Er nannte einen Namen von internationalem Klang, was meine Neugier aufs höchste anstachelte. Sollte mir das Schicksat «ine jener Nachrichten in den Schoß geworfen haben, die einem Journalisten Wellruf verschaffen? Er aber fuhr fort: .Sie glauben gar nicht, wie verschlungen die Wege der Vor- sehung mitunter sind. N. und ich, wir studierten vor dreißig Jahren zusammen in Wien . Er stammte ans doch ich bitte Sie wegen der Möglichkeit politischer Verwicklungen mit der Angabe seines Namens und seiner Heimat zu warten, bis die Lage Europas sich einigermaßen geklärt hat. Er war einer der größten Jntri' ganten, die ich je gekonnt habe, aber ich verkehrte mit ihm, weil ich den Durchschnitt hasse und weil ich gern den Berater meiner Altersgenossen abgab. Ich und kein anderer hat seine diplomatische Laufbahn und damit daS Verhängnis Europas auf dem Gewissen". Er holte erschöpft Atem und strich mehrmals mit der Hand über die vor Erregung feuchte Stirn. Dann fuhr er fort: »N. intrigierte aus Prinzip, aus Leidenschaft. Damals, al« ich ihn noch wenig kannte, veranlaßt« ich ihn. in meiner friedlichen Pension zu Mittag zu essen. Drei Tage noch seinem Erscheinen

lagen sich alle in den Haaren. Er hatte eine rätselhaste Methode, durch wenige, scheinbar unverfängliche Bemerkungen einen gegen den anderen aukzuhetzen. Er selbst verhielt sich dabei neutral und galt als Muster von Korrektheit und guter Sitte. Seiner an- geborenen Bosheit tat es wohl, das Schlechteste aus dem Menschen hervorzubolen. Wenn ihm das gelungen war, lang­weilte ihn sein Opfer und er ging zu neuen Taten über. Deshalb blieb er auch bei keiner Zimmrrvermieterin länger als vier Wochen. Irgendeine listig eingefädelte Intrige führte stets den Bruch herbei. Nur bei einer gelang es ihm nicht, bei Frau Woprfchalek. Wenn ich sage, sie war ein Lamm, so stellen Sie sich im Vergleich zu ihr ein reißendes Tier vor. Sie war kein Mensch, sondern ein Engel. Er versuchte durch allerlei kleine Nadelstiche sie in Harnisch zu bringen. ES half nichts. Sie war tugendhaft. Er führte ein gotteslästerliches Leben. Sie war fromm. Er entfernte die Heiligenbilder aus seinem Zimmer und hängte dafür Darstellungen nackter Weiber auf. Sie aber blickte voll Ver- trauen zum Himmel und lächelte mit überirdischer Milde. Alle Mühe schien vergeblich. Da kam ihm ein rettender Einfall und bewog ihn, seinen letzten Trumpf auszuspielen. Eines Morgens erklärte er der Frau, er könne keine Nacht schlafen, das Ungeziefer lasse ihm keine Ruhe. Sie antwortete mit rührendem Gleichmut. daß in ihrer Wohnung kaum je eine Fliege sich aufgehalten hätte, geschweige denn, was sie sich gar nicht auszusprechen gettaue. und daß sie einen Gulden für jeden nachweisbaren Tatbestand zahle. Er ließ sich nicht beirren. Am selben Nachmittag besuchte er einen Maler, mit dem er öfter zusammenkam. Ob er ihm etwa« pumpen wolle? Der Maler hielt eS für einen schlechten Scherz, daß man stch an ihn wandte, da er doch die ganze Welt anzupumpen pflegte- Mein Freund antwortete:»Ich brauche kein Geld, sondern eine Wanze". Zuerst war der Maler wütend, weil er glaubte, man wolle ihn verhöhnen. Als er aber sah, daß es meinem Freund ernst da. mit war, stand er ihm. zu Diensten. Nach kurzem Suchen brachte er daS Gewünschte. N. spießte das Tier auf eine Nadel und trug eS frohlockend nach HauS. Dort steckte er die Nadel in sein Bett und rief entrüstet nach seiner Wirtin, der er daS noch zappelnde Tier triumphierend zeigte. Er weidete sich an ihrer Ver- zweiflung und wies bei allen ihren Beteuerungen, daß sie die sauberste Frau von der Welt sei» wortlos» mit höhnender Gebärde, auf die Wanze." Der Professor stockte.»WaS hat das mit dem Krieg zu tun werden Sie fragen. Ich war es, der ihm damals den Rat gab' Diplomat zu werden. Ich hielt Bosheit. Verstellung. Lust am Ränke'piel für die Grundlagen diese« Berufs. Mein« falsche Men« talität war schuld daran. Di« Krankheit de« Jahrhunderts hatte mich angesteckt, verstehen Sie jetzt? Begreifen Sie. wer die Wanze Europa WS Bett gelegt hat?" Der Professor erhob sich in furcktbarer Erregung. Ich drückte lange auf den Knopi der eleltrische» Klingel, bis da« Dienstmädchen ins Zimmer eilte. Er lächelte mit höhnischem Grinsen und sagte:

»Sie sind auch so ein erbärmlicher Feigling, der nicht den Mut zur Wahrheit hat. Aus kleinsten Anlässen entstehen oft die größten Dinge. Ich hätte ihn Arzt werden lassen sollen, wie er eS vor­hatte, dann wären zehn, vielleicht hundert Menschen durch ihn draufgegangen. So hat er Europa zugrunde gerichtet. Ein falscher Rat, eine schlechte Tat. Shakespeare rettete sich bekanntlich aus einer verbrecherischen Veranlagung in die Poesie. Bedenken Sie die Folgen, wenn er Polinker geworden wäre, wofür ihn einige bodenlose Dummköpfe ausgeben möchten. Jetzt suche ich mein Unrecht wieder gut zu machen. Ich erziehe Verbrecher zu Film- dramatikern." Er stülpte seinen Hut auf den Kopf und verließ ohne ein Dort deS Gruße» mein Zimmer._ Reue Werke von Fritz Mauthner . Von Fvitz Merutbner. dessen 70. Geburtstag am 22. November gefeiert wird, wird demnächst im Verlage bez Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart ein neues drei- bändiges Werk:Die Geschichte des Atheismus im Abendlande" erscheinen, in gewissem Smne ein Gegenstück zu seinerKritik der Sprache", da? mit umfassendem Weitblick die Entwicklung des GotteSgtoubenS vom Ausgang de? Altertums bis zur Gegemvart bebandelt. Ein bisher unbekanntes Werk von Mauthner mi: dem Titel:Narr und König" wird auch die sechs- bändige Ausgabe senrorAusgewählten Schriften" ein- halten, die zu seinem Geburtstag im gleichen Verlage erscheint. In dieser Auswahl wird ein Ueberblick über das außerordentlich viel- seftigs Lebenswerk des Dichters Mauthner gegeben. Ter Dichter Laurent T-ilhadc» der zu der Ansicht schwor, daß Kunst nur für die Kunst schaffe, und der ein namhafter Form- künstlet war, ist, 00 Jahr« alt, rn Paris gestorben. Sein ausge­prägter Individualismus führte ihn zu anarchistischen Bekennt- nissen. Als in den neunziger Jahren Vaillant sein Attentat in der iranzösiscben Deputierteukammer beging, sagte Tailhade:Was kommt es aus die Opfer an, wen» die Geste schön war, wa» be- deutet der Tod von verschwommenen Mcnschenwesen. wenn durch ihn die Individualität sich bekräftigt Z" Dies Wort stempelte die Art dieses Dichters charakteristisch ab. Er gehörte zu der Dichter- gruppe, die ihr Haupt in Baudelaire gehabt hat. Kunst und Revolutionsfeier. Wie die Frankfurter Voiks- stimme" berichtet, hatte die dortige U. S. P. für ihre Revolutwnö- qcdenkfeier den Künstlern einen Prolog vorgelegt, der vomAuS- ichuß der Künstler und von ihrer Gesamtheit einstimmig abgelehnt wurde weil er keineswegs den berechtigten künstlerischen und ästhetischen Anforderungen entsprach. Unter den Kunstlern be- finden sich auch Anhänger linköradilaler Ideen. »eutscheS Opernhaus. Wegen plötzlicher Heiserkeit de« Herrn Hölzer mutz die anciekündigte Urauiiührung der Lp er.Magdalena oerichoben werden Sonnabend wird dafür»Lärmen» mU Maialda«alvatmi gegeben. Kunstchronlt.«in rulsifcher Abend(drei TinaNer vm AP. Tzcheckoff und Awertschent», sowie Lieder von IschoilowSky vnd Grelscha.

Scnnwg. mitlag« Uhr, im Kleiueu Schaulpielhau» eine Tanz-Matkwc mit ueuem Programm.