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(Schluß auö der Abendausgabe.) Bors.: Haben Sie festgestellt, daß die Leute Dum�Dum-Geschosse bei fi-b batten? A n g e k l.: ES war unzweifelhaft L-Munition mit abgeknipster Spitze. M a r l o h schildert dann weiter seine Lage gegenüber den Ge- sangene»: Ich halte bereits 150 Gefangene und mußte vorstchtig fein. Ich telephonierte deshalb gegen 11 llhr an die dritte Streif« kompagnie und bat um Hilfe. Um 11,30 Uhr etwa kam Leutnant Schröter, der mir extra folgenden Befehl überbrachte:»Mit Schlappheit und Weichherzigleit kann man hier nichts machen. Ich soll energisch durchgreifen." Vors.: In wessen Austrag sagte das Leutnant Schröter? A n g e k I.: Im Auftrag des Oberst Reinhard. Der Be« fehl ließ miw so klug wie zuvor. Ich stand mit meinen 50 Mann einer vielfachen Uebermacht gegenüber. Ich war damals über- zeugt, daß die Matrose« als Verbrecher anzusprechen seien. Da die Gefangenen unruhig waren, gab ich zwei Besehle: Es wird kein Wort gesprochen. Es darf keine Bewegung gemacht werden. Es wäre leicht ge- Wesen, uns zu überwältigen. Dann bekam ick außerdem noch Meldungen, daß sich Leute auf der Straße ansammelten, die eine feindliche Haltung annahmen. Vors.: Wer brachte Ihnen die Meldung? A n g e k l.: Ein Offizier der Telegraphen- truppe. Marloh   schildert dann weiter, daß nach 11 Uhr Verstärkungen eintrafen, die ihn unterstützten. Vors.: Haben Sie bemerkt, daß die Matrosen zusammensprachen und unruhig wurden? Angekl.: Trotz meiner Befehle babe ich noch sprechen gehört. Vors.: In einer Menge, die drei Stunden auf einem Platz steht, muß doch schließlich Bewegung hineinkommen. Oberleutnant Marloh   erläutert dann in ausführlicher Weise, weshalb er «ine Musterung der Matrose« vorgenommen habe. Er erklärt:»Ich musterte diejenigen aus, die intelligent aussahen und infolgedessen eine Meuterei in die Wege leiten konnten." Vors.:.Hoben Sie nicht bedacht, daß inancker Arbeiter heute mehr verdient als ein Professor? Erklären Sie. wie Sie die Leute absonderten." Angekl.:In der Dunkel- kammer befanden sich etwa 13 Personen, etwa 80 befanden sich in einem Zimmer, das nach dem Hofe hinaus log." Vors.:Hatten Sie bei der Musterung schon etwas Bestimmtes vor?" Angekl.: Nein, ich wollte lediglich die Ausgemusterten nach Moabit   bringen. Dann kam Leutnant W e h m e y e r zu mir. Er sagte: Sie sollen löv Mann erschießen". V o r f.:.Sie haben früher den Befehl Wehmehers genauer präzisiert." Angekl.:Jawohl, Wehmeyer, der mein Vetter ist. sagte, Du sollst erichleßen, soviel Du kannst; ich sollte 150 Mann erschießen. Das machte mir zur traurigen Pflicht, viele Menschen zu erschießen, widrigenfalls ich mich schweren Un« gehorsamS   im Felde schuldig gemacht hätte." Vors.:.Was haben Sie denn zu W-Hmeyer gesagt?" Angekl.:Ich war seelisch tief erschüttert und habe irgend etwas gesagt." Vors.:.Sie solle» zu Wehmeyer gesagt haben:Was, 150 Mann erschießen? Du bist wohl verrückt." Angekl.:.Das ist wohl möglich. Ich mußte also nun Erschießungen vornehmen. Eine Verhandlung an Ort und Stelle war unmöglich. Ich hätte losen können, aber 150 Mann erschießen, das war zu viel. Ich wollte nur 30 Mann nehmen. So entschloß ich mich, unter den 80 Abgesonderten zu wählen. Vors.:Nun kam doch Hauptmann Gentner?" Angekl.: Jawohl, Hauptmann Gentner kam zu uns und erklärte, unter den Gefangenen seien 80 Leute der Reichsbankbciatzung. für die er bürge. Ich sagte mir, Hauptmann Gentner könne doch unmöglich wissen, wer von den Leuten unschuldig war. Vors.: Wieviel Mann haben Sie nun zusammen mit Hauptmann Geniner auSge- sucht? Angekl.: Etwa 50. Es blieben also 30 Mann übrig. Ich ließ 13 Leute aus der Dunkelkammer herüberbringen, die mir als die allerfchlechtesten erschienen. Ich rief nun den rest- lichen 30 Mann zu. ob sich jemand von der Reichsbankbesatzung darunter befinde. V o r ß: Der erschossene Kuntze hat doch aber zu der Reichsbankkoinpagnie gehört und ist erschossen worden. Angekl.: Das bedauere ich. Dann hat der Mann nicht meinen Ruf gehört. Vors.: Gentner hat doch zu Ihnen gesagt: Es ist gut. daß ich zur rechten Zeit ge- kommen bin, um die Erschießung zu verhindern. Sie, Angeklagter. sollen gesagt haben: Es ist schade Herr Hauptmann, daß «le gekommen sind, sonst hätte ich die Schweinehunde alle erschieße« lassen. Hauptmann Gentner hatte am Tage zuvor noch die Reichs- bankbesatzung entwaffnet und von der Direktion eine Prämie erhalten. Angekl.: Das wußte ich nicht. Uebrigens konnte G-ntner auch nicht wissen, was die Leute in den Freistunden machten. Vors.: Gentner begrüßte doch einen davon, Lieh- n er. gab ihm die Hand und sagte: Gott sei dank, daß Sie noch leben und daß ich Ihnen helfen konnte." Angekl.: Ich bat Hauptmann Gentner, Leßner auszusondern. Vors.: Hauptmann Genlner bat sodann, die Leute frei zu laffen. Sie haben aber geantwortet. Sie haben gebundene Befehle. Zu den Erschießungen selbst erklärt der Angekl.: Ich fragte Offizierstellvertreter Penther, ob er die Erschießungen ausführen wollte. Ich tonnte dazu keinen O'fizier, sondern nur einen erfahrenen alten Soldaten gebrauchen. Vors.: Wußten Sie, daß Penther am Tage vorher von Spar- t a k i st e n ergriffen, an einen Laternenpfahl gebunden und miß» bandelt worden war? Angekl.: Nein, das erfuhr ich erst später. Ich sagte Penther, er solle 15 Mann nehmen und die Erschießungen ausführen. Ich als Führer mußte bei den Gefangenen bleiben. Vors.: Haben Sie aus dem Fenster nach dem Hof zu hinuniergerufen: .Wollen Sie nun diesen Befehl ausführen oder nicht?" Angekl.: Nein, ich paßte auf die Gefangenen auf, bis die ersten salven fielen. Vors.: Haben Sie das Jammern der Leute gehört? Angekl.: Ja. ich halte den Be- ichl zu den Erfchteßungen nicht bekanntgegeben, um nicht unmenschlich zu sein. Nach den ersten Salven ertönte furcht- b a r e s G e s ch r e i. Vors.: Und nach den Salven kam S ch n e l l fe u e�r? Angekl.: Etwa zwei bis drei Minuten. V ors.: Sie haben also dann über die Vorgänge einen Be- richt autgesetzt? Marloh  : Den ersten Bericht habe ich zu- samme» mit dem Staatsanwalt Zumbroich abgefaßt, der mir ,n kameradschaftlicher Weis« half. Der Bericht enthielt die volle Wahrheit. Er umfaßte eine bis anderthalb eng mit Maschinen- schrift g-ichriebene Seiten. Vors.: Wo ist der Bericht ge- blieben? Angekl.: Ich hah« ihn an meine vorgesetzte Stelle abgeliefert.. Wenn ich nicht irre, habe ich ihn Oberleutnant von Messel   gegeben. Wo er geblieben ist, weiß ich nicht. Vors.:«le haben noch einen zweiten Berich! gemacht? An- geklagter: Mitte März bat mir Oberleutnant v. Kessel er- klärt, da« ,m Swatsintercffe a«S memem�ersten Bericht der Hin- wer» auf die Befehl« meiner Vorgesetzte« wegfallen müßte. Das mutzte ich ,m vaterländischen Interefie auf mich nehmen. Ich sträubte mich erst gegen dieses Ansinnen, gab dann aber nach, und habe dann mit Oberleutnant v. K e n e l den zweiten Bericht gemacht. « Ii- erklärte ich, daß ich die Erschießung aus eigener Entichließung ans Grund des NoSke-ErlasseS vorgenommen habe. V o r s. E» ist also dann noch em dritter Bericht
$ Marloh. angefertigt worden, der sich bei den Akten befindet? Angekl.: Warum weiß ich nicht. Er ist von Staatsanwalt Weißmann im Beisein von Oberst Reinhard und mir angefertigt worden." Vors.:Vor der Unterzeichnung dieses dritten BerichiS sollen Sie eine markante Aeußerung getan haben, die gegenüber dem- Obersten Reinhard, als Ihrem Vor- gesetzten, immerhin auffällig war." Angekl.:Darüber, daß dieser dritte Bericht nicht der Wahrheit entsprach, war ich sehr erregt und habe mich in der Erregung zu der Aeußerung hin« reißen lasten: Es ist eine Gemeinheit, aber ich will es tun!" Im weiteren Verlauf der Vernehmung richtet der Vorsitzende an den Angeklagten die Frage wann und von welcher Seite man an ihn mit der Aufforderung zur Flucht herangetreten sei. Angekl.: Seit Milte Mai drängte Oberleutnant v. Kessel be- ständig zur Flucht. Er erklärte, daß es im vaterländischen Interesse liege, wenn ich durch meiue Flucht eine Verhandlung unmöglich mache, und daß mein Aufenthalt in Berlin  gefährdet sei. Ick weigerte mich entschieden, die Flucht zu ergreifen. Vors.: Dann soll Sie der in derFreiheit" erschienene ArtikelGute Zeit für Mörder" in größte Unruhe versetzt haben? Angekl.: Der Artikel hat mit meiner Fluckt nickt daS geringste zu tun. Ick habe mick vor Altentaten nickt gekürcktet und mich frei in Berlin  bewegt, allerdings mit einem Revolver in der Tasche. Mein Wunsch war es. recht bald eine Verhandlung herbeizuführen und meine Unschuld darzutun. Vors.: Wer hat Sie davon verständigt, daß Sie durch Kriegs- gerichtSrat Meyer in Ihrer Wohnung verhaftet werden sollten?" Angekl.: Ich möchte den Namen dieses Herrn, der mit der Sacke-wenig zu tun hat, nickt nennen, aber ick möchte darauf hin- weisen, daß ich verschiedenen Personen gegenüber immerfort ge- äußert habe, nicht entfliehen zu wollen. Oberleutnant v. Kessel redete mir dauernd zur Flucht z«, und beeinflußte auch in dieser Hinsicht seinen Onkel, den Pfarrer Rump. Ich hübe in jener Zeit die schwersten Stunden meines LebcnS durchgemacht und bin dann endlich am 2. Juni gegen meine Ueberzeugung entflohen. Oberleutnant v. Kessel bat mir LegitimationSpapicre und 5000 Mark übergeben. Auf Befragen des Vorsitzenden erklärt Marloh  , daß er der Ueberzeugung gewesen sei, daß diese Legiiimationspapiere mit Wissen der Regierung ausgestellt worden seien, und daß er sich deshalb nicht bewußt gewesen sei, durch ihre Verwendung sich einer Urkundenfälschung schuldig gemacht zu haben. Er bestreitet auch unerlaubte Entfernung und be- hauptet, daß er von Oberleutnant v. Kessel beurlaubt worden sei. Vors.: Halten Sie noch heute die Erschießung derMatrosen objektiv für gerechtfertigt? Mar- loh: Es tut mir leid, daß unter den Erschossenen sich auch Unschuldige befunden habe«. Für schuldig halte ich die Leute, die mit der Waffe in der Hand angetroffen wurden, die sich widersetzt oder der P l   ü n d e r u n g schuldig gemacht hatten. Eine Vernehmung an Ort und Stelle war ganz unmöglich. Ich fühle mich vollständig gedeckt durch den Befehl des Obersten Reinhard, nach dem ich 150 Mann erschießen sollte. Bis zu dem Augenblick. wo Leutnant Wehmeyer mir dieien Be'ehl überbrachte, habe ich gar nickt daran gedacht, jemand erschießen zu lassen. Auf Borhalten des Vorsitzenden erklärt Mailoh. er habe nichts davon gewußt, daß die Matrosen zur Löhnung beordert worden waren. Die medizinische» Sachverständige« verneinen im wesentlichen, daß der Angeklagte eine abnorme geistige Störung aufweise und demgemäß der§51 bei ihm vorliege, jedoch sei er ein erregbarer Mensch, bei dem berücksichtigt»oerden müsse, daß er infolge seiner schweren Verletzungen nicht mit der gleichen Ruhe und mit demselben Grade der Ueberlegung wie ein anderer handeln könne. ES folgen die Zeugenvernehmungen. Der ehemalige Personalchef d:r V.-M.-D., Karl HalweS, sucht den Nachweis zu führen, daß die erschossenen Zahlmeister nicht nur daS Reckt hatten, Waffen zu tragen, sondern geradezu gezwungen waren, ihren Leuten nicht ohne Waffe gegenüberzulreten. Bis zum 5. Mär, habe sich die V.-M.-D. nicht offiziell am Kampf gegen die Regierung beteiligt. Bielmehr habe jeder Angehörige einenVerpflichtungsschein" unterzeichnen müssen, laut welchem jeder Mann entlassen war, der gegen die Regierung kämpfte. Der Zeuge habe Klawunde vorzustellen versucht, daß man die V.-M.-D. ordnungsmäßig löhnen u«d entlasten müßte, um sie nicht den Kommunisien in die Arme zu treiben. Klawunde habe jedoch ab- gewehrt mit den Worten:Ach lassen Sie das doch, die Leute sind doch alle Spartakisten." Der Kommandant der R.-S.-W., Müller, hatte nur Genehmigung, die Löhnung bis zum 7. aus- zuzahlen. Die Besatzung der Reichsbank verlangte aber weitere Löhnung und eine lOtägige Kündigungssrist. Ich sagte den Manschaften telephonisch:Kommt zum Löhnungsappell in die Französiiche Straße." Vors.:War das nickt ein Spiel mit dem Feuer, nachdem die Division aufgelöst war?" Zeuge:Ich habe jedem geraten, keine Waffen zu tragen. Aber ich sagte, sie sollten alles Eigentum der V.-M.-D. mitbringen. So kamen auch einige Leute mit Waffe». Am Telegraphenamt sperrten fünf Oifi- ziere die Straße. Ich ging nun um den Häuserblock herum, fand jedoch wieder eine Sperre und kam Nicht durch." Vors.:War das später als 12 Uhr?" Zeuge:Nein. Bato daraus hörte ich scharfes Feuer. Ich fragte einen Freiwilligen, ivaS los sei. Der Mann sagte mir: Um 12 Uhr erwarten wir einen Fliegerangriff auf das Haupttelrgraphenamt. Vors.: War denn der Appell von irgendeiner Dienststelle, zum Beispiel der Kommandantur, genehmigt? Zeuge: Offiziell von der Kommandantur nicht. Aber der Kommandeur Müller arbeitete mit der Kommandantur. Ich war lediglich BefehlSüber- mittler. Vors.: Hat Müller eine militärische Dienststelle von dem Appell benackrichiint? Zeuge(nach einigen Besinnen): Nein. Der ehemalig- Keminandaut der Republ. Soldotenwchr, Müller, berichtet, wie die V. M. D. aufgelöst wurde, nachdem ein- zelne Teile sich als unzuverlässig erwiesen hatten, und daß er mit dem KorpS Lüttwitz   Verhandlungen aufgenommen hatte, um die ordnungsmäßige Entlassung in die Wege zu leiten. Ich ließ den Leuten irritteile>n, daß sie ihre rückständigen Löhnungen am 11. März in der Französischen   Straße abholen könnten. Eine Gefahr sah ich in dickem Appell, der im Zentrum der Stadt unter den Augen der Behörden stattfand, nicht. Ich konnte übrigens auch nicht an- nehmen, daß so viele Menschen dort zusammenkommen würden. Ich habe die Ereignisse am 11. März als den Uebergriff einer«roderen Befehlsstelle angesehen. Vors.: Da Sie dem Korps Lüttwitz unterstanden, hätten Sie die Kommandantur von dem bevorstehen- den Appell brnachrichsizen müssen. Ich stelle fest, daß das nicht geschehen ist und Herr Müller eigenmächtig gehandelt hat. Der Vorfitzende hält dann Müller vor, daß er Waffenscheine für Mitglieder der V. M. D, so für Halwes, unterschrieben habe. Der Zeuge entschuldigt sich damit, daß daS Zahlmeffterpersonal Passierscheine gebraucht habe. Vors.: Es ist damals eben von verschiedenen Stellen übereinander hinweg verfügt worden. Der ehemalige Stadtkommandant Klawunde schildert, wie er nach der Französischen Straße gerufen wurde: Aus dem Flur stan» den die Gefangenen m zwei Gliedern die Treppe hinauf und riefen:
Herr Kommandant, helfe« Sie nutz, wir sollen erschossen werden!" Ich ging dann die Treppe hinauf und stellte mich Oberleutnant Marloh   vor. Er äußerte sich auch: Ich habe Erschießungen vorzunehmen." Ich enigognete erregt, daß er so etwas nicht tun dürfe. Marloh   antwortete, daß es sich um Plünderer und Verbrecher handele. Ich erwiderte ihm jedoch, er müsse in diesem Falle eine ordentliche Gerichtsverhandlung ein- leiten. Darauf wurde inir die Antwort:..Ich handle auf Befehl." Ich Hatto den Eindruck, daß Oberleutnant Marloh   dre Erschießungen auf Befehl vornehmen wollte, und ich hatte das Gssfühl. als ob Marloh   unter einem Zwange handele.' Er war aufgeregt und der Schweiß lief ihm herunter. Ich sagte ihm:Wie können Sie nur schießen lassen?" Darauf ant- wartete er mir:Ein Teil der Leute bat sich zur Wehr gesetzt, ein anderer Teil hat geplündert." Am Abend des 11. März ging ich zum Rrichswehrminister Noske und beantragte Untersuchung wegen des Vorfalles in der Französikchen Straße. Ich verlangt« weiter. daß die Freiwilligeirtruppen zurückgezogen würden. Das versprach auch Noske innerhalb 48 Stunden zu tun. Nach einigen Tagen bat ich den Kriegsgerichtsrat Kurtzig zu mir und ich l> von ihm den Antrag auf Einsetzung einer Untcrsuchtingökommission formu- lieren. Eine Antwort habe ich jedock auf diesen Antrag nicht be- kommen. Der Vorsitzende stellt auS dem Protokoll fest, daß Ober- leutnant Marlob auf den Einwand des damaligen Stadtkoniman- danten, er dürfe keine Erschießungen vornehmen, geantwortet habe: ES herrscht Standrecht!" Zeuge: Jawohl, das ist richtig Rechtsanwalt G rün spach: Sie haben also Noske- am se!b:n Tage von den Ereignissen benachrichtigt? Haben Sie dem Minister auch mitgeteilt, daß Marlob Ihnen gesagt hat. er handle auf Bc- fehl? Haben Sie den Eirtdruck gehabt, daß Noske von den Er- schießungcn schon wußte? Schließlich muß es auch auf einen Menschen Eindruck machen, wenn er hört, daß mitten in der Stadt soviel Leute erschossen worden sind? Zeuge: Noske bot auf mich nicht den Eindruck gemacht, daß er etwas wußte. Rechtsanwalt Grünspach: Haben Sie den Bescheid bekommen, daß eine UntersuchungSkomm'ssion eingesetzt ist? Zeuge: Rein. Donnerstag Wciterverhandlung.
Unabhängiger Parteitag. (Schluß aus der Abendausgabe.) In der Debatte über Taktik und Programm führte Tif- inann- Frankfurt a. M. aus: Man könne nicht warten, bis der letzte Proletarier über die Ziele des revolutionären Sozialismus aufgeklärt sei, sondern wenn der Augenblick gekommen sei, dann ran, ohne Rücksicht auf die Macht.(Beifall.) Der Redner pole- m-isierte dann gegen die Tätigkeit Cohns im Untersuchungsausschuß. Ein Redner wünscht eine Rätebibel oder einen RätskatcchiSmus! Oskar Cohn   erklärt, er habe gehofft, daß dieser Parteitag die Einigung deL Proletariats bringen werde, aber es sei viel Wasser in den Wein gegossen worden. Wie wolle man auf die Dauer, ohne Stützung auf die Mehrheit in Zukunft sich behaupten? Nur auf dem Wege der Diktatur zu regieren, sei dauernd einer Minderheit unmöglich. Wir würden dann die Diktatur mit all ihren Schreite» wieder erleben, die nur auf dem Wege von Gewalttat zu Gewalt!»«, von Mord zu Mord vorwärts kommen würde.(H u- hu- Rufe.) Der Radner erinnerte dann an das ftirchibare Schauspiel:n Ruß- land, wo zu den Verfolgten der Sowjets heute mich tüchtige Sozia- listen gehörten, die seinerzeit sogar auf ieiten der Zimmerwalder standen und heute gemeuchelt würden. Die Einigung sei ja nicht nötig mft den Führern der Sozialdemokratie, sondern mit den hinter ihnen stehenden Massen.(Beifall.) Falsch ist eS immer, die Sünden der KriegSPolitik hervorzuheben.(Zuruf: Ahal) Unsere Aktion kommt dadurch in Gefahr, zu erstarren. Sünden sind während des Krieges hüben und drüben begangen worden.(Unruhe.) Es gibt auch bei uns Leute, die einmal geschwärmt haben, daß Belgien   preußische Pro- Piltz werde, die ihre Direktiven nicht bloß von Noske, sondern so- gar von Generalstabsoffizieren holten. Mancher schwört heute stir die Internationale, der während des Krieges ganz andere nationale Auffassungen hatte.(Sehr wahr!) Was die Angriffe wegen seiner Verhandlungen mit Scheide mann, Noske und sogar Major v. Gilsa   anlange, so könne er nur sagen, daß es keineswegs ein Techtelmechtel gewesen sei. Denn diese endeten zumeist mit einem Kuß. aber er könne versichern, daß er Scheidemann keinen gegeben habe.(Heiterkeit.) Die Verhandlungen haften sich ledig- Uch um den Fall Sklarz gedreht, in den ja leider auch eine Reihe Führer verwickelt seien. Kühne» habe gegen ihn, den Redner, die Zeichen Worte gebraucht wie Hclfferich. Allerdings sei damals Helfferich auch von den bürgerlichen Zeitungen daraufhin ein leichtfertiger Verleumder" genannt worden.(Unruhe. Hört, hört.) Weiter wolle' er gegen den Genossen Köhnen nichts. sagen, denn dieser sei bei den Kommunisten in der gleichen Berva-iimnis, wie er. Der Redner will lieber auf seinem bisherigen Standpunkt ver- harren.(Zurufe:Bei Scheidennann und Noske!") Cohn(erregtft Hiegen solche Vorwürfe m.ßte ich doch wirklich geschützt sein. Nach meiner ganzen Vergangenheit stehe ich außerhalb des Verdachte.. die polftifche Methode der Scheidemann und Noske für richtig zu halten.(Beifall.) Redner spricht zum Schluß die Ueberzeugung aus, die Partei werde in wenigen Monaten einsehen, daß mft allen vernünftigen und anständigen Mitteln für eine Einigung des Prolc- tariats gewirkt werden müsse. Dr. Hilferding  : Es wäre verhängnisvoll, wenn wir die Meinung aufkommen ließen, daß Republik   und Demokratie, solange nicht die Diktatur erreicht ist. gegen die Reaktion nicht mit den Zähnen und Hörnern verteidigt werden müssen.(Sehr wahr!) Redner wende: sich gegen einen Artikel des Dr. Geher und wirft diesem Gehässig- leiten vor. Ohne daß Personen genannt sind, sind doch die Führer deutlich bezeichnet worden, denen vorgeworfen wird, daß sie hinter dem Rücken der Partei anders. handeln, als sie öffentlich schreibe», und daß sie die Geschäfte der Rechtssozialiste« besorgte». Wenn Geyer meint, daß wir Theoretiker unsere Forschur.gSfreiheit enrschränkcn lassen wurden, so ist er schief gewickelt. Wir virwahren unS da- gegen, daß in der Partei, diese Hetze gegen die Wissenschastler ge- macht wird.(Stürmische Zustimmung.) Geyer scheint sich die Rolle aneignen zu wollen als Wächter der Uneinigkeit des Proletariats. Jetzt ist die Zeit zur Einigung noch nicht ßi- kommen. Ich erwarte sie nicht von Verhandlungen, sondern von einer bestimmten politischen Situation. Diese Situation wird sich, wenn den rechtssozialistischen Arbeitern klar geworden ist, daß ihre Führung verderblich für die proletarisch: Bewegung ist, und wenn sie diesen Führern den gebührenden Fußtritt gegeben haben werden, zeigen.(Stürmischer Beifall.) Die nächsten Wahl«! werden den Zusammenbruch der rechtssozialistischen Politik bringen, s Erneuter Beifall.) Eine Politik, die die Entscheidung auf die nächste Zu- kunfr einstellt, dürfen wir nicht rmtmachen. Wir dürfen das Prole­tariat nicht in die Lage bringen, eine schwere Niederlage zu er- leiden. Ein Aderlaß wie 1871 wäre das schlimmste für die Inter­nationale.(Sehr rickftgl und Unruhe.) Wohin kommen wir. ivenn wir nur einer Richtung hier frei die Meinung äußern lassen Geyer darf nicht das Recht haben, sein« Meinung als die einzig revolutionäre Hinz l stellen und die anderen mit dem Ausschluß zu bedrohen.(Teilweiser stürmischer Beifall.) Fleißner-DreSdcn meint, der Parteitag habe gezeigt, daß die rochtSsozialistischen Hoffnungen und Träume nicht in Erfüllung gehen werden. Kühne«? Cohn hat gegen mich so gesprochen wie«in Rechts- anwalt vor Gericht, wenn er einen Zeugen der Gegenpartei herab- setzt. Es ist etwas anderes, ob man mit den gehetzten und ver­folgten Objekten der bürgerlichen Demokratie zusammenkommt oder mit den Spahn, Eftöber und Scheidemaun verlehrt. Obwohl Cohn gewußt hat, daß Scheidemann in der Schwaig   tu dam Auto deS