t 63 Weiße Zettel wurden abgegeben und 6 Stimmen wa- ren zersplittert. So haben die Klerikalen mit den ministe» riellen und Oppositionsliberalen gestimmt, während Refor» misten. Republikaner und Kriegsbündler weiße Zettel abge- geben haben. Tiese drei Gruppen fordern jetzt die Konstituante, wie sie die Sozialisten fordern, gravitieren also den Sozialisten zu, was in der Tat natürlicher ist als ein. wenn auch nur vor- übergehendes Bündnis mit den Klerikalen. Gleichzeitig wird auf der andern Seite eifrig gearbeitet, um ein Bündnis zwischen allen konstitutionellen Parteien zustande zu bringen. Kommt dies zustande, woran kaum zu zweifeln ist, so wird man die Grundlage des Kabinetts nach den Klerikalen hin erweitern, so daß die Aufgabe der Partei sich darauf beschrän» ken würde, als st a r k e Oppositionspartei die Ne- gi'erung vor sich her zu treiben und im Zaum zu halten. Die großen Vorteile dieser Lage— in einer innerpoliti- scheu und auswärtigen Situationen wie der heutigen— wird gerade die deutsche Sozialdemokratie, die nicht so weich ge- bettet wurde, am besten zu schätzen wissen. Man kann aber sicher sein, daß auch die italienische Partei für ihre Vorteile nicht blind sein wird._ peinliche Erinnerungen. Die drei Wahlkreise(Zlsaß-LothringenS sind in der neuen französischen Kammer durch 24 bürgerlich- reaktionäre Abgeordnete vertreten, während die Sozialisten Heer ausgehen, obgleich sie mehr als zwei Fünftel der Stimmen erhalten hatten. In ihrem berechtigten Aerger über diese Folge eineS un- gerechten Wahlsystems haben sich die französischcir Sozialisten den Spaß geleistet, die einzelnen führenden Männer, die jetzt als die Vertreter des clemencistisch-nationalistischen„Nationalen Blocks" die zurückeroberten Gebiete im Parlament vertreten, auf ihre frühere Gesinnung zu prüfen. Eine ganze Woche lang vor dem feierlichen Empfang der Elsässer im Palais Bourbon wurde in den Stalten der„Humanitö" ziemlich rücksichtslos enthüllt. Alte Reden und Aufsätze aus den Zeiten der„preußischen Sklaverei" wurden wieder auf» gewärmt. Sie bewiesen, daß es den„Sklaven" gar nicht so schlecht im Verbände des Deutschen Reiches zu gehen schien. Nacheinander nahm sich die„Humanitö" die Herren Dr. Pfleger. Dr. Haegy und Wetterlö aufS Korn» Andere werden wohl noch folgen. Die sranzöfifchon Leser dürften in der Tat sehr erbaut sein, wenn sie erfabrcn, wa« einer der Hauptpropagandeure d.?s„Nationalen Blocks", der frühere Reichstagsabgeordnete Dr. Haegy, in seinen im„Elsässer Kurier" erschienenen „Briefen aus dem Reichstag" schrieb. Am 16. März 1916 sagte er, man müsse seinen Blick„auf daS große Ganze" richten. Die Parole heiße: Berdun I Acht Tage später er» mahnt der heutige französische Chauvinist die deutschen Truppen „gute Wache zu halten an den Vogesen , damit die Frau» zosen nicht ins Land kommen". Alte Artikel W c t t e r l S s voll glühender Verehrung für den frommen Kaiser Wilhelm II. und voll Verachtung für die gottlose französische Republik werden auch noch auf» getischt. Als Hauptenthüller wirkt dabei der durchgefallene Eolinarer Sozialist Grumbach, der sich dadurch in die Gefahr b<»gibt, daß die Enthüllte« mit Enthüllunge» kommen. g die SejKon fängt gut an. Der Empfang der e l s ä s s i s ch c n D e P u t i e r t e n in der Eröffnungssitzung der französischen Kammer fing mit rührenden Szenen der Begeisterung an und endete m.t einem Sturm. Nach der Begrüßungsrede durch den Alterspräsidenten , nach der vom Abgeordneten Franpois verlesenen Erklärung und nach der Antwort Clemcneeaus war die Stimmung des reaktionären HausdS sehr gehoben. Als nun der Rechts» sozialist Albert Thomas im Namen seiner Fraktion und der
/ fttue /lrchitekturforöerungen. Der Baukunst unserer Tage ist im Eisenbeton ein neue? Material entstanden, das nicht nur der Technik neue Aufgaben stellt, sondern, richtig angewendet, auch einen architektonischen Stil schaffen mnh, der sich von allen früheren grundsätzlich unterschei» det. DaS Grundproblem der bisherigen Baukunst bestand in dem Ausgleich des Gegensatzes zwischen Stütze und Last, zwischen Tra- gendem und Getragenem. Die griechische Kunst löste das Problem durch Säule und Balken, die gotische durch Pfeiler und Vogen, der Eisenbeton bietet aber ein Material, in dem sich dieser Gegensatz kaum noch geltend macht. Seine Druck» und Zugfestigkeit ist eine so große, daß er mit schlanken Rippen gewaltige Räume überspannt und aus schwachen Bitterstäben kolossale Lasten trägt. Mächtige Niesenkuppeln können auf dünnsten Mauern ruhen. ES ist klar. daß sich auS diesen Eigenschaften deS Materials die Möglichkeit er» (stbt, zu ganz neuen ästhetischen Wirkungen zu gelangen. Von dieser Möglichkeit hatten die Architekten aber bisher keinen Ge» brauch gemacht. Man bemühte-fich, die Eisenbetonkonstruktionen unter dem Mantel historischer Ornamente zu verbergen, und dort, wp man sie klar zutage treten ließ— wie bei reinen Industrie» und Nutzbauten—, verhinderte dürftig praktische Nüchternheit das Zustandekommen eines organischen Gesamtkunstwerkes. Erst neuerdings haben einige moderne Baukünstler den Der» such gemacht, den ästhetischen Wert deS Eisenbetons auszunutzen. Entwürfe von ausschweifend phantastischer Kühnheit kamen zunächst uftande, Gebäude, die die Formen von Tieren und Pflanzen, von tZilzen, Polypen Und Mollusken hatten, wurden mit der Reißfeder und dem Elypsenzirkel geschaffen. An die Ausführbarkeit dieser Projekte dachte man kaum. Aber etwa? wurde durch die utopische Phantasie doch erreicht: Die zünftig« Architektenwelt erkannte, welche Schätze hier zu beben waren. Die Entwürfe und Modelle, die Erich Mendelsohn — leider nur wenige Tag,— bet Eassierer ausgestellt hatte, deuten die stilistischen EntwicklungS» Möglichkeiten nach einer Richtung hin an. Seine Bauten haben die Gestalt von riesigen Werkzeugen, sie sehen aus. als wären sie nicht ans Einzelteilen konstruiert, sondern auS einem Guß geformt. An frühere Baustile finden firü kaum noch Anklänge. Dabei zeigen sie keine Spur von effekthaschender Originalsucht,- sondern eS herrscht überall strengste Sachlichkeit, die aus dem Praktischen schöpft und aus dem konstruktiven Element des neuen Materials die künstlerischen Formen entwickelt. Winn unsere Baukunst auf diesem Wege weiter schreitet, dann wird sie nicht nur für fich zu einem neuen Stil gelangen, sondern eS werden von ihr auch brauchbare Anregungen für das ganze Ge- biet der bildenden Künste ausgehe». J. 8., s,, �/ "• Ellen Key — 70 Jahre. Schweden hat der Literatur der Gegenwart zwei Schriftstellerinnen von hervorragender Bedeutung geschenkt: eine große Dichterin, Selma Lagerlöß und eine große
nicht vertretenen 112 000 elsässischen Arbeiterstimmen eine Erklärung verlesen wollte, entstand nach den Worten„die sozialistischen Verbände" ein ungeheuerer Lärm; Minuten- lang wurde Thomas daran gehindert, seine Lektüre fortzusetzen. Schließlich gelang es ihm, sich Gehör zu verschaffen. Als dann die Plakatierung der drei ersten Reden beantragt wurde und die Sozialisten, dev Geschäftsordnung des Hauses entsprechend, auch Thomas' Rede mitplakatiert haben wollten, ging der S t n r m von neuem los. Der Prinz Murat und Leon Daudet wetteiferten an Grobheit gegen die Sozia- listen. Dem letzteren aber schrie Cachin Ins Gesicht;„Halt den Mund, Mörder I"(Eine Anspielung auf die jahrelange Hetze der Lotion gegen Jaurbs). Die Plakasterung nur der drei ersten Reden wurde natür- lich, entgegen dem Reglement, beschlossen. Beachtenswert ist die Tatsache, daß die in einer Loge an- wesenden Generäle Fach, Pau und Mangin demonstrativ nach den ersten Worten Thomas' aufstanden und so taten, als wollten iie den Saal verlassen. Der preußische Mili- tarismus ist tot. Es lebe' der französische l die Sonöerwünfthe üer Elsässer . Die elsässischen Abi'.eordneten beantragen in der französische» Kammer zur Lösung der Spradensrage die Ziveitprachigteit im Gericht, in der Schule, auf der Post und auf der Effenbahn. Ferner sollen die eliaß« lothringischen Badnrn ibre autonome Verwaltung beibehalten, um nicht in die allgemeine Mißwuischast der französische» Bahnen zu geraten. Die Beschimpfungen der El'ässer als Boches wollen trotz aller Mahnungen und Warnungen durch die französischen Behörden kein Ende nehmen. Am 4. Dezember kam ein Graf de Leusie auS ReichZhofen auf den Babnbof Stratzburg zwecks Abfertigung seines Gepäcks nach Paris . Der Ab-ertigungsbeamie verweigerte die Annabme, weil die Carto do ciroulatioa d«S Reisenden erst vom folgenden Tage an ihre Gültigkeit hatte. Darüber erbittert, bemerkte Graf de Leuste gegenüber dem Abfertigungsbeamten:„Des emplo�ös do ohemin de Ter alsacten sont tous de Boohes lu (Die el'ässischen Eisenbahner find alle Boche«.) Aus die Erwiderung deS Beamten, daß sämtliche Beamte Eltässer seien, ei folgte die prompte Antwort:".Ihr seid alle im Herzen noch preußisch.' In den eliässi chen Eisenbahnerkreisen herrscht über die'eS neue Vor- kommniS die größte Erbiltening. Die elsajj-lothringischen Regimenter kommen ins Innere Frank- reichs, inS Elsaß kommen echte Franzosen. So wird man im Elsaß erkennen, daß der fionzösische Militarismus dem alipreiißischen nichts nachgibt. Bkta cela change, plus o'est la meme chose Bet allem Wechsel dasselbe!)_ die llonöoner verhanülungen. Heber die Ziele derLondonerVerhandlungen, zu denen Clemenceau seine Reise unternommen hat, ist bisher Positives nicht bekannt. Die Blätter sowohl Frankreichs wie Englands und Italiens deuten auch weiter an. daß ein neues politisches Bündnis zwischen diesen drei Staaten im Werden ist. Auf Amerikas Hilfe scheint man wenig zu rechnen. Daneben soll bereits ein englisckpfranzö- sisches Finanzabkommen vorbereitet werden, das Frankreich die nötigsten Kredite für den Wiederaufbau gibt. Inzwischen mehren sich in Frankreich die Stimmen, die darauf hinweisen, daß Frankreich auf em engeres wirtschaftliches Zusammenarbeiten mit Teutschland angewiesen ist. Von verschiedenen Seiten wird dara.ls hingearbeitet, daß Frankreich seine Waren aus Ländern mit schlechter Währung, also insbesondere auch aus Deutschland beziehen soll. Frankreich selbst- leidet sa unter großen Va- lutanöten. Der französische Franken gilt in der Schweiz kaum mehr 50 Centimes. Bedenkt man dabei, daß Frankreich zu den siegreichen Ländern gehört und vor dem Kriege der Geld- geber der ganzen Welt gewesen ist, so wird man verstehen, daß dieses Mißverhältnis im Valutastande für Frankreich verhältnismäßig noch viel ungünstiger ist als für Deutschland .
Pädagogin, Ellen Key . Beide haben bei unk- in Deutschland die höchste Anerkennung gefunden und sind fast zu deutschen Autoren geworden. Ellen Key hat durch ihre Schriften wie durch ihre Vor- träge, die sie bei uns gehalten, auf die Frauenbewegung und die Kindererziehung einen tiefen Einfluß gewonnen, und wenn sie jetzt ihren 70. Geburtstag feiert, so wird man sich dankbar dessen er- innern, was sie für die moderne Kultur geleistet. Die Schrift- stellerin, die über eine glänzende Gabe der Sprache und der Dar- stellung verfügt, zeigt sich überall als dankbare Schülerin deutscher Dichtung. Für die Sechzehnjährige war Goethes. Ttermann und Dorothea' das Ideal, und der Weise von Weimar ist der Leitstern ihre? LebenS geblieben, lieber eine der bedeutendsten Frauen der deutschen Literatur, Rahel Varnhagen , hat sie ein Buch ge- schrieben, und sie ist dieser wahrhaft freien Frauenseele in der Unerschrockenheti ihre? Bekennermutes verwandt. Das LehrbedürfniS und der mütterliche Zug, die sich bereits im Kinde regten, bestimmten die praktische Tätigkeit der Key. Sie nahm leidenschaftlichen Anteil an der damals entstehenden Volks- Hochschulbewegung in Schweden und gründete mit Dr. An- ton Nyström das schwedische Arbeiterinstitut, dessen Organisation sie über das ganze Land verbreitete. 1892 schuf sie die„Gesellschaft der Zwölf", in der sich zwölf Damen zu dem Zweck zusammentaien, um Bildung unter die jungen Arbeiterinnen zu tragen. Hier hat Ellen Key zuerst jene Ideen entwickelt, die später in der ganzen Welt so heilsame Wirkung taten- Schweden ist ja das klassische Land der Frauenbewegung, und besonder? seit den Gesellschafts- dramen kisbsens entstand hier da? moderne Frauenideal, das die Frau in ieder Hinsicht als freie Persönlichkeit dem Manne gleich- stellte. Der„Entwerblichung" der Frau gegenüber, die sich in Schweden durch den Rückgang der Eheschließungen und Geburten äußerte, hat Ellen Key auf den ewigen Beruf und die heiligste Aufgabe des WeibeS hingewiesen, aus die Mutterschaft und Mütter- lichkeit. So wurde sie zur Trägerin einer wohltätigen Reaktion in der Frauenbewegung, und eS ist ihr großes Verdienst, in einer Zeit, in der man nur von den Rechten der Frau svrach, sie auch an ihre Pflichten gegen die Menschheit zu erinnern. Die höchste Auf- gäbe des Weibes steht Ellen Key in der Pflege und Erziehung ihrer Kinder, und deshalb hat sie in ihrem Buch„Das Jahrhundert des KindeS", dessen Titel zu einem Schlagwort wurde, ihre Grundsätze über die Erziehung während der ersten Jahre niedergelegt und ist eingetreten für die vollkommene Eniwicklung aller jugendlichen An- lagen.„Gebt den Kindern daS Recht, ihr perfönlicktes KindeSleben rein zu entfalten im Zusammenleben mit einem Vater und einer Mutter, die selbst ihr persönliches Leben rein entfalten!" Das etwa ist der Grundsatz ihrer ganzen Lebensphilosophi«, die das Recht der Einzelpersönlichkeit mit der harmonischen Entwicklung der Gesellschaf! zu vereinen sucht. Die Volksbüline wagte es. den„Götz von Berlichingen " in einer Vorstellung aufzuführen die dem Dichterwert nichts schul- dig bleiben sollt« und den Text fast ungekürzt brachte. Der Abend .war außerordentlich glücklich. Kayßler war ein Götz von großer Kraft und Innigkeit. Durch ihn wurde auch der Ton der Borstel- limg bestimmt, die alles Rasselnde einer Haupt- und Staatsaktion vermied, um den rein menschlichen ßlcfiakt der Menschlichkeit sprechen zu lassen. Man mußte der Volksbühne zum bedeutenden Lobe anrechnen, daß sie dieses Unternehmen mit Erfolg durchführen
Klerikale gegen Sozialisten. In Italien bestand nach der bisherigen Haltung der Klerikalen die Hoffnung, daß die Sozialisten mit der Volkspartei zusammen in die Regierung gehen würden. Das Zustandekommen dieser Koalition scheint jetzt ernsthaft bedroht. Die Sozialisten sind mit den Klerikalen erbtttert aneinandergeraten und diese traten darauf entgegen ihren früheren Erklärungen unverhohlen für die be» stehende Staats- und Gesellschaftsordnung ein. Die bürgerliche Presse spricht sich dahin aus, daß der Gegensatz zwischen der politischen Auffassung der beiden Gruppen immer unüberbrückbarer werde.. Den sozialistischen Abgeordneten, die zum Studium des Bolschewismus nach Rußland reisen �wollten, wurde die Erlaubnis hierzu verweigert mit der Anregung, eine int er- fraktionelle Studieiikommission damit zu beauftragen. Nachhutkämpfe im Saltikum. Der Rest der.Deuticben Legion" hatte schwere Kämpfe mit lettischen und litauischen Banden zu besteben, bei denen sogar Ar- tillerie eingesetzt werden mußte. Die„Eiserne Division' tämpft mit Marschschwierigkeilen. Klagen über gröbliche Verletzungen dkr Disftptin sind nickt mebr laut geworden. V-nkommnisse. wie sie zuerst beim AbironS- port der baltischen Truppe» sich ereigneten, find nicht gemeldet. �ufjchub öer baltisch-russschen Konferenz. Die Konserenz der Bolschewisten mit den baltischen Staaten in Dorpat wurde verschoben. Finnland läßt mitteilen, daß eS an den Verhandlungen nicht teilgenommen hat. ES begnügte fich damit, einen Journalisten nach Totpat zu entsenden, um über die Besprechungen auf dem lausenden zu sein. Nach englischen Meldungen hat Denikin Kiew wieder- gewonnen und steht vor Cbarkoff. Die britische Regierung erkört amtlich, etwaige» Wünschen der baltischen und ber Randstaaten nach dem Friedensschluß mit Eowjeirußland keine Schwierigkeiten in den Weg zu legen._ Hough gegen die englische Nufilanöpolitik. General G o u g h, der aus seinem Konflikt mit General von der Goltz woblbekanme ehemalige Führer der britischen Militär- Mission im Baltikum und in Finnland , veröffentlichte vor kurzem in der Zeitschrift„Oxford Review' einen Artikel über die eng- lisch« Jnterventiönspolitik in Rußland und über das bolschewistische Regime, der in England ganz außerordentliches Aufsehen erregt hat, und von den Politikern allgemein besprochen wird. In diesem Artikel verurteilt General Gough die von der englischen Regierung Rußland gegenüber angeschlagene Polt. lik aufs schärfste. Er ist der Ansicht, daß die Mehrheit der Russen die Sowjetregierung den reaktionären Generals-Regierungen, die man ihnen aufzwingen möchte, weitaus vorziehe. Daher könne die Intervention in keiner Weise tzerleidigt werden. Die Bolschewisten seien keine„Bande vqn Mördern'. Sie stellten in den Gebieten ihres Machtbereichs die Ordnung wieder her. Die Bolschewiki sind„unsere Feinde", weil wir sie dazu gemacht haben. Seit einem Jahr wünschen sie den Frieden. Die bolschewistische Regierung ist bestrebt, mit' den westlichen Demokratien zu einem Abkommen zu gelangen, und hat mehr al» einmal ihre Abnei- gung Deutschland gegen über.offen bekundet. General Gough schließt seinen Artikel mit dem kennzeichnenden Satz:„An- erkennen wir alle in Rußland de facto bestehenden Regierungen und nehmen wir die Handelsbeziehungen mit allen Teilen Ruß lands wieder auf." Ein verbranntes Diktat. Nack einer Londoner Nachricht sind die Noten, die die Pariser Konferenz am 21. November an die Balkansiaaie» und die Türkei gynchtt> bat. durch einen Brand in dem Posiwaaen, wischen Beigrad nnd Nisch vernichtet worden.— Ein Glück ffir uns, daß der Brand aus alliiertem G.biet erfolgt ist. Sonst bauen wir vielleicht alle Feuer-pritzen auslieiern müssen.
konnte, den» der Götz stellt an den Regisseur und den Schauspieler die größten Anforderungen. �f. H. Hamburger Uraufführungen. Walther Rithack-Stah» hat ein wunderlich philosophisches, überlegen theologisicrcndeS Dia- logwerk geschrieben, dessen erster Teil im strebsamen A l t o n a e r S t a d t t h e a t e r zur Uraufführung gelangte. DaS zwitterhast sonderbare Stück heißt„A h a s v e r". Der Stoff verlangt künst- lerischcn Ernst und kritische Einficht, vor allem stärkste, robuste Un- mittelbarkeit, einen ganzen Dichter, ja vielleicht Phantasie, Instinkt und das ganze Leben eines wirklichen Dichters. Bei allem gezte» menden Eifer, bei aller latenten Wärme für das Objekt, ist Herr Nithack-Stahn ein Dilettant. Er gestaltet weder herkömmlich noA neutönerifch. Dieser Rhetor schreibt nachgeborenes, abgespiegeltes Bildungsdeutsch. Im Hamburger Deutschen Schauspielhaus fand die Uraufführung einer neuen Komödie von Hermann Bahr statt. Sie heißt-„D er Unmensch" und erweckt nicht Wohlgefallen, sondern Lustlosigkeit. Der in Rede stehende Unmensch ist, wie man leicht ahnt, ein wirklicher Mensch. Aber Selbstauflösung zerflattert in Schwänklein und Posen, und der ganze Dreiakter setzt sich aus hohlen Nüssen und tauben Blüten zusammen. Paul E g e r,«in unverwüstlicher Bahr�Spezialist und dezent lächelnder Führer, hatte inszeniert. A. S a k h e i m. Weimar alS SnlturstSttei Durch die Verlegung der Nattonal- Versammlung nach Weimar ist die Stadt vielen näher gerückt wor- den, die nicht zu den exkluirven Kreisen der offiziellen Goethe-, Shakespeare- oder Nietzschcgemeinden gehörten, denen Weimar immer scbon das gelobte Land war. Mancher hat den Segen de? stillen Ortes nun an sich auch erfahren und möchte die Kultureindrücke vertiefen, die sich ihm flüchtig offenbarten. Der beste Zugang zum geistigen Weimar , das dem neuen Teutschland ein Symbol von Dauer sein muß. führt freilich durch unsere klasfische Literatur. Aber wer daneben auch für die Umwelt der Herder. Goethe, Schiller oder auch der Lißzt und Wagner und der zahlreichen anderen Künstler, die im 19. Jahrhundert hier ihren Boden fanden,«indringenderes Interesse hat und bi,3 Werden dieser einzigartigen deutschen Stadt verfolgen und mit ihren histo- rischen Stätten"sich vertraut machen will, dem bietet sich ein mit Liebe und Sorgfalt geschaffenes Buch zum Führer Paul Kühn hatte es für die Städte-Monographien(im Verlag von Klinkhardt u. Biermann in Leipzig ) geschrieben. Nun hat eö HnnS Wahl, der Leiter des Goethe-Nationalnmseums, ergänzt und berichtig ngu herausgegeben. Glü-kltcherweise ist aber der Charakter des Buches gewahrt geblieben: die Andacht und Degeisterung für die große Vergangenheit, das umfassende Detailstudium und der Blick für die größeren Zusammenhänge. Wer freilich Kulturgeschichte �auf dem Untergründe der Wirtschaft und demokratische Kritik der Fürst- lichkeiien sucht, dir wird manches auszusetzen haben. Doch ist der sozialistisch geschult« Leser ja gewöhnt, solche Korrekturen von fich auS vorzunehmen. Eine Anzahl gntgewählter Bilder nach älteren Stichen und neuen Photographien begleitet die an sich schon an- schaiillche Darstellung Welch ein Reichtum innerer Welten wird in diesem Städtchen, das eigentlich nur eine erweiterte Hofhaltung war. aufgetan— und wie klein und dürftig, ja ärmlich war alles Aeußerc! Große Kultur kann bestehen neben bescheidener Zivilisation. Das mag