Nr.644.36.Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin  ".

Abend- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt

15 Pfennig

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenste. 3. Rernivrecher: Ami Morisblas, Rr. 15190-15197.

Das deutsche Südtirol  .

Der Krieg hat auch in Italien   die Gier der Kriegs­getpinnler und den Wucher des rücksichtslosesten Kapitalismus enthüllt. Er hat unter dem Trud einer unerhört harten

Mittwoch, den 17. Dezember 1919.

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernivrecher: Amt Morinplas. Nr. 117 53-54.

Die Ententehilfe für Oesterreich.

Der Oberste at in Paris   gibt folgenden Bericht

Verpfändung des österreichischen Tabakmonopols. millionen bolländischen Gulden wäre in erster Linie zum Ankauf der notwendigen Lebensmittel zu verwen­den. Fünftens würde die Reparationskommission das vom Staatssekretär der Volksernährung ausgearbeitete

Disziplin das Selbstgefühl des italienischen Proletariats über die Verhandlungen, die Renner um die Silfeleistung Der hieraus zunächst zu erzielende Vorschuß von 30 erwachen lassen und ihn willensfest und widerstandsfähig gemacht. Taher der Ausfall der Wahl, die den Sozialdemo- für das verhungernde Oesterreich führt: Nach dem Vortrag des Staatsfanzlers Renner erklärte der Vorsitzende des Or­fraten mehr als 150 Site brachte. Der Krieg hat mehr getan. Er hat die größten Ent- ganisationskomitees der Reparationskommission Louche ut, täuschungen gebracht und die Spekulation auf Gewinn aus nachdem er den Beschluß des Obersten Nats mitgeteilt der Zerstörung gründlich widerlegt. Denn was die Italiener, batte, in der Adria   gewonnen haben, ist dadurch wertlos geworden, zunächst die sofortige Absendung von 30 000 Tonnen Brogramm für die Ernährung Oesterreichs   in den nächsten

daß die von Frankreich   gestützten Jugoslawen fich als breiter, waffenstarrender Gürtel um das erworbene Gebiet legen und den Weg nach dem Osten absperren. In Tirol aber sollte Italien   bereits auf Grund friedlicher Angebote Dester­reichs die welschen Bezirke erhalten. Daß ihm durch den Londoner   Vertrag und durch den„ Frieden" von St. Germain das alte deutsche Etsch und Eisackland bis zum Brenner zugesprochen worden ist, bedeutet ein Dana er geichenf, gegen das die italienische Sozialdemokratie wie alle einsichtigen Italiener von Anfang an protestiert hat und das für die Eitelkeit der italienischen Militaristen faum aus­reicht, um die Enttäuschung über die übrigen Mißerfolge des Krieges zu verbergen.

unverzüglich prüfen.

zehn Monaten

Getreide, die bereits in Triest   lagern, nach Desterreich zu veranlassen. Staatskanzler Dr. Renner dankte den Obersten Stat Die Alliierten würden Südslawien einen Kredit ge- und hob die Notwendigkeit hervor, die Transporte aus Triest  währen zur Lieferung von Lebensmitteln an Defter- schnellstens durchzuführen. Da die bisherigen Schritte reich. Eine eigene vom Obersten Rat eingesetzte Rom  - zur Erlangung größerer Mengen Lebensmittel aus Sün mission werde sich mit der Durchführung dieser Lebens- flamien fehlschlugen, bedürfe es des ganzen Ein­mitteltransporte beschäftigen. Drittens würde, wenn möglich, flusses der Alliierten, um die südslawische Aushilfe wirt­binnen einer Woche entschieden, welche von den zurzeit der sam zu machen. Ferner betonte der Staatskanzler die Not­Separationsfommission verpfändeten österreichischen wendigkeit baldigster Entscheidung über die Freigabe Aktiven zur selbständigen Kreditbeschaffung freigege von Aktiven, um Oesterreich   im Auslande zahlungsfähig ben werden sollen. Biertens erteile der Oberste Rat seine zu machen. Bustimmung zur Beendigung der Verhandlungen der österreichischen   Regierung mit einem holländischen Ronsor­tium wegen

Die daran anschließende Erörterung ließ erkennen, daß der Oberste Rat gewillt sei, den Wünschen Oesterreichs   mög­lichst entgegenzukommen.

und flimmsten Glends gebracht. Die russischen Arbeiter ver­werfen den Kommunizmus als falide Lebre und lehnen die Kommunistenführer als Demagogen ab. Cie wollen gemeinsam mit den Intellektuellen des Landes den Weg der Evolution wählen um die notwendigen sozialen Reformen und eine glüd­liche Zukunft zu erhalten."

Im ganzen Mittelmeergebiet fiben nun England und Frankreich  . In Nordafrika   stößt das einst den Türfen ge­raubte Tripolis   überall an den Machtbereich der Verbün­deten" und ist ein Tor, das in fein Saus mehr führt. Im wie Gut und Böse im ganzen Spiel der Weltpolitik die Kar­Orient hat der Grieche bei der türkischen   Liquidation, wenn ben weiter mischen wird und wie lange die Völker sich das es überhaupt zu einer solchen fommt, noch immer beffere Spiel gefallen lassen. Aussichten als der arme taliano. Statt phantastischer Eine innere Frage aber und unabhängig von anderen. Kriegsentschädigungen eine fast unerträgliche Schul- Staaten ist die Art der Verwaltung Deutsch  - Süd­ben last, zum großen Teil dem Auslande in Gold verzins- tirols unter italienischer Herrschaft. Was die Tiroler for­lich und hierfür jährlich mehr Gold verschlingend, als der dern, ist Autonomie, ist die Wahrung der bestehenden Wir können nicht nachprüfen, ob diefer Aufruf echt ist, Goldbestand Italiens   vor dem Kriege überhaupt betragen Einrichtungen, vor allem die Erhaltung der deut- möglich ist er durchaus. Wohl feine Stadt hat den Bürger­hat. Völlige Abhängigkeit des italienischen   Marktes von der schen Sprache in Verkehr, Amt und Schule. Solche frieg so schrecklich kennen gelernt als Riew, den Bürger­Suld Amerifas, Mangel an Kohle und Rohstoffen, eine sin- Autonomie läßt sich nur sichern in einem einsprachigen frieg, den die Bolschewifi durch Wiederaufrichtung des inneren fende Baluta, die heute schon zum Schweizer Franken Deutsch- Südtirol, wo deutsche und welsche Interessen über- Gewaltprinzips entfesselten. Rote Armee, Petliura  , Deni­nur mehr ein reichliches Drittel des Friedensstandes zeigt, haupt nicht in Konkurrenz treten- und daher fordern denn fin- ein ewiger Wechsel der Banden und Herricharen nach riesige Teuerung, die durch keine noch so hohen auch die Tiroler eine besondere Provinz, die lediglich deutsch  - der deutschen   Offupation, endlose Repressalien, Erschießungen, Löhne ausgeglichen werden kann, Arbeitsunlust in allen sprachige Länder umfassen und sich vom Brenner   bis Salurn   Hungersnöte. Der Aufruf ist durchaus möglich. Kreisen, allseitiges Mißtrauen das sind die Früchte, die erstrecken soll. an den Kriegslorbeeren reiften. Dafür mußten Hundert­tausende armer Burschen verbluten. Kein Wunder, wenn die italienischen   Wählermassen durch ihre Abstimmung den Kriegshegern eine gründliche Absage gegeben haben. In Frankreich  , das heute in Europa   dem Serd der Reafti on bildet, deffen nene Kammer, gewählt auf Grund eines veralteten und berlogenen Wahlrechts, ein Werkzeug des Chauvinismus zu werden droht, regt sich daher schon das schlechte Gewissen. Blätter vom Schlage des " Temps" warnen vor einem möglichen Abrücken Italiens  von der Entente und Annäherung an das Deutsch  tum, dessen politische und wirtschaftliche Verfassung den alienern von heute und morgen fympathischer sein muß. Wir müssen abwarten, ob die Italiener die ersten sein werden, die auch in der Außenpolitik wieder zu Vernunft und Einsicht kommen, die den Boykott gegen das deutsche Bolf aufgeben und auch uns das Recht der Selbstbe. Daß die italienische   Sozialdemokratie, ftimmung und das Recht auf Einhaltung. fester Ver­sprechungen wie z. B. der 14 Wilson- Bunfte zubilligen. In einer Hinsicht aber knüpfen sich an den Ausfall der italie­nischen Rammerwahlen allerdings bestimmte Soffnungen, und zwar in bezug auf das Schicksal Deutsch   Süd tirols.

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Zwar ist bekannt, daß der Zivilverwalter Professor Credaro die gelegentlicher Auswüchse der Soldateska Lindner und Marloh. mißbilligt und im Grund seines Herzens die ganze Da die Freiheit" auf unsere Feststellungen in der Sache Annexion deutscher   Sprachgebiete für Unsinn erklärt. Aber Lindner abgesehen von den üblichen blöden Schimpfe­er fonnte gegen die mächtigen Leiter der militärischen Inva- reien fachlich nichts zu erwidern weiß, so fommt sie mit fion nicht viel ausrichten, und so haben seine wiederholten der ihr üblichen Methode des Schwindels. Sie behauptet, wohlwollenden Zusicherungen an die Deutsch  - Südtiroler   mit daß der„ Vorwärts" zu dem Marloh- Prozeß nicht eine Recht kein Vertrauen gefunden. Auch die römische Regie- einzige Beile aus Eigenem geschrieben habe. rung ist in der Autonomiefrage über schöne Redenkarten stellen demgegenüber fest: Schon vor der Urteilsfällung bat bisher nicht hinausgefommen. Auch der Ministerpräsident der„ Borwärts" in Nr. 624 unter der Ueberschrift Ber­Nitti wollte sich die Annerionisten und Militaristen nicht zu schwörung gegen die Justiz" in schärfiter Weise das Treiben Feinden machen, die ja gerade in letzter Beit eine nun wohl der von Refsel und der übrigen Schler der Tat gebrandmarkt erledigte Nebenregierung in alien aufgerichtet haben. Aber und ein Einschreiten gegen diese verlangt. An dem Urtei! nach dem Ausfall der Kammerwahlen wird den Deutsch- Süd- selber hat der Vorwärts" in Nr. 630 unter der Ueberschrift tirolern die verlangte Autonomie wohl nicht länger verwei- Freigesprochen" eine bernichtende eritif geübt, gegen welche gert werden können. die Freiheit nur einzuwenden hat, daß sie einer Korrespon­benz entstammte, die noch an andere Bareliblätter geht. Es fommt wohl nicht auf die Quelle der Kritik an, sondern auf ihren fachlichen Inhalt, gegen den selbst die Freiheit" feinerlei Beschwerde vorbringt. Zur Beruhigung der„ Fret­heit" sei hier aber noch obendrein festgestellt, daß die be treffenden Beilen von einem Redattionsmitglied des Vorwärts" berfaßt waren, also in ieder Beziehung als eigene Meinung der Vorwärts"-Redaktion anzu­sprechen sind.

als erflärte Gegnerin der Annegion überhaupt, für die Autonomie als Mindestprogramm eintreten wird, ist selbst­berständlich. Aber auch von fatholischer Seite liegen Erflä­rungen vor, die auf eine zustimmende Saltung schließen lassen, nicht minder von den Giolittianern und anderen flei­neren Gruppen. Damit ist die Majorität gegeben, und man fann erwarten, daß die Deutsch- Süd iroler während der hoffentlich furzen Zeit ihrer italienischen Staatszugehörigkeit nicht allzu schwer zu leiden haben werden:

Diese Hoffnungen sind nicht überschwenglich. Gewiß bat die italienische   Sozialdemokratie von Anbeginn mann­haft gegen die Annerion diefes rein deutschen Landes pro­Aber bei dieser Gelegenheit möch'en mir nochmals an testiert; haben Tiroler und italienische Parteigenossen bei Das ist um so wertvoller, als jedes Unrecht, jedes Leid, die Freiheit" die ergebene Anfrage richten, ob sie nun nicht wiederholten Zusammenfünften sich der Solidarität in dieser das ihnen zugefügt wird, im ganzen deutschen   Volfe nach endlich von dem unabhängigen Mörderschutz, der Frage versichert: ist bei Verhandlungen Tiroler Politiker empfunden werden und die Verständigung erschwe- im Falle Lindner verübt worden ist, mit irgendeinem Wort mit italienischen Sozialisten in Bern   das Selbit best im ren würde, welche die mündia geword en Wölfer Deutsch  - abriden möchte. Da sie sich dauernd unwissend stellt, wollen mit italienischen Sozial sten in Bern   das Selbit beit im mungsrecht für Deutsch- Südtirol zugebilligt worden; lands und Italiens   über Deutsch  - Südtirol   früher oder später wir ihr noch folgende beiden Tatsachen zu Gemüte führen: bat schließlich die italienische Sozialdemokratie die freie eingehen werden. Diese Verständigung aber fann nur auf Nach der Tat Lindners wurde von der Münchener  Selbstbestimmung Deutsch  - Südtirols  , also die Verwerfung der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts für Deutsch   Staatsanwaltschaft ein Fahndungsblatt gegen Lind­der Annerion, geradezu in ihr Wahlprogramm aufgenom- Südtirol   erfolgen. men. Sicher werden die italienischen   Sozialisten diesen ner gedruckt. Die Anheftung dieses Anschlags wurde vom Revolutionären Arbeiterrat" Grundsäten treu bleiben. berboten!

Der Rückschlag.

Urban Richt.

Ob aber infolgedessen volle Freiheit für das unter­drückte Land schon in nächster Zeit erwartet werden kann, ist zweifelhaft. Die Sozialdemokratie ist noch immer eine Min-„ Limes" veröffentlicht einen von allen Arbeitern berheit in Stalien, und ob sie als solche die deutsch- südtiroler Stie wo 3 unterzeichneten Aufruf an die Arbeiter von West­Frage nach ihrem Willen gestalten fann, ist, fraalich, wie es europa   und Amerika  , in dem es heißt: auch fraalich bleibt, ob selbst eine annerionsfe'ndliche Mehr­heit in Stalien, die immerhin denkbar ist, fürs nächste schon das Unrecht von London   und St. Germain qutzumachen und Deutsch- Südtirol freizugeben bermöchte.

Diese Fragen greifen unter den hentinen Verhältnissen über Stalien hinaus. Zu viele Außenstehende nehmen in Anspruch, daran beteiligt zu sein. Es bleibt abzuwarten,

Als der Vormärts" sum erstenmal den wahren Her­gang der Sache schilderte, wollte ein barerisches Blatt,„ Die Allgäuer Beitung" bom 27. Februar 1919, diefen Tatsachen­bericht abbruden. Der Abdrud wurde von der Zensur des Arbeiterrats verboten, das Blatt erschien mit einer großen weißen üde auf der ersten Seite! Dabei enthielt die Darstellung nur das, was jetzt einwandfrei gerichtlich festgestellt ist.

Rußland   ist das Opfer einer großen fommunistischen Intrige geworden. Die irrege übiten russischen Arbeiter, in deren Namen die iamloien Uiuipatoren das Land regieren, erklären der übrigen Welt. daß der Kommunismus sich als voll fommen undurchführbar erwiesen hat. Die Kommunisten baben Diese Dinge wurden am 3. März 1919 von uns festne­die Industrie, den Aderban und das Berlehreweien ber stellt. Bir haben niemals ein Wort der Mißbilli­nichtet und das Bolt in einen Zustand des Berhungerusigung in der Freiheit" gelesen.