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Nr. 647 36. Fahrgang

Seilage öes Vorwärts

Ireitog, 16. Dezember 1616

Enöet Sie Sklaverei! I» d«r DonnerStagSsitzung der Nalionalvcrscimmlung führte zur Begründung des bereits im Abendblatt mitgeteilten Gesetze» gegen das GsückSspiel NeübSjustizmitttster Schiffer aus: CS ist allgemein bekannt, welchen Umrang und welche überaus bedauerlichen gönnen das Glücksspiel in leyter Zeit angenommen hat. Man tnus es geradezu als einen Hohn auf die Zustände empfinden, in denen sich der gröszt« Teil unseres Volkes befindet. Dem mutz unter allen Umständen entgegen- getreten werden. Das Gesetz wird ohne Aussprache in allen drei Lesungen an- genommen. Ebenso werden der Notenwechsel zwischen Deutschland und den alliierten und afioziierten Mächten sowie das am 22. September 181g in Versailles unterzeichnete Protokoll über den Artikel 61 Abs. 2 der Verfassung des Deutschen Reiche »(kein Anschlutz Deutschöster- reich?) erledigt. DaS Gesetz über die Sozialifierung der Glektrizitätswirtschdast wird ohne Aussprache in dritter Lesung angenommen. Der er- forderliche Nachtragsetat wird bewilligt. Das Umsatzsteuergesetz wird nach kurzer Debatte gegen die Deutschnationaken und Nnab- hängigen verabschiedet. KttttSgebutig für üie Kriegsgefangenen. Präsident Fehrenbach: DaS Haus hat es für angezeigt gehalten, vor Eintritt in die Weihnachtsferien unserer armen Kriegs­gefangenen freundlich zu gedenken. Zu diesem Zwecke schlage ich Ihnen folgende Resolution vor: Mehr als eine halbe Million unserer deutschen Brüder harren noch ihrer Befreiung aus der Kriegsgefangenschaft. Der grötzte Teil von ihnen wird in Frankreich festgehalten. Bei Abschlutz des Waffenitillslaiides mutzte Deutschland feine Gefangenen ent- lalien. Sechs Monate find verflossen, ieitdem wir den Frieden»- vertrag ratifiziert baben. Die Naiionalveriammlung fühlt und leidet mit den unglücklichen Befangenen, wie mtt threu Eltern. Frauen und Kindern, die jetzt beim Herannahen deS WeihuachtS. festes mit besonders tiefer Sehnsucht ihrer in der Ferne weilenden Lieben gedenken tntd wendet sich an die Neutralen und an diejemgen Frauen und Männer in den bisher feindlichen Länder», die fich ein menschlich fühlend Herz bewahrt haben, das teilnehmend für die unglücklichen Befangenen schlägt, auf datz sie laut ihre Stimme erheben zu dem Ruf: Gebt den Frauen ihre Männer, den Kindern ihre Bäter, de« ge- beugten Eltern ihre Sähne wieder! (Zustimmnug von allen Testen des ganzen Hauses.) Sie haben sich zu Ehren der Gefangenen von Ihren Sitzen erhoben. Ich danke Ihnen iür diese feierliche Kimdgebung und stelle die etn« münge Annahme dieser Entschließung durch die Zlationalversamm- lung fest.(Lebhafter, allseitiger Beifall.) Eine Reihe von Petitionen werden erledigt. Freitag 16 Uhr: Interpellation der Rechiett über die Diri- fchafts» und Steuerpolitik der Regierung.

Hefaageasnlos. Segen zweier Faiists»läge gegen feinen Wächter ist der deutsche Kriegsgefangene Hoffmauu zum Tode verurteilt worden. DieHumanW teilt mit. datz der Wächter zuerst geschlagen hatte und datz dem Angeklagten eine Disziplinarstrafe als er« schwerend angerechnet wurde, die für die Zachttgutig eines Mit­gefangenen wegen Betrat« eines FluchtplanS verhängt worden war. DaS Blatt hofft, datz das Urteil ntcht vollstretft und der Prozetz neu aufgerollt wird. Die.Badische Presse� schreibt: Ein au« der Kriegsgefangen- schast zntückgekebrt« Soldat brachte einer Familie in Bonndorf im Schwarzwald die Nachricht, datz ihr seit fünf Jahren vermißter und tot geglaubter Sohn noch am Leben sei. Er sei im Oktober ISIS nach einem Loger in Algier gebracht worden, wo noch heute über 30000 deutsche Gefangen« in Sklavendienst gehalten würden.

Zum �chtstunöentag für öas Kranken- Pflegepersonal. Bon einem vorteigenössischen Arzt erhalten wir folgende Zuschrift: Die Bewegung, welche gegen die geplante strenge Durchführung deS Achtstundentages für das Krankenpflegeparfonal einsetzt, darf nicht den Plan zum Scheitern bringen. Die angeführten Bedenken machen eS erforderlich, datz nicht nach einem strengen Schema verfahren wird, sondern datz iür be­sonders liegende Fälle und besondere Stellungen, z. B. Oberin, Ovetotionsschtoestern. oder besondere Situationen, z. B. besonders Schwerkranke, Ausnahmen zugelafien werdet:. Im allgemeinen aber mutz an der Grundlage festgehalten wer­den. datz der Krankenpflegerdienst nicht länger als acht Stunden in 74 Stunden zu währen hat. Als Gründe sind anzuführen, datz die Majorität de« Kranken- Pflegepersonals die allgemeine Einführung des Achtstundentages wünicht. Der Wunsch gründet sich aber nicht auf Unlust zur Arbeit, sondern ans dem Bedürfnis nach größerer BcwegungSireiheit. Diese braucht aber die Krankenpflege mindestens ebenio, wenn nicht mehr als� jeder andere Berussmensch. Sein Dienst verlangt eine besondere geistige und seelische Einstellung. Er soll den persönlichen Wünschen seiner Pflegebefohlenen Rechnung tragen, soll dabei die aufgetragenen Verordnungen, deren Ausführung dem Kraulen oft schmerzhaft und unbequem ist, durchsehen, soll rücksichtsvoll und zugleich energisch sein und trotz aller Schwierigletten frisch und freundlich bleiben. Er bedarf für diese Leistungen einer Entpersönlichung. Denkt man fich diet 'en Dienst auch nur acht Stunden taglich gut durchgefnhrt, so begreift man, wie stark dann das Bedürfnis einsetzen mutz, sich, seiner Familie, seinen anderen Aufgaben als Mensch und Bürger etnige Stunden am Tage gebörsn zu können. Ist e« nicht wahr- icheinlich, datz ein ausgeruhter und geistig entspannter Pfleger am nächste» Tage seinen Dienst frischer antreten wird, al« einer, der unter dem dauernd gleichen, oft niederdrückenden Etnflutz der Klagen und Schmerzen der Kranken steht? Bon einer solchen Entspannung und solchem AuSgenutztsetn hat aber nicht nur der Pfleger, sondern auch der Kranke einen großen Borteil, ober keinerlei Rachteil. Dem Kranken ist eS zu­nächst erwünscht, datz die Anordnungen de« Arztes vom Pfleger auch wirllich ausgeführt werden, dann, datz dies rücksichtsvoll und in freundlicher Weife geschieht. Damit ist er der Hauptsache nach zufrieden gestellt. Kommt hinzu, datz der Pfleger ihm auch seelisch nahe rückt, so ist da« eine sicher sebr willkommene Zugabe, die auch für den Arzt sehr wichtig ist. Aber wurde die« letztere bisher den Kronkenbäusern der Regel noch oder auch nur oft erreicht? Ja ist das erstere gegenwärtig und unter dem bisherigen Spstem allgemein? Jeder, der den Bericht von Krauken aus Kranlen- Häusern zu hören Gelegenheil hat, weitz, wie relativ selten die«ranken mit ihrem Pfleger zufrieden waren, wie oft sie zu klagen hatten. Die Kranken selbst und die Oeffentlichkeit im allgemeinen hat diesen Uebelstand auf die Ueberlastung des Pflegepersonals zurückgeführt. Es ist demnach zu erwarten, daß durch die Ein- fübrung des Achtstundentage« auch de» Kranken wesentlich genützt werden wird. Schließlich mutz eS anch für die Aerzte von wesentlicher Be- deutung sein, ob fie eS mit einem fri'chen. elastischen, willfährigen Pflegepersonal oder mit einem übermüdeten und innerlich unlustigen zu tun Haben. Der MeHrauswand an Kosten kommt gewiß ernst- lich in Betracht, kann aber keine entscheidende Bedeutung ge- Winnen, weil sonst überall die Errungenschaft de« Achtstundentages eine RückwärtSrevidieruug erfahren müßte. Auch die Prtoatkliniken «erden sich dem allgemeinen Zug der Zeit unterwerfen müssen und eS wird sich zeigen, datz es ihnen gelingen wird. Für die lieber- gangszeit bleibt es wünschenswert, daß ihnen Zeit zur Lnpassimg an die neuen Verhältnifl« gelassen wird. Es mutz daher al« eine Pflicht der Regierung angesehen wer- den, sich von der prinzipiellen Einführung des Achtstundentages für den Krankenpflegeberuf nicht abdrängen zu lassen. Li.

GroßGerün Zum Streik üer Gastwirte. Der Proteststreik der Gastwirte gegen die verschärfte« Berord- nungen gegen den Schleichhandel, der am DonnerStagmorgen in

einem alle Erwartungen der die Bewegung leitenden Organisationen weit übersteigenden Umfange einsetzt«, hat im Laufe bei gestrigen Tage? noch eine Steigerung erfahren, da auch die Mehrzahl der verhälmismätzig wenigen Gastwirtschaften, die vormittags ihre Lo- kale noch offen hielten, nach Aufklärung sich ebenfalls der Bewegung anschlössen. Seiten« der in Betracht kommenden Organisationen ist ein umfassender, gut funktionierender Kontrollapparat geschaffen morden, um eine einheitliche Durchführung deS in der Versamm­lung im Wintergarten gefaßten Beschlusses zu gewährleisten. Die zahlreichen Kontrolleure, die den ganzen Tag über bis zum Eintritt der Polizeistunde unterwegs waren, arbeiieien nach einem bestimmten Plan. DaS ganze Kontrollgebiet ist in Bezirke einge- teilt, denen ein« bestimmte Anzahl Kontrolleure zugewiesen waren, die straßenweise die dort befindlichen Gastwirtschaften, Hotels, Konditoreien usw. auf die Durchführung des Streikbeschlusses hin prüften und die bisherigen Außenseiter entsprechend aufklärten. Besonders strikte find die Gastwirte der nördlichen und östlichen Vororte der Stteikparol« gefolgt. In Pankow war gestern von über 320 Lokalen kaum ein halbes Dutzend offen, in Lichten- bera, Oberschöneweide , Niederschöneweide und Johannisthal hatten fast alle Lokale geschloffen. Ueberaus groß ist hie Zahl der Zustimmungserklärun­gen aus dem Reiche, die im Laufe des gestrige« Tag«? namentlich für Berlin und die Provinz Brandenburg eingelaufen sind. Aus Halle ist die Mitteilung eingelaufen, datz die dortigen Gastwirte sich bereits am gestrigen Donnerstag der Aktion ihrer Berliner Kollegen angeschlossen haben; dort war schon gestern eben- falls die grotze Mehrzahl der Lokale geschlossen worden. Zustim- mungSerklärungcn liegen auch aus vielen grotzen Städten vor, so Breslau , Dresden , Frankfurt usw. Diese Nachrichten aus der Provinz lassen darauf schließen, datz die Bewegung sich über da« ganze Reick ausdehnen wird. Der Teil der Bevölkerung, der auf die Speisung in den Gast- wirtschaften angewiesen ist, ist von dem Streik recht unangenehm betroffen worden. Mau versucht« e» so gut e» ging mit derSelbst­versorgung� au« den Lebensmittelgeschäften, doch blieb diese Aus- Hilfe in fait jedem Falle ein nur recht unzureichender Ersatz für die gewohnte RestaurationSspeisung. Besonders in Mitleidenschaft ge» zogen waren die Hotelgäste, die über Lebensmittelkarten nicht der- fügten, die denn auch ihrer Mitzstimmung oft in recht erregter und drastischer Weise Ausdruck gab. Die Fremden, die von dem Streik betroffen werden, werden dieFrentdenstadi" Berlin wohl kaum in gutem Andenken behalten. Die Verhandlungen der aus dem Syndikus deS Deutschen Gast« wirtsverbandeS Rechtsanwalt Dt. We i»kam. dem Vorsitzenden des Verbandes der Gast- und Schankwirts für Berlin und Branden- bürg Otto Strauß und Herrn R a ch w a l S k i vom Interessen- Verband für da? deutsche GajtwirSgewerbe bestehenden Kommission mit den Behörden, die bereits gestern statifindeu sollten, werden wohl erst im Laufe des heutigen Bornütta�S zustande kommen. Es wird gehofft, daß diese Verhandlungen mtt dem ReichSwirtschaftS- amt und dem ReichSjustizamt zu einem Ergebnis führen, der den Gastwirten die Aufrechterhaltung der Betriebe ermöglicht. Findet sich ein gangbarer Weg nicht, dann ist nach Erklärungen der Gast- Wirtsorganisation mit Bestimmtheit damit zu rechnen, datz et im Monat Januar zu einer, völligen Stillegung der Gast» wlrtSbetriebe im ganzen Reiche kommt. Die Reichsregierung steht, wie wir von zuständiger Stelle ev> fahren, aus folgendem Rechtsstandftunkt, der von dem ReichSjustiz- Ministerium und dem ReichswirtschaftSmimsterium einheitlich ver- treten wird: Wollte man den Gastwirten, wie sie eS verlangen, ein« Tonder­stellung innerhalb der Gesetzgebung einräumen, so bliebe von dem. ganzen Gebäude der Zwangswirtschaft, daS die Reicksregierung. einstweilen unter keinen Umständen entbehren zu können glaubt, nicht viel mehr übrig, al» ein durchlöcherte« Gehäuse ohne rechten Inhalt und Zweck. Wie es gesetzestechnisch unmöglich ist, die milde. ren Fäll« der LebenSmitielvergehen au« dem juristischen Tatbe­stande der SchleickhandelSvergeben herauszuschälen, so ist eS über» Haupt grundsätzlich nicht angängig, die Gastwirte hinsichtlich der Uebertretung von Ernährung?- und Wirtschaftsbestimmungen besser zu stellen als andere Haudelstreibende. Ein Eingehen auf die Wünsche deS Gastwirisgewecbes ist nach Auffassung der Reichs- regierung nur denkbar in der Richtung, datz einerseits an die Gast- wirtschaften eine reichlichere Belieferung als bisher erfolgt, daß 'aber andererseits eine Zurückdämmung der Ansprüche de? Gasthaus- Publikums ganz unumgänglich fei. Rein juristisch hat die Lage des GastwirtSgewerbeS durch die neue Wuchergerichtsgesetzgebung kein« wesentliche Aenderung erfahren, da ja schon auf Grund deS Gesetzes vom 7. März ISIS jeder Gastwirt, der im Sinn« dieses Gesetzes Schleichhandel trieb, sich strafbar machte. Gerade der Reichsjustizminister verkennt in keiner Weise die

Montrose.

48) Detektivroman von Sven Elvestad . Er sieht nur die drei oberen schwarzen viereckigen Fenster, die unteren werden vom Karten verborgen. Er steht auch undeutlich die aufgerollten Markisen über den Fensterrahmen, watz die Aehnlichkeit mit aufgerissenen und erschrockenen Augen noch verstärkt. Während der Mörder dieses Phantom anstarrt, dieses traumähnliche Gesicht von Stein und Schatten, nimmt seine eigene unablässig wechselnde ahnungs- volle Kemiitsstimmung eine neue Form an. Er meint, seine eigene Angst in dem Phantom zu sehen. Langsam, als wenn eine Photographie auf einer anderen hervorgcnifen wird, tritt ein neues Bild in seine weit geöffneten Augen. Die Bäume vor dem Hause, zwischen deren Zweigen der Mörder am Abend die hellen und freundlichen(Sardinen deS Fensters ge­sehen hat, und eine Frau, die sich sorglos gegen den Fenster- rahinen lehnte diese Bäume stehen jetzt wie mit Dunkel- hcit gefüllte Abgründe zu beiden Seiten der Treppe. Etwas ist plötzlicki aus�denr Gesicht des Hauses herausgefallen und ver'ckwunden. die Dunlclheit der Bäume bildet zwei ge- walticie, leere Augentchhlen, und das knochengelbe Gestein der Fasiade ist wie die Silhouette eines Totenkopfes gegen den Nachthimmel. So, alle Sinne von Tod und Untergang erfüllt. gebt er zur Mordtat, sogar die Luft schwitzt einen durch- dringenden Geruch von Friedhof aus. Fledermäuse innflattern ibn auf schwarzen, stummen Schwingen. Bei jedem schleichenden Tritt in dem feuchten Gras ruft, er die Geister des Mordes. diele Wesen der Dunkelheit und Sei Schweigens. Jetzt schweben sie über seinem Kopf, lautlos, in steigendem und fallendem Fluge... Wo bin ich geblieben? Ich habe ein Gefühl, als ob ich ihm nicht mehr folge, und doch bin ich der Mörder. Ich stehe draußen im Garten, umgeben von dein unbeschreiblichen FrühIingSduit. Und dennoch befinde ich mich drinnen vor der Paneeltür mit den breiten braun gebeizten Feldern. Worauf warte ich hier draußen? Jetzt kommt es. Auf den TodeSschrei des Opfers. Den will ich hören. Ich sage Ihnen. mein Herr, nicht nur das Opfer schreit. In diesem Schrei werden alle stummen Leute brredt. Der ohnmächtige Schreck de'' Menschenwohnung, die wachsame Dunkelheit der Pappeln. alles, was den Menschen gehört und seine Freunde sind, die

Steinpfosten der Gittertür. die Landstraße, das sauber- geschnittene GraS der Rasen, alles, was mit seinen toten aber abwartenden Augen die Ankunft deS Mörders gesehen hat, macht seinem Schmerz in dem Todesschrei deS OpferS Luft, wie eine unvergängliche Anklage alles dessen, was dem Leben und den Menschen angehört. Da hörte der Mörder den Schrei, ja. da hörte ich ihn--" Keller war zu Ende. Während er vorgelesen hatte, war er sich unablässig mit der Hand übers Haar gefahren. Jetzt fiel ihm nichts Besseres ein, als nervös in den Papieren zu blättern, seine Finger zitterten, er war sehr nervös und sah mit einem fragenden Blick auf. .Alle Wetter/ rief Krag erstaunt,ist daS alles?" .Ja, bis auf weiteres. Als er someft gekommen war, schloß er die Augen und sagte, datz er todmüde sei. Ich solle in einigen Stunden wiederkommen, dann wolle er fort- fahren." .Stenographieren Sie?" »Ja." .Was glauben Sie?" fragte Krag welter. Was ich glaube," antwortete Keller mit einem bitteren Lächeln,ich glaube, daß Sie zweifeln." Das meine ich nicht. Was glauben Sie von dem Be» kennmis?" Keller, der sonst so kühle Polizeiagent, war offenbar von dem Erlebnis mit Arnold Singer stark erschüttert. Er verbrettete sich eifrig darüber, welch starken Eindruck dieser Mann auf ihn gemacht habe. Er ist offenbar eine höchst seltsame Erscheinung im Leben der Großstadt," sagte er..Ich bin fest davon über- zeugt, daß wir die merkwüidigsten Enthüllungen von ihm er- warten können. Er ist ein Produkt unserer überreifen Zivili- iation. Sie wiffen, lieber Krag, daß während der letzten zwei, drei Jahre mehrere rätselhafte Morde unaufgeklärt ge- blieben sind. Stollen Tie sich vor. wenn nun Arnold Singer uns diese Geheimnisse losen würde. Vielleicht ist er eine Art mystische Figur, einer von den seltsamen Tigern des Groß- stadtlebenÄ." .Aber Montrose?" sagte Krag und lachte. .Ja, Montrose--- das kommt noch, das kommt später. Ich fragte ihn auch nach Montrose. Das kommt, sagte er. Es dauert noch eine Stunde, bis das Verhör von neuem beginnt. Ich bin selten so gespannt gewesen." Ich möchte Sie nur»och einmal daran erinnern.' sagte

Krag, indem er seinen Mantel anzog,ich möchte Sie nur noch daran erinnern, was wir vor allen Dingen erfahren müssen, nämlich: 1. Wo ist Montrose, tot oder lebendig? 2. Wer und wo sind seine Mörder oder die, die ihn entführt haben? 8. Wo sind die Mörder des verrückten Professors?" Ich glaube." sagte Keller,.daß Arnold Singer Abbö Montrose ermordet hat." Aber, lieber Freund, kann man sich auch auf seine Der- nunft verlassen, wenn er eS sagt? Er ist augenblicklich sehr exaltiert." .Seine Exaltation gibt ihm�a gerade die visionäre Er- innerung an alles Geschehene. Sie hätten sein Gesicht sehen sollen, als ich ihn verließ und bevor ich daS Licht löschte. Er war versteinert, abwesend... Ich muß beständig an ihn denken." Krag dachte auch an ihn. Er meinte ihn unbeweglich in der dunklen Zelle liegen zu sehen. Er mußte an den Ausdruck vom Reisen denken, den er gebraucht hatte. Jetzt reiste Arnold Singer in seiner Zelle in einem kleinen Viereck von Stein, fern von allem Gegenwärtigen, dem Ver- brechen früherer Tage und dem Entsetzen ehemals erlebter Stunden entgegen Daran dachte ASbjörn Krag. XXXIV. Nummer 82. Hier. An diesem Abend war derPfau" von Menschen über- füllt. Tie Sensation von Abbö Montroses Lerschwin en und die geheimnisvolle Mordaffäre waren eine riesige Reklame für das Lokal geworden. Dreimal mußten die Türen geschlossen werden, io groß war der Andrang von neugierigen Säften. Dem Morgengewölk, der in feiner roten und weißen Fülle die Residenz hinter dem Bartisch wieder eingenommen hatte. gefiel dieser Andrang gar nicht, denn er versta>d die Veranlassung sehr wohl. Einige Neugierige, die ganz naiv die Frage stellten, ob sie das Zimmer sehen könnten, wo der Professor ermordet worden sei, begegneten einem furchtbaren Blick auS den geschwollenen Augen deS Gewittergewölk« und einem heiseren, brummenden saut, dessen Bedeutung nur Rudolf erfaßte. Der verständnisvoll� Kellner eilte herbei und brachte dre zudringlichen Frager draußen aus der Straße in Sicherheit. lLo rts. folgt]