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Nr. 26. 37. Jahrg.

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Der Borwärts" mit der Sonntags beilage Bolt u. 8eit ericheint wochen äglich zweimal. Sonntags einmal

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.Sozialdémotrat Berlin".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

ernivrecher: Amt Mortsplan, Nr. 15190-15197.

Donnerstag, den 15. Januar 1920.

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3 Fernivrecher: Amt Morisplay, Mr. 117 53-54

42 Tote, 105 Verwundete.

Verhehung- Zersehung.

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Die Zahl der Opfer.

Vor sechs Jahren.

Bei den Unruhen vor dem Reichstagsgebäude find, wie Die erste politische Folge des unabhängig- fommunisti. Die Nede, die der unabhängige Fraktionsvorsitzende jetzt endgültig feststehen dürfte, 42 Tote und 105 Verschen Reichstagsputsches war die Ausnutzung Hente am Mittwoch in der Nationalversammlung hielt, lehte gezählt worden. Von den Toten befinden sich 21 im des Blutbades durch die reaktionäre Presse. Je wahn­lief letzten Endes darauf hinaus, die Regierung hätte keine Schanhause, die übrigen in verschiedenen Krankenhäusern. wiziger und verbrecherischer es die Unabhängigen und Kom Maßnahmen zum Schutz der Volksvertretung Die Sicherheitswehr hat einen Toten und munisten treiben, um so hellere Freude und größere Genug­ergreifen dürfen, dann wäre auch nichts passiert. Dazu ist 8 Schwer und 5 Leichtverlette zu beklagen. Zwei tuung in den monarchistischen alldeutschen Reihen. Die zu bemerken, daß die Nationalversammlung , wie jedes Parla Beamte wurden in die Spree geworfen aber ge- Einen arbeiten für die Anderen. Die Deutsche Tageszei­ment, wie jedes öffentliche Gebäude in der Welt, ständig rettet. tung", das Zentralblatt der Agrarier, behauptet z. B., der vor dem Eindringen Unberufener geschützt wird, sonst Butsch gegen den Reichstag jei die erite Frucht des Betriebs­fönnte jeder ungeladene Gaft die Arbeit, die im Hause ge- Die Beerdigung der Demonstrationsopfer. rätegefeges; es werde unter diesem Gejez noch ganz anders leistet werden muß, stören. Je nach den zeitlichen Umständen Nach den bisherigen Erfahrungen bei der Bestattung der in den kommen. Es feimt auf jener Seite die Hoffnung auf Ver­wird der Schutz verstärkt, z. B. auch an großen Tagen, an Straßentämpfen umgekommenen Opfer dürfte ohne weiteres an eitelung des unbequemn Gesezes. Dank der Hilfe der denen ein starker Andrang von Neugierigen zu erwarten ist. genommen werden, daß sich Unabhängige und kommu- äußersten Linken. Für den Dienstag war eine Maffenversammlung des unab nisten auch diesmal die Gelegenheit nicht entgehen lassen würden; Anders badt die deutschnationale Tägliche Rundschau" hängig- fommunistischen Anhangs angefagt, die fich gegen die die Beerdigung der Opfer des 18. Januar zu einer politisehen die Ereignisse an. Sie sagt, vor 6 Jahren hätte die Mehrheit der Nationalversammlung richtete. Im Vorjahr ist Demonstration großen Stils auszugeftalten und gleich Sozialdemokratie jolchen Krawall mit in München der Sandtag, in Berlin das ganze geitig bei diefem Anlaß für ihre politifden 3wede inszeniert, hätte sie ebenfalls das Militär, das lediglich Beitungsviertel von Kommunisten und Unabhängigen er Reflame zu machen. Die Regierung wird, wie von zuständiger feine Schuldigkeit getan habe, als Mörder und Bluthunde stürmt und tagelang, wochenlang besetzt worden. Nur mit Seite mitgeteilt wird, mit allen Mitteln dafür Sorge tragen, daß ausgeschrien und die Regierung beschimpft, welche die Ord­Gewalt und schweren Blutopfern fonnte der Rechtszustand eine demonstrative Beerdigung unterbleibt und der Schluß nung selbst mit Waffengewalt aufrechtzuerhalten angekün­wiederhergestellt werden. o hinshätte wohl die Re- aft der furchtbaren Tragödie vor dem Reichstag nicht neuen Zünd digt hätte. gierung gehört, die unter solchen Umstän- stoff in die Bevölkerung trägt. den, nach solchen Erfahrungen das Sigungs­gebäude der Volksvertretung ohne Schutz gelaffen hätte?

Neue Erlasse Noskes.

Der Oberbefehlshaber.( gez.) Noske.

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Wenn das bor 6 Jahren, in den 3 aberntagen, wenige Monate vor Husbruch des Krieges, vom Regierungstisch aus gesagt worden wäre, so hätte Herr Bauer vom Parterre aus gebrüllt wie ein Stier, mit ihm all die Seinen und dazu noch Fehrenbach."

Das ist genau dasselbe, was der Abgeordnete Sente auch fagt. Was wünschen sich denn die Unabhängigen mehr als den Beweis, daß die Sozialdemokraten andere ge­worden sind als früher und jegt verbrennen, was fie damals angebetet haben.

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Die Wahrheit ist freilich ganz anders. Vor 6 Jahren hatten wir so schreibt mit Recht die Soz. Korr."- Drei­flaffenparlament, Gewaltherrschaft, den Militarismus der Edelsten und Besten", die brutale Beschimpfung des Volkes obne jeden Grund, wie der Wades" in Zabern , und wüste Schneidigkeit. Heute haben wir den demokratischen Stact. Die Regierung ist legitimiert durch den Willen des Bolkes.

Die unabhängige und die kommunistische Parteileitung Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom hatte alles getan, um ihrer Demonstration gegen die Volks. 13. Januar 1920 betreffend die zur Wiederherstellung der öffent bertretung einen feindseligen und bedrohenden Charakter zu lichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen verordne ich geben. Sie hat alles zu tun unterlaffen, um die Kundgebung für Berlin und die Mark Brandenburg folgendes: in ruhige, geordnete Bahnen zu leiten. Am 13. Januar war Jede wirtschaftliche Bebrohung und Schäbi, noch kein Belagerungszustand. Es war nicht notwendig, die gung( Boykott) der Angehörigen der Einwohnerwehr, der Demonstration im Dunkeln vorzubereiten und sie als einen Reichswehr und der Technischen Nothilfe sowie ihrer Ueberraschungsstreich wirfen zu lassen. Die Ver- Familienmitglieder und die Aufforderung oder Anreizung hierzu anstalter konnten die Bewegung in vollem Tageslicht organi- ist verboten. fieren, Pläße beſtimmen, von denen aus die Redner Zuwiderhandlungen werben gemäß§ 1 der Berordnung des sprechen sollten, Ordner stellen, um Ausschreitungen zu Reichspräsidenten vom 13. Januar 1920 mit Gefängnis der Haft verhüten, eine Parole zum geordneten Abmarsch oder mit Geldstrafe bis zu 15 000 Mart bestraft, sofern nicht die ausgeben. Sie konnten sich, ohne die geringste Gefahr zu bestehenden Gefeße eine höhere Strafe bestimmen. Taufen, mit den Behörden verständigen, um einen glatten Ablauf der Kundgebung zu sichern, und sie hätten be- Außerdem ist eine Verordnung erschienen, die das Neuerscheinen Noch in diesem Jahre wird neu gewöhlt. Wenn das Volf reitwilligstes Entgegenkommen gefunden. Der Polizeipräfi- von 3eitungen und Zeitschriften und den Drud und Ber - will, bekommt es eine andere Regierung. Niemand dent, Genosse Eugen Ernst , besitzt bekanntlich in der Vertrieb von Flugschriften verbietet. Eine andere Verord- braucht mehr zu den Waffen zu greifen, der anstaltung von Maffenfundgebungen eine gewisse Erfahrung, nung beschäftigt sich mit Au- und Berkauf von Schuhwaffen, nicht mit der Minderheit die Mehrheit brutalisieren will. und darum ist es auch nie vorgekommen, daß unter seiner Munition und Sprengmitteln. Sonst kommt jeder mit dem gleichen Recht zu seinem gerechten und anderer erfahrener Genossen Leitung die Massen Anspruch. führerlos geblieben und schließlich die Entscheidung Damals vor sechs Jahren hat die Sozialdemo über ihr eigenes Schicksal in die Hände des Mobs verloren Wie uns aus Hamburg gedrahtet wird, hatte der Reichs. fratie Riefendemonstrationen veranstaltet. hätten. Gine planmäßige Organisierung der bund der Kriegsbeschädigten für Mittwoch in Hamburg eine große Stundenlang zogen die Züge durch die Straße trop Polizei Kundgebung im Einverständnis mit ihm hätte Demonstration geplant. In Anbetracht der Berliner Unruhen und und Militär. Aber nicht eine Fensterscheibe ist. jeder Gefahr für Menschenleben vorge des Aufrufs der Sozialdemokratischen Partei wurde davon Abstand damals zerbrochen worden. Die Partei hatte durch ihre Ordner dafür gesorgt, daß keine unlauteren Elemente sich einmischten, oder daß sie sofort unschädlich gemacht wurden. Die Masse selbst hielt straffe Disziplin und war stolz darauf, nicht mit dem Rüstzeug der Barbaren und auch nicht mit dem Rüstzeug der modernen Kriegstechnik zu fänipfen, sondern nur des Geistes Schwert und des Rechtes Panier zu schwingen. Am Dienstag vor dem Reichstag sah es ja wohl etwas anders aus.

beugt.

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Hamburg bewahrt Ruhe.

genommen, jedoch sandte er nach einer größeren Demonstrations. Aber verantwortliche Beteiligung der Führer, Stellung versammlung eine Deputation in die im Rathause tagende Bür von Rednern und Ordnern, Ausgabe einer Abmarschparole, gerschaft und ließ dort seine Forderungen vortragen.- Mittwoch Verständigung mit den Behörden nichts von alle dem geschah. War es nicht böse Absicht, dann trägt die abend hatten das Gewerkschaftskartell und die Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände in Hamburg ihre Delegierten verfam­bodenlose unfähigkeit der neuen Größen in der melt, um zum Betriebsrätegeses und zur Agitation der Führung der Massen jene Unfähigkeit, die sich bei der Unabhängigen und kommunisten Stellung zu nehmen. Die An­Führung von Streits in ebenso verhängnisvoller Weise er gestelltenverbände veröffentlichen eine Kundgebung, in der sie mit wiesen hat die Schuld an der Katastrophe, in teilen, daß die organisierten Angestellten jede Teilnahme an die fich die linksradikale Bewegung blutig verwickelt hat. Massenaktionen und Streiks, als nur der Reaktion dienend, Diefe Unfähigkeit und dieser Mangel an Verantwortungs- ablehnen. Das Gewerkschaftstartell faßte nach stür. gefühl haben schließlich zu einem Schauspiel geführt, das un- mischer Debatte mit überwältigender Mehrheit eine Entschließung, erhört ist in der Geschichte der Arbeiterbewegung: Während die fich auf benfelben Standpunkt ftellt. die Maffen vor die Maschinengewehre geschickt wurden, faßen die Führer, die unabhängigen Abgeordneten, hinter den Maschinengewehren!

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Damals gewaltlose Willenskundgebung gegen eine bru­tale Gewaltherrschaft der Minderheit, heute eine gewalttätige Kundaebung der brutalen Minderheit gegen die Herrschaft der Mehrheit der Unterschied ist mehr als riefengroß. Und wie hat sich am Dienstag die Soldateska" be­nommen? Erft als sie nahezu ein Dugend Verwundete hatte, hat sie zur Waffe gegriffen. Nicht um sich zu schüßen, son­was die Sozialdemokratie im November 1918 tat. Da kamen dern zum Schutz des Hauses, in dem die Erwählten des Aus allen Betrieben kommt nun die Nachricht, daß die die Januar- und Märzputsche. Kaum war ein wenig Rube Boltes tagten. Hätte die alte Polizei cine solche Samms­Empörung über die Gewiffenlosigkeit eingetreten, fo forderte die Sozialdemokratie abermals die geduld jemals an den Tag gelegt, ihr Führer wäre mit dieser Führung hohe Wellen schlägt. Die Empörung Aufhebung des Belagerungszustandes der Vorwärts" Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt worden, weil er ist begreiflich. Denn mindestens neun Rehntel aller Demon- tat es zweimal täglich, und setzte sie schließlich auch durch. unentschlossen seine Dienstinstruktionen vernachlässigt hätte. stranten hatten gar keine andere Absicht, als in friedlicher Kaum war der Belagerungszustand aufgehoben, da kam der Heute aber übernimmt der Minister Heine die Verantwor Weise zu demonstrieren ob sie alle genau wußten wofür, Butich gegen die Nationalversammlung vom 13. Januar tung für die beispiellofe Geduld der Sicherheitspolizei, heute darüber mögen sie selber nachdenken. Das gewalttätige Vor- 1920 und jetzt ist er wieder da! Für wie lange wer werden die Führer der Schatztruppe des Reichstags dafür gehen eines Behntels oder eines noch fleineren Teils, der weiß es? Die Gegnerschaft gegen ihn ist schachmatt gefeßt. belobt, daß sie bis zum Acußersten Nachsicht und Selbst­gar nicht aus schaffenden Arbeitern bestand, hat die Abwehr Jedesmal, wenn die Sozialdemokratie feine Aufhebung beherrschung an den Tag gelegt haben. der Schußwoche erzwungen, durch eine Häufung ausgesuchter durchfest, erzwingen die Unabhängigen und Kommunisten Infamien geradezu erpreßt. Dann flogen die Kugeln, die, wie es in folchen Fällen nicht anders fein fann, feinen Unter­Jest diskutiert man in kleinen Zirkeln über die 3wved fchied machen fonnten zwischen Schuldigen und Unschuldigen. mäßigkeit der unabhängig- fommunistischen Taktik und ihre Wenn die Veranstalter diesen Ausgang nicht vorausgesehen Erfolge. Die Zerfeßung frißt weiter. Leugnet Ihr's? Wo und nicht gewollt haben, dann fann ihnen nur gesagt werden, sind Bernstein , Rautsky, Ströbel, Nestriepke, daß fie von solchen Experimenten ihre Finger hätten lassen erz- Altona und piele andere, die vordem Guve Besten sollen. Für ihr plumpes Spiel find Arbeiterleben zu foftbar. waren? Die Intelligenzen ziehen sich flucht Und jett? Jett berricht wieder einmal der artig aus der finnlos gewordenen Bewegung zurüd. Die Belagerungszustand. Ihn aufheben, war das erfte, Massen werden ihnen folgen.

jeine Wiedereinführung.

Aber was schiert das alles die Tägliche Rund­ich au"? Sie muß in Ermangelund der verbotenen kommu­mistischen Hezblätter den radaulujtigen Elementen einen neuen Antrieb geben. Denn auf diesen beruht ja bie stärkste Hoffnung der Reaktion. Sie muß mit dem Feuer neuer Butiche, neuen Blutvergießens spielen, denn fie treibt ja deutichnationale Katastrophenpolitif, die es lehrt, daß, je schlimmer es werde, um so besser die Aussichten feien, daß es wieder gut( im reaktionären Sinne) werde.

Wir aber halten dieses berlogene Treiben für ebenso