Nr. 48. 37. Jahrg.
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Berliner Volksblatt
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Dienstag, den 27. Januar 1920.
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Attentat auf Erzberger.
Jrrfinn und Verhehung.
Aufruf der Reichsregierung.
in tiefster Empörung
Bericht eines Augenzeugen.
Ein Augenzeuge, der den Vorgängen aus unmittelbaret & be folgte, teilt uns folgendes mit:
in der Nähe des Ausgangs
auf der Straße auf, um Erzberger ganz aus der Nähe sehen zu önnen. Einige Minuten später fam er benn auch und bestieg fein Aute. Bor bem Auto ftanden brei Herren, von benen swet, wie fid später herausstellte, Kriminalbeamte zum persönlichen Schus
bes Ministers waren.
fchlag hindurch, während der britte Mann in unmittelbarer Mit diesen unterhielt fich Erzberger durch den offenen WagenNäbe bei den beiben anderen stehen blieb, als ob er zu ihnen gehöre. Blöglich ertönte ein lauter Knall,
Das Attentat auf Erzberger haben wir bereits in einer Extraausgabe mitgeteilt. Es ist weiter zu berichten: Der laffen des Moabiter Gerichtsgebäudes ein Mordanschlag vermit noch zwei Freunden der Berhandlung bei. Auf den Reichsfinanzminister Erzberger ist beim VerIch war im Befit einer Suhörerkarte nad wohnie am Bormittag Minister verließ in Begleitung des Rechtsanwalts Dr. übt worden. Ein Schuß hat ihn verwundet. Die Gefährlich. Sisung erfundigte ich mich nach dem Ausgang, aus dem der MiAm Schluß der Friedlaender das Kriminalgericht in Moabit und begab sich keit der Verlegungen ist noch nicht zu übersehen. mit ihm zu feinem Kraftwagen. Bevor Erzberger einstieg, nister das Gerichtsgebände zu verlassen pflegte, verließ schnell das unterhielt er sich noch mit dem Rechtsanwalt, als plöglich Die Reichsregierung steht erschüttert und Gebäude und hielt mich unmittelbar ein junger, gutgefleideter Mann an die Beiden herantrat und einen Schuß abfeuerte. Friedlaender drehte sich um und sprang auf den Attentäter zu. In demselben Augen vor diefer verbrecherischen Ausschreitung des politischen blic feuerte dieser einen zweiten Schuß auf Erzberger ab. Rampfes, der eines ihrer Mitglieder mitten in der Durch Erzberger fiel barauf, wie Beugen gesehen haben, in führung der ihm anvertrauten schwierigen Aufgaben zum feinen Kraftwagen hinein, und der Chauffeur fuhr davon. Opfer gefallen wäre. Sie hängt den Attentäter an die Rod Der Täter wurde von Sicherheitsbeamten festgenommen schöße feiner Bartei, fie ftellt aber vor aller Welt fest, das und auf der Wache als der am 24. Rovember 1899 zu die blutige Tat unmöglich gewesen wäre ohne die finu. Berlin geborene frühere Fähnrich und jenige Schiller lose und Oltwig von Hirschfeld, ber in Steglit im Hause Fregeftr. 48 bei seinen Eltern wohnt, festgestellt. Der verantwortungslose Hehe, Bater ist Bankbeamter. Die Kugel ging Erzberger durch Ben Arm in die Schulter. Die erste Kugel war an einem bie feit Monaten und in den lebten Tagen erst recht gegen Metallgegenstand in Ler Westentasche abgeprallt; sie hätte den Reichsfinansminister getrieben worden ist. Sie font in den Bauch getroffen! Der Attentäter gibt au, er sicht es als größtes Unglück unseres Volkes an, daß die fei zu der Ueberzeugung gekommen, daß Erzberger in fchwerste Schidfalsprüfung Deutschland in einer geistigen Schädling fei und beseitigt werden müsse. Verfassung trifft, aus der heraus folche Schandtaten Diese Ueberzeugung habe sich durch das Anhören der erwachsen fönnen. Sie hat die einzige Hoffnung, daß die montägigen Gerichtsverhandlung in ihm gestärkt, und er Schiffe in Moabit eine sei deshalb zur Ausführung der Zat geschritten. Er stellt ausdrücklich in Abrebe, den Plan des Attentats auf Erz berger mit irgenb jemand besprochen oder unter der Einwirkung anderer gehandelt zu haben. Die Röntgenunter fuchung ergab, daß die Kugel in der rechten Schulter steckt. Die Berlegung gibt zu irgendwelchen Besorgnissen teine Beranlassung.
Reine vierzehn Tage find vergangen, feit ein unberantwortlicher Streich der äußersten Linken das Reich in neue Unruhe und Verwirrung geftürzt hat, und schon meldet sich auch schon wieder die äußerste Rechte, um die unter Anwendung äußerster Mittel notdürftig hergestellte Stube aufs neue zu stören. Es ist, als ob beide Gruppen miteinander wetteiferten um den größeren Anteil an dem Ruin des Reiches!
allgemeine Aufrüttelung bewirken möchten, damit den besinnungslosen Sekern, welchem Lager sie auch angehören mögen, flar werde, vor welchem Abgrund wir alle fiehen. Die Reichsregierung wird nicht nur ihre Mitglieder, sondern jeden Bolfsgenossen vor GeEindruck des vergossenen Blutes alle Deutschen auf, mit ihr walttat und Bergewaltigung schüsen. Sie ruft unter dem biefen Schuh zu übernehmen vor Verbrechen gegen den einzelnen und das ganze Bolk.
Die Reichsregierung.
Bauer. Schiffer. Bell. Dr. David. Gefler. Giesberts. Koch. Müller. Roske. Schlide. Schmidt.
Das Attentat auf den Seidsminister Erzberger ist wahrscheinlich nur die individuelle Tat eines besinnungslosen Zanatifers, aber sie ist zweifellos eine Folge der wahnsinnigen Hetze, die von der deutsch nationalen Partei und ihrer Bresse gegen die Mitglieder der Regierung und beson- Es ist die Pflicht der Regierung, gegen das Berders gegen Erzberger betrieben wird. Erzberger bat die brechertum, bas den Wiederaufbau des Staatswesens schwere Aufgabe übernommen, bie Wiederherstellung der gefährdet, mit allen Machtmitteln, die ihr zu Gebote stehen, deutschen Reichsfinanzen wenn nicht durchzuführen, so doch einzuschreiten. Sie wird und muß dabei die erbrüdende wenigstens anzubahnen, und er bat dabei, wie nur recht und Mehrheit des Volkes hinter sich baben, gleichviel aus welchem billig war, auch den Befit fräftig berangezogen. Seitdem ist Busch die Anschläge gegen die Demokratie fommen und iver er noch mehr als zuvor der Zielpunkt der leidenschaftlichsten hinter diesem Busch steckt. Es muß der Rechten gezeigt wer Angriffe, die Deutschmationalen machen ihm jezt zum Vor- den, daß fie die Situation falsch auffaßt, menn fie meint, daß murf, mas in ihren Kreisen doch mir eine Selbstverständ- der notwendig gewordene Drud gegen links ihr Spiel erlichkeit ist und haben in ihren Streifen einen solchen Erzberger - leichtern fönnte. rachefinn gezüchtet, daß die Revolverschüsse von Moabit mur noch als der psychologisch folgerichtige Abschluß ihres ganzen Treibens erscheinen.
ih, wie her britte ber Männer mit einem Revolver auf ben auf bes miniers sielte; instinktiv hatte fich Erzberger in die Wagenpolster zurüägelehnt, fo bas bie Kugel ihn am Kopf nicht verlegen fonnte. Der Attentäter fchien mir ein 18-19jähriger junger Mensch an sein, der schwarze Gamaschen und einen Zivilmantel trug.
ber fich wie das Blasen eines Antsreifens anhörte. Jebt fab
Sofort fammelte fich eine größere Anzahl von Menschen an, auch tamen eilight Soldaten der Sicherheitspolizei herbei. Erregte Rufe ertönten aus der Menge:
" Das danken wir den Reaktionären!" n. a. m. Der Attentäter wurde von der erregten Bolksmenge schwer mishandelt nab fofort von Soldaten abgeführt.
Ein weiterer Bericht.
noch folgendes: Zu bem Attentat berichtet eine 2raIforrefpondenz Kurz nach 2½ thr erschien ber Minister mit Dr. Fried. länder auf der Straße und ging langsam auf fein Auto zn. Die beiden Herren waren in eifrigem Gespräch und hatten nicht bemerkt, daß noch ein junger Mann, ber fich bereits längere Zeit in ber Nähe des Kraftwagens aufgehalten hatte, ohne daß es dem Chauffeur jedoch aufgefallen wäre, ihnen nachging. Minister Erz berger
bestieg bas Auto und feste fich neben Geheimrat ämmer. Rechtsanwalt Dr. Fricbländer blieb noch einige Angenblicke auf der Bordschwelle stehen, da er mit Erzberger einige juristische Fragen zu besprechen hatte. In der Nähe des Wagens stand anßerdem ein Beamter der Sicherheitspolizei in Uniform.
Während der Minister und der Anwalt noch sprachen, hatte der Chauffeur ben Motor angeworfen und wartete auf das Abfahrt 8- fignal. B13slich näherte fich der junge Menfch, der den Minister unausgefest beobachtet hatte und brängte sich an den Kraftwagen heran. Gr fährt den Anwalt etwas zur Seite und frage den Sind Sie Herr Erzberger?"
Minister:
"
Der Minister befürchtete offenbar ein Attentat, er rief: Doktor, fommen te herein" und versuchte die Tür bes Autos au schließen. Im felben Augenblid zog der Unbekannte jedoch auch schon einen Der Frrfinn von rechts und der von links lauert auf evolver hervor und feuerte einen Säuß auf ErzGelegenheiten. Die äußerste Stechte erfehnt einen Butschberger ab. Der Rechtsanwalt hatte an der Richtung der Waffe der Binten, weil sie von ihm die Gelegenheit erhofft, sich gefeben, bak ber Lauf auf den Leib bes Ministers gerichtet war. Dr. Berlin ist seit gestern voll von beunruhigenden Gerüchten felber in den Sattel zu fetzen. Ganz ähnlich spekuliert die riebländer sprang auf den Attentäter zu und wollte ihm die über einen bevorstehenden Butsch der Rechten, der zur äußerste Binte, fie möchte die äußerste Rechte vorangehen fenerte ber innge Mann am swetten Male and Waffe entreißen. Ehe ihm jedoch fein Borhaben gelang, Feier von Kaifergeburtstag", würdig genug, ongezettelt laffen, um fich dann selber in der entstandenen Berwirrung Ersberger fant mit einem Schmerslaut zuräd, und rief: werden sollte. Diese Gerüchte find wenig glaubhaft, aber fie der Gewalt zu bemächtigen. Von den geistig gesund gebliebe find ein Symptom der übernervösen Stimmung, die in meinen Waffen des arbeitenden Bolles, und das ist doch hoffent ten Streisen herricht und die naturgemäß durch das Attentat lich immer noch die erbrückende Mehrzahl, ist zu erhoffen, auf Erzberger nur noch gesteigert worden ist. Die Regierung daß fie diefes tolle Spiel, das notwendigerweise ihren bollen wird nichts auf Gerüchte geben, aber sie muß sich an die Tat Ruin herbeiführen muß, nicht mitmachen und daß fie die sachen halten. Regierung der Republif in ihrem Bemühen, die zerstörenden Das Deutsche Reich ist seit der Umwälzung durch zahl. Kräfte von rechts und links zu meistern, nachbrüdlich unterreiche Bluttaten befledt worden, die von reaktionären fügen mird. Fanatikern verübt worden find. Dazu gehört die Tötung Es handelt sich darum, die Demokratie, bas geord. wehrloser Gefangener, bie Grichießung des banerishen wete Selbstbestimmungsrecht des Bolles, gu berbelbigen, olyne Ministerpräsidenten Eisner und jest das Attentat auf best bas es überhaupt feine Möglichkeit des Wiederaufstiegs gibt Reichsfinanzminister Erzberger. Alle diese Schandtaten find Die Demofratie würde mit ihren Feinden von rechts spielend Folgen der reaktionären Berbegung, bie der äußersten Linken fertig werben, wenn ihr nicht immer wieder die Feinde von an gewalttätigen Ausschreitungen nichts nachgibt. Die ver. links in den Rüden fielen. So liegt heute die Situation, die hezten Kriegsbeschädigten, die den fächsischen Kriegsminister Maffen müffen fie flar begreifen, darin allein liegt die Genoffen Neuring ermordeten, der Schlächter Lindner, der Rettung.
auf den bayerischen Minister Genoffen Auer seine verhäng
nisvollen Schüffe abaab, die wilde Horde, die am 13. Januar, Dem Spätabend 2okal- Anzeiger" machte der entgegen dem Willen der demonstrierenden Masse, zum Attentäter einen nicht unsympathischen Eindrud". Wie hat Sturm auf den Reichstag überging, Sicherheitspolizisten er- fonft das madere Blatt die Herren Attentäter gefchmäht, schlug und damit die Abwehr notwendig machte, die vielen wenn fie nur ein Loch in die Luft geschoffen hatten, ber Unschuldigen das Leben foftete fie alle baben noch eher Milderungsgründe für sich als die jungen Herren Grafen und Herren von, die sich in den Hinterhalt legen, um Minister abzuknallen.
teaterungsrat Hämmer forang aus dem Auto und wollte sich nan " Ich bin an der Schulter getroffen." ebenfalls auf den Schüßen werfen. Dieser war jedoch von Rechts anwalt & riebländer bereits ergriffen worden, der ben jungen Menschen umschlungen hielt, um ihn zu hindern, nochmals von seiner Waffe Gebrauch zu machen. Es entstand ein ingtampf zwischen beiden Männern, in ben nun die Bassanten und ein Sicherheitsbeamter eingriffen.
Der Täter wurde überwältigt und in die Wache im Justiz gebäude geschafft Dort erklärte ber Schüße auf Grund feiner optere, bie er bei fich führte, daß er ber 2ljährige frühere ähn Bantbeemten in Steglit, Fregeite. 48, wohnt. Die Waffe, welche ritmig b. Siriafelb fet, der bei feinem Vater, einem der Attentäter benutte, war mit feds Rugeln gelaben. Ergberger faß aufrecht im Wagen und bat feinen Begleiter, fanell eingu fteigen, ba er verfest fei und schnell zu feinem Arat gebracht an werben wünsche. Der Kraftwagen fanfte davon und brachte ben Minister zu einem im Weften wohnenden Spezialarst. Auf richtigt, die sich im Auto sum Arat begab und von dort die Ueber persönlichen Wunsch des Ministers wurde feine Gattin benachführung Erzbergers in geeignete Pflege veranlaßte. Interessant ift, baß Erzberger durch einen Sufall
irgendein Gottesgnabenbefiber bulbvollft gestattete, in weben ist. Die erste Kugel traf den Minister am Leib und prallte bor einer schweren Berwundung bewahrt umgeben! Aber freilich, wenn einer auf den Minister schießt, an ber gulbenen Uhrtette ab. Sie ging durch die Kleiber ber Sapitalisten und Kriegsgewinner ordentlich besteuern und die Wälde, um ben Leib berum und fans fic fpäter im Sis. will, dann ist er sympathisch! palker bes antes wieber.