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Nr. 218.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit illustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Beitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.

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11. Jahrg.

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ozialdemokrat Berlin

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Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2. Mittwoch, den 19. September 1894. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Beamte und Arbeiter in den Orts- Krankenkassen.

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mit den Rassenvorständen zu suchen und zur Bildung von Reudaut" so gut wie der Raffenbote aus den Taschen Provinzialverbänden der Orts Krankenkassen anzuregen. Der Arbeiter bezahlt. Diese hochgestochenen Herren wollen Die Beamten planen diese Anregung natürlich zunächst aus deshalb auf dem bevorstehenden Leipziger Verbandstag eine Eigeninteresse, weil sie wissen, daß solche Verbände bessere gesetzliche Regelung der Krankenkassen- Beamten- Stellungen" Ein Verbandstag der deutschen Orts Krankenkassen- und sichere Verpflichtungen gegen ihre Beamten eingehen berathen wissen, und ihr geheimer Wunsch besteht darin, beamten steht für den 22. und 23. September in Leipzig fönnen. Da wir aber auch dem Proletarier der Feder ein da ß sie aus Arbeiterbeamten Staats- oder bevor. Wir haben schon kürzlich darauf hingewiesen, daß auskömmliches Dasein wünschen, können unsere Genossen städtische Beamten werden möchten, wenn die Genossen in den Orts Krankenkassen und glücklicher in den Kassen dieser Anregung nur folgen, zumal solche möglich, durch eine Aenderung des Krankenkassen- Gesetzes, Weise sind ja in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Provinzialverbände von Orts Krankenkassen noch eine denn auf grund des jetzigen geht es nicht. Orts Krankenkaffen durch Eingreifen der Genossen in die Reihe weiterer wichtiger Dinge zur Stärkung der Arbeiter- Diese reaktionäre Bewegung möchten wir von den Ges zielbewußte Verwaltung der Arbeiter gekommen allen selbstverwaltung zu erledigen vermögen. Jusoweit haben nofs en in der Verwaltung der Orts- Krankenkassen beachtet Aulaß haben, den Bestrebungen der Orts- Krankenkassen- wir alle Ursache, den Leipziger Verhandlungen besten Er- wissen. Sie ist direkt arbeiterfeindlich und möchte dünkel­beamten ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diese Be- folg zu wünschen. haften Beamten, die doch nur von Arbeitergroschen leben, eine amten sind so recht eigentlich Arbeiterbeamte. Der Vor- Nun läßt sich aber erkennen, daß in der Bewegung der Ausnahmestellung verschaffen, von der aus sie desto sicherer stand der Kaffe, der in seiner Zweidrittel- Mehrheit aus Drts- Krankenkassen- Beamten noch etwas anderes mitspielt, weiter mit Berachtung auf den Proletarier herabsehen könnten. Arbeitern besteht, stellt sie kraft Gesetzes an und entläßt sie, was auch in der Tagesordnung des bevorstehenden Ver Eine Erfüllung dieser geheimen Bureaukratenwünsche die Gehälter werden aus Mitteln gezahlt, die zu bandstages zum Ausdruck gekommen ist. Es sind nicht einmal so würde in die Selbstverwaltung der Versicherten bei den Zweidritteln von den Arbeitern aufgebracht sind. Die Be- sehr die niederen, der Aufbesserung am meisten bedürftigen Krankenkassen gewaltig Bresche legen und bewirken, daß die amten haben bei ihrer Thätigkeit ausschließlich Arbeiter Kassenbeamten, welche die Verbandsbestrebungen bestimmen, Arbeiter ihre Gegner auch noch aus eigener Tasche be= interessen zu vertreten, für eine gute Behandlung der als vielmehr die Herren Rendanten und Kassirer der Orts- zahlen müßten, während sie sich so die Leute, die ihnen Franken Mitglieder zu forgen, die finanzielle Geschäfts- Krankenkassen, die vorläufig dort eine gewisse Rolle spielen. paffen, selbst aussuchen. Wir richten deshalb an alle gebahrung im Interesse der beisteuernden Arbeiter abzu- Diese Herren fühlen sich vielfach, wenn auch nicht überall, als interessirten Genossen die dringende Mahnung, den Ver­wickeln und den Kassenvorstand, also wiederum in der etwas Besseres; sie sind aus städtischen Stellungen herüber zu den band der Drts- Krankenkassen- Beamten und die bevorstehende Hauptsache Arbeiter, durch ihre Geschäftserfahrung nach- Orts- Krankenkassen gekommen und haben noch den ganzen Leipziger Generalversammlung desselben hübsch im Auge haltig zu unterstützen. Bei guter Dienstleistung können sie Dünkel des kleinen Beamten in sich, der der Berührung zu behalten. Genossen, welche selbst Beamte von Kassen dafür auch den Anspruch erheben, menschenwürdig bezahlt mit dem Arbeiterrock sorgfältig aus dem Wege geht und sind, sollten ihre Stellung benützen, um auf die Bes und behandelt zu werden, und die Arbeiter werden die in den organisirten Arbeitern natürliche Feinde aller Ord rathungen im Sinne der Arbeiter einzuwirken. Die Ge legten sein, ihnen diese Ansprüche abstreiten zu wollen. nung und Gesetze erblickt. Was diese Beamten in den nossen in den Vorständen der Drts- Krankenkassen aber Dennoch liegen der neuen Verbandsgründung der Orts Kassen im Interesse der Arbeiter leisten, kann man sich sollten die von ihnen bezahlten Beamten hübsch davon ab­Krankenkassen- Beamten materielle Ursachen zu Grunde. Bei denken. Sie sind in ihrer Haltung vielfach durch die halten, solche rollenwvidrige Seitenspringe zu machen, einer Reihe von Kassen haben die Arbeiter noch nicht das frühere Gleichgiltigkeit der Arbeiter bezüglich der Orts- die nur das gute Einvernehmen zwischen Beamten Heft in die Hand bekommen, da waltet noch der Einfluß Krankenkassen - Verwaltung bestärkt worden, außerdem das und Arbeitern zu stören geeignet sind. Auch von der städtischer Behörden oder der Unternehmer vor, oder die durch, daß sie von manchen Städten wirklich als städtische Leipziger Kasse nehmen mehrere Beamte an den Verbands­Arbeiter haben das Regiment noch nicht genügend lange Beamte fest angestellt wurden, obgleich sich dies tein bestrebungen hervorragenden Antheil, und die Leipziger Zeit und deshalb noch keine Gelegenheit gehabt, sich mit Arbeitervorstand einer Orts Krankenkasse gefallen zu Kasse verdankt doch der Arbeit unserer Genossen beinahe den Beamtenverhältnissen beschäftigen zu können. So be lassen braucht, weil die Anstellung und Entlassung der Alles, was sie ist. Wir werden auf die Verhandlungen des stehen denn bei einzelnen Orts- Krankenkassen zum Theil sehr Beamten ganz seine Sache ist. Daß diese Sorte von Be Verbandstages wieder zu sprechen kommen. Nachdem Herr mißliche Austellungs- und Vezahlungsverhältnisse, die uns amten vorläufig noch den Ton in dem Verbande angiebt, von Bötticher neulich gemeint hat, die Regierung wüßte gefähr den bekannten bei städtischen Behörden entsprechen. erhellt z. B. auch daraus, daß der von dem Ren- noch nicht. was sie bei einer Vereinigung der verschiedenen Hier Wandel zu schaffen, ist eine Aufgabe des erwähnten danten Prinz in Rottbus den dortigen Genossen zur Be- Versicherungszweige mit den Krankenkassen anfangen solle Verbandes, deren Lösung unsere Genossen überall zu achtung empfohlen verfaßte Satzungsentwurf die untersten hier ist eben die Zweidrittelmehrheit der Arbeiter der fördern die Pflicht haben. Es soll auf dem Leipziger Ver- Kaffenbeamten in unbegreiflichem Dünfel von der Mitglied Regierung ein Dorn im Auge!-, wollen wir doch bandstage ein Normalkontrakt für die Anstellung beschlossen, schaft ausschließen will. Kassenboten, Krankenkontrolleure zc. wenigstens wissen, wie es mit unserer Selbstverwaltung in die Regelung der Stellenvermittelung besprochen, die Gründung erscheinen den Herren Rendanten" nicht gut genug, um den Krankenkassen steht. von Pensions- und Reliktenkassen vorberathen werden, und sich mit ihnen gemeinsam zu organisiren und für ihre namentlich beachtenswerth erscheint der Vorschlag, Fühlung Lebensbedingungen mit zu sorgen. Dabei wird doch der

Feuilleton. Der Inde.

Deutsches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler .

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Pforte verschwunden, und Dagoberts Auge starrte ihr nach Herz mir zuflüstert, so fürchte ich, daß Regina meiner Nähe in den dunkeln Gang, in dessen Hintergrunde ihr flatterns gefährlich werden könnte. Und welcher tückische Geist mußte des Gewand von dannen rauschte. Eine rauhe Stimme mich verleiten, ihr das Geschenk zu bieten, das, ich fühl 143 ließ sich hinter ihm mit einem gezogenen Guten Tag, edler es, plöglich zu einem geheimen zauberischen Bindemittel Herr!" vernehmen. Wie? Du hier, altes, wildes Ge- zwischen uns geworden ist; der Ring einer Kette, die uns ficht!" fragte Dagobert den begrüßenden Ammon, der mit zu vereinen strebt, obgleich ich selbst dadurch zerissen werde einem Korbe beladen, ins Haus wollte. Euch zu in zwei sich abstoßende Hälften? Gehört denn nur ein Diensten, gestrenger Junker!" antwortete der Alte. Mögt Augenblick dazu, die Vorfäße eines Mannes zu zertrüm So, mein Fräulein," versezte Dagobert leicht scherzend. zugleich wissen, daß auch die Edelfrau zu Frankfurt ist mern, ein geliebtes Bild zu vernichten, und ein andres an Seid Ihr etwa eine weise Sibylle, die in der Zukunft oder und in kurzer Frist hier sein wird. Sie folgt mir auf dessen Statt aufzustellen? nur ein Augenblick, um mit in den Sternen lieft? Prophezeit mir nur recht viel Gutes, dem Fuße. Laßt Euch hier nicht von ihr finden, Herr." Scham die Blicke zu verschleiern, die noch vor ganz kurzer reizendes Wunderkind. Was Eure Kirschenlippen verkünden, Warum denn nicht, alter Jäger?"" Als ob Ihr's Frist frant und offen einem jeden unter den Helm sahen? muß der Himmel verwirklichen, wie eines Engels Ans- nicht wüßtet, versetzte hämisch lächelnd Ammon: Ihr Nicht doch, Dagobert;" setzte er hinzu und ermanate spruch." Regina schüttelte heimlich lächelnd den Kopf verrückt Getauften wie Ungetauften den Kopf, und das sich gewaltsam: Was Dir der Mangel an Selbstgefühl und erwiderte; Ihr redet heidnisch. denke ich. Hier bes Schlimmste bei der Sache ist, daß Ihr ausseht, als und Selbstvertrauen zuflüstert, das ist nicht... - nein! darf es jedoch nur einer tröstenden Zuversicht. Ich habe hättet Ihr nimmer ein Wasser getrübt."" Du bist toll, das ist nie gewesen. Esther! Deine Vorurtheile, Deine Härte meine Sache auf die heilige Mutter gestellt, und sie wird Alter."" Ich nicht, aber das Fräulein wohl mitunter, haben Dich von mir geschieden, aber mein Herz wird Dir mir gnädig sein, das weiß ich; seit einer Stunde weiß ich denn es spricht nur von Euch, denkt nur an Euch, und dennoch immer sehnsüchtig nachweinen. Du hast meine ganz gewiß." Seit einer Stunde?" fragte Dagobert ich wette, seine Träume sind nur von Euch, und da Ihr Brust zerfleischt, aber diese Brust fühlt bis zum ten neugierig und ahnend: D, mein Fräulein, Ihr versteht dennoch ehelos bleiben wollt, was soll die Mutter anders Lebensfunken nur für Dich. Den Schwur, den ich Deinem es, einen ehrlichen Burschen auf die Folter zu legen. Wer thun, als die Tochter hüten vor Eurer gefährlichen Angedenken Leiftete ich will ihn halten. Vom Altar hat Euch denn gesagt...?"" Der Ring, den Nähe? Macht, daß Ihr von dannen kommt. Ihr wißt riß mich das Flehen meines Vaters, aber nicht in die Ihr mir gabt, hat mir alles gesagt!" platte Regina nun zu Deutsch , was die Glocke schlug, und mögt Euch Arme einer Gattin soll sein Befehl mich stoßen, so lange heraus, und setzte schnell hinzu, gleichsam, als fürchte fie, danach richten. Gott befohlen. Dort kömmt die Frau von Du lebst, Geliebte, und wie könnte ich Dich überleben? für ihr Bartgefühl zu viel gesagt zu haben: Nun aber Dürning." so lange Du mir treu bleibst, troß Trennung und fein Wort mehr, guter Junkherr. Seitdem die Glocken läuten, Dagobert konnte sich selbst nicht Rechenschaft geben von Glaube, und wie könnte mein Gehirn so wahnsinnig stehen wir schon an des Vetters Thüre. Wenn die der inneren Gewalt, die in seiner Seele aufbrauste und ihn und verbrecherisch sein, Deine Untreue nur möglich zu Mutter mich jah, so ergeht mir's nicht gut. Lebt wohl von dannen riß, vor der nahenden Edelfrau, wie ein geachten?"

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mein Freund, ich sende Euch durch Ammon, was Eure scheutes Neh vor dem Jäger, wie einen flüchtigen Feind Dagobert, nachdem er auf diese Weise mit seinem Ge­Güte für mich ausgelegt."- Warum diese Erinnerung vor dem Verfolger. Genug, er entging den Blicken der fühl und Gewissen ins Reine gekommen zu sein glaubte, zum Abschiede," fragte Dagobert, dem es jezt schwer fiel, Frau von Dürning schnell und gewandt, und holte erst bemerkte, daß sein Selbstgespräch, oder vielmehr die Ge­sich von der Anmuthigen zu trennen:" Sagt mir lieber, ob in der dritten engen Nachbargasse Athem, um zu überlegen, berden, mit welchen er dasselbe begleitete, Zuschauer an ich Euch nicht wieder sehe? sagt mir, wann es geschieht." warum er eigentlich die Flucht ergriffen. Habe ich denn die kleinen Fenster der umstehenden Häuser gezogen hatten. - Ihr fragt mich zuviel," antwortete Regina eilig und ein böses Gewissen?" fragte er sich aufrichtig und ehrlich, Er schämte sich deshalb, hier ein Schauspiel gegeben zu ernsthaft: daß wir uns aber wieder sehen... verlaßt und glaubte, die Frage verneinen zu dürfen. Weshalb haben, und eilte mit hastigen Schritten, in der nächsten Euch darauf." Mit diesen Worten war sie innerhalb der also diese plötzliche Schew? Wenn ich glaube, was mein Kirche seine brennende Wange zu verbergen und die Heftigs

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