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Nr. 78. 37. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berfiu".

Morgen- Ausgabe.

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Donnerstag, den 12. Februar 1920. Vorwärts- Verlag G.m.b. H.  , GW. 68, Lindenstr. 3.

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Französisch- deutscher Kohlenkonflikt.

Der französische   Ministerpräsident bat der Deutschen Mission in Paris   folgende, vom 8. Februar datierte Note zugehen lassen:

Dazu wird von deutscher Seite erklärt:

Marcus Curtius  .

Die Koblennote vom 8. Februar 1920 cbt aus bom fran zösischen Ministerpräsidenten d ist gerichtet an den Aus Amerika   wird gemeldet, die dortige Brejse Se­deutschen Geschäftsträger. Sie beschwert sich über mangelhafte haupte, daß der Vorwärts" für die freiwillige Rollenlieferungen Deutschlands   gegenüber den übernommenen Selbststellung der Auszuliefernden eintrete. Das iſt, Verpflichtungen. Für die Behandlung der Kobtenlieferungen aus avie unsere Leser wissen, nicht richtig. Freiwilligkeit ist dem Friedensvertrag ift mur dort vorhanden, wo fein physischer oder moralischer Drud auf den Beschluß einwirft. Dem Vorwärts" liegt die Absicht fern, auf die Männer, die auf der Liste stehen, einen moralischen Druck ausüben zu wollen, er beschränft sich vielmehr in diesem Fall und in diesem Stabium der Angelegenheit auf die Rolle des Beobachters. Dabei konnte er freilich nicht verschweigen, daß ihm sie Saltung des Ge­noffen Auer, der auf der Liste zu stehen glaubte und seine freiwillige Stellung ankündigte, biel igmpathischer war als nach Schweden   flüchtete und jetzt an der Spize derer steht, die des Generals Ludendorff, der während der Revolution die auf alle Fälle Vorsicht für den besten Teil der Tapferkeit halten.

Nach den Bestimmungen des Friebensvertrages von Ver­failles Teil VIII( Wiedergutmachungen), Art. 236, Ani. 5,§ 2, hat sich Deutschland   verpflichtet, an Frankreich   7 Millionen Zonnen Kohlen jährlich zu liefern; außerdem soll Deutsch  Ianb jedes Jahr an Frankreich   eine Kohlenmenge gleich dem Unter­Lediglich der Wiedergutmachungsausschus schied zwischen der Jahresförderung der durch den Krieg zerstörten zuständig. Er allein hat das Recht, die deutschen   Kohlenlieferungen Bergwerke des Nordens und des Pas- de- Calais   vor dem Kriege festzulegen, er allein hat die Ausführung der deutschen   Bezpflich und der Förderung der Berginerte dieses Bedens in dem in Betungen zu übertohen, und er hat Maßnahmen gat treffen, falls tracht kommenden Jahre liefern. Lettere Lieferung erfolgt zehn Deutschland   feinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Der fran Jahre lang und darf nicht mehr als zösische Ministerpräsident hat sich mit dieser Note Befugnisse an­gemaßt, die ihm nicht zustehen; daher ist es auch nicht bermumber­lich, daß seine Note von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht Die Verpflichtungen der deutschen   Regierung aus dem Ber­und zu falschen Schlußfolgerungen gelangt. filler Brobololl vom 29. August 1919 find in der Note fachlich unrichtig wiedergegeben. Deutschland   hat in dem Protokoll lediglich erflärt, mit der Lieferung von Kohle an die alliierten und coziierten Mächte sogleich beginnen zu wollen. Bestimunte Mengen Rohlen borzuliefern, hat Deutschland   in dem Protokoll nicht bersprochen. Ms Gegenleistung für diese

20 Millionen Tonnen jährlich während der ersten fünf Jahre und 8 Millionen Zonnen jährlich während der fünf folgenden Jahre betragen. Andererseits geht

aus dem Protokoll vom 29. August 1919 über die Verhandlungen bezüglich Ausführung der Anlage 5. zu Art. 236 des Friedensver­bezüglich Ausführung der Anlage 5. zu Art. 236 des Friedensver trages hervor, daß die Mächte vorläufig übereingekommen find, nicht sofort nach Inkrafttreten des Vertrages die voll. ständige Lieferung der in der Anlage 5 aufgezählten Stohlen ständige Lieferung der in der Anlage 5 aufgezählten Kohlen-­mengen zu verlangen. Deutschland   hat sich verpflichtet, bis zum

30. April 1920

monatlich den Mierten 1660 000 Zonnen zu liefern. Das entspricht einer jährlichen Rieferung von 20 Millionen Zon­men Stohlen und stellt den Erfa ber Förderung der zerstörten franzöfifchen Bergwerde bar. Gin Grsak, der entsprechend bem Schlußfab von§ 10 der Anl. 5 ein Vorrangsrecht genießt. Nun stellen unanfechtbare Dokumente fest, daß Deutschland   im Laufe bes lekten Dezember 10 450 000 Tonnen tohle produziert hat. Gemäß den in dem Brotokoll vom 29. August ausgesprochenen Grundsäßen hätte Deutschland   also an die alltierten Mächte 2 500 000 Tonnen liefern müssen, während es nur 600 000 Tonnen geliefert hat. Die im Monat Januar produzierte Menge ist mertlich geringer gewesen, und der Vertreter der deutschen Ne giemung bei der Koblenunterkommiffion in Effen hat amt­lich erklärt, daß Deutschland   nicht mehr als monat lich 750000 ennen werde liefern können; aber selbst diese Menge ist bis jetzt niemals geliefert worden. Die Gründe, die man borgebracht hat, um die Nichteinhaltung dieser hochwichtis gen Berpflichtungen zu rechtfertigen und die auf die wirtschaft lichen Schwierigkeiten des deutschen   Staates hinweisen, tönnen nicht als stichhaltig betrachtet werden gegenüber der Tatsache, baß Deutschland   für sich selbst eine Quantität zurüdbehält, die erheblich höher ist als die, die sie zur Ausführung ihrer Ber­pflichtungen benuht: 60 Millionen Deutsche   erhalten zurzeit monatlich 8 Millionen Tonnen Kohlen, während Frankreich   für feine Bvölkerung von 40 Millionen aber über 3 250 000 Tonnen monatlich verfügt. Welches Recht fann Deutschland   anführen, um günstiger geftelt zu fein als Frankreich  , dessen Notlage le diglich auf die systematischen Verwüstungen zurüdzuführen ist, die durch die deutsche Oberste Heeresleitung ohne militärische Notwendigkeit und mit dem bestimmten Ziel, die französischen  Industrien zu ruinieren, befohlen worden sind?

Der Entschluß Auers hatte uns gefreut, weil sich da die Sozialdemokratie als die beste Schule des moralischen mutes erwiesen hatte. Mit Leib und Leben, Ehre und Frei­beit für seine Sache einzustehen, ist gute sozialdemokratische Art. Mehr als für die Armee haben für uns in den Beiten unserer Kämpfe gegen die alten Gewalten die Worte aus Schillers Reiterlieb gegolten:

burchaus freiwillige Baritcferung non Ruhle hot bas dantolige Organisationsfouritee in Aussicht gestellt, dem Biebergutmachungsausschus nach seinem Zusammentritt, alfo nach fand auf der Grundlage einer gesamten beutschen Grzeugung bon Infnafttreten bes Friedensvertrages, borauflagen, daß Deutsch­Da tritt fein andrer für ihn ein, 9 Millionen Tonnen Steinfohle im Monat 1660 000 Tonnen Auf sich selber steht er ba ganz allein. monatlich an die Entente liefern soll, und zwar bis zum 30. April Berhalten Auers eine echt deutsche Michelei" jei. Dan In der deutschnationalen Bresse war zu lesen, daß das 1920. Dieses ist eine einseitige Erklärung der alltierten Mächte. fann sich leicht borstellen, welchen Schiag ins Stontor es für mit welcher eine Ermäßigung der in Friedensvertrage   au fich die Herren bedeutete, als dann das ronprinzen­vorgesehenen Gesamtmenge bis zum 30. april 1920 sichergestellt telegramm aus Wieringen fam. Allerdings ließ diefes werden sollte. Der Wiedergutmachungsausschuß hat diese Erklärung Telegramm eine gewiffe diplomatische Vorsicht nicht ver­der deutschen   Regierung gegenüber erst durch Note vom 30. Januar Telegramm eine gewiffe diplomatische Vorsicht nicht ver­1920 bestätigt. Da nach§ 10 des Anhangs V. zu Teil 8 des Frie- miffen. Denn sein Inhalt war nicht ein stolzes, einfaches Sensvertrages die Aufforderungen seitens des Biebergutmachungs- ch gehe!", sondern das Angebot der Selbststellung war an ausschusses und eine bestimmte vertragsmäßig festgesetzte Ankün- die Bedingung geknüpft, daß die Entente auf alle anderen digungsfrist für den Beginn der Pflichtlieferungen entscheidend Auszuliefernden ausdrücklich verzichte. Da vorauszusehen sind, folgt aus vorstehendem, daß eine Berpflichtung Deutschlands   war, daß die Entente diesen Verzicht nicht aussprechen zur Lieferung bestimmter Mengen bisher nicht besteht. Die bis- wird, mußte auch die Erklärung binfällig werden, und es herigen Kohlenlieferungen find als durchaus freiwillig zu be- blieb bei einer Geste, die sich sehr gut ausnahm, aber weiter tradhten, und es kann deshalb auch kein Vorwurf gegen Deutsch  - nichts foftete. land daraus hergeleitet werden, daß bestimmte Mengen richt er­Inzwischen ist aber in diefem 8wischenspiel eine neue reicht worden sind. Im übrigen ist von deutscher Seite in dem Wendung eingetreten. Die Krenzzeitung" weiß nämlich Protokoll die während des ganzen Verlaufs der Verhandlung stets ou melden: nachdrüdlichst abgegebene Erklärung wiederholt worden, daß Deutschland   ohne schwere Schädigung seines wirtschaftlichen Lebens vorläufig überhaupt nicht imftande sei, bedeutende Lieferungen au machen,

Wirtschaftlich betradytet, liegt in der Tatsache der frei willigen Stohlenlieferungen vor Ablauf der im Friedensvertrag borgesehenen Ankündigungsfrist ein gewaltiges Opfer Deutschlands   und zugleich ein schlagenber Beweis für die Be­reitwilligkeit Deutschlands  , seine Pflicht zur Wiebergntmachung

Die französische   Regierung tann   nicht zulassen, daß die deutsche   nach besten Kräften zu erfüllen. Hätte Deutschland   diese frei Regierung in Nichtachtung ihrer Verpflichtungen und obwohl sie willigen Lieferungen nicht übernommen, so hätte es die bisher an bazu imitande wäre, bie Lieferungen nicht ausführt, an denen die Entente gelieferten Stohlen feinem eigenen schwer erschütterten Frankreich   ein spezielles Intereffe und Anrecht hat. Sie ver. Wirtschaftsleben zuführen können. Statt deffen hat es sich dieser langt, daß Deutschland   die übernommenen verfehr erheblichen Stohlenmengen entblößt, um sie zur Wiedergut­pflichtungen ausführt und ist entschlossen, die Rechte der machung zu verwenden. Diese freiwillige Leistung, gegen die sich französischen Nation geltend zu machen, die durch den Friedens die allerernstesten Bedenten aus den Streifen der Volkswirtschaft erhoben haben, hätte eigentlich bolle Anerkennung bon feiten

vertrag sanktioniert worden sind.

der Alliierten verdient.

Schließlich ist noch hervorzuheben, daß der Hinweis auf Bergeltungsmaßregeln,

Unter Bezugnahme auf Artikel 429 des Friedensver­trages eröffnet die französische   Regierung hiermit der deutschen   Re­gierung, daß, da Deutschland   die Bedingungen dieses Vertrages night getreulich erfüllt bat, di Fristen für die Mänmung des die nach dem Bertrage nur im Falle vorfäßlicher Nichterfüllung der befesten Gebiets noch nicht zu laufen begonnen Berpflichtungen in Frage kommen fönnen, sowie auf eine Aende. haben. Fernce, wenn am 1. März 1920 Deutschland  , in weiterer absichtlicher Richterfüllung seiner Berpflichtungen, en Frankreich  nicht die noch rückständigen bereits fälligen Lieferungen fotoie das volle Februarquentum geliefert hat, so wird sich die Regierung der Republik   gezwungen schen, zu

rung des Artikels 429 des Friedensvertrages, der die Räumungs­friften für die befesten Gebiete regelt, nicht verständlich erscheint. Auch für die Beurteilung dieser Fragen ist nicht die französische  Regierung, sondern nur der Wiedergutmachungsaus. idu auständig. Ge ist nicht einzusehen, wie der Wiedergut. machungsausschus Anlaß sinden könnte, derartige Maßregeln in

wirtschaftlichen und finanziellen Sperre und Erwägung zu ziehen. Bergeltungsmaßregeln

U

Wie wir aus den Niederlanden erfahren, ist die freiwillige Stellung des deutschen   Kronpringen ohne Wissen bes Raisers geschehen. Seine Majestät ist von der Schritt voll­fommen überrascht worben. Er werb von ihm entschieben ge­minbilligt. Der Seifer hat dem Kronprinzen die freiwillige Stellung verboten nub hat von dtefer seiner Willensmeinnng bie nicherländische Regierung telegraphisch   verständigt.

der Familien hat das Familienoberhaupt ein umbedingtes Nach den Gewohnheiten regierender und regiert haben­Befehlsrecht gegenüber seinen Mitgliedern. Es ist also nicht daran zu zweifeln, daß sich der Erkronprinz dem Befehl des Erfaiters fügen und hübsch in Wieringen bleiben wird. Nachdem nun auf diese Weise das kleine bengalische Feuerchen vollständig ausgebrannt ist, versucht die mon­archistische Presse den Vorfall doch zu ihren Propaganda­aweden auszubauten. So 3. B. schreibt der fromme Reichs­bote" über den Erkronprinzen:

Er will sich persönlich opfern für sein geliebtes Volt und alle diejenigen, deren Schuld" nur in der pflichttreuen Sin gabe an das Waterland besteht. Sein Schritt erinnert an die Zat bes römischen Jünglings Marcus Curtius  , der sich int Jahre 362 v. Chr. in voller Waffenzüftung in den auf dem Forum in Rom   entstandenen Abgrund stürzte, der sich der Sage aufolge nach diefer Selbstopferung Apieber schlof.

Aleinigkeit baran fehlte. Marcus Curtius   ist nämlich wirk­Der Vergleich würde stimmen, wenn nur nicht eine lich gesprungen, Friedrich Wilhelm aber wird nicht springen,

weil der Papa es nicht erlaubt.

Bon der ganzen Sache wird also weiter nichts übrig und allgemein zu solchen Maßnahmen zu greifen, die sie als burch Der deutsche Rechtsstandpunkt ist völlig unantaftbar. Wenn bleiben, als ein eindrucksvolles Geschichtchen für hohenzollern­bie Umstände geboten erachtet, wie das für folche Fälle der Bertrag jede Blacht, die da glaubt, ihre Ansprüche aus dem Friedens- patriot iche Lefebücher. Man wird den nicht hineingesprun befonders vorsicht. Die franzöfifche Regierung gibt sich der Sofffvertrag nicht ganz erfüllt zu sehen, das Recht hätte, mit Deutschy genen, sondern leben gebliebenen Marcus Curtius   später ein­nung hin, daß sie nicht gezwungen sein wird, andere a land umzuspringen, wie es ihr beliebt, so wäre Deutschland   mal als den Mann empfehlen, der geeignet sei, den Glanz regein gegen Deutschland   zu ergreifen, wie sie das Brotokoll dreißig Jahre lang und länger jeder Billtür seiner einstigen des deutschen   Raisertums su erneuern. vom 10. Januar 1920 und das Schreiben vom 23. Dezember 1919 Striegsgegner preisgegeben. Eigenmächtige Schritte Frank als Bebingung für das Jukrafttreten des Bertrages vorgefehen haben,

Vielleicht wird eingewendet, daß wir für den Erfron­reichs wären reine Afte der Gewalt und nicht einmal im Sinne prinzen nicht gelten laffen wollen, was wir an Auer rühmten des Berjailler Bertrags Afte des Recyts. und daß aus Aurers Selbststelling weil er nicht auf der