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fr. 104 37.Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Prozeß Erzberger- Helfferich.

( Schluß aus der Abendausgabe.)

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Donnerstag, 26. februar 1920

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Wenn ich auf die beiden Fragen geantwortet hätte, dann hätte ich Zurzeit erbeben sich noch Zweifel darüber, wie sich wohl der mir, wie mir mein Rechtsbeistand sagte, eine strafrechtliche Ver- Bufammenschluß am besten gestalten ließe, man glaubt aber int Art folgung zugezogen wegen Verlegung des Urheber- einer 8 wedverband Awischen Berlin und rechts. Vors.: Inwiefern denn? Erzberger : Weil ich Brandenburg den geeignetsten Weg zur Regelung der gemein­Es wird dann Bankdirektor Andree aus Köln vernommen. Briefe veröffentlicht habe, ohne Erlaubnis des Absenders. R.-A. samen Interessen gefunden zu haben. Der Ausschuß Groß- Berlin Beuge: 13 seinerzeit der Unterstaatssekretär Bergmann in Ver- Isberg: Ich habe hier die eidesstattliche Verfiche= ſailles war, vertrat ich ihn bei der Behandlung der Baluta rung des Kaplans Daßbach, in der dieser erklärt, Grz- fteht der Frage nicht unsympatisch gegenüber, wenn er auch ge­fragen. Es handelte sich damals um den Abschluß eines größeren berger habe in einer Unterredung mit ihm die Sprache auf die wisse Schwierigkeiten nicht verkennt, die sich aus der Lastenver­Geschäfts in Holland in einer bestimmten in Deutschland sehr brin- Notiz gebracht und ihn gebeten, dieses Material in Dagbach nahe- teilung zwischen der Provinz und dem Großgemeindeförper ergeben gend benötigten Ware. Da es nicht möglich war, die Ware sofort stehenden Blättern zu veröffentlichen. Daßbach lehnte dies ab, weil werden. zu bezahlen, erklärte sich das holländische Konsortium bereit, dem Erzberger ihm nicht sagte, wie er in den Besitz der Notiz gekommen Reiche die Bezahlung auf eine Reihe von Jahren zu stunden, unter sei und weil er daraus schloß, daß dies nicht auf eine tabel­der Bedingung, daß eine Eicherheit in leichtverzinslichen lose Art geschehen sei. Daßbach hat darauf die Unterredung ab­Industrieaktien gegeben werde. Die Firma Wolff, die mit gebrochen. Diese seine Bekundung hat den Anstoß zu Erzbergers der Privatbank in Verbindung stand, erklärte sich bereit, die Effekten Bernehmung vor dem Untersuchungsrichter gegeben, in der Erzberger dem Reich auf der Basis eines Lombardgeschäftes zu geben. Die die Aussage auf die beiden schon genannten Fragen verweigert hat. Firma Wolff verlangte natürlich für die Hergabe dieser Geffekten, eberg stellt an Erzberger die Frage, ob Jahnke ihm nicht gewisse die nun auf eine ganze Reihe von Jahren für sie festgelegt waren, Schriftstücke angeboten hat und ob der Zeuge dem Jahnke hierfür einen höheren Wert. Wie recht die Firma mit dieser For- nicht Geld zur Verfügung stellte.- Erzberger: Es sind gewiffe derung hatte, geht daraus hervor, daß die Effekten, die damals Leute an mich als bgeordneten herangetreten, weil sie der Ben­30 Millionen Mark Wert waren, bei dem Tiefstand der heutigen trumspartei und mir in dem gegen die Partei, aber aanz Vors.: Hatten Sie diese heftig gegen mich geführten Kampf ihre Unterstübung anboten. Ich Sie zu Marksummen selbständig dieser Firma bewilligt, oder wußte der fann diese Personen selbstverständlich nicht preisgeben. Reichsfinanzminister davon. 3euge: Ich selbst war dazu beschützen betrachte ich vielmehr

Valuta 60 Millionen Mark wert waren.-

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fugt, mit der Firma zu verhandeln. Die letzte Entscheidung stand natürlich beim Minister selbst. Selfferich: Ist es nicht ent­setzlich, daß man die wertvollsten Industrieaktien ans Ausland gab. Sie sind doch wohl darüber informiert, daß die Firma Wolff auf Grund der Unterstüßung, welche ihr das Reich infolge ihrer Gefällig­beit erwies, jebt bemüht ist, eine Vormachtstellung in der deutschen Gisenindustrie einzunehmen? Beuge ver neint Auf die Frage Erzbergers, ob der Beuge glaube, daß es im Interesse des Reiches lag, die Aktien unter allen Umständen zu er­halten, bejaht der Zeuge.

Hierauf tritt die Mittagspause ein.

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Der Diebstahl im Deutschen Flottenverein . Nach der Mittagspause wurde in die Grörterung des Falles Jahnte eingetreten. Es handelt sich um die Entwendung von Schrift stücken aus den Räumen des Deutschen Flottenvereins . Helfferich liest hierzu zwei Stellen aus seiner Broschüre vor. Es heißt da in dem Strafprozeß ivegen Entwendung von Aften aus dem Deutschen Flottenverein hat der Oberstaatsanwalt folgende Feststellungen gemacht:

als eine sittliche Pflicht.

Sera

Die Fraktionen des Provinziallandtages wollen auf Antrag unferer Genossen den Zusammenschluß von Stadt und Land" nach Kräften fördern und sind sich in der prinzipiellen Es ist anzunehmen, daß sich der Seite der Angelegenheit einig. Provinziallandtag noch in dieser Woche eingehend mit der Frage befchäftigen wird, damit man zu einer vorläufigen Klärung gelanat ist, wenn man in der nächsten Woche die zweite Lesung des Gefeßentwurfes Groß- Berlin beginnt.

Milchverteuerung und Waisenkinder.

Die Stadt Berlin hat für ihre in Familienpflege ge gebenen Waisenfinder vor kurzem das Pflegegeld weiter erhöhen müssen, weil sonst die Waisenverwaltung bei der allgemeinen Leuerung feine Pflenestellen mehr gefunden hätte. Die Zulagen find aber so gering, daß der Gesamtbetrag des Pflegegeldes noch lange feine ausreichende Bergütung für die von den Pflege­Teuten auf die Kinder verwendeten Ausgaben und. Mühen darstellt. und nun ist plöglich die sprunghafte Steigerung des mildpreiies dat gekommen, die den Pflegeleuten eine neue fchwere Paft auferleatl

t.-A. Alsberg: Nach Ihrer Auffassung ist es also eine fittliche Pflicht, einen Dieb zu schüßen? Erzberger: Jch wiederhole: Es war fein Diebstahl. N.-A. Alsberg: Wofür hat der Zeuge dem Jahnke damals Geld gegeben?- Erzberger, nach einer Pause: Darauf fann ich nicht antworten.( Bewegung im. Saal.) R.-A. Alsberg: Mir liegt hier ein Brief des Onfels von Jahnte Das Pflegegeld pro Monat beträgt feit der letzten Erhöhung bor , in welchem er schreibt, daß Jahnke sich vor dem Diebstahl in war für Säuglin e 72 Mart, finkt aber ichon bei 1-2 jährigen finanziellen Schwierigkeiten befand. Jahnke schrieb an Erzberger Mindern auf 54 Mart, bei 2-3jährigen auf 36 Mart, bei 3-6 jährigen und bot ihm gegen Bezahlung die Schriftstüde an. auf 30 M., wofür die Pflegeleute die gesamte Belöftigung liefern Herr Erzberger hat das Angebot angenommen. Erzberger, müssen. Man überlege fich mal, was einer Pflegefamilie au­unterbrechend: Falsch! Alsberg , fortfahrend: In dem Brief gemutet mird, wenn sie z. B. für ein 3-4 jähriges Kind, das be­heißt es weiter: Es war Erzberger bekannt, daß Jahntes fonders schwächlich ist und daber einer besonders reichlichen Milch­Sohn der Dieb war. Erzberger verhalf Jahnke zur lucht menge bedürfte, täglich 1 Liter Milch anschaffen soll. Seit der nach Belgien und brachte ihn dort in einem Kloster neuesten Milchpreis erhöhung muß. fo flagt uns eine solche Pflege­unter. Die Kinder Jahnkes wurden in katholischen Anstalten frau, das ganze Pflegegeld im Betrage von 30 M untergebracht. Grzberger: Alles falsch! Ich erkläre pro Monat für die Mild allein ausgegeben werden, so unter meinem Gid, daß mir immer wieder versichert worden daß fie die gesamte übrige Nabrung aus eigener Taiche zu bes ist, es handele sich nicht um einen Aktendiebstahl. R.-A. AI3- zablen hat Sie fragt, ob der in Aussicht gestellte Rufchuß zur berg: Und ich frege Sie unter Ihrem Gid ,. ob Sie das auch ge- Milchbeschaffung nicht auch auf folche Kinder fich eritrecken foll. glaubt haben. Erzberger: Ich möchte folgendes erwähnen: Wir halten gegenüber der Milebberteuerung einen Ausgleic Im Jahre 1907 wurde der Fall Jahnke auch im Reichstag erörtert. durch Kostenzuschuß oder durch Pflegegelderhöhung für, dringen Die Abgeordneten Fischer und Schäfer erklärten damals beide, fie nötig, nicht nur bei den Säuglingen, sondern bei allen Rindern feien nicht der Ansicht, daß es sich um einen Diebstahl handle. Und für deren Ernährung Milch noch von ausschlaggebender Be­deutung ist. ich selbst habe auch nie angenommen, daß hier ein Diebstahl vor­gelegen hat. Gine längere Debatte entspinnt sich darüber, ob über den lekten Teil der Anklage die Beweisführung am morgigen Lage angetreten

werden soll.

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Damit wird die Situng geschlossen. Am heutigen Donnerstag wird zu dem letzten Punkt der Anklage der frühere Reichs tangler b. Bethmann Hollweg und der Abgeordnete Dr. Stresemann vernommen.

Groß- Berlin

Biel Dbfer freubigteit gehört überhaupt dazu, der Stabi ihre Waifenfinder abzunehmen, fie für ein tärgliches Pflegegeld fau Kleidung noch aus eigenen Mitteln zu ergänzen. In der Berline au machen und die von der Waifenverwaltung gelieferte noidünftig Waifenpflege galt stets der Grundiaß, daß man flecelente nicht ausreichend entfchädiate, sondern ihnen den Gotteslohn" mit in Rechnung stellte. Wär's nicht bald Zeit, mit dieser Aus­beutung der Gutherzigkeit finderlieber Leute endgültig zu brechen? Es werden nun", schreibt uns jene Frau, .manche Leute fagen: Warum nehmt Ihr Euch fremde Kinder? Ja, wenn wir alle fo denten würden, was follte denn aus den unichuldigen Gefchöpfen werden!" Was in dieser Zeuerungszeit aus Waiienkindern werden muß, wenn nicht die Waisenverwaltung die Möglichkeit ausreichender Ernährung schafft, fann man sich leich vorstellen.

" Dem als Zeuge vernommenen Abgeordneten Erzberger ist der Dieb offenbar bekannt. Da er sich aber bereit erklärt hat, zu beschwören, daß er nach bestem Wissen annehme, er würde fich durch eine Auskunft die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung zu ziehen, wird er zu einer Aussage nicht gezwungen werden können." Weiter heißt es in der Broschüre: Hat nicht etwa im Flotten­vereinsprozeß Herr Erzberger sich bereit erflärt, zu beschwören, daß er nach bestem Wissen annehme, durch eine Aussage über den Dieb sich selbst einer strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen?" Aus den Akten des Falles Jahnke wird dann festgestellt, daß die Staatsanwaltschaft gegen Jahnke die Anflage wegen schweren Diebstahls, Hausfriedensbruches und Sachbeschädigung erhob. In der Voruntersuchung wurde am 3. Oktober 1907 der Abgeord­nete Erzberger in der Straffache gegen Jahnke wegen Dieb­stahls von Akten im Deutschen Flottenverein eidlich vernommen. Es wurden ihm zwei Fragen vorgelegt: 1. Ob er wisse, wie und durch wen die entwendeten Schriftstücke in die Hände des, Bahe­rischen Kuriers" gekommen seien. 2. Ob er wisse, ob Jahnke das Material übermittelt habe. Darauf habe Erzberger fich gemei Berlin und Brandenburg . gert, eine Aussage zu machen, weil er sich dadurch eine Wahlentrechtung bei Elternbeiratswahlen. Strafrechtliche Verfolgung zuziehen würde. Und er hat dies auch Zusammenschluß zum Zwecke des Lastenausgleichs. Der Einfall, bei den Elternbeiratswahlen den Pflege­beschworen. Später wurden dann auf Antrag des Staatsanwalts Bevor noch die Einbeitsgemeinde Groß- Berlin in Kraft ge- eltern und auch den Stiefeltern das Wahlrecht vorenthalten die Angeschuldigten außer Verfolgung gejezt, da eine Reihe von treten ist, beginnt man sich bereits mit der Frage zu befchäftigen, zu wollen, bat berechtigte Verwunderung und Entrüstung hervor­Entlastungsmomenten bekannt wurden. Auf eine Anfrage des wie ihr Zusammenschluß mit der Provinz Branden gerufen. Une geben immer noch Slagen von Leuten zu, die gegen­Rechtsanwalts Löwenstein bei der Staatsanwaltschaft, ob nicht burg au ermöglichen wäre. Man bält, wie uns mitgeteilt wird, über solcher Entrechtung fragen, warum sie, die doch in wirt­gegen Herrn Erzberger ein Strafverfahren einge- den Zusammenschluß deshalb für wünschenswert. weil man die ichaftlicher to te erzieblicher Hinsicht leitet werden würde, antwortete die Staatsanwaltschaft, daß dies nicht schwierigkeiten fürchtet, die bei der kommenden finanziellen Aus- tändig Eltern stelle vertreten müsien, feinen beabsichtigt sei, da kein Anhalt für eine strafsaree- einandersetzung zwischen Groß- Berlin und Brandenburg sich un- findes haben sollen. Ein Mann, dem bei der Verheiratung die mitbestimmenden Einfluß auf die Schule ihres Pfleges oder Stief günstigung vorliege.. Erzberger: Ich bin damals vor dem Untersuchungsrichter gefragt worden, wie der Artikel in die Presse weifelhaft ergeben würden. Es handelt sich hier besonders um grau ein nicht von ihm erzeugtes uneheliches Kind in die Ebe gekommen sei, und darauf habe ich meine Aussage verweigert, um die 2a sten für gewisse Einrichtungen, die bisher allein von der mitbrachte, schildert uns, was er jett mich nicht der Gefahr einer Strafverfolgung auszusehen. Nach Broving getragen werden, aber zum übergroßen Teil für Groß- Aufstellung bon Liften für die Elternbeiratswahlen er­dem Diebstahl bin ich gar nicht gefragt worden. Berlin von wirklichem Nußen sind. lebte. Gr batte das Kind gonz als eigenes behandeli

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Jan Krebsereuter.

Seine Taten, Fahrten und Meinungen. Aufgezeichnen von Hans Müller- Schlösser.

A13 Jan die Tür oben auf dem dritten Stod öffnete und eintrat, sprang fogleich die kleine Madam Krüll vom Stuhle auf, trippelte unter den lebhaftesten Gebärden auf ihn zu, aarmte ihn und plapperte:

In der Nacht hatten zwei einen unruhigen Schlaf und wälzten sich in schweren Träumen. Tünnes sah afrikanische Affen auf feiner Decke siten, die Federchen in die Luft bliefen und mit Diamanten und Säckchen voll Tabak Fangball spielten. Um Jans Bett standen vier Gestalten. Die eine blickte ihn ernst an und sagte bloß: Et End' trägt die Last!" Die andere hielt ihm ein Gebetbuch unter die Nase, die dritte schwenfte eine lange Pfeife, und Bibelsprüche rieſelten wie ein Landregen unaufhörlich auf Jan herab. Die vierte rief in einem fort: Manieren! Manieren! Manieren!" Jan schüttelte im Schlaf den Kopf und schlug mit den Händen um fich, denn er hatte keine Luft, sein Leben nach Ratschlägen und Weisheiten anderer einzurichten, sondern wie die meisten Menschen nach solchen, die er selber und meist mit seinem

,, Oh la la, der kleine Jean will partir( reisen) in die weite Welt. Der Petit- Jean will, werden ein Grand- Jean! C'est juste!( Recht so!) Der fleine Jean muß verdien viele Geld, daß die arme Eltern nicht brauch mehr zu arbeiten, oh, muß werden eine so große Mann wie mon petit Matthieu. He, Schaden erkaufte. ist so fleißisch, mon Matthieu! Macht die große Bücher bei Monsieur Levrault. Ist eine gute, gute Junge, mon Matthieu, oui! Par exemple( zum Beispiel) bringt so schöne Taler für jeine alte maman. Tiens, mon cher,( Salt, mein Lieber) diese kleine Andenken von die Madam Krüll"

Sie holte aus der großen Tasche aus rotweißgestreifter Leinwand, die sie unter dem Kleiderrode trug, ein in schwar­zes Leder gebundenes, rotgeschnittenes Gebetbuch heraus und gab es Jan.

aus Anlaß

boll.

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Da kam plötzlich einer feuchend aus der Zitadellstraße her gelaufen. Es war der dicke Tünnes. Er fletterte durch das eiserne Werftgeländer, hielt sich daran fest und legte sich weit hinaus und winkte und schrie:

Jan! Jan! He, Jan!" Ad- chüs, Tün- nes!" schaffte es schwach und vom Winde auseinandergezerrt herüber.

" Jan, schrie Lünnes wieder, ich werd' auch Schiffer! Wir zwei treffen uns in Rotterdam !"

Jan blieb am Steyerruder stehen und schaute mit nassen Augen auf die Stadt zurück, deren Giebel und Türme lang sam im blauen Morgendunste versanten, während das strah­lende Gelb der Sonne, das sich in breiten Strömen über den Simmel ergoß, ihr einen goldenen Hintergrund gab. Der An anderen Morgen die Uhr der Franziskaner Kirche schiefgedrehte Turm von St. Lambert, der mit feinen vier schlug eben seche- standen drei am Rheinwerft, Grades, die ichlanken Edtürmchen scharf in den Glanz bineinstach, war Sände tief in den Taschen seiner Jacke, das qualmende Mug- das letzte, was Jan jah, dann senften hervorstürzende Tränen pfeifchen unter der Nase; Trüdeke, ein Tuch um die Schul- einen Nebelvorhang vor seine Augen. Er setzte sich in der tern und ab und zu sich schüttelnd, denn ein kühler Morgen- Nähe des Steuerruders auf einen Haufen Taue und weinte wind blies vom Wasser her; Jan, ein Bündel mit seinen in fein rofarotes Sacktüchlein hiein. Siebensachen an der Sand, hielt seine gerötete Nasenspite Träge glitt das schwerbeladene Schiff dahin. Die klei­nach dem langgestreckten Holzschiffe hin gerichtet, auf dem er nen, fribbeligen Wellen plätscherten über den Rand. feine Schifferlaufbahn beginnen sollte.

Da hob sich ein dicker Kopf aus der Kajütenklappe. He! Hallo!" rief Grades, und der Kopf drehte sich herum. Ah," antwortete der Kopf, da seid Jhr ja!" Jan, komm' an Bord!" Jan feufzte tief auf und umarmte feine Mutter, biß aber. auf die Zähne, um mannhaft zu bleiben.

,, Tiens, mon cher! Mon Matthieu hat selber gemacht diese Buch, oui! Très joli, n'est- ce pas? très magni­fique!( Sehr schön, was? sehr prächtig!) Diese Buch kann sprech wie die kleine maman! Wenn du bist traurig, Jean, und du nicht wissen, wohin mit deine chagrin( Summer), ch, da brauch bloß zu lesen in diefe Buch ein Gebet an die Sainte Vierge( Heilige Jungfrau) und du glauben zu hören die Stimme von deine maman, ganz leije: Liebe, fleine Jean, ich bin doch bei dich! Brauchen nicht Bu sein traurig!" Oui, und du fühlen, wie fie streicheln über deine Backen.- Grades drückte ihn rasch und beftig an sich, nidte dann la la!" unterbrach sie sich, die fleine Madame Grades wei- bloß ein Grungen heraus, und so nichte er wieder. Oh, und wollte was fagen, er machte den Mund auf, aber es fam men! Oh, oh!"

Trüdeke drückte die Schürze gegen die Augen. Grades zerquetschte seine Nase und grunzte.

Jan lief mit dem Gebetbuch in der Hand auf seine Mutter zu und fiel ihr um den Hals. Zum ersten Male war ihm das Bewußtsein der Trennung gekommen und nun weinte er an der Brust seiner Mutter die ersten Abschiedstränen, die bittersten, die es auf der Welt gibt, und zugleich die schönsten, weil sie uns fühlen lassen, wieviel Liebe unser Herz verschämt und schüchtern verschließt.-

Tränen über die Backen liefen. Jüngke, bleib' brad!" lispelte Trüdeke, während ihr die

Jan drehte sich rasch um und ging mit festen Schritten über das schwankende Gangbord. Er fühlte, wie ihm die Augen heiß wurden und ihn etwas im Halfe würgte, aber er fchludte es tapfer herunter und sprang auf das Ded.­

Eine Viertelstunde später pluntichten die Troffen ins Wasser, und das Schiff wurde mit langen Stangen vom Werft abgestoßen. Rangiam trieb es hinab.

Jan stand hinten am Ruder und winfte mit seiner Kappe. Trüdeke ließ ihre Schürze im Winde flattern, und Grades hob die Hand mit der Mußpfeife und bewegte sie hin und her.

,, He, Jung!" rief der Kapitän, der das Nuder führte, und spudte einen braunen Strahl ins Wasser ,,, nu hörschde uf mit dem Greine, du Sannebambel, sag' isch d'r! Nu gehschde nunner in de Kombüs mit dem Bäckelsche un dann kummschde widder nuff und kannscht das Ruderdeck schrubbe."

Jan schaute erstaunt auf, denn das war ein Umgangs. ton, wie er ihn nicht gewöhnt war, noch nicht einmal von feinem Lehrer Bochem, und er wollte dem Kapitän sagen, daß er mit diesem Tone nicht einverstanden wäre, da fiel ihm die Weisheit seines Vaters ein: Du mußt schweigen, und wenn dir's Maul schäumt!" und er iduvieg, stand auf und tat, wie der Kapitän ihn geheißen botte, aber nicht zu dessen Rufriedenheit, denn während er Wasser über das erhöhte Deck goß, wo der Kapitän am Ruder stand, rief der:

,, Du derfst disch e bisfel dummele, sag' isch d'r!- Salt' disch von de Kant, nachber fällt nein un biicht versoffe. Dolfbatich, wo du biicht! Saicht fei Auge im Stopp?! Bloticht mir den ganze Ploticher über dik du Loddel! Willscht schon am eerschte Dag dei Fett Frieche?!"

,, Man fann nit gegen' ne Backofen japen," murmelte Jan, um sich zu beruhigen. orti. folgt.)