(Schluß auZ der AbeiÄauSgab«.)' .Bors.: �Wie komm-t inin Exzelleuz Spahn in die
SroKe Politik im ErZbergerproZeK.
hineW?— He lf f« r i ch: Er war auch dabei. Aber wir sind durch den Herrn Nebenkläger ganz von unserem Thema abgekom- me«.— Erzberger : lieber die von mir geschilderten Vorgänge können Exzellenz Sols und Herr v. Berger bestimmbe Angaben mache». Ach hatte viele llnterretungen mit dem Kanzler und kann mich an die Einzelheiten jeder Unteredung nicht mehr erinnern. Wer was ich in großen Zügen hier gesagt habe, stimmt durchaus.— Vors.: Ich habe immer noch nicht gehört, ob Sie Exzellcmz Helfsorich oder dem Reichskanzler von Ihrem Vorstoß Mitteilung gemacht haben?— Erzberger: Ich hatte Herrn v. Berg er, dem politischen Vertrauensmann des Reichs- kanzlers davon Mitteilung gemacht. Geheimrat v. G o r d o n: Ich richte nun an den Herrn Neben- kläger die Frage, was der A dm i ral stab ihm cruf seine Anfrage geantwortet hat?— Erzberger: Es war eine vollkommen nichtssagend� Antwort.— R.-A. Alsberg: Weshalb ist dieses Schreiben Ms Admiralstabs von dem Herrn Nebenkläger nicht herbei geschafsl und dem Gericht überleben worden?— H c l f f e- rich: Ich bitte dringend, Exzellenz Spahn zu den Vorgängen im Reichbamt des Jimer» am 80. Juni! zu vernehmen. Geheimrat v. Gordon: Hat sich in der Sitzung des Haupt au-Zschnsses am&■ Juli die Debatte über die ll-Boot-Frage aus der allgemeinen Diskussion entwickelt?— Erzberger: Ich hatte mich dahin ausgesprochen, baß wir, alle Parteien, unS wieder auf den Boden des 4. August stellen sollten. ES sollte ge- wissermaßen ein« einmütige Kundgebung zustande kommen. Das wäre nach meiner Ansicht sowohl im Lande alS auch nach außen hin politisch außerordentlich wirksam gewesen.— R.-A. Alsberg: Soll hier vielleicht behauptet werden, daß durch den Verlauf der Debatte im HauptauSschuß Herr Erzberger zu seinem Vorstoß ge kommen ist? Sind Sie nicht, Herr Erzberger . bereits mit der festen Absicht in die Sitzung gekommen, die 11 Boot-Frageanzu schneiden?— Erzberger: Ich wollte den Reichstag zu einer wuchtigen Kundgebung zusammenbringen; in welcher Form diese Kundgebung zustande kam, stand noch nicht fest.— R.-A.: Alsberg : Ich frage Sie nochmals: War Ihr Vorstoß beabsichtigt?— Erzberger : Das war ja gar kein Vorstoß. Auf meine erste Rede hatte Admiral v. Capelle in nichtssagender Weise erwidert.— H e l f fe r i ch: Ich bitte dringend. Exzellenz Wahnschaffe, den damaligen Chef der Reichskanzlei zu laden, der bekunden wird: Wahnschaffe wollte auS der Sitzung nach Hause gehen und befand sich bereits an der Tür, als der Abgeord- nete Südckum zu ihm trat und ihm sagte:«Bleiben Sie hier, jetzt kommt gleich die große Sache."— Erzberger : Admiral Capelle hatte in nichtssagender Weise geantwortet, die Re gierung arbeitete immer noch nach dem alten Programm:.Durch- halten." Wir stellten uns damals auf den Boden, daß das nicht so weitergehe. Wie auS dem Stenogramm zu ersehen ist, ent. Wickel te sich bereits aus den Sitzungen am 4. und S. Juli die Friedensresolution.— R.-A. Alsberg: Das ist unrichtig. Herr Erzberger ist in die Sitzung des Haupt- auSschuffeS gekommen mit der festen Absicht, den Vorstoß in der U-Booi-Frag« zu machen. Hierüber bitte ich, Exzellenz Wahnschaffe zu vernehmen.— Helfserich: Ich bitte, folgendes zu beachten: Wenn Herr Südekum und Herr Erzberger vorher wußten, waS in der Sitzung passieren würde, wie da? Beispiel Wahn- schaff« zeigt, der Kanzler aber nicht darüber unterrichtet war. was kommen sollte, dann war der Vorstoß deS Herrn Erzberger nach meiner Ansicht ei» feiger veberfall aus dem Hinterhalt. Der Vorsitzende verliest dann die Rede ErzbergerS im Haupt- ausschuß vom 5. Juli 1V17. H e l f f e r i ch: Die Rede deS Abgeordneten Erzberger hat e i n e ungeheure Aufregung hervorgerufen, so daß der damalige Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, der jetzig« Reichs- Präsident Cbert, den Antrag stellte, die Sitzung auszuheben. Ich habe unmittelbar darauf von meinem Recht als Mitglied des Bundesrats, jederzeit da» Wort ergreifen zu können, Gebrauch ge- macht und Herrn Erzberger geantwortet.(Helfferich verliest die Ant. toort.) Ich habe mich gegen sein« Kritik de? U-Boot- Krieges gewandt und habe betont, wenn wir uneinig würden, so seien wir verloren. Ich habe diese Erklärung abgegeben, um den Eindruck der Erzbergerschen Rede abzuschwächen. Erzberger hat in der.Deutschen Allgemeinen Zeitung" vom 2. Juni erklärt: „Die Bemühungen erfolgten nach eingehender Rücksprache mit dem Reichskanzler v. Bethmann Hollweg , der sie als Kampfmittel gegen die Alldeutschen billigte. Mit den Staats- sckretären Graf Rödern und Dr. Solf und auch mit Dr. Helfferich, der auch ein halbes Jahr vorher seiner Denkschrift gegen den U-Boot- Krieg eine Anzahl von Reden für den U-Boot-Krieg hat folgen lassen und der sich gegen die Friedensresolution aussprach. Er weiß also am besten, daß die Aktion nicht ohne Benachrichtigung der Reichsregierung erfolgt ist. DaS ist die erste grobe Un- Wahrheit." In Wirklichkeit war daS, was Erzberger vorgebracht hatte, eine ausgesuchte Unwahrheit. Ich habe darüber »n der Broschüre gesagt:„Die Wahrheit ist, daß Herr v. Bethmann ebenso wie ich und die sämtlichen in der Ausschußsitzung anwesenden Staatssekretäre durch den Erzbergerschen ResolutionSvorstoß völlig überrascht wurden."— Erzberger : Ich möchte alS Zeuge hier- zu folgendes erklären: Gewiß war als Ausgangspunkt der Frieden Srefolution die U-Boot-Frage gedacht. Ich habe vorher nickt von der FriedenSresolution, sondern von der FriedenSaktton als solcher gesprochen. Ich habe den Reichskanzler von den Ausführungen, die ich zur U-Boot-Frage im Haushalts- ausschuß machen wollte, Kenntnis gegeben, allerdings nickt von der Friedensresolution, R.-A. Alsberg: Sie unterscheiden jetzt zwischen den Ausführungen, die Sie am 4. und 8. Juli gemacht haben, und der Friedensresolution und behaupten, daß Sie dem Reichskanzler von den Ausführungen, die Sie machen wollten, Kenntnis geben wollten.— Erzberger : Bon einer Friedens- refolution habe ich dem Reichskanzler gegenüber nicht gesprochen.— R.-A. Alsberg: Dann hat der Angeklagte doch recht, lvenn er den unbeeidigten Herrn Erzberger . dem vereidigten gegenüberstellt. Denn der unvereidigte Herr Erzberger hat im Gegen- setz zum beeidigten Herrn Erzberger am 2. Juli in der.Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" behauptet, er habe von der Juliresolution vorher dem Reichskanzler Kenntnis gegeben, und der Reichskanzler habe sie als Kampfmittel gegen die Alldeutschen gebilligt.— Erzberger: Ich kann mich nicht jeder Einzelheit genau erinnern. Ich habe mit Herrn v. Bethmann Hollweg über die Aktion gesprochen, aber, wie sie letzten� Ende? ausfallen würde, konnte ich dock nicht vorher mit Km durchsprechen.— Helfferich: Hieraus die Schlußfolgerungen zu ziehen, ist Sache des Gerichts. Dr. Späh» alK Zeuge. Es wird zu diesem Punkte hierauf der frühere Staatssekretär Exzellenz Dr. Spahn vernommen, der sich wie folgt äußert: Vor der Sitzung, in der der Reichstag eigentlich Kredite bewilligen sollte, habe Staatssekretär Helfferich mit den einzelnen Parteien zu der Kreditfrage ein« Rücksprache genommen. Am End« dieser Unterredung sei dann die U-Voot-Frage aufgeworfen worden. Auf die Erklärung eine? Abgeordneten, daß man Hinsicht- lich Englands die Wirkungen deS U-Boot-KriegeS falsch beurteile und auch mit der Heranziehung der neutralen Tonnage nicht gerechnet habe, erklärt« Herr Helfferich, die erwähnten Zahlen seien
l dem NeichSmarnieamt bekannt, und er bat im Anschluß daran, diese Sache' Zahlen doch keinesfalls in der Kommission zu erörtern. Der Ab-
geordnete Erzberger habe darauf gesagt:„Gott be wahre!"— Erzberger : Habe ich nicht den Vorbehalt ge- macht, daß ich«rst auf die Antwort de? Admiralstabs warten würde. — Zeuge: Das ist mir ganz neu.— Erzberger : Wissen Exzellenz. daß die Sozialdemokraten die Kredite nicht b« w N l i g e n wollten?— Zeuge: Nein.— Erzberger: Daß sie später bei einer Probeabstimmung die Kredite nicht bewilligt haben?— Zeuge: Ich kann mich nicht entsinnen.— Erz berger : Daß damals alle Kraft aufgeboten wurde, um die Sozial- demokraten zur Bewilligung zu bewegen?— Zeuge: Ich war bei diesen Verhandlungen persönlich nicht zugegen.— Helfferich : Können sich Exzellenz erinnern, daß in der Budgetkommistion der Abgeordnete Erzberger diese auffallende Rede hielt, die allgemeines Auffehen erregte?— Zeuge: Ja, natürlich.— Helfferich: Während Erzberger sprach, beugten Sie sich über Staatssekretär Zimmermann, der neben mir saß, hinüber und sagten zu mir: „WaS ist denn das? JstdenndasmitdemReichSkanzler verabredet?" Und ich habe Ihnen darauf geantwortet:.Ich bin genau fo erschlagen wie Sie.— Zeuge: Für mich war diese Rede überraschend.— Vor f.: Exzellenz waren also als Vorsitzender der Fraktion von der Rede überrascht?— Zeuge: Jawohl!— Erzberger: Standen nickt noch mehr ZentumSabge- ordnete auf meinem Standpunkt, z. B- der Abg. GieSberts?— Zeuge: Ich entsinne mich nicht.— Erzberger : Gleich in der ersten Fraktionssitzung wollte ich die innerpolitffchen Fragen zur Erörterung gestellt haben. Aber der Vorsitzende nahm dann die Kredit- bewillignng vorweg.— Vors.: Wenn Exzellenz eine Ahnung gehabt hätten, daß die Friedensaktion besprochen werden sollte, hätten Si« das vorweg genommen?— Zeuge: Jawohl!— R.-A. Alsberg: Gehört es nicht zu den Gebräuchen, daß, wenn ein Abgeordneter etwa» vorbringt, er Ihnen als dem Vorsitzenden davon Kenntnis gibt?— Zeuge: Nicht mir persönlich, sondern der Frak- Hon.— Helfserich: Am 11. Juni übermittelten Sie und der Abg. Fehrcnbach eine Entschließung der Zentrumspartei , in der als Er- gSbniz resümiert wurde, daß die Fraktion in ihrer Mehrheit k e i n en resümiert wurde, daß die Fraktion in ihrer Mehrheit keinen. Anlaß zu einem Rücktritt des Herrn v. Bethmann Hollweg steht, daß eine Minderheit allerdings den Kanzler als Friedenshindernis ansehe. Am Nachmittag fand die FrakffonS- sitzung statt und am Vormittag hat bereits Erzberger zum Kro»- prinze« gesagt, daß Herr v. Bethmann Holl weg vom Zen. trum fallen gelassen würde. Hierauf tritt die Mittagspause ein. Hethmann tzollweg über üle 5rieöensrLso!ut!0n. Nach der Mittagspause wird die Vernehmung deS früheren Reichskanzlers v. Bethmann H-llweg zur Friedensresolution aufgenommen. Vors.: Ich bitte Ew. Exzellenz sich zur Friedensresolution zu äußern. Wollen Sie sich darüber aussprechen, ob Sie von dem Vorstoß des Abgeordneten Erzberger i n Kenntnis gesetzt worden sind? Exzellenz Helfferich behauptet, daß Sie dahin informiert waren, daß Erz- berger nicht» unternehmen werde, während Exzellenz Erzberger behauptet, er habe Sie vorher unterrichtet.— v. Bethmann Hollweg : Der Abgeordnete Erzberger hat mit mir die Absicht einer Kundgebung, wie sie später in der Friedensresolution zu Tage trat, weder b e. sprachen noch mit mir vereinbart. Erzberger wußte, daß die Regierung nach wie vor aus dem Standpunkt stand, daß wir «inen Verteidigungskrieg hatten und weder hat Herr Erz- berger die Friedensresolution vereinbart, noch hat er mir einen dahinzielendcn Vorstoß seinerseits mitgeteilt. Im Gegenteil, Herr Erzberger hatte, wie mir vom Staatssekretär Helfferich mitgeteilt worden war, bei einer Besprechung am 80. Juni Helfferich gegen- über erklärt, seitens des Zentrums liege nichts vor. Di« ReichStagStagung werde völlig ruhig verlaufen.' Um so mehr war ich nachher erstaunt und durch den Inhalt und die Form der Rede ErzbergerS vollkommen überrascht.— Bor s.: Minister Erzberger sagt«, er hätte angedeutet, daß am 4. Juli der Vorstoß erfolgen werde, wenn er die U-Boot-Frage anschneide.— b. B et h. mann Hollweg: Ich wiederhole, daß ich vollkommen überrascht war. Die Stimmung im Hauptausschuß war ja wohl erregt ge- Wesen, doch hatte«S den Ansckein, als würde Beruhigung Platz gveifen.— Vors.: Trotz deS Vorfalles am 4. rechneten Sie nicht mit dem Vorstoß am k?— Zeuge v. Bei hmcxnn Holl weg: Nein, ich hatte den Eindruck, daß ErzbergerS Rede am 6. Juli einen unerwarteten Wandel in seinen taktischen Pia- neu darstellte. Ich hatte der Reden nicht.selbst beigewohnt, aber nack Schluß der Sitzung de» HauptauSsckusses kamen Wahnschaffe. Helfferich , Capelle , Zimmermann und Graf Roedern, um mir über die Vorgänge im HauptauSschuß Bericht zu erstatten. Ueber- einstimmend schilderten die Herren, daß durch ErzbergerS Rede eine ernste kritische Lage geschaffen worden sei.— Vors.: Konnte Staatssekretär Wahn- schaffe von der Absicht ErzbergerS etwa gewußt haben?— v. B e t b- m ann Hollweg: Hätte Herr Wahnschaffe irgend etwas gewußt, dann hätte er mich informiert.— Helfferich: Ist es denkbar. daß ein anderer Staatsbeamter, vielleichr Herr v. Bergen zu Ew. Exzellenz von der Absicht des Vorstoßes gesprochen hat?— v. Bethmann Holl weg: Nein, ich hätte fönst unter allen Umständen Wahnschaff« informiert.— Bor?.: Exzellenz Erzberger ägte selbst, daß Sie ihn wegen seines Vorstoße» zur Rede gestellt und ihm gesagt haben: Sie haben Pich ja überfallen, wie Ziethen a»S dem Busch.— v. Bethmann H o l l weg: Ich bat Erz- berger um eine Unterredung; er kam am 6. Juli, 3. Uhr nach- mittags. Ich sprach Herrn Erzberger mein Erstaunen über seinen Vorstoß aus und gebrauchte dabei die eben zitierten Worte. Erz- berger bestritt einen U«verfall mit dem Hinweis, daß wir ja beide hinsichtlich des Verteidigungskrieges und des U-Boot- Krieges einer Ansicht seien. Ich sagte': Das eine schließt das andere ja nicht aus. DaS hindert nicht» an der Tatsacke, daß ich völlig überrascht bin. Erzberger erwidert« mir: Ter Vorstoß habe nur den Zweck gehabt, für mich eine tragfähige Reichs- tagSmehrheit zu schaffen. Erzberger hat bi» zum Jahre 1917 fast wöchentlich zwei- oder dreimal um Unterredungen gebeten. Ich gewährte sie ihm, wie fedem anderen Abgeordneten, der mich zu sprechen wünschte. Es ist zwischen un» häufig über den U-Boot- Krieg und die daran geknüvtten übertriebenen Hoffnungen ge- (prochen worden.— B o r s.: Aber Ew. Exzellenz haben auS diesen Gesprächen die Absicht eine? Vorstoßes nicht heraus- hören können?— v. Bethmann Hollweg : Nein, ich konnte das um so weniger, als Hclfferick mich ja auch beruhigt hatte. Und ich konnte es Wetter nicht annehmen, weil Erzberger es unbedingt bekannt sein mußte, daß bei der schlechten Stimmung, die damals im Lande herrsch:«, ein Vorstoß in der U-Boot-Fvage eine Panik im Lande bervorrufen mußte und diese Panik war da« gefährlichste, waS uns treffe« könnt«.— Erzberger : Habe ick Herrn v. Bethmann Hollweg nicht öfters gesagt, daß ich bei passender Gelegenbeit den Kampf gegen die Alldeut- scheu wegen ibrer Stellungnahme zum U-Boot-Krieg aufnebmen würde? Hat Fürst Bülow nicht mit Herrn v. Bethmann Hollweg darüber gesprochen, daß man da» Volk vom Gipfel seiner Hoffnung in daS Tal der Wirklichkeit führen müsse?— v. Bethmann Hollweg : ES trifft zu. daß Fürst Bülow in voller Ueberein- stimmung mft meinen Ansichten der Meinung war. daß e i n e g«. wisse hhbriSartige Stimmuna in einzelnen Kreisen zurückgeschraubt werden müßte. Wann diese Unterredung mit dem Fürsten Bülow stattfand, kann ich mit voller Bestimmtheit nicht sagen. Aber jedenfalls war sie lang« Zeit vor dem Juli 1917. — Er z b erg e r: Haben wir nicht über die Notwendigkeit einer
Aufklärung des deutschen Volkes über den U-Boot- Krieg gesprochen?— v. Bethmann H o l I w e g: Wir sprachen allgemein über die Stimmung in recktSradikalen Kreisen, aber, daß Sie, Exzellenz, im Anschluß an die ReichStagssitzung mit mir über die Möglichkeit eine» Vorstotzes gesprochen haben, rst ausgeschlossen. Ich führe das auf einen Irrtum in Ihrem Erinnerungsvermögen zurück. Mir fiel eS aus, daß Sie schon wochenlang vor dem Zu- sammentritt de» Reichstages mich nicht mehr besucht hatten, wie es sonst Ihre Gepflogenheit war. Tie Aktion am 6. Juli war ein außerordentlich markanter Vorgang. Daß Sie, Herr Erzberger , diese Aktion verbatten, haben Sie mir nie gesagt. Herrn Erz- bergers Aktion ist von allen Mitgliedern des Ausschusses als hoch- politisch aufgefaßt worden. Man sagte, daß man den Ausschuß noch niemals in solcher Aufregung gesehen habe.— Erzberger : Herr v. Betbmann Hollweg kam am 7. Juli in den Ausschuß und erwiderte auf meine Ausführungen. Ich sagte, ich bedaure es, daß er nicht allen Sitzungen im Ausschuß beigewohnt habe, weil er so von den Verhandlunaen«in falsches Bild gewinnen müsse.— Helfferich: Das kann ich nickt genau sagen, die Stimmung im Ausschuß war nach meinen Jnformaffo- neu am o. Juli jedenfalls so. daß eine friedliche Lösung denkbar schien. Erst die Rede ErzbergerS schlug wie ein Blitz ei». Ist es Herrn v. Betbmann Hollweg bekannt, daß Herr Erzberger, nachdem er am 6. Juli nachmittag» 3 Uhr dem Kanzler versickert hatte, er wolle ibm bei seinem Vorstoß eine tragfähige Mehrheit im Reichstage sickern, dann am anderen Tage zu anderen Personen geäußert hat, er wolle Bethmann Hollweg stürzen?— Vors.: Das möchte ich gern von den Ohrenzeugeu hören.— Erzberger: Hatte ich nicht Grund zu dtt Annahme. daß Herr v. Bergen Herrn v. Bethmann Hollweg all« wichtigen Mitteilungen weitermttden würde, von denen«r hörte?-- v, Betbmann Hollw'eg: Gewiß. Aber v. Bergen hat mir eben nichts gesagt. Nach meiner Unterredung mit den Staats. fekretären war ich der Ueberzeugung,� daß die Sitzung gemäß den ihnen gewordenen Informationen ruhig vorübergehen werde. Ich war auf eine hochpolitische Aktion nicht vorbereitet.— Rechtsanwalt Alsberg : Wenn Herr Erzberger Herrn v. Bergen etwas von seinem beabsichtigten Vorstoß mitgeteilt bätte, so würde Herr v. Bergen Ihnen e» wohl wiedergesagt haben?— v. Beth mann Hollweg : Herr v. Bergen, der einer der befähigsten Beamten war, hätte das ohne Zweifel getan. Solf , Erzberger unü öer!l-öoot-krieg. Es wird hierauf der frühere Staatssekretär Dr. Solf vernommen.— Erzberger : Habe ich nri: Ew, Exzellenz nickt vor der Friedensresolution über diese Angelegenhetten gesprvcken? — Dr. Solf: Mitte Juli 1917 bat ick Herrn Erzberger zu mir in das Kolonialamt. Herr Erzberger sprach mit einer bemepkens- werten Offenheit über alle Dinge. Er sprach über den U-Boot- Krieg und ich hatte den Eindruck, daß er ein außerordentlich umfangreiche» Material darüber besaß. Er gab mir Proben über die Statistik der Marine, Angaben über die Tonnage. Gegenmaßregeln der Feinde usw. Erzberger hielt den U-Boot- Krieg für ein furchtbares Unglück für Deutschland . Er war der Ansicht, daß wir zu einer Berständigung komme» muß- te» und kündigte eine derartige Aktion im Reichstage an..— Vors.: In welcher Form?— Zeuge: Durch einen Vor» stoß gegen den U-Boot-Krieg unh gegen unsere äußer« Politik. Er wollte die Regierung festigen und entwickelte seine Ansicht darüber, daß wir uns auf den Boden des 4. August 1914, auf den Boden des Verteidigungskriege» stellen müßten. Er bezeichnete die Haltung der Regierung in der b e l g i» scheu Frage als ein Haupthindernis für die Berständigung.— " ors.: Haben Sie über diese Unterredung jemandem von der Regierung Mitteilung gemacht?— Zeuge: Ties« Frage muß ich mir sebr überlegen, denn ich kann zu einem festen Ergebnis nur durch Rückschluß kommen. Ich weiß nicht, ob ich bald darauf zu Wahnschaffe oder Betbmann Hollweg gegangen bin. Wenn ich überzeugt davon gewesen wäre, daß mit ErzbergerS Borstoß auch eine Aktion gegen v. Bethmann Hollweg ver- bunden sein sollte, dann wäre ich bei meiner Stellung zu Betbmann Hollweg direkt zu ihm gegangen.— Vors.: Sie sahen bei Ihrer Unterredung mit Erzberger in seinem Vorgehen so etwas wie einen Friedensvorstoß?— Zeuge: Ich erwartete die Friedens- resolution nicht. Ob bei unserer Unterredung da? Wort.Re- solution" überhaupt gefallen ist. weih ich nicht. Ich glaubte, Erzberger wolle sein nffnuttöses Mat-rial in der Haupt- fache Herrn v. Capelle im HauptauSsckutz vorhalten. Ich glaubte. daß er die Regierung kür eine dem Frieden geneigte Politik gewin- neu wollte.— Helfferick: Waren Sie über den Inhalt und den Ton des Erzbergerschen Vorstoßes nicht auch überrascht? Glaubten Sie, daß Erzberger nicht Bethmann stürzen wollte?— Zeuge: Ich hielt damals Erzberger nickt für einen Gegner Beth- mann Hollweg», Wir sprachen diel später wieder einmal über die Lage damals. Ick fragte Erzberger , warum er den Kanzler mit stürzen half. Betbmann Hollweg stand doch auf der Höhe seiner Aufgabe. Er wandte sich gegen den U-Boot-Krieg und wollte mit Hilfe der Sozialdemokraten eine parlamentarische Mehrheit schaf- fen. Tarauf sagte mir Erzberger, er hätte Bethmann Hollwegnichtstürzenwoll.n..— Vors.: Und wann bat Herr Erzberger daS erzählt?— Dr. Solf: Vor zwei bis drei Monaten.— Helfferich: Daim bitte ich. das als einen neuen Be- weis der Unwabrhaftigleit des Nebenklägers festzustellen. Glauben Sie, Herr Zeuge, daß Erzberger d imals mit Ihnen über seinen beabsichtigten Vorstoß gesprochen hat, damit Sie Herrn v. Betb. mann Hollweg informieren konnten?— Zeuge Solf : Das glaube ich kaum. Unterstaatssekretär Lewalös öericht. Als nächster Zeuge wird Unterstaatssekretär Lewald der» nommen. Er gibt eine ausführliche Daantellung von der Be- sprechung, die damal bei Staatssekretär Helfferich vor dem Erzbergerschen Vorstoß stattgefunden hatte. Zweck der Be- sprechung sei gewesen, da» Ueberraschungsmoment auszuschalten. Der Abgeordnete Erzberger habe dabei Bedenken wegen des U-Boot- Krieges gehabt. Helfferich ftagte damals den Abg. Erzberger, ob er das im HaupiauSsckuß vorbringen wolle und darauf antwortete Erzberger : Nein, ich denk« gar nlckt daran.— Auf Befragen de,S Vorsitzenden erklärt der Zeuge, dies« Aeußerung Erz» berger» könne er beschwören.— Vor s.: Hatten Sie von der Rede ErzbergerS etwas Besonderes erwartet?— Zeuge: Nein. Ick habe allerdings nur den Scklußtett der Erzbergerschen Rede mit angehört. Als ich in der Sitzungssaal kam, fand ich eine u n- geheure Erregung vor, wie ich sie rne zuvor gesehen habe. Auf meine Erkundigungen wurde mir gesagt, es sei gar nicht zu fassen, daß das jetzt gekommen sei.— Erzberger : Ist dem Zeu- gen nicht bekannt, daß. nechdem ich die Antwort vom Admiralstab erhalten hatte, ick StaalSsekretär Helfferich davon Mitteilung machte, daß sie für mich nnht befriedigend sei?— Z e uge: Ich kann mich nickt besinnen.— Helfferich: Ich kann mich b�m betten Willen nicht entsinnen, daß der Abg. Er-berger mir jemals davon Kenntnis gegeben hat. Wäbrend Erzberger dem Reichskanzler v. Btttmann Hollweg versicherte, er unternehme den Vorstoß nur, um für die Regierung eine tragsäbig« Mebrhett zu schassen, bat «dem Abg. Stresem�nn erklärt: Ich soll Betbmann Hallweg stüven? Bethmann Hollweg muß weg, weil er ein Fricdenshinder. nis ist. Bis nächste» Dienbiag ist Bethmann H-llwcg besorgt.