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gelassen. N m 7. Juli ist ein Wechsel in meiner Auf-' fassung eingetreten, das will ich nicht bestreiten. Nach meiner Rede am 6. Juli hat der Kriegsminister v. Stein die Oberste Heeresleitung nach Berlin   kommen lassen, um mit den Herren zu besprechen, in welcher Form die Verhandlungen zwischen den Ab- geordneten und Hindenburg   und Ludendorsf geführt werden sollten. ES waren bestimmte Termine dafür festgesetzt, und zwar Sonn- abend nachmittag und Sonntag vormittag. Die Oberste Heeres- lettung kam dann nach Berlin  , um die Wünsche der Abgeordneten zu befriedigen. Ich wurde gebeten, am Sonnabendabend mit Ludendorff zu speisen, damit mir gleich die Gelegenheit zu Vorbesprechungen gegeben wurde. Ich habe dies Anerbieten gern angenommen. Als ich um 8 llhr abends an der verabredeten Stelle eintraf, fand ich nur Oberst Bauer und den Abgeordneten Stresemann   vor. Ich hörte von diesen auf meine Frage, wo Luden- dorff sei. zu meiner größten Ueberrraschung, Ludendorff   sei abgereist. H elf fe rieb, unterbrechend: Er war nicht abge- reist, sondern war zum Kaiser geladen. Erzberger: Zu mir wurde jedenfalls von seiner Abreise gesprochen. Ob er schon fort loar oder ob er schon fahren wollte, weiß ich nicht. Jedenfalls hat die geplante Ausspra<l)e Krischen den Generälen und den Abge- ordneten nicht stattgefunden, Ich fragte daraus:Wie kommt denn das, warum ist aus der Sache nichts geworden?" Darauf wurde mir von einem Offizier geantwortet an der ganzen Sache sei Bethmann Holweg schuld. Dieser habe zum Kaiser gesagt, es sei ein Sturm im Wasserglase, und die Anwesenheit der Militärs in Berlin   stör« nur. Je rascher diese abreisen würden, desto besser sei es. Daraufhin hat der Kaiser den Generälen gesagt, ob sie nichts Wichtigeres zu tun hätten, als in Berlin   zu sein. Sie sollten sofort abreisen. Infolgedessen konnte die geplante Be- sprechung nicht stattfinden. Ich war über diese Tatsachen sehr er- regt und sagte mir: Wenn Bethmann Hollweg   die Ursache ist, daß die Zusammenkunft nicht zustande gekommen ist, dann habe ich auch keine Veranlassung mehr, ihn zu unterstützen. Dann sei er eben ein Hindernis zum Frieden. Der kanzlersturz Strefemanns Aussage. Es wird hierauf zu diesem Punkt Abgeordneter Dr. Stresemann vernommen. Er sagt aus: Ich habe den Abgeordneten Erzberger nach seiner Rede im Hauprousschuß am 6. Juli gefragt, ob sein Vorstoß im Einvernehmen mit dem Reichskanzler v. Bethmann Hollweg   oder im Gegensatz zu diesem erfolgt s«i. Ich stellte diese Frage, weil Erzberger bis dcuhin als der Vertraute Bethmann Hollwegs galt. Erzberger   wollte mir nicht an Ort und Stelle antworten ich fragte ihm noch im Sitzungs- saal und sagte mir:Kommen Sie morgen früh Viä Uhr in mein Bureau und fragen Sie mich noch einmal. Dann will Ihnen in Gegenwart des Ob er st Bauer, der auch dort sein wird. antworlen." Ich ging am nächsten Morgen hin, traf Oberst Bauer an und fragte Erzberger   noch einmal, was er beabsichtigt hatte, ob cr Bethmann Holllvcg stützen oder stürzen wollte. Erzberger   ant- wortcte mir darauf, er wollte Bethmann Hollweg   beseitigen.(Große Bewegung.) Vors.: Wann war diese Unterredung? Strese­mann: Am Morgen nach dem Vorstoß, also am 7. Juli früh. Bei einer zweiten Zusa mm e n k u n f t ich weiß nicht, ob es noch am selben Tage war sagte mir Erzberger  :Bis Anfang nächster Woche fei Herr v. Bethmann Hollweg   ge- stürzt." Und auf meine Erwiderung, daß ich das nicht glaube. erklärte Erzberger. man müsse da» erzwingen, indem man darauf hinwirke, daß Bethmann Hollweg   noch einmal zu Wort käme. Man müsse vermeiden, daß der Reichstaa vor seinem Rücktritt zusammen- trete. Die Aufnahme der Rede Erzbergers war eine vollkommen niederdrückende. Dem bin entgegengetreten, indem ich in einer Rede am Montag behauptete, die Rede ErzbergerS fei gar nicht so pessimistisch gewesen, sie habe nur eine Kritik enthalten. Vors.: Es war also nur ein politisches Manöver, nicht Ihre Ucberzeugung. Zeuge: Jawohl. Erzberger: WoS der Abgeordnete Stresemann   von unserer Unterredung am Sonnabend- vormittag sagt, ist mir absolut nicht in Erinnerung. l Heiterkeit im Zuhörerraum.) Stresemann: AIS   dann die Kanzlerkrisis ihren Fortgang nahm, als der Kronprinz die Parteiführer empfing, stand ich immer in Konnex mit Erzberger. und er hat mir nie den geringsten Zweifel darüber ge- lassen, daß von seiner Rede ab«t1 einen Kanzlerwechsel zu erwirken beabsichtigte. Wir haben uns an dem Sonnabendmorgen auch noch über den eventuellen Nachfolger unterhalten. Erzbergers Unterhaltung mit dem Kronprinzen. . Helfferich: Ich habe hier das Stenogramm einer Unterhaltung zwi,chen dem Kronprinzen und dem Abgeord- neten Erzberger vom 12. Juli:Erzberger   sagte zum Krön- Prinzen; Bethmann Hollweg   verpaßt jede Konjunktur und ver- hindert dadurch den Friedensschluß. Auch mit Amerika   wird er evt im Jahre l92l nach Wilsons Fortgang Frieden schließen." J,t Herrn Erzberger   diese Erkenntnis auch erst mn 7. Juli ge- kommen? Erzberger  : Meine Unterredung mit dem Krön- Prinzen fand statt, nachdem ich mich in meiner Fraktion be- '®° e" kann mich aber nicht erinnern, wann die °"'dende«itzung stattfand. Helfferich: Ter Fraktion-. bescnluß der Zentrumspartei   wurde erst nach der Unter« wt-» r" s r3« 8 sssst. dem Kronprinzen gefaßt. Auf einen Artikel m derKreuzzeltung. in dem gesagt wurde, daß daS Jen- trum gegen Bethmann Hollweg   Stellung nehme, antwortete der Erstand der Fent�mSfraktwn am Mittwochabend durch eine Wolm<��epesche. daß dm m dem Artikel angeführten Punkte nicht der.luffassung der Fraktion entsprachen, und am Donnerstagmorgen lagt« Erzberger   zun� Kronprinzen, das Zentrum ließe Herrn v. Bethmann Sollweg fallen.- Rechtsanwalt Alsberg  , zu Erzberger  : Am 8. Jul, baben Sie Herrn v. Beth. mann Hollweg Ihr Vertrauen ausgesprochen. Am folgenden Tage �t dann angeblich Ihre Stimmung gewechselt. Haben Sie Herrn v- Bethmann Hollweg davon Mitteilung gemacht? Erzberger  : Ich kann mich dessen nicht entsinnen. Zu diesem Punkt wird Herr v. Bethmann Sollweg vernommen. if vi1$err Erzberger   hat mir keinerlei Mitteilung davon ge- umcvt, daß er seine Stellung mix gegenüber verändert habe. Herr Erzberger hat mit der ibm zugetragenen Behauptung operiert, ich halte e» verbindert, daß die Oberste Heeresleitung mit den Parla- nicntariern Fühlung genommen habe.(Sehr erregt.) Ich lege B�rt auf d:e Feststellung, daß diese Behauvtung nickt wahr ist. Ich babe dem Kaiser gesagt, ich halte e? nickt für zineck maßig, wenn die Ooerste Heeresleitung wegen de? Antrages Erzberger   mit dem ReickStag rcrhcmdle. Das sei eine politiscke Angelegen- beit. dje vor den Reichskanzler gehöre. Dieser An- ficht ist seme Maiestät beigetreten. Die Oberste Heeresleitung bat mit mir ke'ne»mhlung aenommen. Sic bat mir nickt den Wunsch auSgeivrocken, mit den Abgeordneten Be'vrechiingen abzubalten. Ich lege Wert a«l tne Feststellung, daß ich die Zusammenkunft nicht verhindert fxcke. Van einem Sturm im Wasserglas habe ich nicht gesprocken. Erzberger«u Stresemann  : Ist dem Herrn Zeugen n lebt bekannt, daß ich am Tonnabendnachmittag «ingeladen wurde. amAbcndmitLudcndorfszusPeisen. - Stresemann  : Noch meinen Notizen habe ich am Nachmittag mit Ludendorff   gesprochen und dieser bat m-r dabei mitgetellt. daß er für den Abend znm Kaiser befahlen sei. IS hatte «As» gar keine Veranlassung, am Abend mit den Herren nochmals zu sprechen. Als nächster Zeuge wird hierauf Major v. Harbou ver- kommen. Seine Aussagen bringen nichts wesentlich Neue?. Erzbergers Reise nach Wien  . Es wird darauf in die Erörterung der Wiener Reife des 1 r5.n Erzberger   im April 1617 eingetreien. Helffe- ttck: Herr Erzberger behauptet, er fei im Apil 1917 nach dem Ein- treffen der Czerninfchen Berichte im Auftrag Bethmann
Hollwegs nach Wien   gesandt worden, um die österreichische Re- gierung von Schritten in Richtung auf einen Sonderfrieden ab» zuhalten. Ich erkläre dies für eine Unwahrheit.   Auf Be­fragen HelfferichS, ob er nicht auf Wunsch deS Kardinals K i p p e l nach Wien   gereist fei, erklärt Erzberger  , dieser Grund sei mitbestimmend gewesen. Im übrigen wisse er nicht, wer den Anstoß zu seiner Reise gegeben habe und könne sich der Einzelheiten nicht erinnern. Aus die Frage des Vorsitzenden, ob Erzberger   auf Veranlassung des Herrn v. Bethmann Hollweg   oder des Kardinals Kippel   nach Wien   gefahren sei, antwortet Erzberger  : Beides kannder Fall sein. Die Antwort erregt allgemeine Heiter- keit im Zuhörerraum, so daß der Vorsitzende sich veranlaßt sieht, dies energisch zu rügen. Im Najpcn deS Angeklagten erklärt Dr. Alsberg, auf die Erörterung' verzichten zu wollen, unter der' Voraussetzung, daß sie nicht zur Berücksichtigung bei der Urteils- findung gestellt werde. Den Vorwurf der gewohnheitS  - mätzigen Lüge müsse er natürlich aufrecht erhalten. Ober- staatsanwalt Krause schloß sich dem Verzicht an. Zur Wiener Reise Erzbergers wird Herr v. Bethmann Hollweg  als Zeuge vernommen: Ich habe im April 1917 Herrn Erzberger  keinen Auftrag gegeben, nach Wien   zu reifen. Daß Erzberger mit einflußreichen politischen Kreisen WienS und der Kaiserfamilie Beziehungen unterhielt, war mir bekannt. Ich be- sprach deshalb die militärisch-politische Lage mit ihm und ersuchte ihn, in Wien   die pessimistische Stimmung zu be- kämpfen. Die Reise ist ali'o nicht auf meine Initiative unter- nommen, aber ich habe die Reise benutzt, um durch Erzberger auf die Stimmung in Wien   einzuwirken. Ich habe dem Auswärtigen Amt   zuverlässig keine Anweisung erteilt, Herrn Erzberger den Czerninscken Geheimbericht auszuhändigen Erzberger: Ich weiß gewiß, daß Herr v. Bethmann Hollweg   gesagt hat:Lassen Sie sich im Auswärtigen Amt   den Bericki vorlegen, damit Sie über die Strömungen in Wien   orientiert sind, wenn Sie dort hin­kommen." Bethmann Hollweg  : Dieser Aussage muß ich entgegentreten. Helfferich: Ich habe hier eine Veröffent- lichung des Grafen Wedel über eine Unterredung zwischen dem Prinzen Hohenlohe und Herrn Erzberger. Herr Erzberger hat danach dem Prinzen Hobenlobe erklärt, daß er den Czerninschen Bericht nicht gesehen, sondern im Auswärtigen Amt   nur f l ü ch- tig davon gehört habe. Erzberger  : Der Bericht des Grafen Wedel stimmt nicht. Helfferich: Freilich. Es kann sa auch sein, daß der österreichische Botschafter sich daS alles aus den Fingern gesogen hat.« Damit sind die beutigen Vernehmungen beendet. Die nächste Verhandlung findet Montag 9'ch Uhr statt. veutsihlanös Vertreter be! See wkeüergutmachungs- kommWon. BIS Vertreter Deutschlands   bei der Wiedergut- machungSkommfiston in Paris   ist, wie verlautet, der Titular- UnterstaatSselretär Bergmann vom Reicksfinan, Ministerium er- nannt worden. Der deutsche Vertreter bat weder Sitz noch Siimme in der Kommission selbst, kann aber die Interessen Deutschlands  außerhalb der Kommission geltend macben. Dennoch hat Bergmann bereits an einer Sitzung der Kommission unter Vorfitz von Poincare teilgenommen._ Keine Preußenkrise. Die vom»Berliner Lokal-Anzeiger" gebrachte Behauptung, daß Unstimmigkeiten im Mehrheitsblock der Preußischen Landesversammlung vorhanden wären, die sich bis zur Krise ver- dichtet hätten, ist vollkommen unrichtig. In der Sitzung des StaatSministeriumS vom 24. d. M. ist einstimmig und unter Zustimmung der Vertreter des Zentrum? und der demokratischen Partei beschlossen worden, den im Ministerium deS Innern aus- gearbeiteten Verfassungsentwurf in der Landesversammlung ein- zubringen, vorbehaltlich deS selbstverständlichen Rechts der Parteien, AbänderungSanträge zn stellen. Wie oberflächlich übrigens die Notiz des.Lokal-AnzeigerS" gemacht ist. geht schon daraus hervor. daß in ihr von Finanzämtern die Rede ist. Finanzämter gibt es bekanntlich nur im Reiche; i» Preußen handelt es sich um den Finanzrat. Dieser Finanzrat aber hat Widerspruch bei den Demokraten und dem Zentrum nicht gefunden. Nur bestand bei einigen Mitgliedern dieser Parteien der Wunsch, dem Finanzrat noch andere Funktionen zu übertragen.
Das ewige Nlißverstänönis. Paul-Boneour für Entwaffnung Teutschland?. Paris  , SS. Februar. In der heutigen Sitzung der französi- scheu Kammer wurde über die Einberufung der Jahresklasse 192st verhandelt. Nachdem der Berichterstaster den Antrag be« gründet hatte, erklärte der Abgeordnete Ossola, Deutschland  habe einen solchen Aderlaß erlitten, daß eS nicht an einen Krieg denken könne. Der Sozialist Paul-Boncour  verlangte die vollständige Entwaffnung Deutschlands  . Solang« das französische   Heer am Rhein   stehe, sei keinerlei Ge- fahr vorhanden; die deutsch  « Armee aber müsse baldigst auf die ,m Friedensvertrag vorgesehene Stärke zurückgeführt werden. Frankreich   habe verschiedene Gelegenheiten zur Eni- waffnung Deutschland  ! verpaßt, namentlich die Stunde von Kurt EiSner  .' Paul-Boncour  , ein Rechtsanwalt. Freund und fiüherer Kabinettschof von Vi Viani, später selbst Abge- ordneter und Arbeitsminister, war bei den Wahlen im Mai 1914 durchgefallen. Während des Krieges war er Bataillonführer und tat sich bei B e r d u n hervor. Er trat erst im vorigen Jahre der sozialistischen   Partei bei und hielt bei dem Prozeß gegen den Mordbuben Villain, in dem er die Witwe von I a u r ä s als Nebenklägerin ver- trat, eine großartige Rede zu Ehren des unvergeßlichen Märtyrers des Sozialismus. Paul-Boncour   ist überhaupt als Charakter und Redner eine der hervorragendsten Persönlichkeiten des französischen politischen Lebens. Sein Eintritt in die sozialistische Partei'war jedenfalls für unsere französischen Genossen ein gewaltiger moralischer G ew in n. Aber Paul-Boncour   ist zu n eu in der Partei, als daß cr über die Fragen der Internationale gut unter- richtet fein könnte und besonders sind ihm die deutschen Verhältnisse noch ziemlich fremd. Das Verlangen nach völli- ger En t waffnung Teutschlands, das er im Namen seiner Fraktion vertrat, ist übrigens vor allem von inner- Politischem oppositionellen �Gesichtspunkte aus zu betrachten. Wir haben allerdings seinerzeit unsere B e- denken über das Vorgehen unserer französischen Genossen in dieser Frage auseinandergesetzt, das letzten Endes wenn auch u nbeab sichtigterwci s e nur als Scharfmacherei gegen das besiegte Teutschland wirken kann, und wir halten diese Bedenken aufrecht. Wir sind überzeugt, daß, wenn einmal Paul-Boncour   nnd� seine Freunde, soweit sie nicht dem kommunistischen   Loriot-Flügel angehören, die Ge- schichte der deutschen   Revolution und die Lage Deutschlands  nach dem Zusammenbruch genauer kennen werden, sie das Verfehlte ihrer Taktik in der Entwaffnungsfrage 'und die Leere gewisser Redensarten wiedie Stunde von Kurt Eisner  " selbst einsehen werden.
Ein Zwischenfall in Saarbrücken  . Französische   Blätter melden auS Saarbrücken   die Ankunft einer deutschen   Militärkommission, bestehend au« b Offizieren und 39 Soldaten in Uniform. Diese gehören der Internationale» Kommisston zur Festsetzung der Grenzen des Saargebietes an. Die Anwesenheit dieser Soldaten habe zu Kundgebungen gegen Frankreich   seitens der Bevölkerung Veranlassung gegeben. Auch hätten Z u s a m m e n st ö ß e stattgefunden, weil die fr an- zösischen Soldaten sich geweigert hätten, den beut- schen Offizieren die Ehrenbezeugung zu leisten. Eine Untersuchung sei im Gange, und man wolle die deutschen Offiziere auffordern, Zivilkleider anzulegen.
Das neue Reichstagswahlgefetz Der Verfassungsausschuß der National- Versammlung beschäftigte sich gestern mit der Frage des Reichstagswahlgesetzes. Der Rcichsminister des Innern leitete die Verhandlungen mit einer Darstellung über den Werdegang und den Inhalt der Vorentwürfe der Re- gierung ein. Nach längerer Prüfung zeigte sich der V o r- entwurf C als der gangbaiste; er hoffe, daß darüber sich eine Verständigung ermöglichen lasse und der diesbezügliche Gesetzentwurf baldmöglichst der Nationalversammlung vorge- legt werden könne. Der Vorschlag bringe eine Verein- fachung des bisherigen Wahlverfahrens, allerdings nicht ein vollkommenes Proportionalwahlverfahren. Auf 60000 Einwohner soll ein Abgeordneter gewählt werden. Die Wahlkreise sind so gedacht, daß auf jeden derselben vier Abgeordnete treffen. Drei Wahlkreise können zur Einreichung gemein- samer Wahlvorschläge zu einem Verbandswahlkreise zusammengefaßt werden, so daß auch kleinere Parteien Ab- geordnete durchzubringen vermögen. Die Ueberschuß- st i m m e n werden der Neichsliste der betreffenden Partei zu- gerechnet, so daß jede Stimme zur Geltung komme. Jeder Wähler wisse unter allen Umständen bei der Abgabe seiner Stimme, wem diese zugute kommt. Der Vorsitzende, Ab- geordnete Haußmann, sprach namens des Ausschusses den Wunsch aus. daß der Reichsrat den dem Kabinett bereits vorliegenden Gesetzentwurf möglichst bald der National- Versammlung übergebe, damit diese mit dessen Beratung beginnen könne. Nach weiteren Mitteilungen des Reichs- Ministers Koch wird in nächster Zeit auch ein Gesetzentwurf zur Regelung des Volksentscheids(Referendum) dem Hause vorgelegt werden._
Bus Üem Reichsrat. Befriedung" der Parlamente Tie große Schulreform. In der öffentlichen Reichsratssitzung, die am Donnerstag nachmittag unter Vorsitz de« Ministers Kock stattfand, wurden eine Reihe neuer Borlagen an die Ausschüsse überwiesen- darunter der Gesetzentwurf über die Befriedung der Ge- bände des Reichstags und der Landtage und der Eni« wurf eines Reichsheim st ättengesetzeS. Angenommen wurde der Gesetzentwurf über die Grundschulen und die Aufhebung der Vorschulen nach den Beschlüssen des Aus- schusseS. Hauptbestimmung ist danach, daß die Volksschule in den vier untersten Jahrgängen die für alle gemeinsame Grundschule ist. auf der sich das mittlere und höhere Schulwesen aufzu- bauen hat. Ausdrücklich wird in den Ausschußbeschlüssen fest« gesetzt, daß die Volksschule»zugleich" die ausreichende Vor- bildung für den unmittelbaren Eintritt in eine mittlere oder höhere Lehranstalt geben soll. Hinsichtlich der Finanzierung bestand Einverständnis der Länder mit der Reichsregierung darüber, daß wegen der finanziellen Folgen dieses Gesetzes wie auch der nachfolgenden Schulgesetze möglichst bald, jedenfalls noch im Laufe des Finanzjahres 1929/1921 eine Auseinandersetzung zwischen Reich und Ländern und Gemeinden vor- behalten bleibt. Minister Koch wies darauf hin, daß daS vorliegende Gesetz finanziell lange nicht die große Tragweite hätte, wie die noch kommenden Schulgesetze. Darunter wird fich nach der Ankündigiing deS Ministers auch ein Gesetz über Lehrmittelfreiheit be- finden. Angenommen wurde schließlich noch eine unter dem Druck der Entente notwendig gewordene Ergänzung des Gesetzes zur Verfolgung der Kr ieg S v e r br e ch en und Kriegs» vergehen. Sachsen   enthielt sich der Stimmabggbe.
vke Unabhängigen unü öle Setrlebsrätewahltn. Stellungnahme zu den gewerkschaftliche« Richtlinien. Die U.-S.-P.-Vorstände der Berliner   Gewerkschaften und die U.-S.-P.-Fraktion der Berliner   Gewerkschaftskom- Mission erlassen in derFreiheit" eine Erklärung, die in ihrem entscheidenden Teil folgendermaßen lautet: Dieser Beschluß(des Allg. Gew.»BundeS. Red. d. V.) macht «S notwendig, daß auch die Berliner   Gewerkschaften gemäß ihrer ursprünglichen Stellungnahme für die Aufstellung frei» gewerkschaftlicher Listen eintreten. Die Borstände können die Verantwortung nicht übernehmen, daß ein mit den Beschlüssen des Allgemeinen Deutschen Gewerk- schaftSbundeS nicht übereinstimmendes Vorgehen bei den Betriebs- rätewahlen von anderer Seite benutzt wird, um in jenen Ver- waltungen, wo die Vertreter des grundsätzlichen, sozialistischen Klassenkampfgedankens die Mehrheit hoben, die Spaltung und Absplitterung zur Tatsache werden zu lassen. Die Vorstände haben das Vertrauen zu dem Klassenbewußt- fein der Berliner   Arbeiterschaft, daß sie auch diese Wahlen zu einem Sieg des revolutionären, sozialistischen Gedankens gestal- ten werden. Das heißt: die Unabhängigen erkennen für Berlin   die gewerkschaftlichen Grundsätze theoretisch an. wie sich die-s An- erkennung praktisch gestalten wird, ist abzuwarten. Die Unabhängigen wollen Spaltung und Zersplitterung vermei- den, wo sie die Mehrheit haben, hoffentlich lassen sie sich von der gleichen Sorge leiten, wo sie in der Minderheit sind. Tann   darf auf einen vernünftigen Verlauf und Ausgang der Botriebsrätewahlen gehofft werden freilich auch nur dann!_. i DerLorwärtSredaktenr Friedländer" geht derKreuzzeiiung" nicht auS dem Kopf; es soll da» der stellvertretende Chef der Presse- abteilung, Breuer, gewesen sein. Sie nehme zur Kenntnis, daß weder ein Friedländer noch ein Breuer jemals der»Vorwärts"« redaktion angehört habe. Ei» blöder Schwindel. Der»Abend" berichtet von bollche- wistischen Verschwörern in Berlin  , zu denen der gewesene Präsident der ungarischen Räteregierung G a r b c> i gehöre. Garbai   ist Sozial- demokrat. nicht Bolschewist. Das fehlte noch, daß hier in Berlin   im Interesse der in Ungarn   regierenden Mörderbande etwa Leute ver« folgt würden!