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Zreie Reichsschulkonferenz. Schlnh der Tagung. Die Tagung entschiedener Schulresormer brachte gestern an ihrem Schlutztag eine fast allzu reiche Fülle von Vorträgen über Fragen der lebensvollen Gestaltung des Schulwesens. Zunächst referierte Oberlehrer Dr. Franz Müller über ..Verfall und Erneuerung des deutschen Ober- lehrer stände s". Die Schule ist für die neue Gesellschaft von elementarer Bedeutung. Dem Problem der neuen Schulinstitution muh das Problem der neuen Erzieherpersönlichkeit an die Seite gestellt werden. Den Wert des Gemeinschaftslebens in der Schule, do vir fcrdern, erkennt der jetzige Oberlehrer nicht an. Für diesen der obrigkeitlichen Staatsidee dienenden Ober- lehrer muh der neue V�.,sstaat sich den neuen Erzieher schaffen, der Erzieher nickst mehr zur Autorität, sondern zur freien G e- m e i n f ch a f t ist. Für die Entwicklung des neuen Erziehers sind neue Bedingungen nötig, er muh sich dem Volksganzen verantwort- lich fühlen. Ohne Oeffentlichkeit des Unterrichts bleibt alle Zu- fammenarbeit zwischen Lehrern und Eltern eine Illusion. Ter neue Erzieher kann sich über Zutritt der Eltern zu seinem Unter- richl nur freuen, denn sie sind es, denen er sich verantwortlich fühlt. Auch Wahl des Lehrers durch die Oeffentlichkeit muh kom- men. Er ist ja Träger des ZukunstswillenS der Voltsgemeinschaft, wie der Parlamentarier Träger ihres Gegenwartswillens ist. Den neuen Erzieher können wir nur schaffen bei einer ganzande- ren Auslese zum Lehrerberuf. Schon der Primaner muh in die pädagogische Psychologie eingeführt wenden. Will er Lehrer werden, so hat er sein Studium mit einer informatorischen Probezeit in einer Volksschule zu beginnen und sich erst dann zu entscheiden. Die Ausbildung aller Lehrer mühte auf einer pädo- gogischen Akademie erfolgen, die nach Art der Akademie für bil. dende Künste eingerichtet ist und hervorragende Erzieher zu Leh- rern hat. Oberlchrerin Dr. Wegscheidel forderte.Erziehe- rischeS Zusammenarbeiten von Mann und Frau", ohne da» man sich das Gemeinschaftsleben der neuen Schule nicht denken könne. Die Frau sei unentbehrlich in allen Schulen und für alle Alters stufen, zumal da von einer Tren- nung der Geschlechter in der Schule keine Rede mehr sein dürfe. lieber»Erziehung zur Selbstverantwortung bei Lehrer und Schüler" sprach Oberlehrer Dr. Karsen. Er erwartet sie nicht von der in Kleinigkeiten steckenbleibenden Selbstverwaltung in der Schule, auch nicht von der..Schulgemeinde" in der beabsichtigten Form, die nur eine Schultagung darstellt. Zur Selbfwerantwortung erzieht den Schüler die als Lebens- gemeinschaft entwickelte Schule, den Lehrer die Durch- führung kollegialer Schulverwaltung. Oberlehrer Dr. Witte forderte in seinem Referat über Pazifismus und Charakterbildung" die Aufftellung von Richtlinien für den Geschichtsunterricht, weil sonst trotz Verbot der alten Lehrbücher der Unterricht nicht anders wird, ferner baldigste Ausarbeitung neuer Lehrbücher für Ge- schichte. Vorträge für Lehrer zur Einführung in die Ideen d«S Pazifismus, entsprechende Erneuerung der Schülerbüchereien, an- dere Schullektür« im deutschen , französischen und englischen Unter- richt. Die Beziehungen der Schulreform zur Jugendbewe- gung behandelte Oberlehrer Dr. Kawerau. Was wir Schul- reformer wollen, ist sinnvolle Fortsetzung dessen, waS die Jugend­bewegung bestimmt. Die Jugend will chr Leben selber gestalten, will sich durchsetzen als Eigenwert mit Eigenrecht. Die Jugendbewegung ist eine Entwicklungsnotwendigkeit. Der Sturm- lauf des vierten Standes bringt allen Befreiung, den Arbeitern, den Frauen und auch der Jugend. Die proletarische Ju- gend hat einen sicheren Instinkt, wenn sie ihr Recht nur durch den Klassenkampf erobern zu können glaubt. Jeder Päda- aoge beobachtet an der heutigen Jugend eine völlige seelische Um- bildung gegenüber seiner eigenen Jugendzeit. ES kann keine neue Schule geben, die nicht auf diese Tatsache eingestellt ist. Die neue Schule soll den Gegensatz zwischen Schule und Familie auf- heben, sie soll endlich gleichbedeutend sein mit Jugendbewegung. Dr. Rekate forderte in seinem Referat überEroS und Erziehung" für die neue Schule ein ähnliches Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler, wie da? im Wandervogel bestehende Führerverhältnis. Prof. Dr. Otto Braun- Münster gab Anregungen zur Hochschulreform. Nötig ist, dah Studenten und Dozenten in Arbeitsgemeinschaften«inander nähertreten und die Universitäten jedem geöffnet werden. Lehrer Alex. Müller» Lichtenberg berichtete über ex» pressionistischen Zeichenunterricht. Ungeahnte schöpferisch« Kraft läfst sich im Kinde lebendig machen durch geeig- nete Anregung, die ihm den Stoff zum Erlebnis gestaltet. In der Diskussion gab eS lebhafte Auseinandersetzungen besonder» über die Jugendbewegung. Eine Reihe jugendlicher Redner und Rrdnerinnen sagten den Erwachsenen mit kamerad- schaftlicher Rücksichtslosigkeit ihre Meinung. Nach einer kurzen Erwiderung KarsenS wurde die Tagung ge» schloffen.

Wirtschaft Raubbau der Lrauukohle. Während deS Krieges ist man bekanntlich an eine starke Aus- Nutzung der Braunkohlenfelder in Mitteldeutschland herangegangen. Gewaltige Werke, die aus dieser Kohle Kraft erzeugen, sind ent- standen. Bedeutende Strommingen werden heute schon nach Berlin geliefert, eine bedeutende Berktärkung ist beabsichtigt. Andere Fabriken erzeugen mir einem täglichen Verbrauch von an die 1000 Ei senbahnwagen Braunkohle Düngemittel für die Land- wirrschoft. Unzählige Projekte schweben noch. AuS den Braun- kohlemeldern sollen die mitteldeutschen Eisenbahnen später ihren ganzen elektrischen Strom beziehen. Für den, der tiefer und weiter blickt, ein Raubbau furchtbar st er Art. Geht da» io weiter. dann sind in V0 Jahren unsere Braunkohlenfelder erschöpft. eher früher, denn später, dann bricht das ganze grohe technische Gebäude in sich zusammen. Mehr wie leichtfertig ist e», m dieser kurzen Spanne Zeit auf eine wunderbar« Erfindung zu rechnen, die un« die Kohlen ersetzr. Haben wir dann nicht da» R u h r g e b i e r fest in unserer Hand, haben wir dann nicht lerstungsfäbige Transportwege, die un« seine Kohlen beranschaffen. bot sich dann Mitteldeutschland und Berlin technisch auf die ach so kurze Braunkoblenhilse allein eingestellt. dann erleben wir einen völligen Zusammenbruch. GsWerLjlhofisbeVegung Verlängerung öer baugewerblichen Tarifverträge. Am 31. März sollten di« Tarifverträge ablaufen, die im vorigen Jahre für daS deutsche Baugewerbe vereinbart wurden. Zum Neuabschluh der Verträge sind sowohl von den Arbeiter, wie auch von den Arbeitgeberverbänden tief einschneidende Abände- rnngSanträge gestellt. So fordern zum Beispiel die Arbeiterver- bände die Einführung der gleitenden Lohnskala, die Re« gclung der F« r i e n f r a g e und di« tarifvertragliche Regelung der Lehrlingslöhne, lieber die gegenseitigen Forderungen und über den Neuabschluß der Verträge sollte Mitte März vor dem RmchSarbeitSministerium in Berlin verhandelt werden. Infolge des Kapp-Putsch «» und des darauf folgenden Generalstreiks konnten

aber die Verhandlungen nicht stattfinden, und bevor sich die Vor-' stände der Arbeiter- und Arbeitgeberverbände über einen neuen Verhandlungstermin verständigen konnten, war der Ablauf der bestehenden Verträge nahegerückt. Da bei den starken Differenzen, die zwischen den Forderungen der Arbeiter- und Arbeitgeberverbände bestehen, eine rasche Eini- gung nicht zu erwarten ist, andererseits aber auch eine tariflose Zeit mit vielleicht opfervollen Lohnkämpfen nicht erwünscht sein kann, so ergab sich sowohl bei den Arbeiter-, wie bei den Arbeit» geberverbänden das Bedürfnis, die Verlängerung der bestehen- den Verträge zu versuchen, um Zeit für die Verhandlungen über neu« Verträge zu gewinnen. Darüber wurde am 31. März und am 1. April im alten Rat- Hause zu Hannover unter dem Vorsitz deS Stadtrats Dr. Hil­ler aus Frankfurt a. M. verhandelt. Die Arbcitervertreter er- klärten bei den Verhandlungen von vornherein, daß sie einer Ver- längerung der Verträge nur zustimmen könnten, wenn den Bau- arbeitern im ganzen Reiche sofort eine der herrschenden Teuerung entsprechende Lohnzulage gewährt werde. Die Unternehmer waren zur Gewährung einer Zulage bereit, boten aber zunächst nur 20 Pf. für Tariforte bis zu 20000 Einwohner. 20 Pf. für Orte mit über 20 000 bis 50 000 Einwohner. 40 Pf. für Orte mit mehr als 50 000 bis 100 000 Einwohner und 50 Pf. für Orte mit über 100 000 Ein- wohner. Die Vertreter der Arbeiterverbände lehnten dieses Angebot als der herrschenden Teuerung nicht entsprechend ab und bezeichneten es als eine Verhöhnung der Arbeiterschaft. Am zweiten Verhand- lungStage wurde das Angebot von den Unternehmern erhöht, und nach längerem Weiterverhandeln kam es zu folgender Verein- barung: »Die am 31. März 1020 abgelaufenen Reichstarifverträge für das Hochbau- und Tiefbaugcwerbe einschließlich aller Ergänzungen, sowie die zugehörigen genehmigten und noch nicht genehmigten Be- zirks- und Ortstarife und die Tarifverträge für Groß-Derlin wer- den mit Einschluß der abgeschlossenen Akkordtorife unter nachstehen- den Bedingungen bis 28. Mai 1020 verlängert: 3) Alle in dm bisherigen Lohn- und ArbeitStarifen auf- geführten Arbeiterkategorien erhalten vom 6. April 1020 an zu den tarifmäßig festgesetzten Entlohnungen, wie sie gemäß Verein­barung vom 13. Februar 1020 ab 14. Februar 1020 bestanden haben, in Tariforten bis einschließlich 20 000 Einwohner 1 M. für die Stunde, in Tariforten über 20 000 Einwohner und in den in der Vereinbarung vom 13. Februar 1020 genannten In- dustriegebieten und im Feuerungs- und Schornsteinbaugewerbe 1,25 M. für die Stunde mehr. Soweit etwa nach dem 14. Februar 1020 Lohnerhöhungen oder Teuerungszulagen iin Voraus bewilligt sind, kommen diese auf obige Zuschläge in Anrechnung. Die im Freistaat Sachsen getroffene Vereinbavvng bleibt bestehen. b) Die Zentralorganisationen beginnen mit den Verhand- lungen über Erneuerung der Reichstarifverträge und des Ta- nfmusters spätestens am 14. April 1920 in Berlin , unter Vor- sitz eines Unparteiischen; die Verhandlungen sind tunlichst zu be- schleunigen. Nach der ersten Lesung der Reichstarifverträge ver- ständigen sich die Zentralorganisationen über die Frist zur Fertigstellung der bezirklichen und örtlichen Lohn- und Arbeits- tarife. Der Reichsverband für das Deutsche Tiefbaugewerbe mach» sein« endgültig« Stellungnahme von den Beschlüssen seines Verwalz tungSkörperS abhängig und verpflichtet sich, eine Erklärung hier- über bis zum Beginn der zentralen Verhandlungen(14. April 1920) abzugeben. Zustimmenden Falles erfolgt die Nachzählung der Zu- lagen vom 6. April 1020 an." Dieser Vereinbarung stimmten die Vertreter der Arbeiter- und Arbeitgeberverbände zu; jedoch erklärte der Borsitzende deS Deutschen BauarbeiterverbandcS, daß er eine Garantie für die Ruhe im Tiefbaugewerbe nicht übernehmen könne. Tarifverhandlttnge« im Einzelhandel. Am 31. Mäiz versammelten sich die Angestellten der Waren- Kaufhäuser und Spezialgeschäfte in den Sophiensälen, um da» Refe- rat von Bu blitz über' die Tarifverbandlungen entgegenzunehmen. Die bisherigen Tariiverhandlungen haben bisher noch kein positives Ergebnis gezeitigt, da zunächst eine Generaldiskulsion stattgefunden hat. Nur soviel war aus der Stellung der Arbeitgeber ersichtlich, daß sie das Bestreben haben, das Milbestimmungsreidi im bis- herigen Tarifvertrage auf die Bestimmungen de» Betriebsräte- gesetzes zurückzuschrauben. Dagegen hat der Zentralverband der Angestellten auf das schärfste Stellung genommen, ebenso hat er keinen Zweifel darüber gelassen, daß es beim 6-Uhr-Ladenschluß bleiben muß, während die Arbeitgeber das Bestreben zeigen, eine Verlängerung der Arbeitszeit herbeizuführen. Durch die Weigerung einzelner Arbeitgeber, eine Bezahlung der Streikrage während des Generalstreiis vorzunehmen, wurden �die Tarrfver- hondlurigen unterbrochen, damit die Arbeitgeber zunächst zu dieser Frage Stellung nehmen können Die Angestellten bestehen auf Be- zahlung der Streiktage. Am Sonnabend vormittag soll die Cnt- scheidung der Arbeitgeber den Angestellten mitgeteilt und im An- schluß daran sollen die Tarisverhandlungen fortgeführt werden. Im Anschluß daran referierte Wille über den Generalstreik und seine Wirkungen auf den Einzelhandel; dieses Referat wurde von allen Angestellten zustimmend ausgenommen. Folgende Resolution fand einstimmige Annahme: .Die überaus zahlreich versammelten Angestellten der Waren-. Kaufhäuser und Spezialgeschäfte de» Groß-Berliner Einzelhandel« erwarten, daß der kommende Tarif nicht nur eine vernünftige Ge- baltSregelung. sondern auch daS volle Mitbestimmungsrecht und den S-Uhr-Ladenfchluß bringt. Ferner verlangen die Angestellten Ferien auf der Grundlage ihrer Forderungen und sind entfchlosien, für die Durchsetzung ihrer Forderungen mit aller Kraft zu kämpfen Sie verlangen serner die Bezahlung der Streiktage.'

Extrabeitrag im Buch- und Tteindrvckerei-HilfSarbeiter- verband. Infolge der durch die TeuerungSverhältniffe hervorgerufenen fortgesetzt steigenden Kosten für die Verwaltung, namentlich für die Herstellung und den Versand des Verbandsorgans, insbesondere aber infolge der jetzt schwebenden und in Vorbereitung befindlichen Lohnbewegungen im Buch- und Steindruckgewerbe, deren Durch- führung bei den bisherigen statutarischen Unterstützungssätzen Schwierigkeiten bereitet, hat der Vorstand des obengenannten Ver- bandeS die Erhebung eines Extrabeitrages in Höhe deS wöchentlichen VerbanvSbeitrageS vom 5. bis 10. April d. I. ab bis auf weiteres beschlossen. Gleichzeitig mit der Erhebung dieses Extrabeitrages hat der Verbandsvorstand eine Erhöhung der Streikunterstützung aus das Doppelte der bisherigen Sätze beschlossen.__ Allgemein verbindlicher Tarifvertrag. Der zwischen dem Zentralverband der Ange stell- t e«, Bezirk Groß-Berlin, und dem Verband Deutscher Privat- Handelsschulen, Ortsgruppe Groß-Berlin, am 20. Dezember 1019 abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Gehalts- und An- stellungSbedingungen der Privathandelsschullehrer und-lehrerinnen ist für daS Geb!« Groß-Berlin mit Wirkung vom 1. Januar 1920 für allgemein verbindlich erklärt worden.

Wo sitzen die Reaktionäre? Zu dieier in der SonntagSnummer desVorwäns" erschienenen Notiz erhalten wir vom Betriebsrat der Geschäftsstelle des Vereins deutscher Ingenieure folgende An-

gäben: Als von der verfassungsmäßigen Regierung zum General- streik aufgefordert wurde, erklärte die Direktion des Vereins deutscher Ingenieure, der sick als techn i schto i sscn scha ftl iche r Verein politisch völlig neutral Verkält, den unterzeichneten Vertretern der Angestellten, daß sie es jedem völlig frei stellten, sich an dem Streik zu beteiligen. Sie achteten jede Ueberzeugung, und eS sei selbst­verständlich, daß sich ans der Beteiligung für dte Angestellten keine Weiterungen irgendwelcher Art ergeben würden. Tatsächlich hat auch, von einigen Ausnahmen abgesehen, die Angestelltenschaft des Vereins der Streikparole Folge geleistet. Der vomVorwärts" angezogene Brief ist vier Tage nach dem offiziellen Abbruch des Streiks geschrieben worden, nachdem alle Verkehrsmittel den vollen Betrieb wiederaufgenommen hatten und der betreffende Angestellte als einziger weder telephonifch noch schriftlich die Geschäftsstelle über sein weiteres Fernbleibe� benachrichtigt hatte.

GroßSerüu putsch und Gemeinöevertreter. Ten Berliner Gemeindevertretungen wird vorgeworfen, daß sie sich in den Tagen des Putsche» zu passiv verhalten haben. In der neuesten Nummer derKommunalen Praxis" nimmt nun Viktor Noack dazu Stellung und fragt: Weshalb traten die Gemeinde» Vertretungen nicht auf den Plan, die Volkserwählton, die ihren Wählern lokal und sozial am näckste.n stehen? Die Gemeindevertretungen hätten sich dazu berufen fühlen müssen, der von jeglicher Leitung im Stich gelassenen Bevölkerung an die Seile zu treten, sie vor allem aufzuklären. Wir haben auf den Straßen alle möglichen Leute Unsinn reden hören zu den nach Information schreienden Menschen. Das hilflose Raten uird Tasten der Gruppen, die sich an Ecken häuften, war geradezu er- barmungswürdig. Wo waren die Männer, die vermöge ihrer auto- ritären öfsenflichen Stellung hier hätten wirken können und wirken müssen, die volkserwählten Gemeindcvertretcr und Mitglieder der Gemeindevorstände? Di« Gemeindevertretung mußte sich in diesen kritischsten Tagen für permanent erklären. Sie mutzte einen Aktronsaus schuß einsetzen, der auch tatsächlich stäitdig tagte, stündlich aktirmSbereit. ES gilt vorbeugen! Tie Gemeindevertretungen sollten AktionS- ausschüsse bilden. Der Aktionsausschuß muß schlagfertig sein und wird deswegen nur wenige Köpfe.haben dürfen. etwa fünf. Die erforderlickie Bedeutung und Kraft kann er nur haben, wenn er in allen Schichten der Bevölkerung Vertrauen findet. Es müssen deswegen alle politischen Parteien gleichmäßig in ihm vertreten sein. Er hat aber seine Maßnahmen in vollster Objektivi- tat zu treffen, abseits der Parteipolitik, einzig im Interesse der öffentlichen Ordnung, d. h. im Sinne der Staatsverfassung.' Zum Schluß gibt der Verfasser den sehr anerkennenswerten Gedanken wieder, eine Zentralorganisation der Gemeinde- Vertreter der Sozialdemokratischen Partei�ßu schaffen. Wäre sine solche Zentralorganisation vorhanden gewesen, so hätte sie nicht nur als Träger des Gemerndc-NachricktendiensteS, sondern auch in mancher andern Hinsicht ein stützender Pfeiler im Gebälk der Republik sein können. Der hier niedergelegte Plan verdient unseres ErachtenS in allen Groß-Berliner Gemeindevertretungen schleunigst erwogen zu tverden.

Eine Jugendseier, die am Abend im großen Saal deS Wohl- fahrtsministeriums veranstaltet wurde, schloß sich der Tagung ent- schiedencr Schulreformer an. Die Frage nach dem Sinne de» Lebens war der leitende Gedanke der drei Vorträge von Adele Schreiber , von Dr. Hildegard Wegsche'ider und von Dr. Siegfr. Kawerau. Die Gedankenfülle und EmpfindungS- tiefe ihrer Ausführungen hinterließ stärkste Eindrücke bei der au» Jugendlichen und Erwachsenen zusammengesetzten zahlreichen Zu­hörerschaft. Rezitationen und Chargesänge trugen zur Verschönung dieser Feier bei. lieber ihr lag der nachdenkliche Ernst erwachender Jugend. Einheitliche Postwertzeichen. Aus Anlaß de» bevorstehenden llebergangS der bayerischen Boftvertvaltung auf daS Reich gelten vom 1. April an die seither im Reichspostgebiet und in Württem- berg verwendeten Postwertzeichen auch in Bayern . Die Post- anstalten in Bayern werden vom gleichen Tage an vorläufig bahe- rische Postwertzeichen mit dem UeberdruckDeutsches Reich ' ausgeben, die ebenfalls im ganzen Reichsgebiet zur Freimachung von Sendungen benutzt werden rönnen. Bayerische Postwertzeichen ohne diesen Vordruck sind bis auf weiteres noch insoweit zur Frei- machung gültig, als sie sich auf Sendungen aus Bayern befinden. Die Beamten gegen die Reaktion. Mehr als 2000 Beamten aller Behörden waren am Donnerstagabend im Lehrer- Vereinshaus versammelt, um gegen die Reaktion Stellung zu nehmen. Genosse Schlegel sprach ausführlich über die Sünden der Reaktion und deren Folgen, unter denen die arbeitende Be- völkerung, einschließlich Beamten, in besonderem Maße zu leiden haben. Genosse Gronefeld geißelte daS Verhalten insbeson­dere der höheren Beamten, die mit fadenscheinigen Gründen in offener und versteckter Weise der Reaktion in die Arme gearbeitet haben. Die Versammlung nahm folgende Entschließung an: Die am 1. April 1W0 im Lehrervereinshau» versammelten Beamten aller Verwaltungen fordern mit allem Nachdruck, daß bei Besetzung der Referenten und sonstigen leitenden Stellen in den Ministerien unbedingt den Wünschen der Beamten in der weitestgehenden Weise Rechnung getragen wird, um zu der- hüten, daß durch die GeheimratSwrrtschaft die gewrß gute Absicht der Minister vereitelt wird. Sie verlangen unbedingte Durchführung der von den Gewerkschaften festgesetzten 9 Puntte, damit endlich einmal Ruhe und Zufriedenheit in die Beamtenschast einzieht. Die Versammelten stehen fest auf dem Boden der Demo- kratie und erden wie bisher jeden Versuch zur Errichtung einer Diktatur, sei sie von recht» oder links, in Gemeinschaft mit der klassenbewußten Arbeiterschaft abzuwenden wissen." Wie eine Räuberbande hauste in den Putschtagen«in Trupp B a l t i k u m e r unter Führung eines Hauptmanns in einer Druckerei am Grünen Weg. Gegen 6)4 Uhr abends er- schienen die Banditen in der Druckerei, beichagnahmten die für die verfassungsmäßige Regierung hergestellten Flugblätter, vernichteten alle für Private hergestellten fertigen Drucksachen und machten sich dann an die Zerstörung der Druckereieinrichtung, die sie aufs gründ- lichste besorgten. Satzkäften wurden umgeworfen. Maschinen zerstört, Treibriemen in.kleine Stücke zer- schnitten, die elektrischen Lampen zerscklagen. Der Besitzer der Druckerei wurde ohne Mantel und Hut als Gefangener abge- führt. Der Schadenersatz müßte hier zunächst au» dem Vermögen der Kapp und Genossen geleistet werden. Erhöhung des GaSpreiseS in Charlottenburg . Der Magistrat Charlottenburg hat sich dem Vorgehen der Berliner Stadtverwal- tung angeschlossen und erhöht mit dem 1. April d. I. den Preis für einen Kubikmeter Gas auf 1 M. und für Münzgas auf 1,0 2 M.

Vorträge, Vereine unö Versammlungen. Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Bezirk 12. Osten, Dienstag, 6. April, 7 Uhr, Mitgliiderversammlung in der Biebhossbörse, Eldena «. straße 37. yrcireligiiise Gemeinde, Niederschöneweide . am 1. Osterseier- tag, nachm. 3 Uhr, in der Aula der Gemeindeschule Frlthlingtfei«.

B-rausstchNtchea Wetter bis Sonntag mittag. Veränderlich, ab» überwiegend bewölkt, etwas kühler, mit emzelncn Rcgenfällen und süd- lichen Winden.

Verantw. für den redaktian. Teil: Artnr kilckler, Ibarlottenbura: Mr Anzeiaeu: Tb. Sl-cke. Berlin . Bering: Borwörte-Berlaa».m.b.H., Berlin . Druck: Brr» wärto-Buchdruckerei u. Berlaaoanstnlt Paul Singer u. Sa. Bettln, Linöensrr. 1>