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Nr. 175. 37.Jahrg.

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Der Borwärts mit der Sonntags­beilage ,, Bolt u. Zeit" ericheint wochen. täglich zweimal Sonntags einmal.

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B

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Dienstag, den 6. April 1920.

Konflikt in Wilhelmshaven  .

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 11753-54.

Der Schuldanteil der Entente.

Kapp- Verbrecher aus der Haft entlassen. erstatter zu überprüfen und endlich mit energischer Hand in im Auswärtigen Amt   bei Herrn von Haniel  , um ihm als

S

Wilhelmshaven, 4. April. Die Reaktion ist unter Führung der Admiralität in vollem Marsche. Die Auf hebung der Schuhhaft über die St app Putschikten ist gegen die Stimmen der Koalitionsparteien tro aller Bemühungen beim Kabinett und beim Reichspräsi­denten durch den Reichswehrminister durchgesetzt worden. Die vollziehende Gewalt in der Nordseestation wurde dem unzu­verlässigen General Hülsen( Hannover  ) übertragen.

anerkannt werden.

Unmittelbar nach der Niederwerfung der Militärrevolte erschienen die hiesigen Geschäftsträger der alliierten Mächte das reaktionäre Wespennest hineinzugreifen. dem Vertreter der verfassungsmäßigen Reichsregierung die Wir hatten in unserer Sonnabend- Morgennummer auf Der Protest des Reichskommissars. GIüdwünsche ihrer Regierungen auszusprechen. Diese den unbegreiflichen Befehl des Reichswehrministers Wilhelmshaven, 5. April.  ( Eigener Drahtbericht des Glückwünsche bedeuteten zweifellos weit mehr, als eine hingewiesen, auf Grund dessen sämtliche am Kapp Putsch  beteiligten Seeoffiziere in Wilhelmshaven   aus der" Borwärts.) Der Oldenburgische   Ministerpräsident rein diplomatische Formalität, sie waren eine hochpoli­tische Demonstration, über die gerade wir Sozial­Haft zu entlassen feien, trotzdem Kapp- Butschisten fandte an die Reichsregierung folgendes Telegramm: ,, Nach Kenntnis aller Vorgänge und Anordnungen in Wil  - demokraten, die hoffnungsvoll auf jedes Zeichen lauern, das durch Gesetz den Zivilgerichten zu überweisen sind. Hierzu meldet uns ein weiterer eigener Drahtbericht helmshaven, soweit sie bis heute getroffen worden, erhebe ich vflicht als den Beginn einer wirklichen Annäherung zwischen den Hierzu meldet uns ein weiterer eigener Drahtbericht gemäß als Reichskommissar für Oldenburg   und als Minister- gestern noch kriegführenden Regierungen und Völkern ge­folgendes: präfident im Namen der Oldenburgischen Staatsregierung Eindeutet werden könnte, allen Anlaß haben, freudig.festzustellen. spruch gegen Anerkennung des alten Systems, Deshalb sei nochmals hier ausdrücklich hervorgehoben, daß welches sich ausdrückt in der Herrschaft der reaktionären das Verhalten der Entente während des Kapp- Putsches Offiziere der Admiralität, in der Unterstellung der Nordsee- Deutschland gegenüber überaus loyal gewesen ist: Sie station unter die Reichswehrbrigade 10, Hannover  , in der Able h- hat sorgfältig jede Berührung mit den Rebellen gemieden, nung der Vorschläge des Reichskommissar Vesper, die von den England hat sogar einen Vertreter nach Stuttgart   entsandt, hiesigen Koalitionsparteien und der Staatsregierung als der hiesige englische   Geschäftsträger Lord Kilmarnock hat gangbarer Weg zum Neuaufbau einer der Republik   treuen Marine zu einer Zeit, als der Ausgang des Kampfes noch keineswegs feststand, dem Vorwärts" eine Erklärung zukommen lassen, Die Admiralität erwägt den Plan, die Marine aufzulösen Die Nordseestation ist tadellos in Ordnung und bleibt in der er energisch gegen den Schwindel der Kappisten, wo­und die am Kapp- Butsch beteiligten Seeoffiziere dadurch zu in Ordnung, wenn die reaktionären Offiziere aus der Admiralität nach England von dem Unternehmen vorher gewußt und ihm rehabilitieren. Die Vorschläge des Reichskommissars Ge- rücksichtslos beseitigt werden. Die Station Wilhelms- nicht unsympathisch gegenüber gestanden hätte, Stellung noffen Vesper bleiben nach wie vor unbeachtet. Die haven und die höheren Kommandestellen müssen besent werden mit nahm,*) und der erste unter den Geschäftsträgern, die bei Koalitionsparteien in Wilhelmshaven   haben daher weitere Mit demokratischen Offizieren. Geeignete Personen würden Herrn v. Haniel mit den Glückwünschen ihrer Regierung n arbeit abgelehnt, solange die Regierung der Reaktion zur Verfügung stehen; es ist Berleumdung, den Deck- erschienen, war der französische   Vertreter Marcilly. die Wege ehnet. offizieren vorzuwerfen, daß fie alle Offiziersstellen besetzen wollen. Die durchaus forrefte Saltung der Ententestaaten wäh­Es wird höchste Zeit, daß der Reichspräsident nochmals Eine Reichsregierung und ein Reichswehrminister, welche nicht im- rend des Butsches und nach dessen Niederwerfung soll uns genau die Vorfälle überprüft. Den übereinstimmenden Mit- stande sind, die Schuldigen am Kapp- Putsch   streng aber gerecht zu jedoch nicht davon abhalten, von dem Schuldanteil der teilungen der letzten Tage zufolge getoinnt man mehr und bestrafen und das Versprechen Cherts und Nostes auf, Demokratieten an der Militärrevolte zu sprechen. Diese mehr den Eindruck, daß der Reichswehrminister über die wahre tisierung von Reichswehr und Marine fofort mit Taten durchzu Schuld ist zwar eine in drrefte, aber sie ist riesen­Lage in Wilhelmshaven   boII kommen ununterrichtet führen, verlieren das Vertrauen. Die Folgen für die groß. In seiner Stuttgarter Rede hat bereits Genoffe ist und durch sein passives Verhalten die Reaktion unterstützt. Nordfeestation und die weiteren politischen Folgen sind unabsehbar." Bauer darauf hingewiesen, daß die Gewaltpolitif Wenn die Koalitionsregierung von den Koali­der Entente Deutschland gegenüber, daß vor allem der tionsparteien verlassen wird, so ist das Anlaß genug, Friedensvertrag von Versailles   iene Stim­mung in weiten Kreisen des deutschen   Volkes hervorgerufen hat, ohne die die Kapp und Lüttwig ihr verbrecherisches Unternehmen überhaupt nicht hätten wagen fönnen. Und wie oft war die Entente von demokratischer deutscher   Seite vor den Folgen ihrer Gewaltpolitik gewarnt worden! Wie oft war von hier aus den französischen   und englischen Staatsmännern zugerufen worden, daß ihr Ver­balten Deutschland   gegenüber nur die Geschäfte der Reat fion besorge und das Bestehen der Republik   bedrohe! Aber alle Warnungen stießen auf taube Ohren und jeder neue Monat seit dem November 1918 brachte uns eine neue Demütigung oder eine neue Tierquälerei von feiten der Sieger. Um nur einiges noch einmal aufzuzäh­len: Die Waffen still standsbedingungen bon Compiègne  , die Unterstützung der Polen   revolten, die lange Fortdauer der Blockade, der Mordfrieden von Ver­failles die Wiederverhängung der Ostsee  blockade, die Sühne für Scapa Flow  , die endlose Zurüdhaltung der Kriegsgefangenen und zuletzt noch die Auslieferungsfrage.

Tangen.

Es werden der Reichsregierung weiter durch den Ministerpräsi­genau die Vorfälle unter Hinzuziehung zuverlässiger Bericht-| denten Verhandlungen angeboten.

Der Vormarsch im Ruhrgebiet  .

Amtlicher Bericht.

Berlin  , 5. April. Amtlich. Die Polizeiaktion im In­dustriegebiet nimmt planmäßigen Verlauf. Um Städte und Ort­schaften und im besonderen die friedliche Bevölkerung zu schonen, enthalten sich die Truppen aller nicht unbedingt erforderlichen Kampfhandlungen, was an die Leistungsfähigkeit und an den Opfer­finn der Truppen, unter denen fich mehrere fübdeutsche For. mationen befinden, eine ganz besondere Aufgabe stent. Zurzeit steht die Reichswehr nördlich von Bottrop  , was noch nicht befest ist. Deftlich von Dortmund  , in das die ersten Abteilungen foeben eingezogen find, gehen die Truppen in der Linie Lünen  - Ramen gegen erheblich stärkere Abteilungen der roten Banden vor. Auch im Landkreis Hörde schreitet die Reinigungs­

aktion vorwärts.

Der Bahnhof Widebe wurde von roten Banden gestürmt. Ebenso die Zechen Admiral und Glücks auf. Jn Dort

mund selbst haben erhebliche Plünderungen stattgefunden. In Essen   nehmen die Plünderungen ihren Fortgang. Von bem Postdirektor wurden 120 000 m. erpreßt.

Die Konsumanstalt von Krupp   ist gestern abend beraubt

worden.

Auch die ländliche Bevölkerung zwischen Essen, Belbert und Mülheim   leidet erheblich unter Plünderungen. Sehr ernst ist auch immer noch die Lage in der Stadt Mülheim  , wenn sich auch das Gros der roten Bande, das bisher dort gelegen hat, zu berlaufen beginnt.

Der Abgeordnete Hué hat ausdrücklich erklärt, daß eine Be friedung von Essen   und Mülheim   ohne Einseßen des Militärs undurchführbar sei. Es ist zu erwarten, daß am Dienstag oder Mittwoch Effen entfest werden kann. Der 3entral rat soll aus Effen geflohen sein, angeblich hat er sich nach Barmen begeben. Hier wie überhaupt im Bergischen Lande, so auch in Düsseldorf  , herrschen im großen ganzen Ruhe und Ordnung.

folgen den Zentralrat mit Waffen in der Hand. Der Einmarsch der Reichswehr in Essen   scheint unvermeidlich.

Die Einnahme von Duisburg  , Oberhausen   und Mülheim   erfolgte ohne nennenswerte Kämpfe. Bertreter aller Parteien einschließlich der Unabhängigen hatten um Ein marsch gebeten, da den Plünderungen anarchistischer Elemente fonst nicht hätte Einhalt geboten werden können.

Es handelt sich also nicht mehr um einen Kampf organisierter Arbeiter, sondern um Widerstand undisziplinierter Elemente. Die Sentralratsmitglieder erklären, daß fie teine Proklamation des Generalftreits beabsichtigten.

Berlin  , 5. April. Obwohl die deutsche   Regierung in Paris  wiederholt die dringlichen Gründe darlegen ließ, die fie gezwungen haben, die Polizeiaktion im Ruhrgebiet   zu unternehmen, ist es ihr bisher nicht gelungen, das Einverständnis der französischen  Regierung mit dem Einmarsch zu erzielen.

Herr Millerand   hat vielmehr in seiner Eigenschaft als fran- Schildanteil zösischer Ministerpräsident die deutsche Regierung in einer Note auf die besonders feierliche Fassung des Artikels 44. des Friedens­vertrages, der jeden Verstoß Deutschlands   gegen die mit der neu­tralen Zone sich befassenden Artikel 42 und 43 als eine feind selige Handlung und einen Versuch einer Störung des Weltfriedens kennzeichnet, hingewiesen und in Aussicht ge­stellt, daß uns die Entscheidung der französischen   Regierung später übermittelt werden würde.

Demgegenüber kann heute festgestellt werden, daß durch die zum Zwecke der Polizeiaktion in das Ruhrgebiet   einmarschierten Truppen das uns für die neutrale Zone zugestandene Kontingent noch nicht erreicht worden ist. Nach dem Abkommen vom 6. August sind uns insgesamt für die neutrale Zone 17 500 Mann zugebilligt. Im Industriegebiet befinden sich zurzeit 13 500 Mann, in der übrigen neutralen Zone 3500 Mann. Es ist ferner Herrn Millerand   mitgeteilt worden, daß die Aktion im Ruhrrevier in etwa sieben Tagen ihr Ende erreicht haben dürfte.

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In dieser Gewaltpolitif liegt wohl der hauptsächlichste Schuldanteil der Entente am militaristischen Staatsstreich. Wir stehen aber damit ist diese Frage noch nicht erschöpft. wahrhaftig nicht im Verdacht, irgendwelche Sympathien für die Baltikumer zu begen, diefe Kerntruppe der eidbrüchigen Generäle. Aber auch den Baltikumern wollen wir Gerechtig­feit widerfahren lassen. Ursprünglich waren sie sicher nicht die Abenteurer ohne Treu und Glauben, deren sich ver­brecherische Führer später bedienten. Sie sind dazu erst ge. macht worden und ein gut Teil von Schuld liegt dabei auf feiten der Entente. Die Entente ist es gewesen, die be­reits in den Waffenstillstandsbedingungen vom November 1918 Deutschland   die Verpflichtung auferlegte, Truppen in den baltischen Ländern als Bollwerk gegen die rote Sowjetarmee zu behalten. Freilich hätten wir es vor­gezogen, Frieden mit Sowjetrußland zu schließen, wodurch diese Truppenmacht im Baltikum überflüffig geworden wäre, aber die Entente gab uns zu verstehen, daß sie eine solche An­näherung an die Regierung von Lenin   und Tropfy als einen unfreundlichen Aft ansehen würde, und wir, die unter der Blockade litten und das Leben von Millionen Volksgenossen Kein Einmarsch ins Bergische Land! nur durch deren Aufhebung und durch Lebensmittelſendungen ( Eigener Drahtbericht des Bor­Die Ortswehren sollen für Ordnung sorgen. aus Amerika   retten konnten, mußten uns fügen und den wärts".) Im Wuppertal   und im Bergischen Lande herrscht Ruhe. Die Waffenabgabe macht gute Fortschritte. Berlin  , 5. April.  ( WTB.) Aus dem Bergisch   märkischen Siegern diesen Bütteldienst im Baltikum leisten. Aber Die Behörden und sozialistischen Parteien haben sich an die Lande werden seitens der Arbeiterschaft Befürchtungen ge- mit welchen Truppen? Die gesamte Ostarmee drängte nach Reichsregierung mit dem Ersuchen gewandt, nach Hagen  , äußert, dahingehend, daß die Polizeiaftion im Industriegebiet auch Demobilisierung und dieses Verlangen aller Soldaten, ob im Elberfeld  , Barmen usw. keine Truppen vorrüden zu laffen. bis in die Gegend Hagen  , Glberfeld Barmen, Ifer. Westen oder im Osten, nach gleicher Behandlung war nur be­Die Reichsregierung hat dies telegraphisch zugefagt. Iohn vorstoßen könnte. Eine solche Absicht besteht nicht. Es muß rechtigt. Es mußte daher eine Freiwilligenarmee Im Kohlenrevier haben nur völlig undisziplinierte Ban- allerdings darauf hingewiesen werben, daß unter Umständen gerade gebildet werden, und dies konnte nur geschehen, indem man den sich Meldenden besonders günstige Bedin­ben bie Waffen behalten und gehen eigenmächtig vor. In Effen dadurch marodierende Banden veranlaßt werden fönnten, sich ausgungen in Aussicht stellte. Mit Bustimmung der lettischen forderte der Zentralrat und die örtlichen Führer der Unab. dem Effen- Dortmunder Gebiat in das Bergische Land zu Stegierung, die bei dem Vormarsch der Roten auf Riga   fich hängigen und kommunisten zur Waffenabgabe auf, flüchten. In diesem Falle wird es zunächst Aufgabe der Ortsin außerordentlich bedrängter Lage befand, wurde den Frei­festen es aber nicht allgemein durch. Der Zentralrat mußte wehren sein, das Gebiet, in dem zurzeit Ruhe, Ordnung und Effen verlassen und feinen Siz nach Barmen verlegen, da er jeden Arbeitsfreudigkeit herrschen, vor Gewalttaten und Plün=*) Diese Erklärung ist in unserer zweiten Grtra- Ausgabe Einfluß auf die anarchistischen Elemente verloren hat. Diese ver- derungen zu bewahren. vom 18. März veröffentlicht worden.

Elberfeld  , 5. April.