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Nr. 183.37.Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin  ".

Morgen- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Expedition: GW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morinvlag, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 10. April 1920.

Das isolierte Frankreich  .

Ministerrat in Paris  .

Paris, 9. April. Heute vormittag fand ein Ministerrat unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Miller and statt. Der Ministerpräsident unterrichtete seine Kollegen über die Lage in Deutschland   und über die Verbalnote der englischen  Regierung über die Besetzung der rechtsrheinischen Städte. Da die offizielle Note der englischen   Regierung noch nicht in Paris   eingetroffen war, hat sich der Ministerrat auf den späten Nachmittag vertagt. Der Botschafterrat hat heute vor­mittag unter dem Vorsitz von Jules Cambon   getagt und sich mit den laufenden Geschäften, namentlich mit dem ungari­schen Friedensvertrag, aber nicht mit den deutschen   Ange­legenheiten beschäftigt. Die Liberté" hebt hervor, daß Lord Derby der Sigung beigewohnt hat,

Nervosität der Pariser Presse.

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Das große Abrücken.

Amsterdam  , 9. April. Ein besonderer Berichterstatter der Daily News" erfährt, daß der schon seit Beginn der Friedens. konferenz gehegte Wunsch der von Foch   geführten franzöfifchen Militärpartei, einen größeren Teil des deutschen   Ge­biets zu befeßen, auf einer der letzten Sigungen des Obersten Rates wieder vorgebracht worden, jedoch am Widerstande Eng lands und Italiens   gescheitert sei.

Vorwärts- Verlag 6.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Ferniprecher: Amt Moritplas, Nr. 117 53-54.

Ergebnisse.

Bon Friedrich Stampfer  .

Am 9. November 1918 waren es eigentlich nur wenige borausschauende Stöpfe, die begriffen, daß Deutschland   fortan nur als demokratische Republik zu leben imstande ist. Heute ist diese Erkenntnis beinahe Gemeingut des ganzen deutschen   Volkes, und selbst Deutschnationale und Kommu nisten können sich kaum noch gegen sie wehren. Das ist die Wirkung des Anschauungsunterrichts, der unserem Volt durch den Kapp- Putsch   und den Aufstand im Ruhrrevier erteilt worden ist.

Dieselben Leute, die im Januar 1919 mit Maschinen­New York, 9. April. Associated Breß vernimmt von ermäch­tigter Seite in London  , daß Großbritannien  , Italien  , Belgien   und gewehren vor der Reichskanzlei die deutsche   Sowjet­die Vereinigten Staaten gegen das Einrüden französischer Truppen republik   ertrogen wollten, erklären jetzt in taktischem Rück­in die neutrale Zone wären und daß Frankreich   in dieser Sache zugsgefecht, daß Deutschland   für die Höhe der russischen   Voll­ganz auf eigene Verantwortung hin gehandelt habe. Wenn der kommenheit noch nicht reif sei. Und dieselben Leute, die für französische   Verdacht, daß Deutschland   Hintergedanken habe, sich den Kapp Putsch die Stimmung schufen und ihn vors als richtig erwiesen hätte, wenn eine vorsätzliche Verlegung der Be- bereiten halfen, verfichern jetzt mit aufgehobenen Händen, daß dingungen des Friedensvertrages wirklich vorgelegen hätte, jo fie jede Gewaltanwendung verdammen und nur noch den Berlin  , 9. April. Journal des Débats  " schreibt: Erklären wir würde eine unverzügliche Aenderung der Sachlage eingetreten sein. Weg der verfassungsmäßigen Entwicklung gehen wollen. dem Reichskanzler, daß, wenn er sich, ohne den Vertrag von Ver- Für den Augenblick könne gesagt werden, daß kein britischer failles zu verleben, nicht imftande fühlt, in der verbotenen Soldat an der Besetzung der deutschen   Städte in der neutralen Bone die Ordnung wiederherzustellen, die Alliierten das selbst be 3one teilnehmen werde. forgen würden.( WTB.): Diese Entschließung zeigt denjenigen, die London  , 8. April.  ( Reuter.) Die englische Regierung es noch nicht wissen sollten, wohin die imperialistischen Groberungs- hat den französischen   Botschafter Cambon benachrichtigt, daß fie die absichten Frankreich   zielen, und daß es diesem Frankreich   auf Frage der Intervention in Deutschland   anders beurteile als die einen Bertragsbruch mehr oder weniger nicht französische   Regierung.

antommt.

Paris  , 9. April. Pertinar im Echo de Paris" wendet sich sehr scharf gegen Lloyd George  . Er sagt: Dieser Lloyd George  , der gestern noch einmal sich als den Mann erwiesen hat, den wir im Juli, August und September 1914 fannten, ist der Politiker ohne Urteil, der selbst am Tage des serbischen   Ultimatums die euro­ päische   Abrüstung vorausjagte, der am 2. August 1914 im Kabinetts­rat, der über die Haltung Englands entscheiden sollte, seinen Kol­legen drohte, auf die Straße hinabzusteigen, um an die Spitze der Bazifisten zu treten, wenn die Regierung sich auf die Seite Frant­reichs schlagen werde, und der einen Monat später sich gegen den rettenden Bakt ausgesprochen habe, durch den die Gegner Deutsch  lande sich verpflichteten, keinen Separatfrieden abzuschließen. 1914 habe dieser Demagoge nicht begriffen, was die germanische Gefahr bedeute und 1920 finde man ihn ähnlich wieder. Millerand  habe geduldig acht Tage lang mit Lloyd George   verhandelt und er habe sich erst dann entschlossen, zu handeln, als er den Beweis der Ohnmacht des gegenwärtigen englischen Ministeriums, eine Hal­tung anzunehmen, die die Sicherheit Frankreichs   gewährleisten fönne, erkannt habe. Lloyd George   habe der französischen   Politik niemals verziehen, daß sie seit Januar in der Entente Cordiale  eine gewiffe Unabhängigkeit beobachtet habe. Er habe seine Stunde abgewartet, und er glaube sie nunmehr gekommen.

Frankfurt   a. M., 9. April.  ( Eigener Drahtbericht des Bor­wärts".) Der amerikanische   General Allen und Herr Tirard, der Vorsitzende der Rheinlandkommission in Koblenz  , be­suchten gestern in Mainz   General Degoutte.

Amerikas   Sonderfrieden.

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Uus Paris   erfährt das Hollandsch Nieuws Burs: Allgemein sei man in Paris   der Ueberzeugung, daß das Kabinett Millerand  fich wenigstens der wohlwollenden Neutralität Englands berfichert hatte, bevor es seine Aktion gegen Frankfurt   begann. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein. Zögernd erkennen die offiziellen Blätter an, daß auch England Stellung gegen Frankreich   nimmt. Sin fichtlich der Haltung von Amerika   und Italien   hatte man während der letzten 24 Stunden jede Orientierung verloren. Die englische Antwort wurde erst abends spät empfangen, so daß man noch keine Richtlinien für die Presse diktieren konnte. Die Preffe führt aus, daß unter diesen Umständen vorläufig nicht mehr von Sonder berhandlungen zwischen Frankreich   und Deutschland   die Rede sein könne. Unterstübt von England, Italien   und Ame­ rika   dränge Deutschland   weiter auf einen Ausgleich der Meinungs­verschiedenheit mit Frankreich   durch den Völkerbund. Der Vorsitzende der deutschen   Delegation Göppert sandte die Abschrift des deutschen   Protestes mit einem Begleitschreiben an den Ge= neralsekretär des Völkerbundes Sir Eric Drummont. Darin ersucht er im Namen Deutschlands   offiziell den Völker bund, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Man glaubt nicht, daß die heute abgehaltene Sihung des Bölkerbundes die Frage in Be­handlung nehmen wird. Man wird sich darauf berufen, daß die Anträge zur Behandlung zu spät eingereicht wurden, doch erwartet man wahrscheinlich, daß ein Datum festgesetzt wird, an dem diese Frage zur Behandlung kommen wird. Im Zusammenhang mit den Besprechungen über diese Angelegenheit steht die Ankunft von Churchill   und Rawlinson  , des früheren Befehlshabers der eng lischen Truppen am Rhein  , in Paris  .

Die Unabhängigen, die auf dem, Leipziger Partei­tag mit ihren Zugeständnissen an den Kommunismus gar nicht weit genug gehen konnten, haben einen einigermaßen deutlichen Trennungsstrich gegen lints gezogen und ihre Bereitwilligkeit ausgedrückt, sich an einer Regierung beteiligen zu wollen, die auf verfassungsmäßiger, parlamentarischer Grundlage ruht.

Trotzdem hört man noch immer den Ruf: Die demo­fratische Republik ist in Gefahr!" Zweifellos ist diese Gefahr auch noch vorhanden, man muß fie nur dort suchen, wo sie wirklich ist: 3. V. in Pommern  , in Ostpreußen  , wo unver­befferliche reaktionäre Gewaltapostel zu neuen Verzweiflungs­streichen rüsten. Aber nein, liest man gewisse Organe der bürgerlichen Demokratie und des Zentrums, so fönnte man meinen, es gäbe für die demokratische Republit eine Gefahr nur von den Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei!

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Man spricht von einer Nebenregierung der Gewertschaften und beschuldigt die Sozialdemokratische Partei  , daß sie diese Nebenregierung unterstütze. Aber in den ganzen Verhandlungen, die sie mit den Vertretern der Ge­wertschaften führte, hat die Partei erklärt, daß sie auf de m Boden der Verfassung stünde, und nie ist von der anderen Seite der Versuch gemacht worden, sie von diesem abzuziehen.

Nie ist bestritten worden, daß in Deutschland   nur eine Regierung möglich ist, die sich auf eine Mehrheit der gewählten Boltsvertretung stützt. Wenn bestimmte Forderungen an die Regierung gestellt werden, so war es ganz selbstverständlich, daß diese für ihre Bewilligung oder Ablehnung der National­ versammlung   Rechenschaft schuldig ist. Die National versammlung fann jeden Tag eine Regierung stürzen, die nach ihrer Auffassung zu viel Zugeständnisse in bestimmter Richtung gemacht hat, und sie kann auf solche Weise diese Bugeständnisse wieder zunichte machen. Bei ihr bleibt also unbestritten das Schwergewicht der Entscheidung und zugleich auch die Laft der Verantwortung dem Volke gegenüber.

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Polnisch- russische Friedensverhandlungen. feinen Generalstreit gegen die Demokratie unternehmen, und

Ohne Waffenstillstand?

Das Problem Generalstreit gegen Demokra­tie" ist nie aktuell geworden. Die Gewerkschaften würden die Sozialdemokratie würde einen solchen nicht unterſtüßen. Es erklärt den Krieg für beendet. Wir haben in Deutschland   nur einen großen politischen Washington  , 8. April.  ( Neuter.) Der Borsigende des Geschäfts­Warschau, 9. April. Tschitscherin   hat unter dem 30. März an den Generalstreit erlebt, er wurde von der Sozialdemokratie und ordnungsausschusses Campbell eröffnete im Repräsentantenhause die polnischen Minister des Aeußeren, Batet, einen Funfspruch gerichtet, den Gewerkschaften geführt zum Schuge der demokratischen Debatte über die gemeinsame Refolution, in der der Kriegszustand daß die russische   Sowjetregierung bereit sei, die Friedensverhand- Republik gegen die Stapp- Rebellen. mit Deutschland   für been det erklärt wird. Campbell erklärte lungen mit Bolen am 10. April aufzunehmen und schlägt einen Nun wäre es theoretisch sicher richtig gewesen, den poli­Wie tischen Generalstreit in dem Augenblick abzubrechen, in dem der Krieg sei tatsächlich beendet, daher sei es Pflicht des Kongresses Waffenstilstand an der ganzen russisch- polnischen Front vor. bies zum Ausdrud zu bringen. Die Annahme eines Antrages die Telegraphen- Union" aber aus unterrichteten Warschauer   Kreisen er die beabsichtigte Schuhwirkung erzielt hatte. Aber weder zur Geschäftsordnung, in dem die Debatte auf 9 Stunden beschränkt erfährt, wird der russische   Waffenstilstandsvorschlag von polnischer ist es möglich, diesen Augenblick mit mathematischer Genauig­wird, mit 213 gegen 155 Stimmen, wobei sechs Demokraten mit Beite abgelehnt werden, da sich die Front auf 1000 Stilometer feit zu bestimmen, noch kann man eine Massenbewegung den Republikanern stimmten, deutet darauf hin, daß die Entschließung erstrede und diefe Länge es den Bolschewiften ermöglichen würde, von so ungeheurer Wucht vor einem Kreidestrich, in Reih und im Hause angenommen wird. während der Dauer der Waffenstilstandsverhandlungen bolfche Glied ausgerichtet, zum Stehen bringen. Daß die Bewegung wistische Propaganda in der polnischen Armee au treiben, im größten Teile des Reiches nicht weit über ihr Ziel- hinaus Auch fönnten im Falle eines Waffenstilstandes vereinzelte Ueberfälle route, ist das Verdienst der Gewerkschaften und der Sozial­berübt werden, was auf die Verhandlungen nachteilig werden könnte, demokratischen Partei. Nicht zulegt drohe die Gefahr, daß die Bolschewisten den Waffen- Man darf doch bei allen Betrachtungen nicht übersehen, stillstand dazu benutzen fönnten, ihre Sträfte in Sibirien   und Süd- daß durch den Kapp- Putsch   die Grundlagen der Demokratie Die Vorbereitungen in Erschütterung geraien sind, ein neues Uebergangs­Tußland auf die polnische Front zu werfen. Aur Aufnahme der Friedensverhandlungen find inzwischen in vollem it a dium geschaffen worden ist. Wenn in diesem Stadium ange: Als Vertreter der Sowjetregierung sollen Tichiticherin, die Gewerkschaftsverbände der Arbeiter, Angestellten und Be­Radet, Dr. Marchlewsti( Karsti) und eventuell Trogti selbst teil- amten ihren Einfluß dafür verwandten, weder eine Militär­diktatur noch eine Rätediktatur aufkommen zu lassen, so ist nehmen. das zum Nußen der Demokratie geschehen und nicht zu ihrem Schaden. Man sollte die deutschnationale Presse in ihren geistreichen Erörterungen über die Zerstörung der Grundlagen der Demokratie durch die Gewerkschaftsdiktatur" lieber allein Lassen!

Die türkische   Frage. Amerika   fordert Berücksichtigung Deutschlands  . Nach einem Times".Telegramm bom 3. April aus Washington  hat Präsident Wilson dem Senat den Bericht der unter General Harbord nach Armenien   entfandten Kommission übermittelt. Die Sommission erklärt darin, daß Amerika   kein Mandat über die Türkei  oder Armenien   übernehmen sollte, ohne Einbernehmen mit Frank

reich und Großbritannien   und ohne die endgültige Zustimmung

Deutschlands   und Rußlands  .

Daß Präsident Wilson eine Regelung der türkischen   Frage ohne Wahrung der Lebensinteressen Rußlands   und ohne dessen Zustim mung und Mitwirkung für unmöglich hält, hat er erst in seiner jüngsten Note vom 24. März besonders scharf betont. Interessant ist es nun, daß der Bericht der amerikanischen   Kommission sehr ent­schieden auch die Berücksichtigung Deutschlands   verlangt.

Die Generale der russischen   Freiwilligen- Armee haben Ge­neral 23 rangel zu ihrem Oberhaupt gewählt. Es sind alle Truppen im Süden Rußlands   unter ihm vereinigt, die noch den Rampf gegen die Bolschewisten fortsetzen wollen.

Der italienische   Generalstreit ist nach einer Meldung des Avanti" aus Bologna   vollständig beigelegt. Der Fernsprechverkehr mit Frankreich   wird demnächst aufge­

nommen.

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In einigen Wochen wird das deutsche   Volk einen neuen Reichstag wählen. Das Gesetz über den Volksent­fcheid soll verabschiedet und dem Volte sein verfassungs­mäßiges Recht, direkt die Gesetzgebung zu bestimmen, in die