Einzelbild herunterladen
 

Neue Verteuerung. Brotpreis S Mark. Höherer Kartosselzuschlag. Der R e i ch Z r a t beschäftigte sich Dienstag zunächst mit dem Antrag Prenstens über Vermittlung von Arbeitskräften für den Zuckerrübenbau� Der Bedarf an polnischen Wanderarbeitern für den Zuckerrübenbau wird im wesentlichen gedeckt werden können, so daß es besonderer Maßnahmen nicht mehr bedarf. Angenommen wurde eine Ergänzung der Verordnung über Zahlung von Abliefcrungsprämien für Brotgetreide, Gerste und Kartoffeln vom 18. Dezember ISIS. Es handelt sich hierbei um eine wesentliche Erhöhung für Brot- und Kartoffelpreise. Infolge des neuen Prämiensystems und der Preiserhöhung für ausländisches Getreide ist bei der Reichsgetreidestelle ein De- fizit von 4,7 Milliarden entstanden. Der bis zum 1. April sich auf 1,7 Milliarden belaufende Betrag ist vckn Reich zu übernehmen. Für den Rest des Wirtschaftsjahres wird her Mehlpreis auf 102 M. für den Doppelzentner erhöht und außerdem die von den Kom- munalbehördcn zu zahlende Vergütung auf 92 M. Der Preis für 1 Kilogramm Brot, heute 1,40 M., wird infolgedessen eine weitere Erhöhung auf unzefähr 2 M. erfahmn. Im Ausschuß wurden die politischen und tmrischaftlichen Bc- denken dieser Maßnahmen nicht verkannt, jedoch überwog die An- ficht, daß es angesichts der Finanzlage des Reiches mit dem bis- Iberigen System der Reichszuschüsse nicht weitergehen könne. Weniger bedenklich erschien dem Ausschuß die Erhöhung des Zu- schlags aus die Grundpreise der Kartoffeln von 2,50 auf 5 M. Auch hier find die gleichen Gründe matzgebend. Es handelt sich um eine Mehrausgabe bei der Reichskartoffelstelle von ungefähr 770 Millionen Mark. Angenommen wurde noch eine Abänderung der Verordnung über künstliche Düngemittel derart, daß künftig die Bevorzugung ausländischer Düngemittel aufhören soll.

Kahr klärt auf. Einwohnerwehr aber Reichstrene. München , 13. April. (WTB.) Im Wahlgesetzausschusse hat Ministerpräsident Dr. von Kahr Aufklärung gegeben über seine Besprechung mit einer Abordnung der Bezirksführer der Münchener Einwohnerwehr am 8. April. Er habe mit allem Nachdruck versichert, daß die Regierung alles tun werde, um dem Lande den Heimatschutz zu erhalten und daß sie deswegen mit Berlin bereits Fühlung genommen habe. Der Minister habe aber nicht von der Wahrscheinlichkeit oder auch nur der Möglichkeit einer LoStrennung Bayerns vom Reiche gesprochen, sondern dem einen oder anderen Herrn gegenüber wegen der Wirkung des Verlangens der Entente ge- äußert, daß es wohl die Absicht der Entente sein könnte, einen Keil zwischen Nord und Süd deS Reiche« zu treiben, worauf auch der militärische Vorstoß gegen Frankfurt und die bayerische Grenze hindeute, und gebeten, diese Be- merkungen, wenn sie anch durchaus einwandfrei seien, ver« t r a u l i cki zu behandeln, weil unter Umständen irrige Folgerungen daraus gezogen werden könnten. Er habe immer den Standpunkt des unbedingt notwendige» ZusammcnhaltenS der Länder im RcichSserband vertreten. Auch in den Verhandlungen mit den Re-> gierungen der übrigen süddeutschen Staaten in Stuttgart habe er sich im gleichen Sinne mit aller Bestimmtheit geäußert und sei fest überzeugt, daß eine LoStrennung Bayerns vom Reich eine für Bayern verderbliche Isolierung wäre; er werde daher niemals die Hand zu einer Maßnahme geben, die auf eine solche LoS- trennung abzielen könnte. Daß er die Einwohnerwehrfrage für eine Lebensfrage der staatlichen Ordnung in Bayern erachte, das habe er wiederholt betont, es sei die Pflicht der bayerischen Regierung, auch im Interesse deS Reiches für die Erhaltung dieser rein Polizei- lichen Schutztruppe mit Entschiedenheit einzutreten. Selbstverständ- lich werde er auch in dieser Frage niemals den verfassungsmäßigen Boden verlassen. Gegenüber beunruhigenden Gerüchten stellt die bayerische Negierung, die über die Absichten der Reichsregierung unterrichtet ist, fest, daß die m Aussicht stehende Verordnung des ReichSpräsi- deuten über Einsetzung von Reichskommissaren auf Bayern , Württemberg, Baden und Sachsen keine Anwendung finden werde. (Diese Gerüchte können höchstens für Kappisten beunruhigend sein!)

Der Erpresser l>ölz. Noch ungeschoren. Oelsnitz ist don der Reichswehr besetzt. Einige von ihr auf- gegriffene Hölzianer sind der Polizei übergeben. Das von Hölz zur Abholung einer Million nach Plauen geschickte Automobil ist dort nicht eingetroffen. Darauf wurden die beiden Kassenbeamten der Klingenthaler Zweigstelle der Vogtland i scheu Bank mit dem Gelde auf der Bahn nach Klingenthal gesandt. Sie wurden aber in Oelsnitz von der Reichswehr angehalten. Hölz hatte nun DienS- tag vormittag in Klingcnthal 15 dortige Bürger zu einer Der- sammlung in das Rathaus geladen. Er hält sie dort fest und droht, bis zum Aeußersten gehen zu wollen, wenn«r das Geld nicht erhalte. Durch Flieger wurden in Plauen von der sächsischen Regierung Unterzeichnete Flugblätter abgeworfen, die die Bevölkerung über Gründe des Vorgehens der Reichswehr beruhigen sollen. Nicht gegen die Arbeiter, sondern zu ihrem und aller Schutz kämen die Angehörigen der Reichswehr ins Vogtland. Ueber den Kreis Zwickau ist der Ausnahmezustand verhängt. In Glauchau , wo der Kommunist Nadler einen neuen Vollzugsrat gebildet hat, dem auch ein Zuchthäusler angehört, sind laut WTB Bra n d kom m i ss i onen gebildet worden.

Gefterreichisch-italienische Ireunöschast. Ein Uebereinkommen. Rom , 13. April. (WTB.) Von gut unterrichteter Seite wird mitgeteilt: Ministerpräsident N i t t i und Staatskanzler Dr. Renner stellten bei Besprechung der politischen Lage in ihren Unterredungen fest, daß sich eine Uebereinstimmung der Interessen zwischen Italien und Oesterreich gebildet hätte. Die italienische Regierung hat den Wunsch, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln am Wiederaufbau der Republikmitzuarbeiten und schnellsiens die wirtschaftlichen Beziehungen wieder aufzu- nehmen. Zu diesem Zwecke haben mehrere Zusammenkünfte zwischen den Ministern für öffentliche Arbeiten und für Handel unter Mit« Wirkung von technischen Sachverständigen beider Länder statt- gefunden, die zu einem Uebereinkommen in den wichtigsten Punkten geführt haben. Die italienische Regierung mißt dem Be- suche des Kanzlers eine hohe moralische Bedeutung bei, da er den Beginn einer neuen Phase von freundschaftlichen und gut nachbarlichen Beziehungen zum österreichischen Volk darstelle. Renner erklärte demGiornale d'Jtalia": Ich reise ab mit dem Empfinden, daß eine Periode neuer Auffassungen und neuer Tätigkeil begonnen habe. Die alten Streitfragen existieren nrchl mehr. Alle, von Eurem König bis zum letzten Mann, haben mich in der Ueberzeugung bestärkt, daß wir gemeinsam einer hellrn Z ukunft entgegensehen dürfen.

Die Debatte über (Schluß aus der Beilage.) Abg. TrimSorn(Zentr.): Kein Mensch, der seine fünf Sinne noch beisammen hat, kann glauben, daß wir mit der Reichswehr einen Angriff auf Frankreich beabsichtigten. Aber Frankreich will eben Deutschland nicht zur Ruhe kommen lassen, will es zur Aus­lösung bringen. Die anderen Alliierten werden eine solche Politik nicht mitmachen. Wir müssen die Reichseinheit unter allen Um- ständen aufrechterhalten, darum begrüßen wir die Erklärung deS bayerischen Ministerpräsidenten, daß er fest auf dem Boden des Reichs stehe. Weite Kreise der rheinischen Bevölkerung wünschen wohl eine andere Stellung des Rheinlandes, aber keine Loslösung vom Reiche. Auf den Rechtsputsch muhte der Linksputsch folgen. Wer Kapp reinwaschen will, der macht sich stark verdächtig.(Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Wir haben den Generalstreik abgelehnt, wenn wir ihn auch verständlich fanden. Aber die mit ihm gemachten Erfahrungen haben auch seine Gefahren gezeigt.(Sehr richtig! rechts.) Im Ruhrgebiet hat die Regierung nicht stark genug durchgegriffen.(Beifall im Zentrum und rechts.) Das Bielefelder Abkommen hat bei vielen meiner Freunde große Bedenken hervor- gerufen.(Hört, hört!) Die Fristverlängerung hat auch auf viele Freunde des Bielefelder Abkommens einen sehr schlechten Eindruck gemacht.(Beifall im Zentrum und rechts. Abg. Hoch: Wer nicht bei allen!) An einer Stelle war vom Militär Sperrfeuer angefordert worden, vom Zivilkommissar wurde es aber telephonisch abbestellt.(Hört, hört! rechts und im Zentrum.) Man mutz die militärischen Stellen doch auf ihrem Gebiet selbständig vorgehen lassen.(Beifall rechts und im Zentrum. Unruhe links.) Gegen den Reichskommissar Severing bestehen große Bedenken in weiten Kreisen. Cr hat als Mitarbeiter nur immer Sozialdemo­kraten und keine Zentrumsanhänger gewählt. In der einseitigen Heranziehung von Sozialdemokraten als Reichskommissare liegt eine schwere Gefahr für die Koalition. lLebbafteS Hört, hört! rechts.) Der Reichskanzler scheint die Gefahr von links zu optimistisch anzusehen.(Beifall rechts und im Zentrum.) Mit strengsten Mitteln ist die Waffen abliefe rung durch- zusetzen. Für den, der der Aufforderung nicht folgt, ist keine Strafe zu bart, nach meiner persönlichen Auffassung auch nicht die Todes- strafe.(Hört, hört!) Wird das Standrecht nicht aufrechterhalten, dann brauchen wir einen Ersatz.(Große Unruhe.) Dieser Ersatz ist gegeben in außerordentlichen Kriegsgerichten, zu denen auch Zivilisten in größerer Zahl zugezogen werden können. Eine starke Polizei muß dafür sorgen, daß alle verdächtigen Ausländer beseitigt werden. Wir wollen keine GcsinrmngSschnüffrlei in der Reichswehr. Ich beabsichtige nicht, von der Koalition abzurücken, ich will sie im Gegenteil stärken. Die Diktawr von rechts wie von links ist der Tod des Vaterlandes. Augenblicklich droht die Gefahr von links. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Der Vorstoß Legiens mit fernen acht Punkten und die Forderungen MolkenvuhrS bewegen sich in der Richtung auf die Di k t a t u r. Unsere Fraktion ist einmütig in der Bekämpfung jeder Klassenherrschaft und jeder Nsbenregierung.(Lebhafter Beifall im Zentrum.) Reichskanzler Müller: An den GozialisierungSborlagen halben wir die ganzen Tage gearbeitet. Alle Vorlagen zu erledigen, läßt vielleicht das Pro- gramm deS Hanfes nicht mehr zu; oder das Haus wird seine Tagung ausdehnen müssen, weil die Vorlagen sonst nicht mehr durch den Reichsrat gehen können. Wenn der Kapp-Putsch nicht gekommen wäre, dann wäre es «in Kinderspiel gewesen, jeden kommunistischen Putschversuch nieder- zuschlagen.(Lauter Widerspruch rechts. Große Unruhe.) Kapp, seine Hintermänner und diejenigen, die ihm zugejuelt hoben, find schuld daran, daß Deutschland in solche Zustände gekommen ist. lAbg. Ladervenz(Dnat.): Das ist Ihre Wahlparole!) Javohl. wenn Sie Kapp decken, dann werden Sie sehen, wie e« Ihnen bei dieser Wahlparole geht.(Große anhaltende Unruhe rechts.) Der Borwurf Trimborns, daß ich die kommunistische Gefahr zu optimisRsch einschätze, ist falsch. Die Parole von der bolschewistischsn Gefahr war doch nur die Parole, mit der die Kapp-Lcute ihren Rückzug antreten wollten, um ihr Verbrechen vor dem deutschen Volke zu recht- fertigen.(Beifall links. Unruhe rechts.) Für den Räuberbaupt- mann Hölz kann man wirklich keine politische Partei verantwortlich machen.(Große Unruhe rechts.) Gegen ihn konnte die Reichs- regierumy erst in dem Augenblick Militär zur Verfügung stellen, wo die sächsische Regierung es verlangte.(Widerspruch rechts.) Wir sind leider noch nicht in der Lage yowesen, mit don nötigen militärischen Machtmiteln gegen die Gefahr von recht? vorzugehen. Die Baltikumtruppe» auf de« Güter« ku Pommern und Schlesien könne» uns jeden Tag wieder die unangenehmsten Urberraschungen bringen.(Sehr richtig! links.) Die AuSfüb- rungsbestimrnungen des Generals v. Watier zum Bielefelder W- kommen waren praktisch undurchführbor. Ob in einem Bezirk eine milnärische Aktion notwendig ist, das muß beim Bürgerkrieg noch mehr als beim Krieg draußen von der Zivilrcgieruug entschieden werden.(Sehr richtig!) Wir haben gmrz allgemein verfügt, daß jetzt die vollziehende Gewalt wieder auf die OberprSsibenten über­geht und nur in ganz außerordentlichen Fällen Reichskomnmssave in einzelne Bezirke geschickt werden. Das Preußische Ministerium würde es zwar gern sehen, wenn Severing sein Ministerium übes- nähme; augenblicklich ist er aber im Ruhrgebiet wichtiger. Bei einem zweiten Versuch eines ähnlichen Abenteuers wie des Kapp- Lüttwitz-Putschcs, wird der Generalstreik mit derselben Heftigkeit einsetzen, ganz gleich, ob eine Parole dazu ausgegeben wird oder nicht.(Stürmischer Beifall links.) Die reaktionären Offiziere -müssen sich darüber klar sein, welche Rolle sie in einem demokrati- schen Staat spielen können. Der Versuch, eine Militärdiktatur auf­zurichten, würde nur zum Ruin der wirtschaftlichen Kraft deS Volkes und des ganzen Reiche? führen. Darum sollten die Re- aktionäve nicht mi einem solchen Gedanken spielen.(Anhaltende lebhafte Zustimmung. Große Unruhe rechts.) Eine Ncbenregierung der Gewerkschaften ist niemals in Erscheinung getreten. Auch Einflüsse von sozia- listifcher Seite auf die Entscheidungen der Regierung, von denen Trimborn gesprochen hat, sind nicht«in getreten. Die Mitglieder der anderen Koalitionsparteien werden mir bestätigen, daß die Entscheidungen ohne Parteirücksichten gefällt würben.(Minister GieSbevtS, d«r auf\evnnx Platz im Haus« sitzt, nickt lebhaft zustimmend.) Die Regierung kann dte Truppen, wie

Reichsminister Dr. Köster hat die Leitung deS Auswärtigen Amtes übernommen. Tab Reichswahlgesetz. Ter Verfassungsausschuß hat einen Antrag, der die Ueber trag ung der Reststimmen auf einen Nachbarkreis und dann«uf die Reichsliste vorsieht, a n g e- n o m m e n. Weitere Ausweisungen aus Oberschlesien betreffen den Pro- fcssor Zimmer und den Polizeikommissar Pieper. Man hat sie »der deutschen Regierung zur Verfügung gestellt". Auf 3 Tage verboten wurde unser LudwigShafener Parteiblatt, vermutlich wegen Besprechung bei französischwt Einmarsches.

die KanZlerreöe. es Trimborn verläufst hat, südlich der Ruhr nur einmarschieren lassen, wenn sie sich überzeugt hat, daß weiteste Kreise mit diesem Verfahren einverstanden sind, das trifft aber nicht zu. Abgesehen von einem kleinen Teil im Bochumer Bezirk wi-rd nördlich der Ruhr nicht mehr gekämpft. Deshalb muß es dort auch ohne Standrccht gehen. Kritik ist uuS erwünscht, wir halten sie aber nur für möz- lich im Rahmen des Vertrauens, das die Koalitionsparteirn zur Regierung haben müssen.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemo» traten, Demokraten und im Zentrum.) Abg. Lattmann(Dnatl.): Der Reichskanzler hat eine nackte Agitationsrede gehalten.(Sehr richtig! rechts.) Wir sind am Kapp-Putsch nicht beteiligt gewesen. Die bolschewistische Gefahr ist sehr groß. Russische und polnische Juden spielen bei den Kom- munisten eine große Rolle. Man soll das Vermögen dieser Leute beschlagnahmen. Auch die christlichen Gewerkschaften fordern, daß die Regierung sich nicht von der Berliner Straße, sondern von den Interessen des deutschen Volkes leiten lasse. Durch die Vernichtung unserer militärischen Machtmittel sind wir zu Sklaven geworden und können die Rechte des Volkes nicht mehr wahren. Der bolsche- wistischen Gefahr gegenüber darf es keinen Parteiuntevschied geben. (Beifall rechts.) Reichswehrminister Dr. Geßler: Die Behauptung Lattmanns, daß die Abgeordneten bayerischer Truppen von der Regierung nicht empfangen worden seien, hahc ich schon heute früh als einen glatten Schwindel zurückweisen müssen. (Hört! hört!) Es handelt sich um eine jener frechen Lügen, mit denen heute gegen die Regierung gehetzt wird, um die ReichScinhcit zu sprengen und die Partikularistischen Instinkte aufzupeitschen. (Lebhafte Zustimmung bei der Mehrheit.) Reichsjustizminister Dr. Bluuck: Gegen die Hochverräter Kapp und Genossen haben wir Steck- briese erlassen und Belohnungen auf die Ergreifung der Verbrecher ausgesetzt. Der frühere unabhängige Abg. Dittmann sagte mir, er wisse, wo Lüttwitz sei. Ich antwortete ihm gleich, dann könne «r sich 10 000 M. verdienen. Er verzichtete auf die Belohnung und wollte mir die Wresse mitteilen, auf die ich aber bis heute ver- geblich warte.(Frau Zieh: Es stand ja in der Zeitung!) In der Zeitung stand nur, daß sich Lüttwitz im Franzburger Kreise auf- halten solle. Solange wir aber die Adresse nicht kennen, können wir noch nichts gegen ihn unternehmen.(Lachen und Unruhe.) Eine Amnestie für die Hochverräter im Ruhrrevier kommt gar nicht in Frage. Es ist Ihnen(nach rechts) Wohl unangenehm, aber es muß einmal ausgesprochen werden, in welch verbrecherischer Weise auch solche Politiker de» Militärputsch unterstützt haben» die ihr Verantwortungsgefühl davor bewahren sollte, so gewissenlos mit dem Wohle deS Volkes zu spielen.(Abg. Beuermann(D. Vp.): DaS ist eine bewußte Unwahrheit! Große Unruhe rechts.) Ich brauche ja nur den Ausruf der Deutschen Volkspartei vom 13. März zu verlesen.(Die Verlesung des bekannten Auftufs durch den Mi- nister wird von der Rechten fortgesetzt durch laute Zurufe unter- brechen. Vizepräsident Haußmann ersucht, die Zwischenrufe zu unierlassen. Der Lärm auf der Rechten dauert au.) In diesem Aufruf haben Sie einträchtiges Zusammenwirken mit der neuen Regierung verlangt. Das ist die glatte..Absage" an die verbreche- rische Kapp-Gesellschast.(Abg. Beuermann: Das ist eine bewußte Unwahrheit! Vizepräsident Haußmann ruft ihn zur Ordnung. Lang anhaltendes Gelächter rechts.) Diesen Aufruf hat die Deutsche Volkspartei niemals desavouiert.(Abg. Dr. Becker: Schon am nächsten Tagel Große Heiterkeit links.) Der Abg. Lattmann meini, die Regierung habe schon vorher von dem Putsch Kenntnis gehabt. Das ist eine vollkommen erlogene Behauptung.(Großer Lärm rechts. Vizepräsident Haußmann: Eine solche Bemerkung gegen ein Mitglied des Hauses ist unzulässig.) Diese Behauptung ist Herrn Lattmann selbstverständlich von einem Lügner außerhall' deS Hauses zugetragen worden. Die Regierung ist durch die Rechts- Parteien über die Pläne von Lüttwitz nicht unterrichtet worden. (Hört! hört!) Bei dem Schriftsteller Schnitzler fand sich ein voll- ständiger Organisationsplan des Kapp-PutscheS .' Dort werden auch Maßnahmen festgelegt zur Niederwerftmg von Generalstreiks. Die Urheber deS Putsche? wußten also, daß der Generalstreik da« einzige Mittel war, baS dem Volk« zur Abivehr zur Verfügung stand.(Lärm rechts.) Die Herren von rechts waren über die Absichten deS Herr» vno Lüttwitz unterrichtet und haben trotzdem der Reichs- regievung keine Mitteilung davon gemacht.(Lebhaftes Hört! hört! bei der Mehrheit. Große Erregung und heftiger Widerspruch rechtS. Einige Abgeordnete der Rechten stürmen nach dem Redner- pult. Abg. Schiele(Dnatl.): Das ist eine Schamlosigkeit! Er erhält einen Ordnungsruf. Minutenlang herrscht wilder L ä r m im Hause; nur allmählich schafft der Präsident Ruhe.) Wer sich so verhält und dann am 13. März zu den Vorgängen nicht nur eine wohlwollende, sondern eine sympachisierende Haltung einnimmt, der kann die Mitschuld nicht ableugnen.(Lebhafte Zu- stimm ung bei der Mehrheit. Erregter Widerspruch recht?, an- dauernde Unruhe.) Die Regierung ist gewillt, die Bersasiung mit alle» Mitteln zu verteidigen.(Lebhafter Beifall bei der Mehrheit. Gelächter rechts.) Abg. Most(D. Vp.): Am 13. März habe ich in Duisburg gegen Kapp gesprochen.(Lebhafte Zurufe.) Ich verbitte mir vertvaulich« Zurufe, wie»lieber Freund".(Stürmische Heiterkeit.) Präsident Fchrcnbach zu einer starken Gruppe vor dem Redner- pult stehender Abgeordneter: Ihre allzu große Nähe wirkt aui- reizend.(Stürmische Heiterkeit.) Ich bitte Sie, Ihre Plätze ein­zunehmen. Abg. Most(D. Vp.) fortfahrend: Es ist ein« Uebertreibung des Reichskartzlers, daß der Pmsch die Bewegung im Ruhrgebiet ent- facht hat, er hat nur zu ihrer vorzeitigen Entladung geführt. Die Ausrufung des Generalstreiks war eine kopflose Ungeheuerlichkeit. (Große Unruhe links. Lärmende Zustimmung rechts.) Der Ge- neralstreik hat den Boden geschaffen für di« Erpresserpolitik der letzten Wochen. ES ist uns nicht gleichgültig, wenn der Reich?- Präsident seine Unterschrift unter einen Aufruf setzt, der zur Lahm- legung lebenswichtiger Betriebe führt. Ist die Unterschrift echt? Am 14. März hat sich die Mehrheit her Sozialdemokratie für die Rätediktatur erklärt. Die Regierung' darf das Ruhrrevier nicht im Stich lassen. Reichsjustizminister Vlunck teilt auf Anftagen mi-t, daß der Journalist Schnitzler, der für die Kapp-Regierung tätig war, vorher in der Pressestelle der Garde-Kavallerie-Schlltzen-Division unter Lüttwitz gearbeitet hatte. Er hat den Putsch mit vorbereiten Helsen . Das Hau? v»rt«gt sich auf Mittwoch, 1 Uhr: Werterberatung. Keine Vorlogen. Schluß%8 Uhr.

Amerika hilft. Der Vorsitzende der amerikanischen Abteilung der Rheinlandkommission hat dem Oberbürgermeister von Koblenz mitgeteilt, daß eine umfassende Speisung sämtlicher unter- ernährter Kinder bis zu zehn Jahren im«merikanisch besetzten Ge- biet vorbereitet wird. Mit der Speisung wird in den nächsten Tagen begonnen werden. So versteht Amerika die Aufgabe einer Okkupationsmacht. Horthy übt Gnade. Im Prozeß wegen Verschwörung gegen das Leben des Reichsverwesers Horthy wurden alle vier Augeklagten zum Tode durch den Strang verurteilt. Horthy b(- gnadigt« die Verurteilten zu lebenslänglicher Zuchthausstrrse.