Unabhängige Geftänönisse. Emil Barth schreibt Erinnerungen. Nach einer längeren Zeit der verborgenen Still« ergreift der RcbolutionSminister Emil Barth wieder das Wort. Diesmal nicht, wie«inst, nm Streiksüchtige zur Vernunft zu mahnen— er, der sonst so toll zu toben wußte—> sondern, um der Geschichte seine Revolutionsverdienste unverzerrt von der Parteien Haß und Gunst zu erhalten. Denn daß Emil Barth — höre es, Ledobour, und er- zitiere!— die Revolution gemacht hat, daran hat keiner zu zweifeln, der nicht in Grund und Boden geschmettert sein will. Aber der. wilde Emil erzählt noch viel interessantere Dinge Der armc Karl Liebknecht kommt reckn schlecht weg. Barth erzählt, daß Liebknecht von den 18 000— 20 000 Menschen, die ihn vor dem Anhalter Bahnhof bejubelten, als er aus den: Zuchthans kam, ganz berauscht meinte, solch eine Menschenmenge häöe Berlin noch nicht gesehen.... Dann forderte er unausgesetzt Straßen- demonstrationen, bei denen voraussichtlich Blut fließen würde. Blut- vergießen würde Proteststreik auslösen, daraus würde revolutionärer Straßenkamps entsteben, Auflösung des Heeres und zuletzt Revo- lution. Am Mittwoch, den 30. Oktober, verlangte Liebknecht in der Zentralvorftvndssitzung wieder seine bewaffnete Demonstration. Nach der Sitzung ging Barth auf Liebknecht zu und sagte ihm: .Sie wissen, daß ich diese Demonstration für ein Verbrechen halte. Sollte si« aber beschlossen werden, so bringe ick vier Brownings mit, für Si«, Maier, Dunker und mich. Wir stellen uns an die Spitze des Zuges.".Aber, Genosse Barth," rief Liebknecht ..Sie sind ja wahnsinnig."„Nein, nur konsequent. Wir gehen an der Spitze und wenn wir an di« Schutzmonnskette kommen, dann einS, zwei, d-roi piffpaff.".Aber, Genosse Barth. Sie sind ja völlig wahnsinnig," sagte er nur schneebleich Von dieser Stunde ab war Barth bei Liebknecht der bestgehaßte Mensch, den er mit allen Mitteln bekämpft«... Am 31. Oktober fand zu Ehren Liebknechts ein Empfangs- »bend in der russischen Botschaft statt. Barth machte dabei die Erfahrung, daß nicht nur in Bvzanz und im Abglanz der Cäsaren Bvzantiner zu finden sind.„Das gegenseitige Beweih- räuchern und Anhimmeln war geradez« widerlich." Nach Schilderung der geheimen Vorbereitungen zur Revolution berichtet Barth über den 9. November 1918. wie er ganz allein im „Hauptquartier " saß. loäbrenb sich in der Stadt sck»n alles fast von selbst machte. Um Ä12 Uhr kam R i chard Müller. Er sagte: „Fetzt gehe ich ersi etwa? essen und dann will ich mal e i n bißchen Revolution ansehen" Um%12 Uhr kam Ditt- rnann-Hamltirg irnd erklärte, es seien schon Verhandlungen mit Scheidemann ur> Ebert Wegen Ucbernahme der Regierung im Gange. Barth• hr sofort nach dem Reichstag , wo im Zimmer 13 die.Leuchte u" der U. S. V. beisammensaßen, unbeholfen, wie eine vom Marder umkreiste Hühnerschar. Alles schrie nach Haase ider in Kiel war). Inzwischen lvaren die.Demagogen" von den Sozialdemokraten in den Kasernen und bielten Soldatenversammlungen ab. Tie unabhängigen Führer aber saßen beisammen, lösten Welträtsel oder hielten Reden an die sicheren Arbeiter statt an die Soldaten. Wie der radikale Arbeiter Barth über die Kommunisten denkt, mögen schließlich folgende Zitate aus seiner Schrift zeigen: .Diese ungarisch« Räterepublik, dieses Widerspruchs- volle und widersinnige Gebilde, das den denkbar schrecklichsten «'odeSkeim bei seiner Geburt m sich trug, war einer der schwersten Schläge für die Wcltretwlution. Sie war das frevel- hafteste Spiel mit dem erbabensten Menschheitsgedanken* .In der Zwischenzeit hatle der frevelnde vebcrmnt und die ge- wiflenlose Leichtfertigkeit der Kommunisten den Feinden des Prole- tariats noch zu einigen anderen billigen Triumphen verholfen und diesem selbst vernichtende Niederlagen beigebracht. Wenn auch die Niederlage im Ruhrevier schwer lvar, so wurde die Niederlage der Münchener Räterepublik beinahe katastrophal." Zum Schluß des Buches, da? natürlich auch mft wütenden Ausfällen gegen die Sozialdemokratie, besonder? gegen den Ge- nosscn Landsberg gespickt ist, kommt Barth auf feine berühmte Unterredung mit Pabst und v. Oven zu sprechen, die zu seiner Kaltstellung in der U. S. P. den vielen seiner Ge- »offen längst erwünschten Anlaß gab. Nach seiner Dar- stellung war diese Unterredung notwendig, um Deutsch- land vor einem neuen Krieg und die U. S. P, vor der Vernichtung durch die Militärpartei zu retten. DaS sei ihm— er ist doch ein Kerl, dieser Emil Barth !— auch gelungen..Ich rechne es mir," schrieb er,.als eine der größten Taten an, daß durch meine Einwirkung der Krieg nicht neu entflammte usw." Er schließt dann: Meine mir vorläufig gestellte Aufgabe war hiermit gelöst, Ich zog mich völlig vom politischen Leben zurück, und ich werde in dieser Zurückgezogenheit auch verbleiben, bis ich von meinem Wort entbunden bin und wieder geholt werde. Ich habe mich nie jemand aufgedrängt und werde dies auch in Zukunft nicht tun. Inzwischen ist Emil Barth neulich m der Delegiertenversamm. lung der U. S. P. in Groß- Berlin wieder aufgetaucht. Ist er von seinem Wort entbunden, ist er geholt worden? Dann kann man sich über Geschmack und GpisteSrichtung derer, die ihn geholt haben, nur wundern. Denn der Fall Barth ist nur ein Beispiel dafür, welche fragwürdigen Gestalten sich in einer Zeit wilder Gärung aus der Mass« herauszuheben vermögen. Es war ein Zeichen der Berirrung in der IL S. P., daß sie diesen Wann an die vorderste Stelle schob und ihn zeitweilig zu einem Mitregenten Deutschlands machte. Der Fall Barth ist kein Ruhmesblatt in ihrer Geschichte und in der Geschichte der Revolution!,
Die Rückkehr üer Kriegsgefangenen aus Rußland . Unterzeichnung des Vertrages durch den Sowjetvertreter. Di« feit Wochen zwischen der Reichsregierung und dem Ver- treter Sowjetrußlands, WigdvrKopp, schwebenden V e r h a n d- lungen über die gegenseitige H e i m b e fö r d e r u n g der Kriegsgefangenen beider Länder find am Montagnach- mittog zum Abschluß gebracht worden. Das Abkommen ist für die Retchsregierung von Staatskommissar Stück le n, für Rußland von Herrn Kopp unterzeichnet wordsn. Nach dem Vertrag beginnt die A u s l i e je r u n g der Kriegs- gefangenen auö Rußland und Deutschland unmittelbar nach der Ratifizierung des Abkommens durch beide Regierungen. Herr Kopp hat noch gestern f u n k e n t e le g ra p h i sch um die Rati- fizrerung erwcht. In dem Vertrag heißt es ausdrücklich, daß nur dichwiigen Kriegsgefangenen aus Teutschland und Rußland ab- :ransportiert werden, die eine Rückkehr in die Heimat wünschen. Eine zwangsweise Zurückmhrung ist n i ch t beabsichtigt Eni- sprechend Zeit und Gelegenheit soll die Rückkehr auf dem Land- oder Seewege vollzogen werden. Die Verhandlungen über den Transport der Kriegs- und Zivilgefangenen durch dt? Randstaaten, wie Polen , Estland . Livland , regelt das Rote Kreuz in Genf , das zu diesem Zweck sofort Verhandlungen mit den in Frage kommenden Regierungen aufnimmt, das außerdem die Ver. pflegung und Uebcrwachung der Transporte auf fremd- staatlichem Gebiet übernimmt. In Deutsckiland befinden sich gegenwärtig noch 190 000 russische Kriegsgefangene, während in Sowjetrußland rund 20 000 gefangene Deutsche sich be- finden.
Sicherheitswehr unö Putschgefahr. Aeußerungen Severings. Minister Severing sagte einem Mitarbeite� der P. P. N.: Die Entente hat darauf bestanden, daß bis zum 19. April eine er- hebliche Verminderung der Truppen im Ruhrgebiet herbeigeführt wurde. Dieser Forderung ist dadurch Rechnung ge- tragen worden, daß eine größere Anzahl der Mannschaften und Batterien aus der neutralen Zone herausgezogen wurde. Die im Bielefelder Abkommen erwähnten Ortswehren waren seinerzeit als ein Notbehelf gedacht, der verhüten sollte, daß besonders bedrohte Städte und Ortschaften ohne Schutz blieben. Nach den Kundgebungen der Entente unterliegt es keinem Zweifel, daß die Ortswehren den Einwohnerwehren gleich zu achten sind. Eine Ausstellung der Ortswehren in diesem Augen- blick vorzunehmen, halte ich deswegen für unzweckmäßig und im Hinblick auf die außenpolitische Situation für bedenklich. Die Ortswehren würden als Dauereinrichtung im Jndustriebezirk ihrer Aufgabe auch kaum gerecht werden können. Ich halte eS deswegen nach wie vor als das zweckmäßigste, menn möglichst bald eine Vermehrung der Sicherheitspolizei erfolgt. Gleichzeitig mit der Vermehrung muß eine wirklich demokratische Reorganisation dex Sicherheitspolizei durchgeführt werden. Die ersten Schritte dazu find getan. Die kompromittierten'Führer werden unnachsicht lich entfernt; tüchtige Beamte im Unteroffiziersrang werden befördert. Den AbteilungSstcllen werden Zivilkommissare beigegeben, die eine Verbindung ztrnschcn der Bevölkerung, insbesondere der Arbeiterschaft, und der Polizeitruppe herstellen sollen. Ich halte die Gerüchte von«eun» Putschen für mindestens übertrieben. Sie entspringen zu einem Teile der übergroßen Nervosität der Bevölkerung. Wir kommen erst zu einer dauernden Beruhigung, wenn dem Grundsatz Geltung verschafft wird, daß nur diejenigen Waffen tragen, die von Amts wegen dazu berufen sind. Die Waffenoblieferung im Ruhrrevier sei bis jetzt sehr umbe- fricdigend. Taufende von Gewehren sind unbrauchbar gemacht worden und andere große Mengen mußten im besetzten Gebiet den Engländern verabfolgt werden. Die größte Sorge bereitet den Behörden im Augenblick die Behandlung der flüchtigen Arbeiter- massen. Der Rücktransport ist nicht ganz leicht zu bewerkstelligen, weil viele- Flüchtlinge die Angabe ihrer Personalien verweigern. Immerhin sind auch in der Frage des Rücktransports der Flucht- linge einige Ansätze zum Besseren zu verzeichnen. 1° Der WirtschastSverband der Beamten der Sicherheitspolizei, Ortsgruppe Berlin , hat an alle in Frage stimmenden Behörden und Dienststellen folgende Entschließung gerichtet: „Es geht nicht cm, daß Beamte im Dienst der Republik find, die nicht nur in ihrer Gesinnung, fondern vor allem ihrer Hand- lungen wegen in starkem Widerspruch gegen die Verfassung stehen. Durch ihre weitere Anwesenheit im Dienste gefährden sie nicht nur die Ruhe und die Disziplin der Beamten, sondeam sie bilden eine ernste Gefahr für die Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Staate. Die Erregung ist so weit gediehen, daß ein großer Teil der Beamten aller Dienstgrade sich mit dem Gedanken trägt, den Dienst in der Sicherheitspolizei aufzugeben, denn unter diesen Umständen ist ihnen ihr Leben und die Gesundheit zu schade, um es gesinnungslosen Elementen gegenüber aufs Spiel zu setzen. Die Befehle der höheren Dienststellen werden nicht so auSge- führt, wie es sein soll. Dies beweisen die vielen Beschwerden Entlassener, die trotz des Befehls keine Wohnung und keine Verpflegung in den Kasernen erhalten. Stark kompromittierte Persönlichkeiten nehmen immer noch die höchsten Führerstellen ein und die Sicherheitspolizei sst immer noch nicht das zuverlässige Instrument der Regierung. Es erscheint unbedingt erforderlich: 1. daß die stark kompro- mittierten Führer sofort beurlaubt werden, 2. daß die Wahl zur Einberuftmg der Untcrsuchungskommissio« umgehend erfolgt."
Der eingekapselte Reichswehrmmifter. Folgende Verfügung gelangt zu unserer Kenntnis: Berlin , den 9. April 1920. Ten Bemtern und Abteilungen wird rS untersagt, Bortrlge beim Herr» Minister(Reichswehrminister. Red.) ohne vorherige Mit- teilung anzumelden oder zu halte». Vorträge finden zunächst bei mir statt und ich werde da? weitere entscheiden. Ausgenommen von diesem Verbot ist nur T. 1. v. Seeckt . An alle Stellen deS ReichSwehrministeriumS. Ist diese Verfügung mit Zustimmung und Wissen des Herrn Reichswehrmini st ers ergangen?
Die Militärgerichte. Ausschuhberatung über ihre Beseitigung. Der zuständige Ausschuß der Nationalversammlung hat einen Antrag, da» ganze Gesetz bis zu ruhigeren Zeiten zurück- zustellen, abgelehnt, da in der Bevölkerung da« Miß- trauen gegen die Militärgerichtsbarkeit außerordentlich groß fei. Beantragt wird ferner, den§ 6 zu streichen, wonach in Militär- strafsachen Anzeigen strafbarer Handlungen und Anträge auf Straf- Verfolgung auch bei den Disziplinarvorgesetzten des Be- schuldigten mündlich oder schrittlich angebracht werden können, und wonach von Soldaten diese Anträge nur bei dem betreffenden Vor- gesetzten unmittelbar oder auf dem für Beschwerden borge- Ichriebenen Dienstwege angebracht werden sollen. Zu§ 7, wonach die Entscheidung, ob eine militärische Straftat disziplinarisch zu ahnden ist. dem militärischen Disziplinarvorgesetzten zusteht, wurde beantragt, die Entscheidung dem Gericht und nicht dem Disziplmarvorgesetzten zu überlasten. Die Abstimmung wurde zurückgestellt.__ Disziplinar-�mneftie. Der HauptauSschuß der Nationalversammlung be- schäftigte sich mit dem Gesetzentwurf über Gewährung von Straf- sretheit und Strafmilderung im Disziplinarverfahren. Die Schaffung von Beamtenvertretungen im Verordnungswege ist in Aussicht ge- nommcn. Angenommen wurde ein Antrag DeliuS(Dem.), wonach die Niederschlagung auch dann stattfindet, wenn die Annahme ge- rechtfertigt erscheint, daß die endgültige Entscheidung auf Dienst- entlassung lauten werde, das Dienstvergehen aber bei Berücksichti- gung aller Umstände des Falles, insbesondere wenn es sich um eine einmalige Verfehlung bandelt, eine mildere Beurteilung zuläßt.— Aus den Personalbogen sind die Vermerke über Strafen und Versehen vollständig zu entfernen. Auskunft über die gelöschten Vermerke darf nur insoweit erteilt werden, als hierzu eine gesetzliche Verpflichtung vorliegt. Im übrigen wurde die Re- gierung ersucht, zu erwägen, ob in Fällen, wo gewisie Milderungsgründe vorliegen, während des Krieges entlassene Beamte wieder einzustellen sind._ Aufhebung üer portofreiheit. Der Houpiausschuß der Nationalversammlung beriet den Ge- setzentwurf über Aushebung der Gebühren-reiheiten im Post- und Telegraphenverkehr. Die Portoiosten der regierenden Fürsten, die bekanntlich Portofreiheir genossen, waren nach Auskunft der Re- gierung verhältnismäßig gering. Der wesentlichste Anteil an der Portofreiheit fällt den Behörden zu. Demnach werden künftig in Fortfall kommen etwa 40 Millionen Mark Postforderungen für den Reichsdienst, 2 bi« S Millionen Mark Telegraphenkosten und
etwa 12 Millionen bei den LanbeSbehörden.— Bei Eignung d« betreffenden Persönlichketteu können Sekretäre ohne besondere Prü fung innerhalb von drei Jahren zu Obersekretären besörderr werden. Die Einwohnerwehren. Deutsche Bitte um ihre Erhaltung. In Sachen der Einwohnerwehrfrage hat die d e u i- sche Regierung cm den Vorsitzenden des Interalliierten UeberwachungSausschusseS für das Landheer, General Rollet, eine Note gerichtet, in der sie zur Ententenote vom 12. März Stel- lung nimmt und betont, daß diese Note von unzutreffenden Vor- aussetzungen über Aufbau und Zweck der Einwohnerwehr ausgehe. Die Einwohnerwehren seien in den Wirren des vorigen Jahres von ordnungsliebenden Elementen in Stadt und Land zu dem Zweck gegründet worden, durch Unterstützung der geringen_ militärischen Kräfte und berufsmäßigen Polizeiorgane die Heimat vor vollständiger Auflösung der Ordnung zu be- wahren und gesetzmäßig« Zustände zu sichern. Bei Gründung, wie auch beim Ausbau der Einrichtung, sei jeder Gedanke an eine Verwendung zu militärischen Zwecken, insbesondere zur Vorbereitung eines Kampfes gegen einen auswärtigen Gegner ausgeschlossen gewesen. Auch sei jegliche Sicherheit gegen Mißbrauch der Organisation in dieser Hinsicht gegeben. Die Be- hauptung, daß die Einwohnerwehren militärische Uebungen abhielten, entspreche nicht den Tatsachen. D-i« Möglichkeit, daß die Einwohnerwehren einer durch den Friedensvertrag verbotenen Mobilisation Vorschub leisten könnten, sei schon deshalb nicht vorhanden, weil die Organisationen in den einzelnen Ländern des einheitlichen Zusammenschlusses entbehrten. Di« Reichs- Zentralstelle der Einwohnerwehren habe nur die Durchführung oll- gemein notwendiger, nicht militärischer Maßnahmen, wie z. B. Lebens- und Unfallversicherungen der Mitglieder, in die Hand ge- nommen. Eine lisienmäßige Kontrolle im Sinn« einer Aus- hebungSvorbereitunq finde nicht statt. UeberdieS setzten sich die Einwohnerwehren zur Hälfte aus über 40 Jahre alten Mitgltedern zusammen. Die Einwohnerwehren hätten zweifellos-dazu beigetragen, die allgemeine Sicherheit in Deutschland zu befestigen, und hätten in den Unruhen der letzten Wochen große Vermögens- werte vor Vernichtung bewahrt, lebenswichtige Betriebe und Ver- kehrSeinrichtungen aufrechterhalten, sowie ordnungswidrig« Elemente da in Schach gehalten, wo Militär- und Polizeikräste nicht zur Stelle waren. FnSbesonere auf dem P l a t- ten Lande verbürge dt« Einwohnerwehr den Schutz für Auf- bowahrung und Beförderung der Nahrungsmittel. Besonders be- währt hätten sich die Einwohnerwehren in Bayern , wo es ihnen zu danken sei» daß vor einem Jahr« die Räteherrschaft nicht iveiter um sich gegriffen habe. Der Nutzen der� Einwohnerwehren habe auch im Auslande volles Verständnis gesunden._ Von verschiedenen Seiten werde in ihr das Muster eines Selbstschutzes der Bevölkerung da erblickt, wo diese sieb nicht auf staatliche Mittel zur Aufrechterhaltung der Ordnung stützen könne. Die deutsche Regierung habe daher keinen Anlaß gehabt, die Bildung der Einwohnerwehren oder ihren Charakter vor den mter- alliierten Kommissionen zu verheimlichen. Lediglich dem unter Berkennung der tatsächlichen Verhältnisse aufgebotenen Drucke der alliierten Regierungen weiehend habe sie sich nunmehr entschlossen, die Auflösung der Wehren in ihrer jetzigen Form zu veranlassen. Die deutsche Regierung vermöge aber nicht anzuerkennen, daß die Bestimmungen des Friedensvertrages sie zwingen, der Be- völkerung jede Möglichkeit des unter den gegebenen außer- ordentlichen Verhältnissen bis auf weiteres unbedingt notwendigen Selbstschutzes zu versagen. Sie erachte«Z vielmehr als ihre Pflicht, alle mit dem Friedensvertrag zu vereinbarenden Maß- nahmen zugunsten eines solchen Selbstschutzes zu vertreten. Die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit Deutsch - lande sei di« Hauptvoraussetzung dafür, daß den Bedingungen deS Friedensvertrages nachgekommen werden könne. ES werde geprüft werden, welche zulässigen Einrichtungen weiterhin dem gekennzeichneten Zweck dienen könnten. Dabei werde daS Hauptaugenmerk darauf zu lenken fein, daß ihr lokaler Schutz. charakter gewahrt bleibe und auch in Zukunft jede Zentrali- lisierung, jede militärische Organisation und Ausbildung ver- mieden werde,_ Der Streikwahnsinn. Eisenbahner gegen Hungernde! Wien , 19. April. (W. T.B.) Ein Auftuf der österreichischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der G e- werkschaft der Eisenbahner gibt bekannt, daß die im Streik stehenden südslawischen Eisenbahner LebenSmittelzüge»ach Deutsch-Oe st erreich durchlassen' und nur eine kleine Gruppe Eisenbahner in Wien und den nächsten Stationen sich dem Beschluß der Mehrheit, den Eisenbahnerausstand a b z u- brechen, nicht fügen wolle. Da es in den nächsten Tagen in Wien und allen österreichischen Jndusttieorten an Brot fehle» würde, wenn diese Gruppe ihren Willen durchsetzt, werden die Lebensmittel- züge unter Bewachung nach Wien geleitet werden. Die Arbeiter werden aufgefordert, diese notwendige Maßnahme zu unterstützen und auf die noch ausständige Eisenbahnergruppe einzuwirken, die Lebensmittelversorgung nicht zu gefährden.(Wir hören schon das .radikale' Geschrei über——— Arbeiterverrat derjenigen, die durch diesen Aufruf den Hungertod fernhalten wollen. Red.) An der deutsch -holländische« Grenzstation Bentheim herrschen nach uns von verschiedenen Seiten zugegangenen übereinstimmenden Berichten ein Kasernento« und ähnliche Monokel- leutnantsmaniere», die nur geeignet sind, Deutschlands Ansehen in den Augen der zahlreichen Ausländer, die täglich die Grenze in beiden Richtungen passieren, schwer zu schädigen. Wir kennen diese jungen Offiziersgestalten, die auf den Uebetschreiiungsstattonen mit der Paßiontrolle und ähnlichen Aufgaben betraut find, schon aus der KriegSzeit. Es find wahr- scheinlich dieselben Herrschaften, die mit derselben näselnden Taktlosigkeit sechszehn Monate nach Kriegsende, die deutschen und ftemden Reisenden nach Gutdünken behandeln. Abgesehen davon, daß diese Aufgabe gewisse psychologische Gaben er- fordert, die man weder in der Kadettenschule noch im Kasino er- lernt, erscheint eS unS ganz überflüssig, den Heeresetat mit Offizieren zn belasten, deren Verwendung an solchen Posten nur schädlich sein kann. Die Verfolgung der Putschisten. Der preußische Justizminister hat durch Verfügung die Beamten der Staatsanwaltschaft ersucht, den von dem Reichs- Justizminister in der Sitzung der National- Versammlung vom 14. d. M. bezeichneten Rechtsstandpunkt in allen in Betracht lommenden Fällen einzunehmen und nachdrücklichst zu vertreten. Die preußischen Reichsratsmitglieder sollen zum Teil von den Provinzialvertreimigen gewählt werden. Ein entsprechender Gesetz- emwurf ist der LandeSversanunlung zugegangen. In Berlin wählt der Magistrat. Ein Raubzug der Länder gegen dos Reich— als daS b» zeichnete ein Redner im Ausschuß der Nationalversammlung die EnüchädigungSfordcrung. die die Bundesstaaten für die Hergabe ihrer Eisenbahnen durchgedrückt haben. Es ist aber daran nichts zu anderu.