Die Japaner sind die„asiatischen Franzosen" genannt worden. In ihrem Krieg gegen China machen sie es auch wirklich genau wie die Franzosen in den Revolutions - kriegen: sie fuhren in den eroberten Ländern ihre eigene Landesverfassung, oder etwas Aehnliches ein. Korea ist von ihnen zu einer konstitutionellen Monarchie nach japanischem Muster erklärt worden. Zunächst sind aller- dings blos die verschiedenen Minister mit ihren Bureau- beamten ernannt— die Volksvertretung wird noch eine Zeitlang auf sich warten lassen. Der König von Korea hat nach der nenen Verfassung volle Selbständigkeit— auf dem Papier — und ist„der Bundesgenosse des Mikado". Auch das ist nach französischem Muster.— M Patfetttarfit'idifeu. Von der Agitation. Am Sonntag, den 23. d. M., fand in Helmarshausen (Hessen Kassel) eine äußerst stark be- suchte Volksversammlung statt. Frau Steinbach aus Hamburg rcferirte in etwa zweistündiger Rede über das sozialdemokratische Programm und die Frau. Allgemeiner Beifall wurde der Referentin zu Theil. Eine wiederholte Aufforderung an die Gegner hatte keine» Erfolg, trotzdem ihnen volle Redefreiheit gewährleistet wurde. Gen. Geiser sprach in Breslau in einer Versammlung für Frauen u. Mädchen über die Frauenbewegung. Nach Beendigung seines Referats, das mit großem Beifall aufgenommen wurde, wählte man eine Konimission, die unter Zuziehung des Re- ferenten die Frage zu erörtern hat, ob es gerathen sei, hier einen Volksbildungs» und Untechaltungsverein zu gründen." Eine öffentliche Volksversammlung in Zwickau , in welcher Frau Ihrer über das Thema:„Volkseinkommen und Ledenshaltung" referiren sollie, wurde vom Rath auf grund des§ 5 des sächsischen Vereinsgesetzes verboten. Der alteubnrgische Parteitag der Sozialdemokratie, dessen Tagung am 23. September dadurch vereitelt ward, daß kein Saal in Gößnitz zu haben war, wird nunmehr am 7. Oktober in Altenburg abgehalten werden. *» Partuikonfereiiz. In Saargemünd tagte am 16. Sept «ine von den größeren Orten Lothringens beschickte Konferenz der sozialdemokratischen Partei, um über zukünftiges gemein schaftliches Handeln zu berathen. Angenommen wurde ein Or ganisationsftatut, in Dem die Lothringer Genossen das Programm und Statut der deutschen Sozialdemokratie als für sie bindend anerkennen. Sie organisiren sich selbständig, gehen aber in allgemeinen elsaß- lothringischen Fragen mit den elsässischen Genossen Hand in Hand. Zur Betreibung der lokalen Agitation sind lokale Klubs zu gründen, die eine höchste Mitgliederzahl von 20 Personen haben. Befinden sich an einem Orte mehrere Klubs, so dürfen dieselben untereinander nicht in Verbindung treten. Zur planmäßigen Agitation im ganzen Bezirk wird eine Agitationskommission gebildet, die an jedem Orte, wo mehrere Parteigenossen sind, ein Mitglied haben soll. Am Vor- orte hat der Agitationsausschuß seinen Sitz, derselbe dirigirt die ganze Agitation und muß aus mindestens drei Personen be- stehen. Nach Bedarf oder auf Antrag von Vs der Kom- missionsmitglieder beruft er Sitzungen der AgitationS- kommission ein und hat er dieser Recheuschaft abzulegen. Am Vorort hat der Bezirks-Vertrauensmaun seinen Sitz. Derselbe hat unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Agitationskomitee's alles zu thun, was das Komitee als Verein nicht zu thun in der Lage ist. Er gehört dem Agilati onskomilee nicht an. Für jeden Parteigenossen ist ein Monatsbeitrag von 10 Pf. an den Bezirks- Vertrauensmann abzuführen. Ueber die eingegangenen Bei- träge wird im Partei-Organ quittirt und über die Ver- wendung der Landeskonferenz Rechenschaft abgelegt.— Weiter wurde gegen die auf arund des Diktaturparagraphen erfolgte Unterdrückung der„Elsaß-Lothringischen Volkszeitung" protestirt. Vorläufig ist der„Offenburger Volksfreund" lothringisches Partei- organ, jedoch ist mit aller Energie die Neugründung einer Elsaß- Lothringischen Zeitung in Elsaß-Lothringen anzustreben. Von der Leitung des„Offenburger Volksfreundes" envartet man eine weitergehende Beachtung der lothringischen Verhältnisse als bisher, eventuell eine besondere Rubrik:„Lothringen".— Zum Parteilage soll für Lothringen und das preußische Saarrevier aus Sparsam- keits-Rücksichten nur ei» Delegirter entsandt werden. Zum Vorort wurde Saargemünd bestimmt, zum Bezirks- Vertrauensyrann Genosse E m m e l gewählt. Eine zweite Konferenz soll in ungefähr zwei Monaten stattfinden, um die geschaffene Neu- organisation zu prüfen und weitere Maßnahmen zu treffen. Zum Schluß wurde beschlossen, aus dem Frankfurter Parteitage der Reichstagssraktion Befremden darüber auszusprechen, daß der auf dem Erfurter Parteitag angenommene Antrag auf Ab- schaffung des in Elsaß-Lothringen existirenden Diktaturparagraphen, foipie der Vereins-, Preß- und Versammlungsgesetze mit so wenig Nachdruck befolgt wurde. Die Fraktion solle die Abschaffung der genannten Gesetze mit aller Energie betreiben, mindestens aber die völlige Durchführung der Gewerbe-Ordnung, des Reichs- Preßgesctzes und Abschaffung des Diklaturparagraphen durchzu- setzen versuchen. � Nicht nur über„Themata," auch über die Wasser- l e i t u n g darf in Sachse» nicht gesprochen werden. Wir be« richteten kürzlich über die Auflösung des Wahlvereins in Hartha . Ueber die Vorgeschichte dieser staatsrettenden That wird der Burgstädter „Volksstimme" noch folgendes mitgetheilt: Am 3. August wurde der Vorsitzende des Wahlvereins auf da? hiesige Polizeiamt bestellt, wo ihm von der Amtshauptmannschaft Döbeln durch den Herrn Bürgermeister mitgetheilt wurde, daß in der letzten Versammlung des Wahlvereins Sachen besprochen worden seien, die nicht dorthin gehörten, z. B. die Vorlesung der Broschüre„Caligula ". Auch von der städtische» Wasserleitung sei gesprochen worden.(Hu, wie gefährlich!) DaL alles soll gegen das Vereinsstatut verstoben sein und würde im Wiederholungsfalle der Verein aufgelöst iverden. Gegen diese Verwarnung erhoben wir Einspruch und machten die Amts- hauplmannschaft auf unsere statutarischen Rechte aufmerksam. Aber wir wurden abgewiesen. In der letzten Versammlung wurden nun die Bestimmungen unseres Statutes von einigen Mitgliedern nochmals besprochen. Einstimmig war die Ver- sammlung der Meinung, daß uns eine Vorlesung, die doch auch einem Vortrage gleicht, nicht verboten werden könnte. Es wurde dann ein Aussatz aus den„Grenzboten" und ein Artikel aus dem konservativen„Vaterland" vorgelesen. Leider wurde dieses statutarische Vorgehen für den Verein verhängnißvoll, denn am Donnerstag erfolgte seine Auflösung. Außerdem soll in dieser Versammlung der überwachende Beamte verhöhnt worden sein, auch wäre der Verein zu Gesetzesübertretungen und unsittlichen Handlungen geneigt.(!) Aufgemuntert durch dieses Vorgehen, werden sich die Genossen energischer an der Agitation betheiligen und unter dem Ruf:„Frisch aus zum Kampf!" auch diese Scharte auszuwetzen verstehen. AnS Elsasi- Lothringen .'In der Zeit der Vorbereitung der Wahlen wurden in Mülhausen drei, in Markirch eine, in Metz eine Wahlversammlung verboten; in Thann , Winzenheim und Straßburg wurde das Lokal abgetrieben. Auf eingelegte Beschwerde ging in der letzten Woche der Wahlen Antwort ein, daß in Mülhausen nunmehr Versammlungen zu genehmigen seien. Es reichte gerade noch zu zwei Versammlungen. Gewählt wurden, wie schon erwähnt, in Mülhausen - Süd Bneb und Doppler in den Kreistag; in Mülhausen - Nord blieb Hickel um einige Hundert Stimme» in der Minderheit. In Markirch erhielten unsere Genossen in der ersten Wahl die Majorität; in der Nachwahl gelang«5 den verewigten Gegnern, sie um einige wenige Stimmen zu schlagen. In Münster -Stadt siegten die Genossen, doch wurde dies Resultat durch die Landgemeinden umgestoßen. In Straßburg erreickten wir bei beiden Wahlen an 1000 Stimmen. Es ist das erste Mal, daß sich die Sozialdemokratie an diesen Wahlen betheiligt, und sie hat vor allem den moralischen Erfolg zu verzeichnen, die Gegner aus der seit 24 Jahren hier zu Lande üblichen politischen Theilnahmlosigkeit ausgerüttelt zu haben. *< Polizeiliches, Gerichtliches«. — Der preußische Richter st and beleidigt. Genosse S ch e b s, der verantwortliche Redakteur der„Volks- wacht", stand am 27. d. M. vor der Breslauer Strafkammer, weil er in seinem Blatte die preußischen Richter beleidigt haben soll. Schebs hatte behauptet, daß heute der Arme härter als der Reiche bei Vergehen bestraft werde. Strafantragsteller war der preußische Justizminister. Die Verhandlung mußte jedoch ver- tagt werden, da von Seiten des Vertbeidigers geltend gemacht wurde, der Gerichtshof sei nach der Strafprozeß- Ordnung zur Aburtheilung dieses Falles, indem er zur klagenden Partei ge- höre, unzuständig. Erkenne aber der Gerichtshof seine Un- Zuständigkeit nicht an, so lehne er(der Vertheidiger) den Gerichts Hof ab und beantrage über die Entscheidung der Zuständigkeit, dem Oberlandesgericht die Akten einzusenden. Nach kurzen Worten des Staatsanwalts und einer längeren Berathung des Gerichtshofes entschied sich der letztere für Einsendung der Akren zur Beschlußfassung über die Zuständigkeit an das Ober-Landes- gericht und vertagte die Verhandlung. — In zwei Beleidigungssachen wurde am 28. September gegen Genossen Peus in Dessau verhandelt. Im ersten Falle sollte er den Lieutenant von Oppeln-Bronikowski in Bernbnrg beleidigt haben, der am 1. Mai einen Tischler umgeritten und dabei schwer verletzt hatte. Pens hatte den Antrag auf Ladung von 13 Zeugen gestellt, welche den Hergang, wie im„Volksblatt" geschildert, bekunden sollten. Dieselben wurden abgelehnt. Der Thatbestand ward vielmehr ausschließlich aus die eidliche proto- kollarische Aussage des von Oppeln gegründet. Peus hielt eine Fahrlässigkeit des angeblich Beleidigten für zweifellos vor- liegend. Das Gericht hat jedoch den Vorfall offenbar nur als gänzlich unverschuldeten Unglücksfall angesehen und verurtheilte Peus zu 80 M. Geldstrafe.— Im anderen Falle fühlte sich der Antisemitenführer Zimmermann-Dresden beleidigt. Wegen dieses Deliktes erhielt Peus 20 M. Strafe. TerAmtsanwalt hatte angesichts der Vorstrafen des Genossen Peus den Antrag auf insgesammt 1 Monat Gefängniß gestellt. Peus wandte sich dagegen mit der Begründung, daß es doch wohl nicht zulässig erachtet werden dürfe, bei politischen Vergehen auf die Vorstrafen besonders Rücksicht zu nehmen. Auf solche Weise könne es dahin kommen, daß Männer, welche charaktervoll genug wären, trotz erlebter Konflikte mit dem heutigen Strafgesetz im politischen Kampfe auszuharren, gerade um dieses ihres größeren Muthes willen aus dem Gefängniß schließlich gar nicht mehr heraus kämen. Eine solche Justiz würde aber zweifellos mit der öffentlichen Achtung in Widerspruch stehen, welche auch den vielmals wegen politischer Vergehen Verurtheilte» und Bestraften zutheil werde. Es sei ganz selbstverständlich, daß wer im politischen Kampfe an besonders exponirter Stelle stehe, auch größere Gefahren laufe, sich irgendwie gegen die die Presse zc. bedrohenden Strafgesetzbuchs-Paragraphen von heute zu vergehen. — In O b e r l u n g w i tz ist der Arbeiter- Bildungsverein vorigen Freitag der Auflösung verfallen. Grund: Betheiligung am Hohensteiner Turnertag(?) und am Mittweidaer Sängerfeste. Die Strafkammer verurtheilte den Redakteur der„Volks- stimme" Gustav Hoch wegen einer im vorigen Jahre ver- übten Beleidigung des Generalpostmeisters v. Stephan zu 200 M. Geldbuße. Gegen drei Genossen in Rudolstadt stand dieser Tage Verhandlung an wegen Verbreitung des Flugblattes:„Warum muß die Sozialdemokratie siegen?" Dieselben hatten wegen dieses Vergehens Strafbefehle von 6 Wochen beziehentlich 1 Woche Haft erhalten. Durch die Verbreitung sollte das Publikum in ungebühr- licher Weise belästigt, der öffentliche Frieden gefährdet und mit- hin grober Unfug verübt worden sein. Die drei Genossen er- hoben gegen die Strafbefehle Einspruch. An dem Inhalt selbst wurde nichts Straffälliges gefunden. In der Verhandlung war kein Zeuge aus dem„Publikum" vorhanden, das sich„belästigt" gefühlt hätte und der Antrag der Genoffen, solche zu laden, wurde abgelehnt; ferner wurde kein Beweis dafür erbracht, daß die Vertheilung an öffent- lichen Orten erfolgt war; trotzdem beantragte der Amtsanwalt wegen„Aufreizung zum Klassenhaß", den die Angeklagten durch Verbreitung des Flugblattes wissentlich geschürt haben sollten, das Strafmaß von 6 bezw. 1 Woche Hast beizubehalten. Der Gerichtshof schloß sich diesem Antrag nicht an und erkannte auf Freisprechung. Die Kosten sind der Staatskasse aufzuerlegen. — Wegen unerlaubter Kollekte erhielt der Genosse Kohland in Stettin ein Strafmandat von 3 M.; er hatte für Streikende Geld eingesammt. Da er aber nicht öffent- lich, sondern nur in einer geschlossenen Mitgliederversammlung des Metallarbeiter-Verbandes gesammelt hatte, will er gerichtliche Entscheidung herbeiführen. ©emtfvftfdj citllidjcs. Achtung, Vergolder! Bekanntlich wurde in der lehjen Versammlung, welche sich mit der Prüfung der Anträge zur Generalversammlung beschäftigt, beschlossen, nochmals in dieser Sache eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Kollegen l Es handelt sich bei diesen Anträgen hauptsächlich um die Arbeitslosen- und Reise- Unterstützung, die für uns alle von großer Bedeutung ist. Deshalb erscheint alle zu der am Sonntag, den 30. September, Vormittags 10 Uhr, bei Ehren- berg, Annenstr. 16, stattfindenden Versammlung. I. A. der Kommission: A. Stahmann. Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen! Kollegen und Kol- leginnen! Nachdem wir, die Agitalionskommiision der Hilfs- arbeiter und-Arbeiterinnen, dieses Amt über ein Jahr verwaltet haben, sehen wir uns genöthigt. Euch Rechenschaft ab- zulegen über unsere Thätigkeit. Dasselbe gilt auch für die Delegirten der Gewerkschaftskoinmission. Wir halten diesbezüglich eine öffentliche Versammlung am Donnerstag. den 27. d. M., bei Deigmüller, Alte Jakob- straße 48a-inberufen, die leider wegen schwachen Besuchs nicht tagen konnte. Eine Versammlung mit derselben Tagesordnung findet nach Uebereinkunft am Sonntag, den 30. September, Vor- mittags lOVe Uhr. in demselben Lokale statt.(Siehe Inserat am Mittwoch und Sonnabend.) Wir ersuchen alle Kollegen und Kolleginnen, doch in dieser Sache mehr Interesse zu zeigen und die Versammlung zahlreich zu besuchen. I. A.: Oskar Schüler. Die Porzellanmaler der Firma O. Schaller u. Ko. in Schwarzenbach a. S. waren infolge bedeutender Lohureduktionen gezwungen, die Arbeit einzustellen. Es wird gebeten, den Zuzug streng fernzuhalten. Alle arbeitersreundlichen Blätter werden um Abdruck des Vorstehenden gebeten. Die Schuhmacher werden ersucht, den Zuzug nach Stade fernzuhalten, da dort Lohndifserenzen entstanden sind. Der Streik der Bergarbeiter im Waldenburger Revier ist beendet. Erbitterr darüber, daß sie, um nicht zu ver- hungern, sich einfach fügen mußten, haben die Arbeiter die Arbeit wieder ausgenommen, unterdrückt, aber nicht befriedigt. Zu be- wundern und erfreulich ist die Thatsache, daß die Bergleute, trotzdem sie noch wenig geschult und gewerkschaftlich disziplinirt sind, sich der größten Ruhe befleißigt haben und sich nicht provoziren ließen. Vorläufig ist der Streik beendet, wie lange. ist nicht voraus zu sagen; hoffentlich arbeitet man in den ganzen Kohlengebieten Schlesiens wacker an der Ausbauung der Or- ganisauon. Der Tuchmacherstreik in H i l d e s h e i m ist zu Ungunsten der Arbeiter beendet. Der gröele Theil der Streikenden war nicht organisirt und ließ sich durch einen schlauen Schachzug der Arbeitgeber bewegen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Fabrikanten hatten nämlich bekannt gemacht, daß derjenige, der bis zu einem bestimmten Tage die Arbeit nicht wieder auf- genommen habe, überhaupt nicht mehr angenommen werde, daß vielmehr dessen Stuhl unbesetzt bleibe. Außer 18 Mann, die sich als ausgesperrt zu betrachten haben, sind dann alle Arbeiter wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Das Komitee ersucht die In- Haber von Listen, dieselben baldmöglichst einzusenden, damit die Abrechnung geschehen kann. Die Ausgesperrten beabsichtigen, abzureisen. Alle Sendungen sind an Franz Lossie, Hildesheim , Keslerstr. 76, Hinterhaus, zu richten. Sechstausend Arbeiter, welche der„Jndustria Malaguana" in Malaga (Spanien ) angehören, sind in den Ausstand eingetreten. Wahre Prachtmenschen müssen die Mitglieder der „Dresdner Fleischergcsellen-Brüderschaft" sein. Die„Brüder- schaft" wurde bekanntlich im Juli d. I. unter innungsmeister- licher Geburtshilfe gegründet, als die Fleischergesellen begannen. sich der Arbeiterbewegung anzuschließen. Die Angst, ihre Schäfchen zu verlieren, veranlaßte die Innung zu genannter Gründung. und damit diese Schäfchen auch hier nicht ausreißen, hat man vorsichtiger Weise folgenden ergötzlichen Paragraphen aufge- nonunen: Laut gefaßter Resolution vom 1. Juli dieses JabreS ist es jedem Mitglied der Brüderschaft, außer dem Vorstand, streng untersagt, sozialdemokratische Versammlungen zu besuchen' Zu- widerhandelnde werden sofort aus der Brüderschaft ausgeschieden. Denjenigen Gesellen, welche Gesinnungen für die rothe Jnter- nationale hegen und dieselben durch Wort und sonstiges Betragen kundgegeben, kann auf Beschluß des Vorstandes die Aufnahme in die Brüderschaft verweigert werden." fäerzu bemerkt die„Sächs. Arbeiter-Zeitung ": Nun kann es ar nicht fehlen: wer sozialdemokratische Versammlungen besucht, wird ausgeschlossen und wer Freund der„rolhen Jnter- nationale" ist, wird gar nicht erst aufgenommen. Nur der Vor- stand der Brüderschaft ist gefeit gegen den Umsturzbazillus, er kann und darf sich in sozialdemokratische Versammlungen wagen. an dem Panzer der Knechtseligkeit, der ihn umgiebt, prallen alle sozialdemokratischen Reden ab.— Praktischen Werth hat natür- lich die„Brüderschaft" für die Gesellen nicht. Hirsch-Duncker'sche Jammermenschen. Wenn den Hirsch- Duncker'schen bisher irgendwo der Vorwurf gemacht wurde, daß sie bei Arbeitseinstellungen die Streikbrecher stellen, so wurde das stets, trotz der offenkundigen Beweise, frech geleugnet. Allein wie einem Freudenmädchen nach und nach alle Scham abhanden kommt, so auch einem Theil der Gewerkvereinler. Das zeigt deutlich ein Artikel der Nr. 37 des„Regulator", des Organs der Harmoniedusler, der sich mit dem Streik in der Mecklen- burgischen Waggonfabrik zu Güstrow befaßt. In diesem Artikel fällt ein Korrespondent den für ihr Recht und ihre Existenz Kämpfenden folgendermaßen in den Rücken: Meine Ansicht von der Sache war schon von vornherein die, daß der Streik vom Zaun gebrochen, wie man zu sagen pflegt, und kein triftiger Grund zum Streiken vorlag. Ich meine, jeder ver- nünslige Mensch muß mir recht geben, wenn ich behaupte, wenn die Arbeiter wirklich von ihren Kolonnenführern betrogen waren. so war der richtige Weg der, sich bei der Direktion zu beschweren, und ist es doch gar nicht anzunehmen, daß eine Direktion einen bewiesenen Betrug hätte ungestraft durchgehen lassen. Angenommen auch noch dieses sehr Unwahrscheinliche, so bin ich noch immer nicht im stände, einen Grund zum Streiken zu entdecken, dann stand den Benachtheiligten immer noch der Weg ans Gericht offen. Diese Wege wurden nun von den Arbeitern nicht betreten. Nach allem, was ich habe in Erfahrung gebracht, geht dem Streik jeder Schein von Berechtigung verloren und ich sehe nicht ein, warum Zuzug fern gehalten werden soll. Wer so, wie hier geschehen, gewaltsam einen Grund zum Streik sucht, der mag auch sehen, wie er die Folgen trägt. Dieser elenden Sudelei— so bemerkt dazu die„Deutsche Metallarbeiter-Zeilung"— braucht man nicht viel hinzuzufügen. sie richtet sich pon selbst. Wer die bisherigen Veröffentlichungen in der Presse gelesen hat, der weiß, daß die Streikenden all das, was ihnen hier als Unterlassung angelogen wird, versucht haben. Der Erfolg ihrer Schritte war, daß sie aus ihren Organisationen austreten sollten. Und eine so schamlose Zumulhung wagt jenes Gewerkvereinspapier noch gutzuheißen. In der That: Die Scham ist zu den Hunden entflohen l Infam! Depclthen; (Wolff'S Telegraphen-Bureau.) Malaga , 28. Sept. Der Ausstand der Arbeiter nimm! einen beunruhigenden Umfang an. Die Werkstätten werden von Militär bewacht. (Depeschen-Bureau Herold.) Wien , 28. September. Die„N. Fr. Pr." erklärt die kürz- lich verbreiteten Meldungen über Veränderungen in den wich- tigsten diplomalischen Dienststellungen �Italiens für erfunden. Thalsache sei nur. daß der Herzog Avarne. gegenwärtig erster Bolschaftsrath in Wie», als Gesandter nach Belgrad komme. Warschau , 28. September. Im Gouvernement Minsk ist unter dem Rindvieh die sibirische Pest ausgebrochen. Belgrad , 28. September. Der griechische Konsul in Nisch, Zakakis, der am Alexanderlage bei einem Toast auf den Zaren sich ungebührlicher Worte gegen Oesterreich-Ungarn bediente und hierfür vom österreichischen Konsul auf Pistolen gefordert wurde. ist von seiner Regierung abgesetzt und für immer aus dem Staatsdienst entlassen worden. Der österreichischen Regierung ging hiervon offizielle Miitheilung zu. Paris , 28. September. In Bredammez sind zwanzig Häuser abgebrannt. Bei den Löschungsarbeiten sind zwei Feuerwehrleute umgekommen. Paris , 28. September. Gestern fand im„Casino de Paris " ein Probeschießen auf einen neuen kugelsicheren Panzer statt. Die Versuche sollen überraschend günstig ausgefallen sein; öffentliche Proben werden demnächst abgehalten. Paris , 23. September. Seitens der hiesigen Gesandtschast wird die Nachricht bestätigt, daß der chinesische Gesandte in der Hauptstadt Korea's Selbstmord verübt habe. Paris , 28. September. Aus Tokio wird gemeldet, daß in Japan die Parlamentswahlen stattfanden, welche eine große Ma- jorität für das Ministerium ergaben. London , 28. September. Die portugiesischen Truppen haben sich vor den Aufständischen in die Stadt Lorenzo(Marquez) zurückgezogen und dort verbarrikadirt. Rew-Dork, 28. Sept. Der„World" geht aus Montevideo die Meldung zu, daß in Rio de Janeiro fünf Tage lang blutige Aufstände startgefunden haben, welche von portugiesischen Händlern ausgegangen waren. Es soll zu heftigen Slraßeukäinpfen gekommen sein, bei denen 328 Personen gelödtet und 213 ver- wundet wurden. Die ausländischen Ansiedler erlitten bedeutenden Schaden an ihrem Eigenthum; man schätzt denselben auf mehr als N/s Millionen Dollars. Der englische Gesandte hat von der britischen Regierung die Abseudung von Kriegsschiffen zum Schutze der Gesandtschaft verlangt. Verantwortlicher Redakteur: Hugo Pötzsch in Berlin . Druck und Verlag von Max Babing in Berlin SW., Beuthstraße 2. Hierzu drei Beilagen.