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Nr.259.37.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Freitag, den 21. Mai 1920

Vorwärts- Derlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplass, Nr. 11753-54.

Der letzte Tag der Nationalversammlung  .

Botschaft des Reichspräsidenten  .

Die verfassunggebende Nationalversammlung der Deut- Für ein Volk, das unter den Leiden eines verlorenen| begleitete die Botschaft des Neihahräsidenten mit stürmischém schen Nepublik hat heute ihre lette Sigung abgehalten. Die Krieges ächzt und qualvoll, nicht immer mit rechter Ueber- Beifall und übertönte damit das Bischen des unabhängigen Beit ihrer Entstehung und Tagung füllt einen Abschnitt der Legung, Linderung für sie sucht, ist das begreiflicherweise Häufleins. deutschen   Geschichte, der an Stürmen reicher ist als irgendein nicht genug. Aber nur gehässige Ungerechtigkeit kann sagen, Sodann erschien Reichskanzler Genosse Sermann MüI­anderer. Die Nationalversammlung hat den Leidenskelch daß es nichts ist. Der Anfang eines großen Werkes ist ge- ler am Rednerpult und trug namens der Reichsregierung dieser Zeit bis zum letzten Tag ausfosten müssen, noch ihre macht, und den bedeutenden Anteil herabsetzen, den die ebenfalls eine Abschieds- und Danfeserklärung heutige lette Sigung war eine Unerfreulichkeit. Jezt, da Arbeiterklasse durch ihre sozialdemokratischen Vertreter an vor. Ob die sich mit jeder Minute steigernde Abschieds­sie von der politischen Bühne abtritt, hat sie nicht einmal ihm genommen hat, hieße nicht im Interesse der Arbeiter- stimmung auch die äußerste Linke übermannte? Bedenfalls allenthalben auf ein gerechtes Urteil zu rechnen, denn klasse handeln. war nunmehr von einem Widerspruch fast nichts mehr zil der Wahlkampf der Parteien von der äußersten Rechten bis nterfen. zur äußersten Linten läßt wenig Raum für ruhig abwägende Betrachtungen über Wert oder Unwert der vollbrachten Ar­

beit.

Aber allem cinzelurteil vorweg genommen werden fann doch die Tatsache, daß die Nationalversammlung   aus den Trümmern der tausendjährigen Monarchien eine demo­fratische Republik   errichtet hat. Sie hat das getan, obwohl die Januarwahlen des vorigen Jahres eine Mehrheit von grundjaktreuen Republikanern nicht gebracht hatten. Die Mehrheit mußte aus Elementen gebildet werden, bon denen die einen bewußt und freudig dem neuen Ziel zu strebten, während die anderen nur zögernd und bedenklich. der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, dem unwider stehlichen Zug der geschichtlichen Entwicklung folgten. Es darf ausgesprochen werden, daß die zielbewußten Elemente auf das von ihnen bollbrachte Werk nicht ganz ohne Befriedi­gung zurückblicken dürfen.

Die Abeiterklasse hat sich die Republik   erkämpft, fie bat fie verteidigt und sie als Notwohnung ausgebaut, so gut es unter den entseßlich schwierigen Verhältnissen eben ging. Jezt heißt es für sie, das Begonnene nicht zerstören, sondern es zielbewußt fortjegen, und das erste, was dazu zu leisten ist, hat sie am 6. Juni zu tun.

Nach dem Reichskanzler erstattete der greife Herr von Payer den Dank des Hauses an den Präsidenten.

Als ein trefflicher Präsident erwies sich wiederum Con­ stantin Fehrenbach   in seiner Schlußonsprache. Es ge­lang ihm, mit seiner Wärme den an sich rein formellen Schlußaft der gegenseitigen Dankestungdebungen zu einem lebendigen und natürlichen zu gestalten, und in beinahe fröh­licher Stimmung ging um 12 Uhr die Deutsche   Nationalper­fammlung auseinander *

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178. Sigung, Freitag, den 21. Mai 1920. Am Regierungstisch: Müller, Koc. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 9 Uhr Minuten. Das Haus ist sehr schwach besetzt. Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen.

11. a. führt Abg. Fischer- Berlin  ( Soz.) Beschwerde über die Mißhandlung des Schlossers Fischer aus Echentendorf, antägli seiner Vernehmung vor einem militärischen Standgericht Die Untersuchung ist eingeleitet.

Die letzte Sigung der Nationalversammlung   stand wie die meisten ihrer Vorgänger im Beichen schwerer innerer Kämpfe. 120 Stimmen beschlossen, die Regierung um die Aufhebung Gestern hatte sie mit einer sozialistischen   Zufallsmehrheit von des Ausnahmezustandes zu ersuchen. Heute erklärte die Koalitionsregierung durch den Neichsminister Roch, diesem Ersuchen in weitem Umfange, aber noch nicht vollständig nach­fommen zu können. Die Unabhängigen vertraten durch Hente 40 die Aufassung, daß durch den gestrigen Beschluß für die Regierung zwingendes Recht im Sinne des Art. 48 geschaffen sei, Die Sozialdemokratische Partei   hat dabei. daß jede Beibehaltung von Maßnahmen auf Grund des Art. 48 unter Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten, von denen nach diesem Beschluß einen Verfassungsbruch darstelle und daß fich der Fernstehende faum eine rechte Vorstellung macht, deshalb der Regierung das Mißtrauen auszusprechen sei. gewaltige Arbeit geleistet. Sie hatte nicht nur das Kunst­Stüd fertig zu bringen, aus treibenden Blanken ein neues tragfähiges Schiff zu zimmern und mit gestern noch stramm monarchistischen Parteien eine Verfassung der Deutschen   Ne. bublik zu schaffen ihre sozialistische Ueberzeugung zwang fie auch, über die Gebote der unmittelbaren Gegenwart hin­veg die Notwendigkeiten der Zukunft im Auge zu behalten und das Verfassungsleben der Republif in Bahnen zu brin­gen, von denen aus eine freie Entwicklung zu den letzten Bielen des Sozialismus möglich ist. Auch dies mußte getan werden, so gut es ging, mit einer Mehrheit, die als Ganzes von Hause aus noch viel weniger sozialistisch als republi­faniich wer.

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Für einen Antrag, der diese Auffassung zum Ausdruck brachte, fanden die Unabhängigen aber nicht einmal die zur Unterstüßung notwendigen fünfzehn Unterschriften. So ernst es der Sozialdemokratischen Partei auch mit ihrem Wunsche ist, den Ausnahmezustand so rasch wie möglich restlos zu beseitigen, fo fonnte sie sich doch nicht dazu entschließen, einen Schritt mit zumachen, der zwei Wochen vor den Wahlen das Chaos herbei­geführt hätte. Die Unabhängigen haben sich aber durch ihren bißigen und unbedachten Vorstoß selber die Waffe der Behaup­tung aus der Hand gewunden, daß das Verhalten der Regierung einen Verfassungsbruch darstelle. Denn die National­bersammlung hat durch ihre schweigende Ablehnung des unab­hängigen Antrags ihren geftrigen Beschluß derart interpretiert, daß jetzt nur noch formaliuristische Spitfindigkeit von einem Verfassungsbruch sprechen kann.

Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei aber ist es, hinter ihren Wunsch nach rafcher restloser Beseitigung des Belage rungszustandes den nötigen Druck zu sehen. Die Partei denkt nicht daran, von dieser Forderung zurückzugehen, und sie wird ihre Erfüllung desto rascher durchsehen, je forgfältiger Tor­heiten von rechts und links vermieden werden.

Ergänzend richtet Abg. Fischer an die Regierung die Anfrage, ob sie in der Lage sei, einen bestimmten Termin anzu­geben, an dem die Untersuchung beendet wird.

Der Regierungsvertreter erwidert, daß er einen solchen Termin nicht angeben fönne; er wiederholt die Versicherung, daß alles zur Aufklärung des Falles geschehen werde. Abg. Frau Grünberg( Soz.) forbert ein einheitliches Haus­angestelltenrecht. Die Frage soll beim allgemeinen Arbeitsrecht geregelt werden.

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Eine Erklärung der Reichsregierung.

Bestrebungen reaktionärer Kreise

( Wir haben über diese

Reichsminister des Innern Koch gibt darauf folgende Erklärung ab. Die Reichsregierung ist gestern Die Sozialdemokratische Partei   hat auf diesem steinigen durch eine Resolution der Nationalversammlung   ersucht worden, den Ausnahmezustand im Reiche aufzuheben. Bei Wege viele Kritik gefunden, aber niemals eine Antwort auf der verfassungsmäßigen Stellung der Regierung zum Parlament, die Frage erhalten, wie es anders besser hätte gemacht hat dieser Beschluß der Negierung Veranlassung zu nochmaligen werden können. Legale Opposition bedeutete den Verzicht auf ernsten Erwägungen geben müssen. Wenn ich gestern jeden Anteil an der Macht, nicht nur für die Bartei, sondern namens der Regierung erilärt habe, daß die Aufhebung des Bela­für die Arbeiterklasse, die sich eben erst die Republik  gerungszustandes nicht überall in Deutschland   zulässig fei, aber erkämpft hatte, Auslieferung der Republik   an ihre Todfeinde, noch im Laufe dieser Woche geprüft werden würde, in welchen Be­airten er beseitigt werden können, so bat die Regierung mit Rück Auslieferung der sozialen und finanziellen Gesetzgebung an die Feinde der Arbeiterbewegung- und das alles in einem Augen­Nach Erledigung dieses Rwischenfalls wollte das Haus ficht auf den Beschluß der Nationalversammlung   eine borläufige blic, der für die äußere wie die innere Politik von unendlicher die Gefeßentwürfe über die Abschaffung der Mili- Prüfung dieser Frage noch im Laufe des gestrigen Tages Bedeutung war. Ilegale Oppofition bedeutete nach dem tärgerichte zu Ende beraten. Der Obstruktion der Rech- borgenommen. Danach bleiben in gewissen Peairten Deutschlands  Bedenten gegen die Aufhebung des Ausnahmezustandes Völkerkrieg den Bürgerkrieg, die blutige Zerfleischung im ten gelang es jedoch, die Beschlußfähigkeit zu bereiteln und bestehen. Bunächst hat die Negierung gerade in den letzten Tagen Innern angesichts eines imperialistischen Gegners, der sein dieses militärische Bribilea über die Wahlen hinaus zu ret- wieder Renntnis erhalten von Vernichtungswerk auch nach Waffenstillstand und Frieden ten. Eine namentliche Abstimmung über einen deutsch­fortzuseken entschloffen war, den Schreden ohne Ende, die nationalen Antrag, den Gefebentwurf abzusetzen, ergab, daß auf Frontsoldaten, namentlich im 28 est en im Sinne rettungslose Verarmung, die Berstückelung Deutschlands  . Und zur Beschlußfähigkeit eine Stimme fehlte! Um dieses Er- gewalttätigen Vorgehens einzuwirken.( ört. hört!) Ueber diese wer vermag zu sagen, ob das verelendete Proletariat aus gebnis zu erreichen, hatten sich Deutschmationale und Dinge wird die Deffentlichkeit bereits in den nächsten Tagen diesem inneren Krieg als Sieger hervorgegangen wäre, ob Deutsche Volkspartei   bis auf drei Mann aus dem Saale   ent- nähere Aufklärung bekommen. es diesen Sieg unter Umständen erringen fonnte, unter fernt! So wurde ein letter gesetzgeberischer Fortschritt, den Treibereien bereits an der Spike unserer heutigen Morgenausgabe denen es ihn ausnuten und sich seiner überhaupt noch freuen die Nationalversammlung   vor ihrem Auseinandergehen zu- ausführlich berichtet. Reb. b. V.) Sodann fann die Gefabr stande bringen wollte, durch einen Bubenstreich der tommunistischer utice namentlich im Hinblick auf den Wer den verhängnisvollen Zusammenprall der Gemal- tech ts parteien verhindert. Es war ein schneidender umfang der noch vorhandenen Waffenensammlungen noch nicht ten von rechts und links, die iederauferstehung des au st- Mißklang, der bei den Wahlen einen Widerhall finden wird überall als behoben gelten. Das gilt besonders für das Ruhr. gebiet. Außerdem schweben dort leider noch zahlreiche uner= recht& nicht wollte, für den blieb fein anderer Weg als in dem millionenfachen Ruf: Nieder mit den Fein- ledigte Berfahren, und es befinden sich noch viele Personen jener der Demokratie, der Nationalversammlung   und der den der Republik  ! Nieder mit der Reaktion! in Saft. Die Anklagevertreter sind jest auf Anweisung der Regie­Koalition. Auf diesem Wege ist es gelungen, das Staats­rung, die dafür besondere Richtlinien erlassen hat, angestrengt da­schiff nach vielen heftigen Stößen und Schwankungen so weit Als die Sigung gegen 212 Uhr von neuem eröffnet mit beschäftigt, bas Verfahren gegen die Verführer und vorwärts zu bringen, daß von heute in sechzehn Tagen die wurde, hatten sich, nachdem ihr Obstruktionsmanöver geglückt unschuldigen zu enthaften. Wenn gerade in diesem Augenblick das gemeinen Verbrecher beschleunigt durchzuführen und die ersten verfassungsmäßigen Wahlen der Deutschen Republik war, wieder einige Volksparteiler und Deutschnationale auf Verfahren unterbrochen und ad hoc cuf die ordentlichen Gerichte auf Grund des freiesten Wahlrechts der Welt vorgenommen ihren Bänken eingefunden. Aber das Bild des Hauses blieb überführt würde, so würde eine starke Verzögerung der Enthaftung werden können. Durch Beritaatlichungen und Verstadt im allgemeinen das gleiche: Die Bänke der sozialistischen   unschuldiger entstehen, zumal gerade diese Verfahren meist vor die lichungen ist ein wenn auch erst schmaler Grund zur Sozia Barteien waren sehr stark besett, je mehr man aber nach Schwurgerichte tommen würden. Aus diesem Grunde wird auch lisierung gelegt, mit dem Selbstbestimmungsrecht der rechts sah, desto breiter gähnten die Rücken in den Reihen im eigenen Interesse der Verhafteten im Ruhrgebiet   der Arbeiter und Angestellten im Produktionsprozeß ist der Abgeordneten. Ausnahmezustand noch nicht beseitigt werden können. Im übrigen durch das Betriebsrätegesetz ein Anfang gemacht, Präsident Fehrenbach las nun eine Abschieds. verweist die Regierung weben der Milderung der Bestim der trotz aller berechtigten Stritif in der ganzen Welt- Ruß fundgebung des Reichspräsidenten Ebert mungen im Ruhrgebiet   auf die in den letzten Tagen in der Preffe veröffentlichten Erklärungen. Weiter ist in Gotha   de Ars­land, wo diefes Selbstbestimmungsrecht wieder befeitigt ist, bor  . Während dieser Vorlesung wurde die noch kurz vorher nahmezustand wegen des verfassungswidrigen Berhastens nicht ausgenommen bereinzelt dasteht. Die Sten er lebhafte und erregte Stimmung des Hauses ruhig und ernst, Gothaischen Regierung erst in den letzten Wochen verhängt gefebgebung hat den großen Besitz mit Lasten belegt, fast andachtsvoll. Nur bei den legten Sägen ertönten muß beibehalten werden, bis die für den 30. Mai auf Veranlassu Sie größer sind als in irgendeinem anderen Lande der Welt. Zwischenrufe auf der äußersten Linken. Aber das Haus der Reichsregierung ausgeschriebenen Wahlen die Möglichke

fonnte?

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