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Nr.260.37.Jahrg.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 22. Mai 1920

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Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz , Nr. 117 53-54.

Wähler! Wählerinnen! Parteigenossen! Reichspräsident und Todesurteile

von Verantwortlichkeit unabhängige Bresse geht ein neues Wehgeschrei: Der sozialdemokratische Reichs­

Am 6. Juni tritt der erste Reichstag der deutschen Die Sozialdemokratie hat sich trotz der großen präsident hat, so lesen wir in einem dieser Organe, sämtliche Republik an die Stelle der verfassunggebenden Nationalver­ sammlung . Von seiner Zusammensehung hängt die Zukunft der deutschen Policil, die Sicherung der Republik , die Förde­rung des sozialen Aufstiegs der breiten Volksmassen ab.

Als die Nationalversammlung in Weimar zusammentrat, blutete unser Band aus unzähligen Wunden. Von inneren Stürmen geschüttelt, von äußeren Feinden bedrückt, schien es fast, als sei es dem sicheren Untergange geweiht, den ihm deutschnationale Propheten für den Fall der militärischen Niederlage schon seit Jahren geweisjagt hatten.

Schwierigkeiten, die sich aus den Folgen des Krieges er- im Ruhrrevier durch außerordentliche Kriegsgerichte verhäng­gaben, mit der Sozialisierungsgesetzgebung ten Todesurteile bestätigt und dadurch bewiesen, für Kohle, Kali und elektrischer Energie daß er die prinzipielle Ablehnung der Todesstrafe durch den den Anfang gemacht, sie ist gewillt, diese Versuche weiter Sozialismus vergaß, wie alle anderen sozialistischen Grund­auszubauen und auf die dazu reifen Betriebe anderer In- fäße ebenfalls." dustrien auszudehnen.

Die Sozialdemokratie hat die Vorarbeiten für eine umfangreiche Siedelungstätigkeit in Staat und Land getroffen und wird sie trot allen Wider­standes des Großgrundbesitzes und der Bureaukratic fort­führen.

schaffen.

Der größte und schwerste Teil der Arbeit steht noch bevor. Ihn wird das Parlament leisten müffen, das aus den Wahlen des 6. Juni hervorgeht.

Diesen Untergang zu verhüten, aus dem Trümmerhaufen des Weltkrieges eine neue Ordnung zu gründen, das war die schier unlösbare Aufgabe, vor die sich die Sozialdemokratie Auf Schritt und Tritt gehemmt durch die großen tatsäch in der Nationalversammlung gestellt sah. Erst der Anfang lichen Schwierigkeiten, durch die Verarmung unseres Landes, dazu ist gemacht, die vollständige leberwindung der Kriege- die Zerstörung unserer Produktionskraft, durch den Mangel an folgen wird sich noch Jahre hinziehen. Rohstoffen und Lebensmitteln, und alle üblen Nachwirkungen Die Sozialdemokratie hat dem Waffenstill. des fünfjährigen Vernichtungskrieges, hat sie versucht, wenig­stand und dem Frieden tros aller Härten die stens den Unterbau für eine Neuordnung der Zustimmung gegeben, um unser Land vor neuen Kriegs- politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse unseres Landes zu greneln, unser Bolf vor neuen blutigen Opfern zu schützen. Die Sozialdemokratie hat ihren Einfluß aufgeboten, um der deutschen Republik eine freiheitliche Ver. faffung zu geben, die alle Staatsgewalt in die Hände des Volkes legt. Die Sozialdemokratie hat die Rechte der Arbei­ter und Angestellten in den Betrieben erweitert, ihnen die Möglichkeit des Einblicks in die Produktion ge. geben, fie wird die Rechte der Wirtschaftsräte für Bezirke und das Reich zu erweitern suchen. Die Sozialdemokratie hat durch die Einführung der einheitlichen Grundschule für Reich und Arm den ersten Schritt zur Einheitsschule für die Kinder des Landes getan.

Die Sozialdemokratie hat das alte unsoziale Steuersystem durch ein neues, den Besitz und den Gewinn fräftig heranziehendes sozial abgestuftes Steuersystem ersetzt.

Wähler! Wählerinnen! Parteigenossen! An diesem Tage entscheidet es sich, ob es vorwärts gehen soll im Geiste des So­zialismus und der Demokratie oder rückwärts im Sinne des Militarismus, des Monarchismus und des Kapitalismus ! Ob über unser Land abermals und dauernd gebieten follen die Junker und ihr Troß, das Großkapital und seine Verbündeten, oder ob auch auf wirtschaftlichem Gebiete alle Gewalt vom schaffenden Volke ausgehen soll, von den Arbeitern des Kopfes und der Hand!

die

Nur ein Reichstan, in dem die Sozialdemokratische Partei ausschlaggebende Macht ausübt, kann

die Entmilitarisierung des Reiches, die Demokratisierung der Verwaltungen, die Sozialisierung der dazu reifen Be. triebe

Die Sozialdemokratie hat Achtstundentag und Erwerbslofenunterstü bung gefeßlich ber= anfert. Die Versorgung der Kriegsbeschädigten energisch und ohne Rücksicht auf privatkapitalistische Interessen und Kriegshinterbliebenen auf eine gerechtere durchführen. Grundlage gestellt und erheblich aufgebessert. Deshalb auf zur Wahl für die Sozialdemokratie!

Die sozialdemokratische Fraktion der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung.

Ausnahmezustand aufgehoben!

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Man könnte neugierig sein, welche Handlung eines So­zialdemokraten in hervorragender Stellung einmal von Un­abhängigen offen und ehrlich als berechtigt anerkannt würde. Aber da müßte man sehr lange warten. Das bloße Agitá­tionsbedürfnis treibt die von den Kommunisten getretenen U.- S.- B.- disten zu immer neuen Erzessen politischer Hysterie. Deshalb würde man am besten tun, all die Einzelangriffe unbeantwortet zu lassen, wenn nicht in dieser nervösen Beit sich auch hin und wieder wirkliche Sozialdemokraten durch die unabhängigen Lamentationen gefühlsmäßig beeinflussen ließen.

Lediglich um dem zu begegnen, wollen wir hier versuchen darzulegen, welche Stellung der Reichspräsident und der So­zialdemokrat gegenüber der Todesstrafe einzunehmen hat. Zu­nächst der Sozialdemokrat: Das Erfurter Programm fordert unter Bunkt 8 der Gegenwartsforderungen: Abschaf­fung der Todesstrafe." Kein Sozialdemokrat kann sich dieser Forderung entziehen. Und bei der Verfassungsberatung haben unsere Freunde alles aufgeboten, um das Berbot der Todesstrafe in die Reichsverfassung zu bringen. Wie bekannt, mit negativem Erfolge. Nach der Verfassung ist also die Todesstrafe noch in Geltung und jedes Gericht muß diese Vorschriften respektieren. Auch der Sozialdemokrat, wenn er Richter sein sollte. Sogar die Unabhängigen und Kom. munisten sind ja vor Todesurteilen" in ihren Räterepublik­Versuchen nicht zurückgeschreckt, wie die Geijelhinrichtung in München hinlänglich beweist..

Nun aber der Reichspräsident. Seine Stellung ist ver faffungsmäßig umgrenzt. Er kann, selbst wenn er der weich­herzigste Mensch ist, nicht nach seinem eigenen Empfinden sondern er ist an die verfassungsmäßigen Kompetenzen ge handeln und so ein neues persönliches Reginient" aufrichten, bunden, gerade als Sozialdemokrat. Der Genosse Ebert, der ein Menschenalter für die Idee des Sozialismus im Vorder­treffen stand, wird sich über die neuesten Angriffe auf ihn nicht

wundern. Hat er doch in den letzten Jahren schon ärgeres erlebt, als daß man ihn des Blutdurstes bezichtigte. Immer­hin hat er in dem ihm von der Partei aufgenötigten Amte dauernd den Gewissenskonflikt: Entweder lediglich als Bar­teimann oder als neutraler, über den Parteien stehender Reichsvertreter zu wirken.

Dieser Gewissenskonflikt tritt natürlich doppelt und drei­fach in Erscheinung, wenn ihm das Iegte ort über Tod und Leben zugesprochen wird. Bon den vielen Todesurteilen aus dem Ruhrrevier, die ihm zur Entscheidung

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Berlin , 21. Mai. Der Reichspräsident hat die auf starte wirtschaftliche Wirkung aus, die nüßlich war, so- vorgelegt wurden, hat er nicht weniger als 154 auf­Grund des Artikels 48 erlassenen Ausnahmevorschrif- lange das Blatt eben unter rein boltswirtschaftlichen gehoben. Einige wenige vielleicht zwei oder drei- ten aufgehoben für folgende Bezirke: Berlin , und wissenschaftlichen Gesichtspunkten geleitet wurde. hat er dagegen bestätigen zu müssen geglaubt. Es handelte Brandenburg , Pommern , die Reste der früheren Pro- Nunmehr ist dieses Blatt in die Hände des größten Interessenten sich in diesen Fällen um besonders gemeine Besbrechen, die vinzen Westpreußen und Posen, für Schleswig Holstein , im rheinischen Industriegebiet, in die Hände der marktbeherrschenden um so schärfer zu verurteilen waren, gerade vem sozialdems­Hannover, Hessen Nassau , sowie für die Rheinproving Eisenhandelsfirma übergegangen. Damit ist die ungeheuer große fratischen Standpunkt, als sie begangen wurden unter dem außer dem Regierungsbezirk Düsseldorf ; ferner für Gefahr nahegerückt, daß auch der Handelsteil der Kölnischen Schüßenden Schild der Roten Armee". Zwei von den Ver­Heffen, Mecklenburg , Braunschweig , Oldenburg , Anhalt, Waldeck, Volkszeitung" der Schwerindustrie botmäßig gemacht wird. Die urteilten hatten in Effen falsche Saftbefeble auf den Namen Lippe- Detmold, Schaumburg- Lippe und die Hansestädte. Im Deffentlichkeit, die sich bisher auf die Kölnische Volkszeitung als wohlhabender Bürger ausgestellt, dann diese Bürger nach Freistaat Sachsen , in Württemberg, Baden und in Thüringen auf eine gut informierte und objektive Beraterin in Wirtschafts- gewaltsamem Aufbrechen der Haustüren usw. in der Woh­mit Ausnahme von Gotha bestehen Ausnahmevorschriften fragen verlassen hat, muß unbedingt aufgeklärt werden, daß nung heimgesucht und durch Schußwaffen und Sandgranaten nicht. Ueber Ostpreußen, Schlesien und die Provinz die Zeitung nunmehr den Boden der Sachlichkeit verlassen hat und sie zur Hergabe der vorhandenen Bargeldbeträge gezwungen. Sachsen wird noch ein näherer Bericht vor der Entscheidung ein nadtes Interessenorgan geworden ist. Ein planmäßiges und organisiertes äuber­abgewartet. Die Entscheidung soll in den nächsten Tagen er- Und was sagt die Regierung dazu? Was sagt fie dazu, wenn wesen, das noch besonders interessant gemacht wurde durch andauernd große Blätter in den Besitz der Echwerindustrie über- borherige Schießerei auf der Straße, um die Nachbarn von gehen, die diese Machtposition nicht nur dazu benutzen wird, um der Straße zu scheuchen. Die auf dem Boden der Verfassung Die Vertruftung der öffentlichen Meinung. die deutschnationale Realtion oder ihre deutschen voitsparteiischen stehende Sicherheitspolizei in Effen war bekanntlich in den vor­Brüder zu stärken, sondern die vor allem ganz brutal die deutsche hergehenden Tagen zum Teil in bösartigster Weise abge­Wirtschafts- und Bollpolitit in die Bahnen zu lenten schlachtet worden. Die neugegründete revolutionäre Sicher­versuchen wird, auf denen das Intereffe der Schwerindustrie, beitspolizei aber hatte schließlich die erwähnten Räuber ver­haftet und ins Gefängnis gefeßt. Ob solche Burschen des nicht aber des arbeitenden Boltes liegt? thränenreichen Mitleids besonders würdig sind, mögen die

folgen.

Herr Hugo Stinnes , der mit seinen Riesentriegs. gewinnen die öffentliche Meinung Deutschlands aufzukaufen sucht, kandidiert an sechster Stelle auf der Reichsliste der Deutschen Volkspartei ". Der Boltsmund sagt: Mertste was?

Zum Verkauf der Kölnischen Volkszeitung". Man schreibt uns: Gegen den Konzern Stinnes stellt sich neuerdings der Gegentonzern Thyssen. Dieser Konzern steht der großen Kölner Eisenhandelsfirma Otto Wolff sehr nahe. Nun hat in diesen Tagen die Firma Otto Wolff die kölnische Unschuldsengel der Unabhängigen unter sich ausmachen. In einem anderen Falle handelt es sich um folgenden Boltszeitung" angefauft. Die politische Bedeutung diefer Vorgang: Der Angeklagte K. war der Noten Armee beigetre­Attion liegt bei dem großen rheinischen Zentrumsorgan auf der ten. Im Lippeschlößchen" bei Wesel , wo er ohne Auf­Hand, aber wir möchten doch nicht verfehlen, darauf aufmerksam zu trag die Kellerräume durchsuchte, fand er einen von der machen, wie außerordentlich schwerwiegende Folgen dieser Zeitungs­Roten Armee festgesezten Reichswehroffizier. Er holte ihn verkauf auf das rheinische Wirtschaftsgebiet nach sich ziehen Der pressefeindliche Reichsrat hat die Verordnung, die den Bei eigenmächtig aus dem Keller heraus, brachte ihn auf den Hof muß. Die Kölnische Voltszeitung" galt bisher als eine der tungen erschwinglicheres Papierholz verschaffen folite, abge und schoß ihn dort nieder! Er ließ dann den Schwer­integersten Handelszeitungen Deutschlands . Besonders unter ihrem lehnt, was ihm durchaus ähnlich sieht. Ueberhaupt dieser Reichs- verlegten nach seinem eigenen Geständnis mit der Begrün­Leiter Prof. Traub wußte man, daß dieses Blatt objektiv den vat ist schon eine besondere Segnung, die uns gerade noch gefehlt dung liegen, er solle noch länger leiden." Im Laure des Interessen der deutschen Boltswirtschaft diente. Infolge hat. In Schwaben sind wiederum fünf Blätter zusam- Tage swurde dann von einem anderen dem Offizier die dessen wurden seine Situationsberichte über den Eisenmarkt , aus mengebrochen und werden billig zum Verkauf angeboten. Stehle durchgeschnitten. K. aber hat dann die Leiche be. der Staatseisenindustrie und überhaupt aus der rheinisch- westfälischen Eugen Ernst Polizeipräsident in Breslau ? Wie die P. B. n." raubt, ihr eine goldene Uhr, das Zigarettenetui und die Schwerindustrie überall in Deutschland und im Auslande mit der hören, soll Gen. Eugen Ernst , der frühere Berliner Polizei- Brieftasche genommen. Bei dem Versuch, die goldene Uhr zu größten Aufmerksamkeit gelesen. So ging von dieser Zeitung eine präsident, zum solizeipräsidenten in Breslau außersehen sein. verkaufen, wurde er einige Tage später verhaftet....

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