Nr. 282 ♦ 37. Jahrgang
Heilage öes Vorwärts
Lreitag, 4. �ttnf 1920
Wen soll Sie Seamtin wählen! Bon Charlotte Buchow. Bei den Beamtinnen ist der Zwiespalt in diele r Frage nicht gering. Auf der einen Seite steht noch immer das Alte: die Anhänglichkeit an die Tradition des Beamtentums als l Stand und Klasse, die scheinbare Unzertrennlichkeit der beiden Begriffe: Kaiser und Reich und der Rückblick auf die Gerub- iamkeit des Lebens vor dem Kriege. Auf der anderen Seite steht das Streben nach aufrechtem Menschentum, nach politischer Freiheit, nach Erlösung von der Bevormundung durch überhebliche Vorgesetzte, die dringende. Rotwendigkit eurer Reform der wirtschaftlichen Lebens, und Eristenzchedin- gungen der Beamtenschaft.* Durch die Revolution verloren gerade die Beamtinnen zunächst rein gefühlsmäßig die Orientierung. Denn alles, was von links kam, galt im kaiserlichen Deutschland , dem sie eingeschworen waren, als Sünde wider den heiligen Geist des Beamtentums und wurde mit Entlastung geahndet. Da kam der Kriag— es kam der 9. November 1918. An diesein Tag stürzte der überstolze Bau. des kaiserlichen Deutsch land in sich zusammen, wurde über Nacht eine dem Sozialis- mus zustrebende Republik, ein demokratischer Staat. Man be- hauptete: Die Heimat hat die Front erdolcht. Aber das war eine Verdrehung der Tatsachen, das war bewußte Lüge. Denn Heimat und Front war vom ersten bis zum letzten Tage eine untrennbare Einheit, und als die Heimat vor Hunger und Elend zusammenbrach, fiel automatisch auch die Front in sich zusammen. Es ist wahr: Zusammengebrochen stnd unsere uralt ge- heiligen Begriffe von Recht und Treue. Wer aber gelernt hat, Ursache ubd.Wirkung miteinander zu verknüpfen, der weiß es: Nicht die Revolution tat uns dies, sondern der entsetzliche, nicht endenwollende Krieg. Mit eigener Hand zerbrach der Staat die feste Form von Sitte und Moral, als er zum Kriege rief, die blutige Saat trug bittere Frucht und droht uns alle zu vergiften. Die Revolution ztocmg den Kaiser zum Gehen.. E S blieb aber das Eigentliche, dem der Beamte dient: da? Reich— der Staat. Er braucht seine Beamten heute nötiger denn je. Wer ihm aber jetzt dient, tut es anders als früher. In der Demokratie ist redet einzelne~ ob Mann, ob Frau— mitbestimmendes Glied des Ganzen. Die Demokratie erlöste die Beamten aus dem alten Hörigkeitsverhältnis, sie bmchte aber vor allem den Frauen das Wohlrecht und beseitigte die drückendsten Ausnahmebesstmmungen für die weiblichen Beamten. Vieles ist schon erreicht in der kurzen Zeit ihres Bestehens und unter den unsagkichen Schwierig- keiten, mit denen die junge Republik mrter den Nachwirkungen des Krieges zu kämpfen hatte. Sollen die geplanten Reformen wirklich zur Tat werden, soll sich der soziale Gedanke in der Gesetzgebung noch weit mehr als bisher durchsetzen,. so mjisten vor ollem die Beamtinnen lernen, daß sie. ihr Schicksal selbst in der Hand haben. Nur weyn eine überwiegende Mehrheit sozialdemokratischer Ab geordneter im Reichs- tage sich durchsetzen kann, kommen auch die Beamtinnen zu ihrem Recht, erkämpfen sie sich oegen die stets reaktionär ge- richteten Bestrebungen der einstigen Machthaber ihre volle Gleichberechtigung als Staatsbürger, die Wertutta ihrer Leistungen nach dem Maßstabs der Tüchtigkeit und nicht nach dem Geschlecht. Die alte Sozialdemokratische Partei kämpfte von je für die Gleichberechtigung der Frauen, für die Rechte der Unterdrückten und Schwachen. Sie ist nicht nur eine Partei der Albeiter, sondern eine Partei der Arbeitenden aller Berufe. Sozialismus ist helfende, tragende Gemeinschaft. Wer den Gedanken deß Sozialismus ganz zu Ende denkt, für- den gibt es keine Frage mehr, wen er zu wählen hat. Er gibt seine Stimme der alten Sozialdemokratischen Partei, die den sozialen Gedanken am reinsten zu verwirk-
lichen trachtet und dabei den realen Dingen deS LebenS doch nicht Gewalt antut. Keine Partei kann jemals restlos und auf die Dauer befriedigen, nur wenn sie getragen wird von einer ethischen Grundidee, bleibt sie lebensfähig. Nicht in der Vergangenheit liegt das Heil, sondern im zukunftsfrohen Vor-
wärtsschreiten. Im Beamtentum liegt soviel sittliche Kraft, soviel stumnr-bescheidene Größe, sie darf nicht verzettelt wer- den im nutzlosen Kampf für überlebte Ideale. Darum. Ihr Beamtinnen, stellt Euch in den Dienst der jungen Republik, stimmt am 6. Juni sozialdemokratisch l
Beratungen über die Wirtsihastskrifls.
Tagung des Wirtschaftsrats.
Der Wirtsckaftirat beim Reichstvirtschafts- Ministerium eröffnete gestern seine große Aussprache über die durch die V a l u t a b e s s e ru» g eingetretene Geschäfts- st o ck u n g und die dadurch geschaffene Wirtschaftslage. Reichs« wirtschaftsminister Schmidt führte etwa folgendes aus: Die Umstellung von der Kriegs« zur FriedenSwirtschast konnte nicht nach einem starren System volkswirtichaftlicher Grundsäye eriolgen, sondern nur nach allgemeinen Richtlinien. ES ist leichter, die Krankheit festzustellen, als daS allein richtige Heilmittel zu finden. Ein typischer Beweis hierfür ist der B e r g b a u. Die alte Schule hat angeregt, die Bergleute mit Gewalt zur Arbeit zu zwingen. Wir haben versucht, die Belegschaften zu belehren, und auf diesem Wege emen durchaus beachtenswerten Erfolg ernelt. Einer Belegschaftsziffer vot'IEnde 1S18 mit 629 000 Mann im Steinkohlenbergwerk standen Ende Januar 730 000 Mann gegenüber. Bis zum April ist diese Zahl noch erbeblich gestiegen. Auch im Transportwesen hatten wir mit schlimmen Berhältnifien zu rechnen. Am schlimmsten traf unser« Volkswirtschaft aber der Mangel einer Kontrolle für Ein- und Ausfuhr. ES war indessen völlig unmöglich, eine Kontrolle durchzusübren. solange das Loch im Weste« bestand. Di« Folge dieses LocheS war die ungehemmte Einfuhr von Luxusartikeln aller Art und eine planlose Verschiebung unserer ganzen wirtschaftlichen Kräfte. Dazu kam die Einführung deS Goldzolles und die Ablehnung der Entente, den Goldzoll anzuerkennen. Roch vor kurzem, nach Ein« sübrung der Kontrolle, ist in einem Monat und an einer Auffangsstelle Ware im Werte von elf Millionen beschlag- nahmt worden. Um diese Berhältnisie zu ändern, haben wir Selbst- Verwaltungskörper geschaffen, aber leider hat sich auch in diese die Bureankratie eingeschlichen, aber diesmal diejenige, die au« den Erwerbskreisen selbst erwächst. Hierfür ist indesien das ReichSwirtschaftSministerium nicht verantwortlich. Die»ngeheure« Kenjunkturgewinne, die früher hier erzielt wurden, find ein« ganz unerfreuliche Erscheinung. Es wurde gegen da« ReichSwirtschaftSministerium der Vorwurf erhoben, daß es nicht rechtzeitig Maßnahmen getroffen hat. um einen Teil dieser Gewinne für die Allgemeinheit zu erfassen. Aber auch hier waren enorm« Schwierigkeiten zu überwinden. Solange da» Loch im Wetten bestand, waren sie ganz unmög- lich. Wir sind dazu übergegangen, die unzweifelbaft degründeten Ausfuhrabgaben durchzuführen. Aber wir find damit sehr spät gekommen. Ich stehe auch jetzt noch auf dem Standpunkt, daß man zunächst ohne alle Rücksichten für eine Besserung der Er- n ä h r u n g der Bevölkerung— namentlich der Arbeiterschaft— sorgen muß.» Eine recht unerfreuliche Erscheinung war auch die G e l d f l u ch t nach dem Ausland«. Eine Kontrolle hierüber war aber, wie nur allzu erklärlich ist. aus technischen Gründen nicht restlos möglich. Mit der Bcsierung der Valuta haben wir gleichzeitig vielfach ein Ginken der Preise im Ausland zu verzeichnen. Für Baum- wolle ist der PieiS in England um t0,Proz. gefallen, in Deutsch - land um 55 Proz. Die Wolle ist in England um 15 Proz. ge- stiegen, in Deutschland um 63 Proz. gefallen. Kupfer ist gesunken tn England um 18 Proz., in Deutichland um 65 Proz. Diese Erscheinungen müssen natürlich in unterem WirtschaftS- leben eine ungeheure Wirkung auslösen, namentlich dort, wo die Inlandspreise sich den Weltmarktpreisen genäbert haben. Dort muß die Lage sich jetzt geradezu lata- st r o p h a l gestalten. Wo wir setzt noch eine gewisse Spannung »wischen Inlands- und Auslandspreisen haben, können wir uns die Sache noch mit ansehen. Deshalb haben wir uns auch dagegen ge> sträubt, den Kohlenpreis an den Weltmarktpreis heranzubringen. Denn dann hätten wir jetzt fünfmal so hohe Kohlenpreise. Welche Wirkung diele hätten, kann man sich leicht ausmalen.
Die ungesunde Neöerkapitalisieruug der Wirtschast war das. verkehrteste, was geschehen konnte. In etnigen Fällen bat der Zwäng dazu geführt. Kapitalcrdöhungen vorzunehmen. Wo abee die Unternehmer Auflagen von 50 und 100 Proz. genommen haben, müssen Schwierigkeiten eintreten, wenn die Mark weiter steigt. Die Unternehmer find aber selbst daran schuld. indem sie den Zustand der Ueberkapitalisierung herbei- führten. Die gegenwärtige Kanfunlust kann man nicht als verderblich bezeichnen, denn sie wird am ehesten auch im Klein- Handel die Preis« herabdrücken. Wir werden alles aufbieten müssen, um die gegenwärtige KriftS in ihve-r Wirkung zu mildern. Wir müssen durch sie hindurch, um zu gesunden Verhältnissen zu kommen. Der Preisrückgang ist notwendig und feine Folgen müssen überwunden werden.';.ij-M Wir können nicht anders aus der KrisiS herauskommen, als daß wir die Preise m Einklang bringen Milden natürlichen Gestehungskosten'dar Waren. Auf die Außen- Handelsabgaben müssen wir bestehen. Vielleicht sind sie in einzelnen Artikeln zu hoch. Ueber die Höhe läßt sich reden. Von einer gänzlichen Aufhebung kann alber nicht die Rede sein. Die Konzentration aller finanziellen Machtmittet in den Vereinigten Stoatsn, wie sie sich im Laufe des Kriege? herausstellte» muß geradezu zur Bildung von WrkttrnstS führen. Man ist drüben auf dem besten Wege dazu. Wir selbst werden in orne gewisse Abhängigkeit von dieson Trusts kommen. Diese großkapitalistische Organisation bildet gegenüber dem geschwächten Deutschland eine nicht zu unterschätzend« Ge- fahr. Aber auch England hat gewaltige 5bräfte in sich auf- gesammelt. Dein Kolomallbcsitz gibt ihm die sicheren Roh st off- quellen und sichere Absatzquellen in die Hand. Wir sind in unserem Rohstoffbezug abhängig und nicht minder in unserem Absatzgebiet. Man hofft in Frankreich , von Deutschland den Ersatz der ftanzchi scheu Kriegslasten zu erhalten. Die müssen sich helfen wie der Blinde und der Lahme. Aber die Stimmung im französischen Volke ist hierfür nicht günstig. Größere AnSstchten bietet«ine Annäherung an den Osten. Eins ist sicher: Der internationale Kapitalismus wartet nur darauf, seinen Einzug in Rußland zu halten, od mit ober ohne Bolschewismus. Kommen wir au« der jetzigen KrwfiS heraus, so haben wir auch die Möglichkeit, mit der Zwangswirtschaft auf�u- hören; an der Zwangswirtschaft hat niemand Freude. Bleiben wir J,, Mt politischen Erschüttern«««« bewahrt, dann werden wir auch zu einer Verbesserung unserer Wirtschaft- lichen. Lage gelangen. In der Aussprache wurde von Vertretern der weiterveravbei- tenden Industrie und des Außenhandels betont, daß die Ausfuhr- abgaben für einen Teil unserer Probukticrn eine Erschwerung deS Exportes bedeuten. Dagegen nahm jedoch Harr U m b r e i t für die deutschen Gewerkschaften Stellung, der sich gegen eine Aufhebung der AuSftchrabgaibe wandte. Dr. Walter Rathenau forderte einen organischen Aufbau der Wirtschaft, dar seinen Ausgang nehmen müsse t»«* einer Besserung der Tranisporwerhältniss«, von einer Deruhigui.g der Arbeiterschaft und von einer rationellen Betriebs- weise in der Urproduktion. Vertreter der Leder- undDchuhindustrie wchrten sich gegen die Annahm«, daß die Leder- und Schuhprois« zu hoch seien. Die Beratungen wevden fortgesetzt.
Segen öer Eröe.
R o m a u v o n K n u t H a m s u n. Ja, selbst wenn er daran verlor, wollte Brede verkaufen. was sollte er mit einem Grundstück! Er söhnte sich wieder ins Dorf hinunter, nach Leichtsinn, Klatschereien und dem Kaufladen— dahin sehnte er sich, anstatt ruhig hier zu schaf- sen und zu wirken und die große Welt zu vergessen,.ich. hätte er die Weihnachtsfeiern mit dem Lichterbaum, oder da- * Nationalfest am siebzehnten Mai oder die Wohltätigrertsver- kaufe im Gemeindehaus vergessen können! Er liebte es ra über alles, mit den Leutssi zu schwatzen, sich nach Neuigkeiten zu erkundigen, aber mit wem hätte er sich hier aus den Mooren unterhalten können? Inger aus Sellanraa hatte eine Weile Anlage dazu gezeigt, jetzt war sie wieder ganz anders geworden, wieder ganz wortkarg. Nein, er hatte sich selbst auf die Seite gestellt, als er das Dorf verließ. Jetzt sah er mit Eifersucht, daß der Schultheiß einen andern Gerichtsboten und der Doktor einen andern Kutscher hatte: er war von den Menschen, die ihn brauchten. fortgelaufen, jetzt, wo er nicht mehr zur Hand war, behalsen zie sich ohne ihn. Aber so ein Genchtsbote und so ein Kut- icker! Eigentlich müßte er— Brede— mit Wagen unk» Pferd ins Dorf zurückgeholl werden! Aber da war nun Barbro, und warum hatte er denn versucht, sie aus Sellanraa unterzubringen? O, dqs hatte er nach reiflicher lleberlegung mit seiner Frau getan. Wenn alles richtig ging, so hätte dos Mädchen da Aussichten sui die Zukunft gehabt, ja vielleicht wären da Aussichten für dl? ganze Familie Brede gewesen. Die Haushälterinnenstelle bei zwei Junggesellen in Bergen war ja schon recht, aber Gott mochte wissen, was Barbro da schließlich bekam? Barbro war ja hübsch und auf ihren Vorteil aus, sie hätte vrelleich. hier bessere Gelegenheit, vorwärts zu kommen. Es waren zwei Söhne auf Sellanraa. Absr als Brede merkte, daß dieser Plan fehlschlug, dacht� er sich einen andern aus. O, im Grunde war es wirklich nicht- Erstrebenswertes, mit Inger verwandt zu werden, mtt einer bestraften Person, es gab noch andere Burschen als die aus Sellanraa! Da war nun Axel Ström. Er hatte Hör und Gamme . er war ein Mann, der schaffte und sparte und ßch allmählich Vieh und and«« Besitztümer anschafft«, ab«
keine Frau und keine weibliche Hilfe hatte.„Das kann ich dir sagen, wenn du Barbro bekommst, so hast du alle Hilfe, die dir not tut!" sagte er zu Axel.„Und hier kannst du ihre Photographie sehen." sagte er. Ein paar Wochen vergingen, dann kam Barbro. Ja. Axel war nun schon mitten in der Heuernte, er mußte bei Nacht mähen und bei Tag wenden und hatte alles allein zu leisten: ober nun kam Barbro. Sie kam wie ein wirkliches Getchenk. Es zeigte sich auch, daß sie arbeiten konnte: sie scheuerte das Geschirr, wusch die Kleider und kochte das Essen, sie melkte die Tiere und half draußen beim Heurechen, jawohl, sie war mit draußen beim Heu und trug es mit herein, es fehlle nicht. Axel entschloß sich, ihr einen guten Lohn zu geben, er gewann doch noch dabei. Hier war sie nicht nur die Photographie einer feinen Dame. Barbro war groß und schlank, sie hatte eins etwa- heisere Stimme, zeigte Reife und Erfahrung in vielem und wat durchaus keine Neukonfirmierte. Axel begriff nicht, warum ihr Gesicht so mager und elend aussah: ,Jch sollte dich eigentlich vom Ansehen kennen, aber du gleichst deiner Photographie gar nicht."—„Das kommt von der Reise." erwiderte sie. ,Aa und von der Stadtlust."— Es dauerte auch nicht lange, da wurde sie wieder rund und hübsch, und sie sagte:„Glaub mir. so eine Reise und so eine Stadtlust. die zehren tücktig an einem!" Sie spielte auch auf die Per- suchungen in Bergen an— da müsse man sich in ach: nehmen! Aber wahrend sie sich weiter unterhielten, sagte sie, Axel solle sich auf eine Zettung, eine Bergener Zeitung abon- nieren, damit sie auch sehen könne, was in der Welt vorgehe. Sie sei jetzt ans Lesen, an Theater und Musik gewöhnt, hier sei es sebr einsam, sagte sie. Da Axel Ström mtt seiner SommerauShilfe so«Glück gehabt hatte, abonnierte er auf die Zeitttng und ertrug auch die Familie Brede, die recht oft auf seine Ansiedlung kam und da aß und trank. Er wollte seinem Dienstmädchen Freude machen. Nichts konnte behaglicher sein, alS die Sonntag- abends, wenn Barbro die Saiten ihrer Gttarre schlug und mtt ihrer etwas heiseren Stimme dazu sang: Axel war über die fremden hübschen Lieder und daß wirklich jemand aui der Ansiedlung bei ihm war und sang, fast'gerührt. Im Lause des Sommers lernte er Barbro allerdings auch von anderen Seiten kennen, aber im großen und ganzen war«r zufrieden. Sie war nicht ohne Launen, und sie konnte
rasche Antworten geben, etwas zu rasche. An jenem Sonn- abend, wo Axel notwendig ins Dorf hinunter zum Kaufmann muhte, hätte Barbro das Vieh und die Hütte nicht verlassen und auch alles andere nicht einfach im Stich lassen dürfen. Die Ursache dazu war ein kleiner Streit gewesen. Und wo war sie hingegangen?. Nur nach Hause, nach Breidablick, aber trotzdem. Als Axel in der Nacht Zurückkam, war Barbro nicht da,'er versorgte die Tiere, aß und ging schlafen. Gegen Morgen erschien Barbro.—„Ich wollte wieder einmal fühlen. wie es einem in einem Haus mit einem Bretterboden zumut ist," sagte sie recht höhnisch.— Darauf konnte Axel eigentlich nichts erwidern, denn er hatte ja nur eine Torfhutte mtt einem Lehmboden, aber er antwortete, er habe immerhin auch Bretter und werde wohl auch einmal ein Haus mit einem Bretterboden haben!— Da war es, als gehe sie in sich: nein. 'chlimmer war Barbro nicht, und obgleich es Sonntag war, ging sie rasch in den Wald, holte Wachbolderzweige für de« Lehmboden und machte ihn hübsch. Aber da sie so ausgezeichnet und von Herzen gut war, mußte ja auch Axel mit dem hübschen Kopstuch herausrücken. das er am vorhergehenden Abend für sie gekaust hatte: er hatte eigentlich gedacht, er wolle es aufheben, um ordentlich etwas von ihr dafür zu erreichen. Aber nun gefiel es ihr sehr gut, sie probierte es sofort auf, ja sie fragte ihn, ob es ihr nicht gut stehe. O doch, sehr gut, aber sie könnte gleich sein Felleisen aus den Kaps setzen, es würde ihr auch stehen. Da lachte sie und wollte auch recht liebenswürdig sein, des- halb sagte sie:„Ich gehe lieber mtt diesem Kopftuch in die Kirche und zum Abendmahl als im Hut. In Bergen trugen wir ja alle Hüte, ja, ausgenommen die Dienstmädchen, die vom Lande hereinkamen." Wieder lauter Freundschast! Und als Axel mit der Zeitung herausrückte, die ihm auf der Post mitgegeben worden war, setzte sich Barbro hin und las die neuesten Nachrichten von der Welt draußen; von einem Einbruchs bei einem Goldschmied in der Strandstraße von einer Schlägerei zwischen Zigeunern, von einer Kinds- leiche, die in der Stadtfjord hereingettieben und in ein altes. unter den Armen quer abgeschnittenes Hemd eingewickelt ge- Wesen war.„Wer kann nur das Kind hinaiisgeworfen haben.?" fragte Barbro. Aus alter Gewohnheit las sie auch noch die Marktpreise. Und die Zeit verging.(Forts, folgt.)