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Nr. 290 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 8

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Sozialbemofrat Berlin".

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Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

Feruivrecher: Amt Morinpias, Nr. 15190-15197.

Mittwoch, den 9. Juni 1920

T

Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Ferniprecher: Amt Moritplas, Nr. 117 58-51.\

110 Sozialdemokraten.

460 Abgeordnete gewählt.

Die Regierungsfrage.

1

In später Nachtstunde meldet WTB.: Nach den vor. Die erste Fraktionssitzung.- Noch keine Verhandlungen läufigen amtlichen Meldungen, die beim Reichswahlleiter eingelaufen sind, wurden insgesamt

25 719 067 Stimmen

abgegeben. Davon entfallen auf die

Sozialdemokratische Partei Deutschlands 5 531 157 Unabhängigen 4 809 862 Deutschnationale 3 638 851

Deutsche Volfspartei 3 456 131

Zentrum 3500 800

Demokraten 2 152 509

über die Regierungsbildung.

Die neugewählte fozialdemokratische Reichstagsfraktion und der Parteiausschuß treten am Sonntag, 10 Uhr vor mittags, im Sigungsjaal des Parteivorstandes zu einer ge­meinsamen Besprechung zusammen.

Gegenüber verschiedenen Zeitungsnachrichten ist festzu­stellen, daß der Reichspräsident bisher noch mit keinen führenden Politiker über die Frage der Regierungsbildung

Christlich - föderalistische Liste( Bayr. Vp., Chriftl. Bp.) verhandelt hat. Solche Verhandlungen werden mit Aussicht 1 254 963

Kommunisten 438 199

Deutsch- Hannoversche Partei 318 104

Auf Grund dieses Stimmenverhältnisses sind mit Bc. rücksichtigung der Verteilung der Resistimmen auf die Ver­bandswahlkreise und der Reichslisten

418 Abgeordnete gewählt

worden, und zwar:

92 Sozialdemokraten,

80 Unabhängige,

58 Bentrum,

36 Demokraten,

61 Deutschnationale,

59 Deutsche Volkspartei .

2 Kommunistent,

4 bayerische Bauernbündler

5 Deutsch - Hannoversche

21 Chriftlich- föderalistische.

Bei der Berechnung ergab sich, daß von den

Reststimmen

über 30 000 je ein Mandat auf die Demokraten, die Deutsch nationalen und die Christlichen Föderalisten fiel. Im übrigen verteilen sich die Reststimmen folgendermaßen: 11 157 fozial­hemokratische Partei, 20 800 Zentrum, 22 509 Demokraten, 8 851 Deutschnationale, 16 131 Deutsche Volkspartei , 9 862 Unabhängige, 15 963 Chriftliche Föderalisten, 18 103 Deutsch­ Hannoversche , 318 199 Kommunistische Partei , 87 518 Deut scher Wirtschaftsbund für Stadt und Land,

Die stärkste Partei.

Endlich ist ein Neberblick über das Endergebnis der Wahl gegeben. Nach den bis Dienstag abend amtlich festgestellten Bahlen find insgesamt 25 719 067 Stimmen abgegeben worden. Nach der Verrechnung der Neststimmen stellte sich die Verteilung Der Reichstagsfige einschließlich der Mandate and den drei Abstimmungsgebieten folgendermaßen: 110, bisher 16353

.

auf Erfolg erst möglich sein, wenn sich die Fraktionen des neuen Reichstags tonstituiert haben werden.

In sozialdemokratischen Kreisen wiegt die Ansicht vor, daß der Schlüssel der Situation jetzt bei den unab hängigen liegt. Nur die Unabhängigen fönnen, indem sie sich zur positiven Mitarbeit bereiterklären, die Notwendig feit, eine Regierung der Rechten zu bilden, beseitigen. Ver­jagen sich die Unabhängigen der Mitwirkung zu dem 3wed, eine Rechtsregierung zu verhindern, so bleibt die Bildung einer solchen der einzige Ausweg aus der verworrenen Lage. Die Sozialdemokratie wird sich an einer meiter nach rechts tendierenden Regierung nicht beteiligen, sondern in Opposition zu ihr stellen.

Reichskanzler Helfferich.

Zum Borschlag der Freiheit".

Noch bevor das Wahlresultat vollständig bekannt war, hat die Freiheit" den Rechts parteien die Uebernahme der Regierung angeboten. Sie betrachtet diesen politischen Szenenwechsel als eine logische Folge des Buges nach rechts, der sich beim Bürgertum eingestellt hat, und läßt dabei, mit dem Recht auf politische Mitbestimmung vollständig wenigstens zunächst, das Vorhandensein einer Arbeiterklasse außer Betracht. Es ist aber nicht richtig, daß das Ende der Roalitionspolitik einzig und allein durch den Erfolg der äußersten Rechten herbeigeführt worden ist, der Erfolg der äußersten Linfen hat auch dazu beigetragen, und er soll nicht verkleinert werden. Der linksradikal geführte Flügel der Arbeiterklasse war mit bei der Partie, die jetzt, wenigstens nach Auffassung der Freiheit", damit endet, daß als Lö­jung der entstandenen Krise nur die Machtergreifung durch die äußerste Reaktion übrig bleibt.

Säßen im neuen Reichstag links von den Demokraten nur Sosialdemokraten, so würde die Koalition tros des Vor­dringens der Nechten noch immer regierungsfähig sein. Erit die Zunahme der Unabhängigen hat die Folge gehabt, daß die Koalition regierungsunfähig geworden ist, so daß, immer nach der Meinung der Freiheit", einstweilen feine andere Regierung möglich ist als eine Regierung Selfferich frejemann.

Dabei haben die beiben Rechtsparteien nur 126 Mandate gegen 190 der beiden sozialistischen Parteien, deren jede für fich piel stärker ist als irgendeine bürgerliche Partei. Das es den Rechtsparteien gelingen wird, Bentrum und Demo fraten geschlossen zu sich hinüber zu führen, ist in hohem Grade darf

Die Kreise und ihre Parteien. be unwahrscheinlich. Es bari boch nicht überichen wer

Wir geben in nachstehendem einen Ueberblid über die Ver- den, daß das Bürgertum ebenjomenia wie leider die Arbeiter­teilung der Parteimandate auf die einzelnen Reichstagswahlkreise: flaise in geschlossener Front marschiert, und daß die ein

Name des Wahltreises

1. Ditpreußen¹ 2. Berlin

3. Boisdani II 4. Boisdam I

5. Frantfurt a. D. 6. Bommern.

7. Mecklenburg 8. Breslau . 9. Liegnig..

11. Magdeburg

Sozialdem.

8

.

8

1

2

2

2

3

4

3

Sozialdemokraten.

10. Oppeln

Unabhängige

80,

22

"

Kommunisten

2,

58 0+ 2

"

12. Merseburg .

Demokraten.

44,

74 30

" 1

18. Thüringen .

2

Zentrum

67.

71

4

14. Schleswig- Holstein !

Bayer. Volkspartei n. Föderalist. 21,

183

15. Hamburg

Deutschnationale.

65,

42+ 23

16. Weser- Ems

2

Deutsche Volkspartei

22+ 39

Welfen

5,

3

2

18. Süd­

Braunschw.

4

"

Bayerischer Bauernbund

4,

4

"

19. Westfalen- Nord 20. West'alen- Süd

17. Cit- hannover

Aus beiden Aufstellungen geht mit aller Klarheit hervor, 21. Geffen Naffau. daß die Sozialdemokratie noch immer weitausan 22. Hessen- Darmstadt der Spise aller Parteien marschiert, tresdem fich der An- 23. Röln- Aachen sturm von rechts und von links gerade gegen sie richtete. Die 21. stoblenz- Trier nabhängigen, die schon am Montag früh jubilierend ver. 26. Düffeldorf- Weft fündeten, deh wir jetzt die Minderheitspartei" feien, müffen 27. Oberbayern Schwaben jest betrübt gestehen, daß die alte Sozialdemokratic auch ohne 28. Niederbayer, Oberpfalz die Mandate aus den Abstimmungsgebieten immer noch um 29. ranten

25. Düfieldorf- Oft

Summa

15 Mandate ihnen voraus ist, daß fie aber mit jenen 18 Man- 30. Pfalz daten fogar einen Vorsprung von 34 Sigen gegen. 31. Dresden - Baußen über der 1. S. P. hat. 82. Leipzig Selbst wenn man alle Wähler der 1. S. P. und der 33. Chemnit- 8widau 34. rttemberg N. P. D. als unbedingte Anhänger der Rätediftatur" qn­35. Baden sehen wollte und nicht nur als verärgerte Mitläufer, würde Reichsliste fich ergeben, daß insgesamt hächstens 5 Millionen Wähler sich für die Rätediktatur, aber mindestens 17 millionen für das parlamentarische System ausgesprochen haben. Selbst unter den sozialistischen Stimmen wenn man sozialdemo­fratische, unabhängige und kommunistische als folche gleich. fest überwiegen die fozialbemokratischen, also die Gegner des Diktaturgedankens. Wenn jemand lernen will, so kann er aus diesen Zahlen sehr vieles lernen, was für die Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung und des deutschen Volkes nötig ist.

1111111111111

22122511212241ECTATI512224262 1232221JAN21121B2BBLERIA 2322LRS 1111111111116

3

2

7

3

2

103

5

3

3

3

8 5

8

6

109 76 2 44 66

60

28

reaktionäre Masse", von der ichon Marr und Engels nichts wissen wollten, in der Wirklichfeit nicht erisiert. Dorun scheint uns der Eifer, mit dem die Freiheit" den Parteien des Kapp- Putiches die legitime liebernohme der Macht an­bietet, ein wenig übereilt.

Das unabhängige Blatt schreibt in seinem gestrigen Abendblatt recht zutreffend:

Man erinnere sich: die Deutschnationalen und die Deutschen Wolfsparteiler sind genau diefelben Leute, die bis zum November 1918 das deutsche Bolt beherrscht haben, die alle leitenden Stellen. in der Regierung innehatten oder fontrollierten, die die Träger des Militarismus. Der Bureaufratie, des Junfertums.waren, also aller jener verruchten Einrichtungen, mit denen Deutschland jahr. hundertelang gepeinigt worden ist. Diefelben Leute also, die die Hauptschuld am Ariege tragen und den politischen. militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch verursacht haben, unter deren Folgen das deutsche Volt jetzt zu leiden hat.

Diesen Leuten, die bis zum November 1918 dos deutiche Bolf beherrscht haben, will nun die Freiheit" im Juni 1920 mit aller Gewalt die Regierungsmacht wieder an den Hals werfen! Dos ist ein Resultat, das die Arbeiterflaffe im No. bember 1918, und noch vor drei Monaten, im März 1920, gemik nicht erwartet hat.

Aber selbstverständlich soll das notürlich nur ein Ueber­gang iein.

Die beiden sozialistischen Barteien mürben notürlich zu der Regierung, die fich die Freiheit" ünicht. in icharfer 1 Oppofition stehen. Ob die Arbeiterfloise bei dieser Art bet Machtverteilung besser gestellt sein würde als unter der Rea­lition und ob die Hoffnung der Freihit" gans berechtigt ist. der Opposition werde es immer gelingen, Rochteil von der Arbeiterklasse abzuwehren, mag vorläufig unerörtert bleib Auf die Fragen des Achtstundenteges, der Streitfireiheit, des Ausbaus der wirtschaftlichen Räteorganisation iei nur im Vorbeigehen hingewiesen. Aber die Hauptfrage bleibt doch. ob es der richtige Weg ist, selber zur Macht zu gelangen, in­dem man zunächst seinen erbitterten, zu allem entschlossenen Feinden zur Macht verhilft.

53

53

28

1) Die Mandate zur Rationalversammlung gelten bis auf weiteres für den Reichstag. 2) Rheinische Sondergruppe des Sentrums. 3) Bayerische Volkspartei .

Die Ziffern, diefer Tabelle bedürfen nach dem legten, oben wiedergegebenen Gesamtresultat noch der Berichtigung, die in später Abendstunde nicht mehr zu erlangen war.

Eine Rechtsregierung bedeutet wahrscheinlich einen Reichsnräsidenten Hindenburg und einen Reichswehrminister Budendorff. Auch von der Wirkung einer folden Aemter. belegung auf die auswärtige Lage Deutschlands sei vorder. band nicht die Rede. Nur davon sei gesprochen, ob die Zu­bersicht vollständig berechtigt ist, daß die Aufrichtung einer Rechtsregierung nur das Vorspiel für einen vollständiges Sieg der Arbeiterklasse sein würde. Und mit welchen Mitteln foll dieier Sieg erzielt werden?

Das ist auch uns gewiß: Die Wirtschaft einer Rechts­regierung würde in kurzer Frist einen Umschwung in der