Nr.319 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 22
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Freitag, den 25. Juni 1920
Die Ministerliste.
Der Reichspräsident hat auf Vorschlag des Reichsfanzlers Fehrenbach folgende Minister ernannt: Reichsjustizminister, betraut mit der Vertretung des Reichskanzlers: Dr. Heinze, Reichsminister des Auswärtigen: Simons, Reichsminister des Innern: Koch ,
Reichsernährungsminister: Herm.es,
Reichspostminister: Giesberts,
Reichsverkehrsminister: Groener ,
Reichswehrminister: Geßler, Reichsfinanzminister: Scholz, Reichsschatminister: v. Raumer.
Giolittis Programm.
B
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Wiederaufbau Nordfrankreichs.
Der bekannte Großindustrielle Kommerzienrat Julius Berger, der Mitglied der Sachverständigenkommission für den Wiederaufbau Nordfrankreichs war, schneidet dies Thema in einem Artifel der„ Vossischen Ztg." vom Nom, 25. Juni. ( T. U.) Im italienischen Parlament hielt der 23. Juni an. Die fachliche Darstellung, die Berger von dem neue Ministerpräsident Giolitti gestern seine Programmrede, ganzen Verlauf der Angelegenheit gibt und die bis auf in der er erklärte: Die Außenpolitik muß uns und Europa einen Punkt richtig ist, widerlegt die Vorwürfe und Anwürfe, endlich den Frieden sichern. Ohne diesen ist der Aufbau unmög- die in derselben„ Vossischen 3tg." gegen die bisherige Relich. Es wird eine parlamentarische Kommission zur Kongierung gemacht wurden.
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trolle ber Außenpolitik eingefest werden. Dieser Kom- Berger stellt zunächst fest, daß die Verhandlungen mission sind alle Dokumente auszuhändigen. Um den völligen zwischen Deutschland und Frankreich zu einem postFriedenszustand zu erreichen, müssen wir unverzüglich freundschaft- tiven Ergebnis nicht geführt haben- Berger sagt nicht, liche Beziehungen mit allen Völkern anknüpfen und ohne Einschrän- warum daß man einen Strich unter die Vergangenheit fung auch forrette Beziehungen zur ruffischen Regierung aufneh machen müsse und sozusagen den Wiederaufbau auf einer Sodann legte Giolitti fein gefeggeberisches Pro- neuen Grundlage beginnen müsse und zwar um diese Angramm dar: Konfistation aller Kriegsgewinne seit dem 1. Auguft gelegenheit zu einem für Deutschland und Frankreich gleich Die Beschung des Wiederaufbauministeri- 1914, Berschärfung der Erbschafts - und Schenkungssteuer sowie der annehmbaren und gleich ersprießlichen Ende zu führen". ums ist noch vorbehalten, die Verhandlungen über die Be- Luguêsteuer, Bestrafung und Ueberwachung der Zwischenhändler annehmbaren und gleich ersprießlichen Ende zu führen". Mit dieser allgemeinen Voraussetzung sind auch fehung des Reichsarbeitsministeriums werden und Preiswucherer. Ueber Albanien sagte Giolitti: Die italiwir einverstanden. Wir sind gleichfalls der Ansicht, daß bald abgeschlossen sein. Die Ernennung des Pfarrers Dr. enische Regierung hat nicht die Absicht, das Protektorat über Al- Frankreich„ in absehbarer Zeit" nicht in der Lage sein wird, Brauns wird erfolgen, sobald die Genehmigung des zu- banien beizubehalten. Sie fordert einzig und allein die völlige ben äußerst dringenden Wiederaufbau selbst auszuführen. ständigen Bischofs vorliegt. Dr. Brauns ist ein führender Unabhängigkeit Albaniens . Die Erklärung wurde beifällig auf- Wir finden es gleichfalls richtig, daß die Arbeitslosentrise in Mann von München- Gladbach und gilt als ein fortgeschritte genommen. Deutschland , als Folge der Demobilmachung, ftatt mit Notner christlicher Sozialpolitiker. Das Kabinett wird am standsarbeiten, die nur teilweise werbende Werte" schufen, Sonnabend zu seiner ersten Sigung zusammentreten besser überwunden worden wäre und werden würde durch und sich entsprechend den Beschlüssen des Seniorenkonvents dem Reichstag am Montag vorstellen. eine attive Beteiligung am Wiederaufbau in Nordfrankreich. führung dieses Gedankens stehen ernsthafte Hindernisse auf deutscher Seite nicht entgegen."
Spa am 5. Juli.
Nach amtlicher Mitteilung des britischen Geschäftsträ. gers Unter der alten Regierung haben die Rechtsparteien er ist bie Stonferenz in Spa endgültig auf den 5. Juli feft- Berger kommt dann selbst zu dem Schluß:„ Der Durchgesett.
immer nach Fachministern" geschrien. Nachdem eine von ihnen beiden zu mitbestimmendem Einfluß in der Regierung gelangt ist, ist man allgemein sehr neugierig, welche Kapazitäten fie für die Ministerliste in Vorschlag bringen würden, es stellte sich aber alsbald heraus, daß fie feine hatten Der Ruf nach Fachministern erwies sich ebenso als bloßes Wahlgefchrei wie die Befreiung von roten Retten", die nian fich jetzt so gern wieder anlegen lassen würde.
Die B. 2." gibt nun für das Ausbleiben der Fach minister einen materialistischen Erklärungsgrund. Nachdem Wiedfeld abgelehnt habe, sei mit dem Direktor einer großen Maschinenfabrik verhandelt worden, der aber als Gehalt sein bisheriges Einfommen- 400 000 m. im Jahr verlangte. Daran seien die Verhandlungen gescheitert. Die in Aussicht gestellte Rettung des Vaterlandes dura die rechtsin Aussicht gestellte Rettung des Vaterlandes durch die rechts varteilichen Fachminister" muß also ausbleiben, weil den Herren das Ministergehalt zu niedrig ist. Der Fall ist doppelt zu registrieren unter R( Rechtsparteien) und P( Patriotis mus).
Streifgefahr im Industriegebiet.
Zur Wiedergutmachungsfrage.
Weder seitens der Unternehmer noch seitens der Arbeiterschaft, sofern dieser die Erfüllung ihrer berechtigten Ansprüche Amsterdam , 25. Juni. Die Westminster Gazette" schreibt zu in sozialer und finanzieller Hinsicht garantiert wird". den verschiedenen Berichten über die in der Wiedergut. Berger führt dann die Bedenken an, die angeblich machungsfrage von den alliierten Staatsmännern gefaßten bon französischer Seite Seite gegen eine Beschlüsse: Der Borschlag, die deutschen Zahlungen über 35 bis teiligung Deutschlands am Wiederaufbau geltend gemacht aktive Be40 Jahre zu verteilen, bedeutet, daß man die Regelung einer werden. Das eine wäre die wirtschaftliche Kräf einbringen könne, einer unbekannten Zukunft überläßt. Die Frage, Selbstbewußtseins und der kriegerischen Instinkte" DeutschSchuld, die die gegenwärtige Generation von Staatsmännern nicht tigung und dadurch die Stärkung des nationalen ob Deutschland zahlen werde, hänge davon ab, ob es sich einer Belands. Dbwohl uns nicht bekannt ist, daß ein solches zahlung widerseßen fönne, und um einen solchen Widerstand zu verhindern, würden die Alliierten die Besetzung des deut. Argument jemals geltend gemacht wurde, halten wir es doch fchen Gebietes aufrechterhalten und solche militärischen und für möglich. Denn den Nationalisten und die regieren maritimen Borkehrungen treffen müssen, daß ein großer Teil, wenn nicht die Gesamtheit der Entschädigungssumme darauf verwendet werden müßten. Das Blatt fagi: Wenn den alliterten Regierungen statt 4½ Milliarden Pfund, die in 35 Jahren zu bezahlen find, etwa zwei Milliarden Pfund angeboten werden, o würde jeder Geschäftsmann fie für berrüdt erklären, wenn sie dieses Anerbieten abweisen würden.
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heute in Frankreich ist das d ümmst e Argument no ch lange nicht dumm genug. Was Herr Berger gegen die geplante internationale Anleihe vorbringt, ist durchaus begründet, wenigstens soweit es sich auf den Wiederaufbau Nordfrankreichs und nicht auf die Beschaffung von Rohmaterialien und Lebensmitteln bezieht.
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Von französischer Seite ist, wie Herr Berger weiter mitteilt, die Befürchtung laut geworden, daß infolge der Beheit zu sagen, nichts hinzuzusetzen und nichts zu verschwei- Bolsche wismus eine Eingangspforte finden schäftigung deutscher Arbeitskräfte in Nordfrankreich der Wegen der großen Erregung unter den Bergarbei. erhoben wird und wir zweifeln nicht, daß seine Hand- Diese angebliche Befürchtung ist eine Legende. Vor dem Wegen der großen Erregung unter den Bergarbei. gen. Wenn das Verhalten des Herrn v. Schenk zur Norm fönnte", und er bemüht sich, diese Befürchtung zu widerlegen. tern über den zehnprozentigen Steuerabzug haben sowohl lungsweise vielen seiner Kameraden außerordentlich impo- Striege arbeiteten zehntausende deutscher Arbeiter in Frant der Bergarbeiterverband, wie der Verein für bergbauliche Inter nieren wird so dürfte mancher Zeuge sich gezwungener reich, und den maßgebenden französischen Behörden ist es effen Eingaben an die Regierung gerichtet. Die Erregung wird magen die Frage vorlegen, ob es nicht doch richtiger wäre, nicht unbekannt, daß gerade diese deutschen Arbeiter sich durch die schlechten Ernährungsverhältnisse gesteigert. Auf der einiges hinzuzusetzen und manches zu verf weigen. Das gegenüber den anarcho- syndikalistischen Experimenten immer Zeche Hansa in Dortmund wird gestreift, große Versammlungen Borgehen des Bataillonskommandeurs muß also. ganz ab ablehnend verhielten. Sie wissen auch, daß die zu den in gerne, Bochum usw. haben mit dem Streif gebroht. Der Gegesehen von der politischen Seite der Angelegenheit, Verhandlungen über den Wiederaufbau entsandten Vertreter meindearbeiterstreit in Effen ist durch Berhandlungen beendet.
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schon aus Gründen der Aufrechterhaltung einer objektiven der deutschen Arbeiter entschiedene Gegner der bolschewistiRechtsfindung fchärfte Mißbilligung finden. Der schen Methoden und Theorien find. Die französischen ReEine militaristische Maßregelung. Serr Kommandeur mar flug genug, sich nicht durch vor gierungsvertreter konnten um so weniger diese Befürchtung herige Mitteilung seines zweifellos feststehenden Be- haben, als gerade die deutichen Arbeitervertreter verlangten, Der Belastungszeuge der Marburger Mörder entlaffen: fchluffes einer strafbaren Beugenbeeinflussung auszusehen. die am Wiederaufbau beschäftigten deutschen Arbeiter follten Rassel, 25. Juni. ( Eigener Drahtbericht des„ Borwärts".) Wenngleich also ihm rechtlich nichts anzuhaben ist, so gibt nach wie vor den deutschen Gewerkschaften an. Der Offizier- Stellvertreter Dahlheim des Marburger Reichs- es doch noch eine Behörde, die in der Lage ist, derartigen Ungehören, die im Wiederaufbaugebiet eigene Sahlstellen wehr- Bataillons, der bereits im 14. Dienstjahr steht und bei den geheuerlichkeiten einen Riegel vorzuschieben, und das ist das und Vertrauensleute unterhalten dürften, so daß der Kontakt Kriegsgerichtsverhandlungen gegen die studentischen Zeitfrei Reichswehrministerium. Allerdings ist gerade an zwischen deutschen und französischen Arbeitern nur ein sehr willigen als Belastungszeuge aufgetreten war, ist am dieses Ministerium seit Monaten so häufig und so erfolglos Montag von dem Bataillonskommandeur Reinhard von appelliert worden, daß wir uns auch diesesmal von unserem Schenk zu Schweinsberg seines Postens enthoben wor. Appell nur geringe Wirkung versprechen. den. Begründet wurde dieses Vorgehen durch den Major damit, daß Dahlem erstens gegen das Offizierstorps Stellung genommen habe und zweitens, daß infolge seiner Beteiligung an ben Kriegsgerichtsverhandlungen- gegen die Marburger Zeitfretwilli
Billigung der Parteihaltung.
loser und indirefter sein würde. Und daß gerade unter der französischen, wie der an zweiter Stelle für den Wiederaufbau in Frage kommenden italienischen Arbeiterschaft die Sympathien mit dem Bolschewismus besonders starf sind, daß also eine Ansteckungsgefahr, wenn eine solche vorbanden wäre, nur im umgefehrten Sinne befürchtet werden könnte, ist natürlich den französischen Behörden nicht die von Frankreich aufgestellt wurde, daß nämlich Deutschland Falsch ist aber, daß die einzige bestimmte Forderung,
unbekannt.
Kaffel, 25. Juni. ( Eigener Drahtbericht des„ Vorwärts".) In gen ein Teil der Unteroffiziere seine Entlassung fordere. einer außerordentlich gutbesuchten Versammlung nahm gestern Was die Stellungnahme gegen das Offizierstorps betrifft, so abend die Kasseler Parteigenossenschaft zum Ergebnis harbeit es sich um einen Bericht Dahlheims über das Berhalten der Reichstagswahl und der politischen Sage Stel ciniger reaktionärer Offiziere während der app. lung. Nach einem vorzüglichen Referat des Genossen Hauschild Arbeiter stellt, die unter französischer Aufsicht beim WiederLage, der auf Veranlassung des Abgeordneten Prof. Schüting, wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: Marburg , bem Reichswehrministerium zugegangen ist. Die heutige Mitgliederversammlung der S. P. D. der Stadt aufbau mitwirken sollen", an der ablehnenden Haltung der Die heutige Mitgliederversammlung der S. P. D. der Stadt deutschen Bauarbeiter gescheitert ist. 1. war dies nicht die 28as die zweite Forderung anlangt, so kann es sich bei ,, einem Tetl Raffel begrüßt die Haltung des Parteivorstandes und der Unteroffiziere" höchstens um einen reaktionären Oberjäger der Reichstagsfraktion in der Frage der Regierungs - einzige Forderung und 2. wurde nicht bestimmt, sondern nur handela, dem ebenso wie dem Major das energifche, ver. bildung und spricht ihnen das volle Vertrauen aus. Die so nebenbei, wenn auch nicht weniger deutlich gewünscht, daß Berfammlung berurteilt auf das schärffte das Mar- man provisorisch", zur Ersetzung der damals noch heimzufaffungstreue Auftreten des Offizierstellvertreters burger Kriegsgerichtsurteil und begrüßt den Antrag schickenden Kriegsgefangenen Arbeiter schicken möge, die ohne Dahlheim ein Dorn im Unge it. der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion auf Aufhebung die zugestandenen Rechtsgarantien arbeiten ber Militärgerichtsbarkeit auf das wärmste. follen. Das wurde abgelehnt, und man tam auch nicht mehr darauf zurück.
Diese Maßregelung ftellt fich würdig den zahllosen Uebergriffen des Militarismus, die wir feit den Rapp.: llen Jubel löfte die Misteilung des Geneffen Sausaib aus, Tagen erleben mußten, zur Seite. Der einem jeden Beu- baß bom 10. bis 16. Cftober der Barieitag der deutschen Sozialgen abverlangte Eid fordert bekanntlich, die reine Wagr- demokraten in Kassel abgehalten werden soll.
In Wirklichkeit ist das Scheitern der Verhandlungen und damit des Wiederaufbaues Nordfrankreichs, der ohne