Nr.320 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 23

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Sonnabend, den 26. Juni 1920

Präsidentenwahl im Reichstag.

Der neue Reichstag hat am gestrigen Nachmittag die Wahl seines Präsidiums vorgenommen. Gegen wenige Stimmen

Keine Lösung der Wiener Krise.

ge­

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Unsere bürgerliche Regierung.

Der Reichspräsident hat also gestern die Ernennung der neuen Regierung entsprechend den Vorschlägen des Reichs­fanzlers Fehrenbach vollzogen, und Deutschland steht zum

wurde unser Genosse Löbe zum Nachfolger Fehrenbachs im TU. Wien, 25. Juni. Im Streite der Parteien um den für erstenmal wieder seit der Herbstkatastrophe von 1918 unter Reichstagspräsidium gewählt. Er dankte für diese Wahl in die Neuwahlen wichtigen Boften des Ministers des Innern find einer rein bürgerlichen Regierung. Jeder direkte Einfluß der einer ausgezeichneten Ansprache, die den Beifall des ganzen die Berhandlungen zur Lösung der Krise nad 14- Arbeiterklasse und des Sozialismus auf die Regierungshand­Hauses fand. Nur an einer Stelle gab es einen kleinen tägiger Dauer heute endgültig gescheitert. Die christ- lungen ist ausgeschaltet, die wichtigsten Wirtschaftsämter sind Zwischenfall. Es war bei einem Satz des neuen Präsidenten, ich ozialen Staatssekretäre und Unterstaatssekretäre, au- mit Vertretern des hochkapitalistischen Systems volkspartei­der mit folgenden Worten begann:„ Schon bisher hat am sammen 8 an der Zahl, haben an den Präsidenten Seit heute ein licher Prägung besetzt. ehesten dann ein gemeinsames Band die äußerste Rechte Schreiben gerichtet, sie aus dem Amte zu entlassen. Brä­mit der äußersten Linken umschlungen" Hier fident Seis hat danach die verwaisten Staatsämter unter die im setzten Ohorufe der Unabhängigen ein, Löbe aber fuhr fort: Amte verbliebenen acht sozialdemokratischen Staatssekretäre aufge­wenn es galt, irgendwo in unserem Lande plötzlich auf- teilt. Man hat es aber mit einem aus diefen acht und den drei getretene Not helfend zu lindern." Was war es, das den Un- unpolitischen Fachministern für Finanzen, Bolfsernährung und abhängigen da widerfuhr: Ein Mißverständnis aus Selbst Berkehr zufammengefesten Rumpffabinett Renner zu tun, das bis auf weiteres hie Geschäfte führen wird.

erkenntnis.

Bei der Wahl Dittmann 3 zum Vizepräsidenten de­monstrierte ein großer Teil des Hauses rechts durch Abgabe von weißen Betteln. Die Unabhängigen nahmen ihre Revanche, indem sie bei der Wahl des Deutschnationalen Dietrich gleichfalls weiße Bettel abgaben. Schließlich waren alle- dazwischen der Zentrumsmann Bellrichtig gewählt.

Die Labour Party verlangt Revision. Protest gegen die Farbigen. Ablehnung der direkten

Aftion. London , 25. Juni. ( Hollandsch Newsbureau.) Der Kongres Nun sollte Schriftführerwahl durch einfachen Zuruf vor schließung an, in der erklärt wird, der Friedensvertrag set der englischen Arbeiterpartei in Scarborough nahm eine Ent­genommen werden, aber edebour, der mit großer Selbst eine grobe Verlegung nicht nur der angeblichen Ziek: der gefälligkeit die Führung seiner Fraktion übernommen hat, erantierten, sondern auch der Bedingungen, unter denen hebt Einspruch. Bum fünften Male erfolgt der ermüdende der Waffenstillstand abgefchloffen wurde. Die Ent. Namensaufruf, flattern die weißen Zettel in die Urne. Dann beantragt wieder Ledebour die Freilassung seines schließung verlangt die sofortige Revision des Vertrages in verurteilten Fraktionsfollegen Mittwoch. Das Haus berbereinstimmung mit diefen Bedingungen. Ein Rebner erhob schließt, die Angelegenheit auf den fürzesten geschäftsordnungs- unter lebhaftem Beifal, der Versammlung Einspruch mäßigen Weg zu leiten. Am Montag aber soll es seinen ersten greß verwarf schließlich mit überwältigender Mehr gegen die Verwendung farbiger Eruppen. Der Kon " großen" Tag erleben. heit einen Antreg zugunsten der direkten Aktion.

Die Teuerungsunruhen.

Nach einem Bericht der Freiheit" sind die Plünderungen in Bremen von antisemitischen Hebern veranlaßt worden. Eine 11.- S.- B.- Bersammlung hat sich in gleichem Sinne geäußert. im Eine U.- S.- B.- Bersammlung hat sich in

Lloyd Georges Mißtrauen. Amsterdam , 25. Juni. Lloyd George erklärte gestern Interhause zu der Frage über Deutschlands Eintritt

Nach dem Versagen der Unabhängigen bei der Regierungs­bildung bleibt auch der Sozialdemokratie nur noch übrig, die erfolgten Miniſterernennungen vorläufig als vollendete Tat­fachen anzusehen. Am Ende der Programmdebatte, die am nächsten Montag beginnt, wird es sich darumi handeln, eine parlamentarische Form zu finden, un auszudrücken, daß es int Reichstag keine Mehrheit gibt, die das neue Kabinett sofort wieder durch ein Mißtrauensvotum zu stürzen beabsichtigt. Warum? Weil in den leeren Raum, der durch den Regie­rungssturz entstehen würde, augenblislich nichts Besseres gc= stellt werden fann und genau eine Woche nach der Vor­stellung der neuen Regierung beginnen die Verhandlun- gen in Spa!

solchen Entwicklung vorausgesehen haben. Wenige werden im November 1918 die Möglichkeit einer Vormarsch der Arbeiterklasse zweifellos einen schweren Sie bedeutet im Rückschlag, der durch ihre Zersplitterung hervorgerufen ist. Es ist schwer zu fassen, daß noch immer viele Arbeiter in Deutschland ihr Vertrauen Leuten schenken, die, wie die Tai­fachen jetzt beweisen, nur die Totengräber der deutschen Ar­beitermacht sind.

Zeiten wie diefen, kein Beharren, und die Hoffnung ist er­Indes die Geschichte fennt, am wenigsten in so stürmischen laubt, daß der gegenwärtige Stand der Dinge nur eine Episode bleiben wird, wenn nur die Arbeiterklasse aus ihm etwas gelernt hat. Sat sie aus ihm nichts gelemit, gibt es noch immer einen einflußreichen Teil in ihr, der auf den alten übelerprobten Selbstmordmethoden besteht, dann ist die Zer­störung der ganzen Bewegung für alle absehbare Zeit ge­

50 Verhaftungen wurden vorgenommen. Verletzt wurde durch in den Böllerbund auf die Anregung eines Abgeordneten, wiß. Dieser Gefahr ins Auge zu sehen, ist das ernste Gebot er habe sicher nicht gesagt, daß Deutschland den ernsten Willen des Augenblids. seige, feine Bersprechungen zu erfüllen. Bezüglich der Entwaff- Wie sicher sich die Reaktion ihrer Sache fühlt, weiß jeder, minste er den starken Einbrud, das Deutschlandes der ihre Preſſe zu verfolgen Gelegenheit hat. sich doch wiederholt in dem erwähnten Sinne im Unterhause ge­tue. Auf eine Bemerkung Kenworthys, daß Churchill äußert hätte, entgegnete Lloyd George , er wäre sicher, dah Churchil

die äußerst geduldigen Polizeibeamten kein Mensch. In Köln wurden bäuerliche Kirschenwucherer am Tage nach der Verhaftung bereits vom Kriegsgericht erheblich verurteilt. Die Städte des besetzten Gebiets haben sich zu einheitlichem Vorgehen verständigt. Sollten die Obstucherer die Früchte auf den Bäumen berfaulen laffen wollen, so wird zwangsweise gepflüdt.

In einer von Belgiern abgesperrten Straße in Krefeld wurde ein gewisser Josef Fröhlich von einem Posten zum Wet­tergehen aufgefordert. Auf seine Weigerung gab der Posten einen Schuß ab, der Fröhlich in die Herzgegend traf und auf der Stelle tötete. Bisher sind von der Polizei 50 Personen, die an den Plünderungen beteiligt gewesen sind, festgenommen. Gin großer Teil der geraubten Sachen wurde beschlagnahmt. Es finden noch fortgesetzt Haussuchungen statt, weitere Verhaftungen stehen bebor. Für den Regierungsbezirk Düsseldorf hat infolge der Vor­gänge in Krefeld die Interalliierte Rheinlandkommission das Ver­bot jeder Versammlung, Ansammlung und jeden Auflaufs von mehr als sechs Personen ausgesprochen. Die Schließung der Lokale ist auf 9,30 Uhr festgesteht und der Aufenthalt auf den Straßen von 10 Uhr abends bis 8 Uhr morgens verboten.

Die Wirkung der Unruhen auf die Berliner Obstpreise ift unverkennbar. Besser beizeiten einlenten, als solche Folgen Herausbeschwören.

das nicht getan habe.

Aus ihren gerade­

an ein brünstiges Sehnen nach einer gewaltsamen Erhebung Spalten flingt man fann es nicht anders nennen von links. Ihre Niederschlagung wird als ein gewisses Er­eignis vorausgesehen, und dann hofft man den Reitpunkt gefømmen, in dem man Deutschland nach Sorthy- Methoden zu regieren gedenkt.

Das Pleinasiatische Wespennest. Kemals Truppen in Europa gelandet? Darum wird aus jeder Giftbite, foraministischer Ber­London, 25. Juni.„ Evening News" veröffentlicht eine wirrung gierig Honig gesogen, werden die harmlosesten Vor­Meldung aus Konstantinopel vom 21. Juni, wonach' eine Abteilung fommnisse aufgebauscht und entstellt. Daraus entsteht dann Truppen Mustapha Kemal Paschas in Böjüt- set- folgendes Bild: Deutschland steht am Vorabend einer neuen Ufer des Marmaramecres gelandet ist. Eine weitere fraten, Unabhängige und Kommunisten einig sind. An allen medje westlich von Konstantinopel auf dem europäisch en gewaltsamen Erhebung, in deren Vorbereitung Sozialdemo Truppenmacht wurde von den franzöfifchen Eruppen bei Ecken und Enden werden Verschwörungen aufgedeckt, überall J3 mid gesichtet. Britische Schlachtschiffe nahmen die schießen„ Rote Armeen" wie Vilze aus der Erde nationalistischen Truppen auf eine Entfernung von acht Meilen der großen Mehrheit des Volfes, die eine rubige Entwicklung jo foll unter Feuer und fügten ihnen schwere Verluste bei. Die Be- ersehnt, himmelangit gemacht, sollen alle Repressalten als schießung wird fortgescht. Borsichtsmaßregeln" im boraus gerechtfertigt per­ben, wenn sie auch, foie sie sollen, als Herausforderungen 1oir­fen, die schließlich zu dent erroünschten Ergebnis führen. Unter diesen mitänden ist es notwendig, mit schärfter sich die Sozialdemokratie an einem Versuch zum gewaltsamen Energie die niederträchtige 2üge zurückzumeijen, Sot Umsturz der von ihr selbst mitgeschaffenen republifaniid)-demo­fratischen Verfassung zu beteiligen gedente. Es muß ausge­iprochen werden, daß die angebliche Erhebung nur in der Phantasie derer besteht, die sie haben wollen, um sie nieder­schlagen zu fönnen, und außerdem noch in den Hirnen einiger geistig anormaler Individuen und Lockspitel.

Griechische Offensive bei Smyrua.

sinepel hat die griemifce rmee, die die Offeæftve an Paris , 25. Juni. Nach einer Savasmeibung aus Ronstan des Safens von Smyrna und das Gebäude der ssmanischen Beft der Front von Smyrna ergriffen habe, das Direktionsgesäube

Desetzt.

Konstantinopel , 25. Juni. Der britische Obertom man bierende der Oienttruppen hat über Stonstantinopel und bie Dardanell den verschärften Kriegszustand verhängt.

In Mainz wurden die Obstpreise swangeresise bedeutend Herabgesetzt. In Oldenburg versammelte fich eine große nach Taus senden zählende Menschenmenge auf dem Pferdemarkt, 80g bon dort truppweise durch die Geschäfte und stellte an die Geschäf:- inhaber die Forderung, die Preise um ein Drittel herabzusetzen. Gine Kontrollkommission werde in furzer Zeit die Ge­schäfte wieder fontrollieren und zu Zwangsmaßnahmen greifen, Um den Horthy- Boykott. wenn die Geschäftsinhaber der Aufforderung nicht nachgekommen Haag, 25. Juni. ( 5.N.) Simmen, der Sekretär des Inter. sein sollten. Der Zug bewegte sich dann zum Marktplatz, wo in nationalen Gewerksciais@ bundes, het vor seiner Wiener Reise Ansprachen zur Ruhe und Ordnung aufgefordert und wo folgende Grilärung abgegeben: Der Boylett soll ungeschwächt bei betont wurde, daß sich diese Demonstration nicht gegen fortgesetzt werden, nur die verschärften Maßnahmen, die am den Lohnabzug und auch nicht gegen die Reichswehr und Sonnabend beginnen sollten, follen vorläufig solange, bis die ver­die Sicherheitspolizei, sondern lediglich gegen die Wucher- handlungen beendet sind, nicht angewandt werden. Soweit ich Be. preise richte. Man verhandelt mit dem Magistrat und mit dem richte erhalten habe, wird der Voskott in Deutschland , Frant Ministerium zu eventueller Festsetzung der Preise. Sollte bis reich, Belgien , Desterreich und der Tschechoslowakei streng Sonnabend feine Herabsetzung erfolgt sein, so soll in den Betrieben durchgeführt. Zuverlässige Berichte aus Eusslawien und aus die Arbeit niedergelegt werden. Bolen habe ich noch nicht erhalten. Wenn ich nicht glaubte, das die Verhandlungen eine Grundlage bilden könnten für die Auf­Keine Revision in Spa. hebung des Boykotts, dann würde ich nicht nach Wien gehen. Den von unserem Verband gestellten Forderungen habe ich nichts hingu­Brüssel, 25. Juni. ( WTB.) Die von Boulogne zurückgekehr zufügen. Ich habe auch bereits der ungarischen Regierung mit ten belgischen Minister des Auswärtigen und des Innern cr- geteilt, das dieser Behlott nicht aus auf die ungarische Politit klärten sich von den in Boulogne gefaßten Beschlüssen beim weiten Sinne Einfluß ausüben, sondern lediglich bem meigen friedigt. Sie fügten hinzu, daß entgegen der Ansicht gewisser error ein Ende machen soll, damit die Arbeiterbewegung in Persönlichkeiten in Deutschland von einer Revision des Friedens- Ungarn sich in derselben Weise entwickeln kann, wie in anderen pertrages auf der Konferenz von Spa nicht die Rede sein könne. Ländern.

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Die Sozialdemokratie, die der Regierung eine gewisse Schonzeit zu bewilligen genötigt ist, wird wahrscheinlich bald mit ihr, namentlich mit ihrem rechten Flügel im Rampfe stehen. Dann wird es gelten, den verlorenen Einfluß wieder zu gewinnen versuchen was freilich nur möglich sein wird, wenn die Unabhängigen ihre Politik des Zwischen- zwei- Stühle- Sibens aufgeben und sich der parla­mentarisch- demokratischen Methoden der Macht gewinnung be dienen lernen.

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Die Freiheit" hat gestern mit erfreulicher Gntschieden. heit ausgesprochen, daß auch in der U. S. P. fen Menich ant gewaltsamen Umsturz denkt. Aber, wenn man daran nicht denkt, was nur zu billigen ist, so ist doch die Frage erlaubt, woran man denn sonst denkt. Wenn man den Gegenwarts­staat" nicht umstürzen will oder fann, wenn man eine Kampf­entwidlung auf seinem Boden, alio nach demokrati. ichen Methoden voraussieht, wie fann man dann wichtigste Machtpositionen der Arbeiterschaft ohne Not preisgeben und auf die Vertretung der Arbeiterinteressen an der entschei­denden Stelle freiwillig verzichten?