Hr. 334 ♦ 37. Jahrgang
2. Heilage des vorwärts
Sonntag, 4.�uli1y2S
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Groß-�erMl �lus Sem ältesten Serlin. Von„Bacchanten"«nd„Schützen". Wenn unsere liebe Schuljugend das große Schultor zum letztenmal hinter sich ins Schloß fallen hört und die großen Sommerferien antritt, dann ist sie hocherfreut, endlich von ber„Last" des Schulunterrichts befreit zu sein und fünf Wochen lang die goldene Freiheit genießen zu können. Wir gönnen den Jungen und Mädeln diese Freude von ganzem Herzen, möchten sie aber bei dieser Gelegenheit daran er- innern, daß sie es doch in der Schule noch gar nicht so schlimm haben. Sicher werden sie das nicht glauben. Sie alle sind davon überzeugt, daß ihr Lehrer der strengste ist und daß gerade sie sich am meisten mit Schulaufgaben„quälen" müssen. Am wenigsten werden sie glauben, daß es früher, vor vielen hundert Jahren, weit s ch l i nr m e r war, ein Schüler zu sein. Im 14. Jahrhundert z. B. besuchten zwar die meisten Berliner noch keine Schulen/ Sie konnten in der Regel weder lesen noch schreiben. Schulen gab es nur einige und zwar in der Nikolai- und Marienkirche. Diese Schulen mußten von jenen Leuten besucht werden, die sich dem Geistlichen- oder Gelehrtenstande widmen wollten. Ihr Leiter war meistens ein Geist l i che r, der vom hohen Rat bezahlt wurde, seine Arbeit aber in tzer Hauptsache dem V i c a r i u s(Rektor) überließ. Dieser nahm sich„Schul- g e s e l l e n", die die Schüler unterrichten mußten, aber kein b e st i m m t e s Gehalt bezogen. Sie waren in der Haupt- fach« auf Freitische bei Bürgern angewiesen, machten sich bei Festlichkeiten nützlich und leiteten die Gesänge der Kinder bei solchen Gelegenhesten, was ihnen immer etwas einbrachte. Daß unter solchen Umständen der Unterricht nicht sehr erfolgreich war, ist begreiflich. Aber auch sonst war es mit dem Lernen schlecht bestellt. Drei bis vier Jahre dauerte es, bis so ein ABC-Schütze das Lesen oder Schreiben erlernt hatte. Mancher soll es überhaupt nie gelernt haben. Der Grund dafür lag darin, daß die Schüler die größte Zeit des Tages mit Betteln und Stehlen verbrachten. Die Schüler waren nämlich in zwei Abteilungen geteilt. Tie einen waren die Bacchanten und die anderen, die jüngeren Schüler, die Schützen. Jeder der Bacchanten hatte einige Schützen zu unterrichten und diese wiederum hatten die Verpflichtung, die Bacchanten zu ernähren. Das war natürlich keine leichte Aufgabe. So zogen denn die armen Schützen mit dem Bettelsack durch die Stadt, sangen irgendwo und trugen die Almosen zusammen. Der Ertrag war natürlich sehr oft s e h r s ch m a l. Da wurde dann durch Diebereien gründlich nachgeholfen. Die Chroniken er- -äblen, daß keine Speisekammer, kein Rauchfang vor den Schützen sicher war und daß die Bürger eine heillose Angst vor den kleinen Tieben hatten. Was so erbettelt und zusammengestohlen war. gehörte restlos den Bacchanten. Wehe, wenn sie ihren Schützen be- fahlen, sich mit reinem Wasser den Mund auszuspülen und dann Speisereste darin gefunden wurden. Eine gehörige Tracht Prügel war der Lohn für die Gefahren, in die sich der Schütze gestürzt hatte, um Lebensmittel zu erhalten. Aber nicht nur in der Stadt setzten die Schützen die Bürger in Schrecken, auch die Bauern fürchteten sie sehr, denn die Schüler zogen nach Sitte und Gebrauch von einer Schule zur anderen und was ihnen auf diesen Wanderungen in die Quere kam, war natürlich rettungslos ver- l o r e n.
Man sieht also, es war früher in der„guten, alten Zeit" nicht so leicht, ein Schüler zu sein, und mancher unserer heutigen Schulbuben wird sicher nicht mit den Schützen tauschen mögen. Man kann es daher auch den alten Ber - linern nicht verdenken, wenn sie ihre Kinder nicht in diese Schulen schickten. Da ließ der Vater dann lieber seinen Sohn einen tüchtigen Handwerker werden, gab ihm Gelegenheit, sich im Gebrauch des Schwertes zu üben und der- Chronist weiß zu erzählen, daß nur die in die Schule gs- schickt wurden,„die zu nichts anderem gut waren oder die Eltern verloren hatten und für die niemand sorgen wollte; zu Schützen und später zu Pfaffen oder gelehrten Leuten waren sie ja immer noch gut genu g."
Einigung zwischen Krankenkassen und Aerzten. Zwischen dem Groß-Berliner Aerztehund E. B. und dem Verband der Krankenkassen Grotz-Berlins ist heute eine Vereinbarung über eine zukünftige einheitliche ärztliche Versorgung der Mitglieder sämtlicher Groß- Berliner Krankenkassen abgeschlosien worden. Es wird durchweg die freie Arztwahl eingeführt werden. Als Honorar bezahlen die Krankenkassen vom 1. April d. IS. ab für jeden Versicherten vierteljährlich M. 7,60, außer- dem einen Zuschlag von M. 2,60 für das erste Vierteljahr 1920. Während dieses Honorarabkommen zunächst nur für 1920 gilt, soll der übrige Vertrag fünf Jahre Geltung haben. AlleS Weitere bleibt späteren Vereinbarungen vorbehalten. Die allgemeine freie Arztwahl tritt in Kraft, sobald die unumgänglichen organisatorischen Vorarbeiten beendet sein werden. Die Vertragschließenden waren sich darüber einig, rmd zwar auf Anregung eines Kassen- Vertreters, daß, falls einzelne Kassen die freie Arztwahl nicht einführen sollten, deren Aerzte von der Teilnahme an der freien Arztwahl ausgeschlossen bleiben sollen. V- Der Revolver in der höheren Schule. Ein au stehenerregender Vorfall spielte sich Freitag vormittag vor dem städtischen Arbeitsamt m Schöneberg ab. Als dir Schüler des gegenüberliegenden staatlichen Priuz-Heinrich- Gymnasiums in die Ferien entlassen' wurden, mischte sich ein Primaner unter Berufung auf seine Zugehörigkei: zur Bürgerwehr in die Verhaftung eines Mannes, der za den Arbeitslosen gehörte, die vor der Tür des Arbeitsamtes warteten. Da der Amateurpolizist sofort als Schüler erkannt wurde, bemächtigte sich der Arbeiter eine große Erregung. Bevor sie aber ihre Empörung an dem jugendlichen SicherheitSbeamtea auslassen konnten, zog dieser«inen schweren Armee- revolver und zielte auf die Menge. Glücklicherweise wurde ihm das Schietzeifen entwunden, bevor er damit Schaden anrichten konnte. Nachdem er eine gehörige Tracht Prügel empfangen hatte, nahm ihn die inzwischen herbeigerufene Sicherheitswache in Empfang. � j Was sagt das Probtnzial-Schulkollegium zu diesem waffentragenden Primaner, der, wie festgestellt worden ist, den Revolver auch in der Schule bei sich trug und seinen Kameraden vorzeigte? Lüftet dieser Vorfall nicht ein bißchen den dichten Vorhang, der über das Spektäkeistück„K et p p- P u t s ch und höhere Schule" gefallen ist? Die Not der Studenten. Am Freitagabend fand in der Berliner Universität eine Kund- gebung der Studentenschaft über die wirtschaftliche Not der Studierenden statt. Es waren unter anderem der schweizerische Gesandte und der Kultusminister H a e n l s ch anwesend. Der letz- tere versprach in seiner Ansprache alles zu tun. um die Notlage der Studenten zu mildern. Der Rektor der Universität Professor Meyer dankte dem Minister für die Unterstützung, die er der Wissenschaft und den Studenten zusagte und schilderte eingehend die Not der studierenden Jugend und die bereits getroffenen Ab- wehrmatznahmen. Professor S a u t e r forderte eine Organisation,
die die billige Beschaffung von Büchern ermöglicht und teilte mit, daß er die zwei Baracken als Erholungsheim für kranke Studenten errichten wolle. Professor I a st r o w forderte von den Studenten, daß sie in wirtschaftlichen Fragen mehr Ver» trauen zu ihren Dozenten zeigen möchten und ihre soziale Rotlage rechtzeitig klarlegten, da nur im Anfangsstadium erfolgreich Hilfe geleistet werden könne. In seinem Referat über Studenten und Staat führte Hermann K r a n o l d aus, daß es eine Notwendigkeit sei, allen B e f ä h ig t en den Zutritt zu den Hochschulen zu ermöglichen. Der Staat müsse den Hochschulen geben, was sie notwendig brauchen. Für die Studentenschaft fordert er volle Selb st Verwaltung. Professor Sonnenschein betonte die Notwendigkeit einer groß- zügigen Organisation der Berufsberatung, um ein blindes Drauflosstudieren zu verhindern. Für die Studenten, die unmittcl- bar vor dem Examen stehen, forderte er eine finanzielle' nterstützung und erwartet von ibnen, daß sie sich der Notlage des Staates anpassen. Der Notschrei der Studierenden müsse im Sinne der Volkssolidarität erfolgen, die andererseits erfordert, daß auch die große Masse des Volkes Verständnis für die Lage der g e i st i g e n Berufe empftnde. Zum Schluß konnte der Referent im Kultusministerium Schirm er mitteilen, daß fast alles, was hier gewünscht wurde, im Ministerium bereits v o r b e- reitet sei und daß in nächster Zeit dementsprechende Matznahmen getroffen werden. Diese Kundgebung der Studentenschaft zeigt mit aller Deut- lichkeit, wie groß die Verarmung unseres Volkes ist. Aber sie zeigt auch, daß in der Studentenschaft Kräfte am Werke sind, die sich frei machen wollen von den aus der Vergangenheit herüberreichenden üblen Tendenzen, die sich nicht mehr als Mitglieder einer Klasse über den Klassen fühlen, die vielmehr erkennen, daß in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Volksganzen nicht nur die Kräfte ihres Schaf- fens liegen, sondern daß auch dadurch die Möglichkeit geschaffen wird, die soziale Not, die auch bei ihnen Einzug gehalten hat, zu meistern. Hoffen wir,'daß diese Erkenntnis von der Volkssolidarität bald Allgeweingut der gesamten Studentenschaft w'id, dann werden die beiden großen Schichten des Werktätigen Volkes, die Kopf- und die Handarbeiter, von diesem Zusammenwirken der Kräfte nur Nutzen und das gesamte Volk die größten Vor- teile haben. Weitere Mietserhöhungen in Groh-Berlin . Der Verbandsarisschuß de? Wohnungsverbaudes Groß-Berlin hat die aus Mietern und Vermietern bestehenden Sachverständigen, sowie die Vorsitzenden der Groß-Berliner Einigungsämter über die Frage der Abwälzung der öffentlichen Lasten(Gas- und Wassergeld, Schornsteinfegergebühren, Kanalisationsgebühren, Müllbeseitigung usw.) auf die Mieten gutachtlich gehört und im Anschluß hieran beschlossen, dis in der Verordnung des Woh- mrngsverbandes vom 14. April d. I. festgesetzte Höchstgrenze für Mietssteigerungen um l0 P roz. der Friedensnriete zu erhöhen, so daß sich für Wohnungen der zulässige Höchstzuschlag von 2 0 a u f 3 0 Proz. erhöht. Die Ergänzungsverordnung des Wohnungs- Verbandes bedarf zu ihrer Gültigkeit noch der Genehmigung des Oberpräsidenten als Kommunalaufflckstsbehörde. Diese Genehmigung ist bereits nachgesucht. Laufende Verträge werden durch die Nachtragsverordnung des Wohnungsverbandes nicht berührt. Ferner hat der Wohnungsverband den für die Berechnung des Vermieters für Heizung und Warmwasserversorgung zu zahlenden vierteljährlichen Vorschuß und den in Ansatz zu bringenden mittleren Preis für einen Zentner GaS- und Schmelzkoks für dieses Vierteljahr auf 24 M. festgesetzt. Der Verbandsausschuß beschloß weiterhin, den Geschäftsführer des Verbandes, Baurat Beuster, zu ersuchen, bei d>r Reichs- und Staatsregierung nochmals die dringend st cn Vorstellungen gegen weiteren Zu- zug aus dem Reich und insbesondere gegen die weitere Versetzung von Beamten nach der Reichshauptstadt zu erheben. Aus Antrag der Gemeinde Schöneberg wurde eine Kommission eingesetzt, die die Grundsätze für die in der jetzigen schwierigen Lage nicht mehr vermeidbare verschärfte Z w a n g s e i n q u a r- t i« r u n g in kürzester Zeit aufstellen soll. Es bleibt abzuwarten, ob die nachgesuchte Genehmigung für die Erhöhung des Mietszuschlages auf 30 Proz. vom Oberpräsi-
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Da habe sie rufen hören und sich gesagt:„Entweder ist es der Axel oder einer der Unterirdischen, in beiden Fällen ist es der Mühe wert, ein wenig nachzusehen, die ewige Weisheit des Allmächtigen in so viel Unruhe im Walde zu ergründen— und mir tut er nichts, ich bin nicht wert, ihm die Schuhriemen aufzulösen—" Hier steht sie nun. Die Axt? Oline gräbt und gräbt im Schnee und findet die Axt nicht. �Sie sucht ohne Axt fertig zu werden und gibt sich Mühe, den Baum, so wie er daliegt, zu heben: aber sie ist wie ein kleines Kind und vermag nur die äußerstem Zweige zu schütteln. Sie sucht wieder nach der Axt, es ist finster, aber sie gräbt mit Händen und Füßen. Axel kann nicht deuten, er kann nur sagen, wo die Axt ein- mal gelegen hatte, aber da ist sie nicht mehr.„Wenn es nur nach Sellanraa nicht so weit wäre!" sagt Axel. Aber nun fängt Oline an nach ihrem eigenen Kops zu suchen, und Axel ruft ihr zu, nein, nein, dort sei sie nicht.—„Nein. nein," sagt Oline,„ich will nur überall nachsehen. Und was ist denn das?" fragt sie.—„Hast du sie gefunden?" fragt Arel.—„Ja, mit des Allmächtigen Beistand," erwidert Oline hochtrabend. Aber Axel ist nicht sehr hochgemut, er gibt zu, daß er vielleicht nicht recht bei Verstand sei, er ist beinahe fertig. Und was denn Arel mit der Axt wolle? Er könne sich ja nicht rühren, sie, Oline, müsse ihn loshacken. O. Oline habe schon mehr Aexte in der Hand gehabt, habe schon mehr als einmal in ihrem Leben Holz gespalten. Axel kann nicht gehen, sein eines Bein ist bis zur Hälfte wie abgeftorben, der Rücken ist ihm wie gerädert, hef- tige Stiche bringen ihn beinahe zum Heulen, im ganzen ge- nommen fühlt er sich kaum als lebendiger Merffch, ein Teil von ihm liegt immer noch unter dem Baum.„Es ist so sonderbar, und ich versthe es nicht," sagt er. Oline versteht es gut und erklärt das Ganze mit wunderbaren Worten: ja. sie hat«inen Menschen vom Tode errettet, und soviel weiß sie, der Allmächtige hat sie als sein geringes Werkzeug gsbraucht, er hat keine himmlischen Heerscharen schicken wollen. Ob Axel nicht seinen weisen Ratschluß erkenne? Und wenn der Herr einen Wurm in der Erde hätte zu Hilfe schicken wollen, so hätte er das tun können.—„Ja, das weiß ich wohl, aber es ist mir so sonderbar zumut," sagte Axel.— .Sonderbar?" Er solle nur ein ganz klein wenig warten. sich bewegen, sich vorbeugen und wieder aufrichten, ja, �so, immer m»«in wenig auf einmal, seine Gelenke seien ein-
gerostet und abgestorben, er solle seine Jacke anziehen, damit er warm werde. In ihrem ganzen Leben werde sie Nim und nimmer den Engel des Herrn vergessen, der sie das letztem« l vor die Türe gerufen habe, und da habe sie Hilfe- rufe aus dem Walde vernommen. Es sei wie in den Tagen des Paradieses gewesen, als mit Posaunen geblasen wurde bei den Mauern von Jericho --- Wunderbar! Aber während diesem Geschwätz hat Axel Zeit, er übt seine Gelenke, und er vermag wieder zu gehen) Langsam geht's dem Hause zu, Oline ist immer noch der Retter in der Not und stützt Axel. So geht es ganz gut. Ms sie ein Stück Weges hinuntergekommen sind, begegnen sie Brede.—„Was ist denn das?" fragt Brede.„33ist du krank? Soll ich dir helfen?" sagt er.— Axel schweigt abweisend. Er hat Gott gelobt, sich nicht zu rächen und Brede nicht anzuzeigen, aber weiter ist er nicht gegangen. Und weshalb war Brede nun wieder auf dem Wege bergauf? Hatte er ssesehen, daß Oline nach Maaneland gekommen war, und begriffen, daß sie die Hilserufe hören mußte?—„So. du bist da, Oline?" sagt Brede geschwätzig.„Wo hast du ihn gefunden? Unter einem Baum? Ja, ist es nicht sonderbar mit uns Menschen!" legt er los.„Ich sah eben die Tele- graphenlinie nach, da hörte ich rufen. Wer sich sofort auf die Beine machte, das war ich, ich wollt« Hilfe leisten, falls es nötig sein sollte. Also du bist es gewesen, Axel? Und du hast unter einem Baum gelegen?"—.Zawohl, und du hast es gehört und gesehen, als du herunterkamst, aber du bist an mir vorbeigegangen," antwortete Axel.—„Gott sei mic Sünder gnädig!" ruft Oline über solch schwarze Bosheit.— Brede ertstärt, wie es gewesen sei.„Dich gesehen? Ich Hab' dich gut gesehen. Aber du hättest mir doch rufen können, warum hast du nickst gerufen? Ich sah dich ausgezeichnet, aber ich dachte, du hättest dich ein wenig zum Ausruhen hin- gelegt."—„Willst du den Mund halten!" ruft Axel drohend. „Du hast mich absichtlich liegen lassen." Oline sieht ein, daß Brede jetzt nicht eingreifen darf, das würde ihre eigen« Unentbehrlichkeit verringern nnd ibr Rettnngswerk nicht mehr ganz vollständig erscheinen lassen. Sie verhindert Brede, Axel hilfreiche Hand zu reichen, jm er darf nickst einmal den Rucksack oder die Art tragen. Oh, in diesem Augenblick ist Oline vollständig auf Axels Seite; wenn sie später einmal zu Brede kommt und hinter einer Schale Kaffee sitzt, wird sie ganz auf seiner Seite sein.— „Laß mich doch wenigstens dte Axt oder die Schneeschaufel tragen," sagt Brede.—„Nein!" erwidert Oline an Axeis Statt.„Die will er selbst tragen."— Brede bleibt dabei: „Du hättest mir doch rufen können, Axel. Wir sind dock» nicht so verfeindet, daß du mir das Wort nicht hättest gönnen können. Du Haft gerufen? So, dann hättest du lauter
rufen. müssen, du mußt doch wissen, was für ein Schneesturm tobte. Und außerdem häftest du mir mit der Hand winken können."—„Ich hatte keine Hand frei, mit der ich-hatte winken können," erwidert Axel.„Du hast wohl gesehen, daß ich wie gefesselt dalag."—„Nein, das Hab' ich nicht gesehen. So etwas ist mir doch noch nie vorgekommen! Laß mich doch deine Sachen tragen, hörst du!"— Oline sagt: ,Laß Axel in Frieden! Er ist krank." Aber jetzt hat auch Axels Hirn sich wieder erholt. Er hat schon früher allerlei von der alten Oline gehörst, und begreift, daß sie für alle Zukunft teuer und lästig für ihn werden würde, wenn sie die einzige wäre, die ihm das Leben gerettet hatte. Er will den Triumph ein wenig verteilen, Brede darf wirklich den Rucksack und die Werkzeuge tragen, sa, Axel ließ ein Wort fallen, daß ihm das eine Erleichterung sei, daß es ihm wohltue. Allein Oline will sich nicht darein finden, sie zerrt an dem Rucksack und erklärt, daß sie und sonst niemand tragen werde, was zu tragen sei. Die lauernde Einfalt ist im Streit von allen Seiten. Axel steht einen Augenblick ohne Stütze da, und Brede muß wahrhastig den Rucksack fahren lassen, um Axel zu stützen, obgleich dieser gar nicht mehr wankt. Und nun geht es in der Weis« weiter, daß Brede den schwachen Mann stützt und Oline die Last trägt. Sie schleppt und schleppt und ist voll Grimm und Bosheit. Sie hat sich den geringsten und gröbsten Teil der Arbeit auf dem Heim- wege zuschieben lassen müssen! Was, zum Teufel, hatte Brede hier derloren?"—„Du, Brede," sagt sie.„Was muß ich hören? Dein Hof ist dir verkauft worden?"— „Warum fragst du?" erwidert Brede keck.—„Warum ich frage? Ich Hab' nicht gewußt, daß das geheim gehalten wer- den soll."—„Unsinn, Oline, du hättest kommen und auf den Hof bieten sollen!"—.„Ich? Du treibst deinen Spott mit einSm alten Weibe."—„So, bist du denn nicht reich ge- worden? Es heißt doch, du habest des alten Siversts Geld- schrein geerbt, ha, ha. ha!"— Es stimmte Oline nicht milder. daß sie an das fehlgeschlagene Erbe erinnert wurde.„Ja, er, der alte Sivert, hat mir alles Gute gegönnt, das kann man nicht anders sagen," erwidert sie.„Aber als er tot war wurde er all seines irdischen Gutes beraubt. Du weißt es ja auch, Brede, wie es ist, wenn man ausgeplündert wird und kein eigenes Dach mehr über dem Kopf hat. Aber der alte Sivert, der hat jetzt große Säle und Paläste, und du und ich, Brede, wir sind noch auf der Erde, und jedermann wischt die Schuhe an uns ab."—„Was gehst denn du mich an," lagt Brede und wendet sich an Axel.„Ich bin sehr froh, daß ich gerade vorbeigekommen bin und dir nach Hause helfen kann. Gehe ich dir auch nicht zu schnell?"—„Nein." Worts, folgt.)