Nr. 338 37.Jahrgang Ausgabe A nr. 32
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Mittwoch, den 7. Juli 1920
Ergebnislose Verhandlungen.
Wie wir von gut unterrichteter Seite hören, hat die deutsche Regierung zu tun und was habe sie bereits getan, zweite Sigung der Gesamtkonferenz von Spa am Dienstag, um diese Gewehre den Alliierten auszuliefern? Der Besis Lie sich mit der Entwaffnung Deutschlands beschäftigte, ohne der Gewehre sei ein politisches Gefahrenmoment von Ginvernehmen geendet. Reichswehrminister Gefler außerordentlicher Schwere. Ihm gegenüber sei es verhältentwickelte ein Programm, das keinen Beifall zu finden nismäkig gleichgültig, ob die Heeresstärke Deutschlands schien. 100 000, 200 000 oder 300 000 Mann betrage. Diese Gefahr wollten die Alliierten nicht mehr länger laufen, und auch für die deutsche Regierung sei dieser Zustand höchst bedenklich. Was gedenke die deutsche Regierung dagegen zu tun? Es fehle ihr entweder am guten Willen oder an Macht. Die Alliierten erwarten von der deutschen Regierung bis morgen vormittag bestimmte Pläne, wie sich die Auslieferung dieser Waffen und die Herabsetung des Hecres auf 100 000 Mann gestalten solle.( Redaktionsschluß.)
Die Sigung dauerte von 125 bis 128 1hr. Ueber den Verlauf der Sivung verbreitet WTB. in später Nachtstunde folgenden Bericht:
Die zweite Sigung wurde kurz nach 15 Uhr von dem belgischen Ministerpräsidenten Delacroix mit der Frage eröffnet, welches Mitglied der deutschen Delegation den Auf trag habe, die Noten der Entente in der Frage der Entwaffnung zu beantworten.
Der Reichsfangler entgegnete, daß Reichswehrminister Dr. Geler dazu bereit sei. Reichswehrminister Dr. GehJer ging fofort in längerer Ausführung auf die ganze Entwaffnungsfrage ein und schilderte den gegenwärtigen Zufland. Unser Heer sei noch 200 000 Mann start; das Material sei ziemlich vollständig abgegeben, wenn auch über einzelne Punkte der Abgabe noch Differenzen mit den militärischen Weberwachungskommissionen beständen.
Die 200 000 Mann seien für die deutsche Regierung eine unumgängliche Notwendigkeit. Sie stellten das Minimum dessen dar, was wir brauchten angesichts der politischen Unruhen, die immer wieder zum Ausbruch kämen, die wirtfchaftliche Depression, das Heer der Arbeitslosen, das zunähme und durch neue Entlassungen weiter vergrößert werde, die Kriegsbeschädigten, die Flüchtlinge aus den abgetretenen und befesten Gebieten, die Schwierigkeiten, die wir mit der Eintreibung der neuen Steuern hätten.. Alles das mache eine starke Macht in der Hand der Regierung notwen dig. Auch sei die Regierung durch das Schicksal der 20 000 Offiziere, die von der Entlassung betroffen würden und deren Lage und deren Absichten niemand kenne, in starker Sorge. Unter den obwaltenden Umständen halte er die deutsche Regierung für außerstande, die Wehrmacht weiter zurückzuschrauben.
Dr. Heinze nach Spa abgereist.
Berlin , 6. Juli. Der Reichsminister der Justiz, Dr. Heinze, ist heute abend behufs Teilnahme an der Konferenz in Spa in Begleitung des Reichsanwalts Richter von der Reichsanwaltschaft in Leipzig abgereist.
Abg. Genosse Otto Hue ist von der Regierung als Sachperständiger nach Spa berufen worden und gestern abend dorthin abgereist. Neue Teilnehmer.
Sacg, 6. Juli. Wie aus London gemeldet wird, ist Lord Birkenhead nach Spa entboten worden, ebenso Jules Cambon . Beide sollen laut Nieuwve Courant" den Vorsitz im Ausschuß für die Kriegsbeschuldigten übernehiren.
Die schwierige Prozentrechnung. Amsterdam , 6. Juli. Wie„ Algemeen Handelsblad" eus spa meldet, haben gestern spät abends noch Besprechungen mit Lloyd George , Millerand, Sforza und De= acroix stattgefunden, tobej der legtere mitteilte, Belgien werde die 8 Prozent, die ihm nuf der Brüsseler Konferenz als Anteil an der deutschen Entschädigung zugesagt wurden, als angemessen ansehen, wenn Belgien bei der Bezahlung von Deutschland ein Vorrecht erhalte, und wenn der Goldfrank mit der Goldmark glei drgestellt werde. Wie„ Algemeen Handelsblad" hinzufügt, widerfeste fich Lloyd George ergriff darauf das Wort und stellte 210y5 3 earge mit großem Nachdruck den beiden belgischen die Punkte auf, in denen die Alliierten Deutschland Nicht- Forderungen, worauf die Besprechung unvermittelt abgeerfüllung des Friedensvertrages in militärischen Dingen brochen amrde. Im Zusammenhang mit dieser Frage ist der zum Vorwurf machen, insbesondere, daß die Reichswehr statt französische Minister in der Nacht im Extrazug nach Paris ab= 100 000 Mann 200 000 Mann umfasse und daß Deutschland | gereist. statt der ihm zugestandenen 2000 Maschinengewehre 50 000 Spa, 6. Juli." Libre Belgique" meldet, Minister Jasper habe; statt der ihm zugestandenen 280 Gefchüße 12 000.
An Gewehren seien zwar 1,5 Millionen abgeliefert und die Hälfte davon bereits zerstört. Es unterliege jedoch keinem Zweifel, daß noch außerordentlich große Bestände in den Händen der deutschen Bevölkeruns seien. Was gedenke die
Cox, demokratischer Präsidentschafts
kandidat.
San Franzisko, 6. Juli. ( W. T. B.) Gouverneur Cox ist zum demokratischen Kandidaten für die Präsidentschaft gewählt worden.
hätte einem Mitarbeiter des Blattes erklärt, daß über die prozentuale Verteilung der von den Deutschen zu zahlenden Entschädigung noch kein Einvernehmen unter den Alliierten erzielt worden sei; er hätte aber die Zuversicht geäußert, daß es zu einem solchen fommen werde.
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Einigkeit und und....?
Die Arbeiterschaft Groß- Berlins hat gestern im Luftgarten für einschneidende Maßnahmen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit demonstriert. Gemeinsame Not und Gefahr haben die Massen zusammengeführt, und keinem von denen, die da Schulter an Schulter marschierten, sah man an, ob er„ S. P. D." war oder U. S. P., oder K. P. D. oder K. A. P. D. Es war eine mächtige Rundgebung, die völlig diszipliniert verlief, bei allen Teilnehmern den stärksten Eindrud hinterließ und nicht ohne Wirkung auf die öffentliche Meinung bleiben wird.
Auf der Tagesordnung des Reichstags stand am gleichen Tage die sozialdemokratische Interpellation über die Arbeitslosigkeit. Ihre Beratung mußte bertagt werden, weil faft die ganze Regierung in Spa ist und man ohne sie nicht verhandeln fann. Aber man weiß wirklich nicht, ob man diese Bertagung bedauern darf oder ob man sie begrüßen muß, weil bei ihrer Beratung vielleicht doch nichts herausgekommen wäre wie ein Zank der sozialistischen Fraktionen.
Von den Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion sind viele in den neuen Reichstag hineingegangen mit dem festen Vorsaß, auf die Wiedervereinigung hinzuarbeiten, sei es auch unter den größten Opfern. Man kann sagen, daß heute, nach den bisherigen Erfahrungen, die Stimmung dieser Genossen zwischen Verzweiflung und Gelächter schwankt. Das Verhalten der unabhänigen Fraktion ist bisher so, daß die Kritik immer wieder zu demselben Ergebnis drängt: Unmöglich ernst zu nehmen! Manch mal gewinnt es den Anschein, als ob die Unabhängigen mit Vorbedacht die Rolle der Humoristen im Reichstag spielten. als ob sich auf den Bänken de äußersten Linfen Bolichinell und Harlekin, Kasperle und Hanswurst ein Stelldichein gegeben hätten. Es ist der reine parlamentarische Maskenball, den Ledebour geschäftig dirigiert, während Breit. scheid lang, gleichgültig, blafiert und ein wenig berächtlich duch das bante Völkchen hindurchschreitet.
Trozdem ist natürlich nicht zu bestreiten, daß es auch in der unabhängigen Fraktion ernste Leute geben dürfte, die sich über das bisherige Verhalten der parlamentarischen Grünlinge wahrscheinlich schon längst ihre eigenen Gedanken machen. Man darf den Mut nicht verlieren, einmal fommt auch der Tag, an dem die Vermmft fiegt. Aber vorläufig ist's noch untröstlich.
Der gestrige Tag brachte eine ganze Serie erschütternder Blamagen der Unabhängigen Fraktion. Zunächst handelte es sich um den Steuerabzug, der nach einem gemeinsamen Antrag der Mittelparteien und der Sozialdemokratie mummehr, unter Befreiung der kleinsten Einkommen geft affe It erhoben werden soll. In der Kommission hatten sich alle Parteien, einschließlich der Unabhängigen dahin verständigt, daß der Antrag, der zweifellos eine Verbesserung bedeutet, ohne Diskussion erledigt werden sollte. 3um allgemeinen um den Verbesserungsantrag abzulehnen, der nur eine Verschleierung" sei. Die Redner der anderen Parteien verspeisen auf den Gegensatz der Haltung der Unabhängigen in der Kommission und im Plenum, die unabhängigen Rommissionsmitglieder versuchen sich, verwirrt, verlegen, herauszureden und können doch nicht den Eindruck verwischen, daß sie wegen ihres fachlichen Verhaltens in der Kommission eine Nafe gekriegt haben, daß wieder einmal Unentwegtheit über Vernunft einen radikalen Sieg erfochten hat.
Der belgische Geschäftsträger abberufen. Erstaunen aber ergreift Eichhorn( U.S. P.) das Wort,
Brüssel , 6. Juli. Der belgische Geschäftsträger in Berlin Graf de Cerckove de Denterghem ist ab berufen worden.
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Nene Todesurteile gegen Aktivisten. Brüssel , 6. Juli. Das Schwurgericht in Brüssel hat weitere Der Aufstellung Cor' ist ein schwerer Wettkampf mit vier flämische Attivisten zum Tode verurteilt, den Lehrer feinen beiden hauptsächlichen Mitbewerbern Mac Adoo und Wannyn, den sozialistischen Schriftsteller Prima, den Kaufmann Palmer vorausgegangen, der über 40 Wahlgänge nötig Googens und den Professor Thiry, die drei ersten sind aus Gent , machte. Mac Adoo marschierte bei den ersten Abstimmungen der letzte aus Löwen . Der angesehene Arzt Stocke aus Gent wurde an der Spize, während Cor, der ursprünglich ganz im Hinterzu lebenslänglicher 3 wangsarbeit verurteilt. Zwei treffen stand, von Abstimmung zu Abstimmung mit seiner weitere Angeklagte erhielten 20 Jahre zwangsarbeit und ein anStimmenzahl aufrückte und schließlich Mac Adoo überflügelte. Bei der 30. Abstimmung gelang es Mac Adoo noch einmal, derer 12 Jahre. einen knappen Vorsprung vor Cor zu erhalten, den er bis zum 36. Wahlgang auf 399 Stimmen gegen 377 für Cor bergrößerte. Da Balmer erhielt nur noch 241 Stimmen. Cachin und Frossard als Kongresgäste. immer noch fein Kandidat die absolute Mehrheit hatte, mußten weitere Abstimmungen folgen, in denen schließlich Cor ge- Baris, 5. Juli. Der Nationalrat der Sozialistischen Bartei fiegt hat. Das Schlußrennen verlief nach einer Reutermel- hat seinen beiden Vertretern Ca chin und Frossard, die Natürlich wird das Gesek angenommen. Den Unab dung folgendermaßen: Die Zahlen bei der 43. Abstimmung sich in Moskau aufhalten, auf ihr telegraphisches Verlangen Längigen ist es mit seiner Ablehnung auch gar nicht ernst. waren: Cor 518, Mac Adoc 410. Cor wurde um 1 Uhr 40 die Berechtigung erteilt, dem Kongreß der dritten Inter - Sie haben ja in der Kommission zugestimmt, daß es sofort Minuten morgens bei der 44. Abstimmung durch Buruf zum nationale in Mostau konsultativ( beratend) beizu- mit geschäftsordnungsmäßiger Beschleunigung erledigt wird, Standidaten nominiert.
Unabgeschwächte Fortsehung. Amsterdam , 6. Juli. In der am 4. Juli in Brüssel abgehaltenen Sigung des Bureaus des Internationalen Gewerkschaftsbundes wurde der Bericht des Sekretärs des Bundes über die in Wien wegen Beilegung des Boykotts gegen Ungarn geführten Besprechungen gutgeheißen. Es wurde beschlossen, den Boykott un abgeschwächt fort zusetzen und wegen seiner Verschärfung mit den in Frage kommenden Organisationen in Verbindung zu treten.
wohnen.
Ungarischer Bauernaufstand gegen Rumänien .
Blutige Kämpfe in Belenyes.
Nach einer Meldung des Ungarischen Korr- Bureaus hat Ru mänien eine ganze Division zur Niederwerfung eines Bauern aufruhrs in Belenyes aufbieten müssen. Nach laufen burg wurde eine große Anzahl verwundeter rumänischer Soldaten gebracht. In Belenyes wurden 28 Aufrührer getötet und sehr viele verwundet. Das ganze Aufruhrgebiet ist vom Militär abgesperrt,
Bei der Abstimmung nehmen die Unabhängigen die beiden ersten Paragraphen, die die kleinsten Einkommen freilaffen, an, lehnen aber den dritten, der den Abzug von den größeren Einkommen nach oben Staffelt, unter allgemeiner Seiterfeit ab. Woran haben sie da Anstoß genommen? Etwa daran, daß jekt von einem Millioneneinkommen gleich 55 Proz. in 26zug gebracht werden sollen? Gleichbiel! Die Ledebourichen lehnen erst den dritter Baragraphen, dann das ganze Gesetz ab. Eine große Tat ist vollbracht.
sie erheben dagegen auch im Plenum keinen Widerspruch. Aber sie sind wieder einmal gegen etwas gewesen, das macht Spaß und kostet nichts.
Zweiter Aft. Auf der Tagesordnung steht das Diätengeset. Eine fatale Sache. Am schönsten wäre es natürlich, die Abgeordneten könnten auf die Diäten verzichten, leider aber haben auch sie die Kunst, von der Luft zu leben, noch nicht gelernt. Wenn man aus dem Reich nach Berlin kommt, hier wohnen und essen muß, fostet das heutzutage viel Geld. Früher gab es feine Diäten. Bismarc meinte, daß das M.- d.- R.- Spielen eine Sache nur für reiche Leute sei. Die Arbeiter zahlten aber ihren Abgeordneten die Diäten, die sie zum Leben brauchten, aus eigener Tasche und brachen so den Mammonsbann. Dann wurden Diäten