Nr. 339+ 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 32
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Mittwoch, den 7. Juli 1920
Der kritische Tag von Spa.
V.S. Spa, 7. Juli. ( Eigener Drahtbericht de 8,, Borwärts".)| Wiedergutmachungsforderungen der Antierten von Die gestrige Sigung, die sich mit der Entwaffnungsfrage beschäf- dem Bestehen einer genügend großen Wehrmacht in Deutschland tigte, dauerte drei Stunden bis 18 Uhr abends. Es war eine abhängig seien. ziemlich lange Teepause eingelegt worden, während welcher sich Lloyd George , Millerand und Delacroix zu einer gemeinsamen Beratung zurüdzogen. Die übrigen Delegierten nahmen mit den Deutschen gemeinsam den Tee ein, es herrschte babei strenge Reserve, nur Minister Dr. Simons kam mit dem fran zösischen General Nollet, den er von früher her kennt, in Geforäch. General v. Seedt war mit vier weiteren deutschen Offi
zieren in Uniform und Ordensschmuck erschienen, militärische Bertreter der Gegenseite waren Foch, Nollet, Wilson und Malcolm.
Am Abend nach der Sisung empfing Minister Dr. Simons die deutschen Pressevertreter. Er berichtete ihnen über den Berlauf der Sigung und seine Eindrüde und betonte, daß die Konferenz auf feinen Fall an dem schlechten Willen der Deutschen scheitern würde, Diese würden bis zur Grenze des Entgegenkommens gehen, um zu ersprießlichen Ergebnissen zu gelangen.
In scharfer Weise ertviderte darauf Lloyd George , daß die Alliierten flare Daten und Ziffern wollten. Die Kon ferenz von Spa, die er eingeleitet habe, da er es für zwedmäßig halte, sich geschäftlich zu unterhalten, statt sich Noten zu schicken, hätte sonst keinen Zwed mehr.
Minister Dr. Simons erwiderte, daß wir nach Lage der Dinge nicht hätten annehmen können, daß die militärischen Fragen
an erster Stelle in Spa besprochen mürben. Es sei zweifelhaft, ob wir bis morgen vormittag wirklich in der Lage sein würden, bestimmte Pläne vorzulegen.
Lloyd George erwiderte, man werde uns genügend Zeit lassen, und Ministerpräsident Delacroix sette darauf die nächste Gizung auf Mittwood 3½ Uhr nachmittags an.
Der Entwaffnungstermin.
Spa, 7. Juli. ( N.) In seiner gestrigen Rebe erklärte Lloyd George , die Deutschen sollten selbst das Datum bekanntgeben, bis zu dem sie glauben, daß die Entwaffnung stattfinden kann. Das Datum und alle anderen Einzelheiten soll in der heutigen Sigung mitgeteilt werden.
Wie verlautet, wird General Foch fobalb wie möglich mit General v. Seedt die technischen Einzelheiten in der Entwaff. nungsfrage behandeln. Der neue englische Botschafter in Berlin Lord Abernon und der englische Botschafter in Paris find gestern in Spa eingetroffen.
Es schien gestern von einer Sprengung der Konferenz nicht mehr weit entfernt zu sein. Daß es nicht so weit tam, ist wohl das Berdienst des Ministers Simons. Die Ausführungen des Reich 8- wehrministers Gekler machten auf die Aliierten einen ungünstigen Eindrud, was freilich jeder Diplomát und Bolitiker, der mit den Gedankengängen auch der uns günstiger gesinnten Ententetreife vertraut' ift, von vornherein hätte sagen können. Es ist feínesfalls geschickt, den deutschen Standpunkt in der Reichswehrfrage mit Argumenten zu verteidigen, die auch in weiten Kreifen des deutschen Voltes zum mindesten eine recht fühle Aufnahme finden. Es ist auch schwer, von vornherein zu behaupten, daß Deutschland 200 000 Mann Neichswehr als Minimum unbedingt branche, folange nicht auch die Frage der Sicherheitspolizei mit in die Erörterung gezogen ist, bon der gestern noch gar nicht gesprochen wurde. Es nur scheint, daß die Aliierten lieber ein offenes Eingeständnis der Ohnmacht der Reichsregierung gegenüber der Bendlerstraße hören, als ein Benchmen sehen würden, das auf sie den Einbrud eines Ber
suches macht, um den Kern der Dinge herumzureden.
Es scheint, daß Lloyd George keineswegs unverföhnlich ist, er hätte am Dienstag mindestens zweimal die Gelegenheit gehabt, die Konferenz zu fuorengen, hat sie aber nicht ausgenügt. Auch der Belgier Delacroig ist auf die geschickte Beschwichtigung des Ministers Dr. Simons bereitwillig eingegangen.
Räme es jetzt zum Bruch, so würde sich die öffentliche Meinung nicht nur in den Ländern der Antierten, sondern auch in denen der
Wort ergriff.
Ueber den Berlauf der zweiten Sitzung if im übrigen nach bem WTB.- Bericht nachzutragen, daß nach, Reichswehrminister Dr. Gehler und 2loyd George Reichstanaler ehrenbach das Fehrenbach betonte in sehr ausführlichen und lebhhaften Darlegungen die Schwierigkeiten der Aufstellung eines ficheren Planes. Wenn die Alliierten uns Vertrauen schenken und uns die Machtmittel belaffen wollten, dann würden wir die AusHeferung der Waffen und die Herabsehung des Heeres leichter bemerfstelligen fönnen. Er mache auch darauf aufmerksam, daß die
Rücktritt der Horthy- Regierung. Budapest, 7. Juli. Der Reichsverweser hat das Entlassungsgesuch der Regierung angenommen und das Ministerium mit der vorläufigen Weiterführung der Gefchäfte betraut.
Haag, 7. Juli. Ein Sonderbericht in der holländischen Bresse besagt, daß nach Angabe verschiedener Delegierten die Alliierten die sofortige Auslieferung des Kriegsmaterials verlangen. Deutschland könne dann die gewünsch ten 200000 Mann behalten. Diese Annahme wird mit der Tatsache begründet, daß Lloyd George in feiner Rede an erster Stelle die Auslieferung von Geschützen, Maschinengewehren und Gewehren verlangte, und daß er auch in seiner zweiten Rede nicht die Herabjegung der Truppen, sondern nur die Vernichtung des Kriegsmaterials entoähnte.
Ein holländisches Urteil.
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Gemeinsam leben oder sterben?
Die Wirtschaftsfragen von Spa.
Die Verhandlungen von Spa haben unter dem ungünstigen Eindruck begonnen, den die Reichstagswahlen im Ausland erzeugt haben, durch ihn werden offenbar auch die Verhandlungen über die Militärfrage ungünstig beeinflußt. Indes ist zu erwarten, daß man nach Ueberwindung der kritischen Stimmungen, die der gestrige Tag er seugt hat, zur Behandlung der wichtigsten Fragen, de: wirtschaftlichen, gelangen wird. Es ist daher not wendig, daß man sich in Deutschland auch auf diesem Gebiet über Auffassungen und Absichten der Gegenseite flar wird.
"
Die Alliierten haben die deutsche Regierung sicher nicht nach Spa eingeladen, um ihnen dort Geschenke anzubieten. Sie wollen mit ihnen über die stritte Durchführung" des Vertrages von Versailles verhandeln. In Wirklichkeit wird es sich in Spa viel weniger um die Durchfüh rung als um die Nevidierung des Vertrages handeln. Denn daß dieser in vielen Teilen undurchführbar ist. weiß heute jeder Politiker in den Ententeländern. Man würde sich aber gründlich täuschen, wenn man annähme, daß die Alliierten an eine Revidierung des Vertrages zugunsten Deutschland 3 denken. Was sie im Auge haben, ist ledig. lich eine Revidierung zu ihren Gunsten.
Es mag parador, ja ungeheuerlich flingen, es ist aber nicht weniger richtig, daß in einigen Ententeländern, vornehmlich in Frankreich, die Meinung vielfach verbreitet ist. daß der Verbrag von Versailles nicht die Interessen der Ententeländer voll wahrnehme, ja direkt vernachlässige. Unn wenn man die nüchternen Interessen Frankreichs allein ins Auge faßt, wenn man das kostspielige Beiwerf imperialistischer und militaristischer Genugtuungen beiseite läßt und hierzu rechnen wir besonders das Recht, deutsches Gebiet 5 bis 15 Jahre lang mit alliierten Truppen besetzt zu halten, toas eine unproduktive Last für alle und eine zweckloje. Demütigung für Deutschland ist Denn man rein rechnerijd) berfährt und die wirtschaftliche Entwicklung voraussicht, dann begreift man, daß der In wille gegen Clemencea: und Tardieu in Frankreich wächst. Denn wie Her Tardieu als Minister der befreiten Gebiete über seine annerionistische Rheinlandspolitik den Wiederaufbau Nordfrankreichs vergaß, so hat er auch bei der Ausarbeitung des Friedensvertrages über der Politik der Großmannssucht di Rotterdam, 7. Juli. Der Sonderberichterstatter des„ Nieuwe wirtschaftlichen Interessen Frankreichs geopfert. Und dari. Rotterdamschen Courant" stellt der deutschen Delegation in Spa liegt in Spa und wird in Zukunft unsere Stärke fein sehr ehrendes Zeugnis aus. Er sagt, Reichswehrminister Geßliegen. Denn wie man es auch anstellen mag, ob man uns Ier, der offenbar noch unter dem Gindrud seiner überstürzten Wb. 200 000 oder 100 000 Mann Reichswehr zugesteht, ob man reise stand, antwortete mit einer sehr ausführlichen Rede, bie aber uns verbietet oder gestattet, eine Sicherheitswehr zu unter. nicht sehr flar war.--Vor allem aber war es der Reich 3- halten, ob wir schließlich als einzige bewaffnete Macht eine fanaler, der den Hauptfehler beging. Denn nachdem Lloyd George Milia befigen werden, wie es für einen Volksstaat natürlich den Deutschen noch einmal anheimgestellt hatte, wenigstens am Mittwoch die verlangten Einzelheiten zu geben, begann er eine lange, offenbar borher vorbereitete Rede, die aber absolut nicht zur Sage paßte, mit der er aber offenbar beabsichtigte, einen tiefen Gin drud hervorzurufen. Es war eine typische Reichstagsrede. auf die Sentimentalität der Zuhörerschaft berechnet und in Fehrenbachs bekanntem weinerlichen Tone vorgetragen. neuen Wahlgefeß wahlberechtigten Altersklassen ein Reichstag gewählt werden. Erst diese Wahlen würden die Entscheidung darüber herbeiführen, welche Partei in den nächsten vier Jahren die Führung haben werde.
neuer
ist, das sind Tagesfragen, über die später doch in unserem Sinne entschieden werden wird, die aber nur für den Taz wichtig sind. Ganz anders verhält es sich aber mit der unverrüdbaren Tatsache, daß der Vertrag von Versailles, gerade wichtig sind. Ganz anders verhält es sich aber mit der unweil er willfürlich verfuhr und ins lebendige Fleisch der wirtschaftlichen, nationalen und geschichtlichen Zusammen. hänge schnitt, die Staaten, Sieger wie Besiegte, einander näher brachte und untereinander unzertrennlich berknüpfte. Nirgends aber tritt dies so deutlich in Er Scheinung wie in dem Verhältnis zwischen Frankreich und
Deutschland.
Die Träger aller modernen Wirtschaft sind Kohle und Eisen. Nun bestand schon vor dem Kriege zwischen DeutschCox als Präsidentschaftskandidat. Die Stellung der ungarischen Regierung war schon seit länland und Frankreich ein Mißverhältnis in der Verteilung von Zur Nominierung des Gouverneurs Tor zum Präsidentschafts. Rohle und Eisen, oder vielmehr ein Ergänzungsber gerer Zeit erschüttert, da es ihr trop ihres diktatorischen Auftretens nicht gelang, die verrotteten Verhältnisse in Ungarn wieder kandidaten der Demokratischen Partei der Vereinigten Staaten hältnis. Frankreich hatte zuviel Eisen und zuwenig Kohlen; Deutschland hatte umgekehrt zuwenig Eisen und zu zu regeln. Mit Judenpogromen, weißem Terror und Offiziers- schreibt The foreign Prez Service": degen allein läßt sich eben auf die Dauer nicht regieren. Der Der demokratische Präsidentschaftsfandidat Cog hat sich bis- biel Kohlen. Frankreich mußte also tohle einführen und Bontott der Gewerkschaftsinternationale trug her in diesen Fragen nach feiner Richtung hin festgelegt. Mit dem Deutschland Eisen. Dieses Mißverhältnis hat der Vertrag thr Teil dazu bei, dieses Kabinett der starken Männer" au er-& riebensvertrag hat er sich bis jetzt ebensowenig befaßt, von Versailles noch ungemein verschärft. Deutschschüttern. Jebt, wo es gilt, wirklich zu regieren und nicht nur zu wie mit dem irischen Problem, und in der Altoholfrage land und Frankreich sind in den lebenswichtigen Elementen terrorisieren, ist es mit seinem Latein am Ende. hat er fürzlich erflärt, er unterwerfe sich dem 18. Verfassungs- der Wirtschaft noch weit mehr voneinander abhängig, d. b. zujab was aber nicht ausschließt, daß er etwaigen Versuchen Frankreich und Deutschland ergänzen einander, find des Kongresses, jene Verfassungsbestimmung abzuschwächen, unter wie die siamesischen Zwillinge untrennbar mitein Umständen ruhig zusehen wird. So ist denn die Kandidatur Cog' ander verbunden. Und der Vertrag von Versailles hat ein lebendiges Beichen der Beit: ein Stompromiß, dem man diese Tatsache fast unberücksichtigt gelassen.- die mühselige Vorarbeit des Zustandekommens deutlich anmerkt. Wohl verpflichtet der Vertrag Deutschland, an Frankreich or hat sich übrigens als Gouverneur von Ohiser wurde brei- 10 Jahre lang 7 Millionen Tonnen Kohlen jährlich zu liefern mal als solcher gewählt als ein fähiger und energischer Leiter d. h. fo piel, wie Deutschland bereits vor dem Kriege an der Staatsgeschäfte gezeigt, bem liberale Regungen und ein ge- Frankreich lieferte. Der Vertrag verpflichtet Deutschland wisses Verständnis für die Anforderungen einer neuen Beit nicht weiter, das Defizit, das durch die Zerstörung der Kohlenfremd find. gruben Nordfrankreichs entstanden ist, während der ersten fünf Jahre bis zu dem Maximum von 20, während der zweiten fünf Jahre bis zu dem Marimum von 5 Millionen Tonnen jährlich zu decken. Aber für die 7 bis 8 millionen
Neuwahlen in Dänemark. Kopenhagen, 6. Juli. Da die im Reichstag im vorigen Monat angenommenen Verfassungsänderungen infolge der Wiedervereinigung mit Schleswig erst Endgültigkeit erlangen, nachdem sie von einem neuen Reichstag angenommen worden find, haben heute die Wahlen zum Folkething stattgefunden. Das neue Folfething wird fich wie folgt zusammenfegen: Erwerbspartei 4, Konser vative 26, Rabitale 16, Sozialdemokraten 42, Linte 51; im ganzen 139. Die Konservativen verloren 2, die Radikalen 1 und die Linke gewann 3 Eige. Die Regierungsparteien, die sich aus der Linken und den Konservativen zusammensetzen, haben demnach
einen Sig gewonnen.
Grey gegen Geheimverträge. Bei der Eröffnung des englifchen Instituts für internationale Angelegenheiten erklärte Lord Grey: Jah möchte vorschlagen, daß es Regel für die aus wärtige Politit werde, in Friedenszeiten feine Gebeimber träge mehr zu schließen. Wenn wir den Frieben der Welt in Bolitiken" führt die geringe Beteiligung bei den Reichstags- Bukunft aufrecht erhalten wollen, müssen wir nicht nur national, wahlen darauf zurück, daß der neue Reichstag nur als vorüber- sondern auch international denten, Eine der großen Lehren gehend angesehen werde. Im Herbst schon würde unter Bebes Krieges ist, daß nationales Denten ohne internationale Radteiligung der nordschleswigjchen Bevölferung und der vier nach dem fichten zu einer Statastrophe führt.
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onnen Schmelators, die die Iothringischen och öfen und Stahlwerke vor dem Kriege aus dem westfälischen Sohlenbecken bezog, sieht der Vertrag keine Lieferungspflicht vor. Nur Zollfreiheit für die aus Elias othringen stammenden Erzeugnisse hat Deutschland füni Jahre lang zu gewähren, und auch ohne Ausfuhrzölle alle