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2. Beilage zum, Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Nr. 233.

Sonnabend, den 6. Oktober 1894.

Arbeiter!

700

Parteigenossen!

11. Jahrg.

Der brutale Willkürakt des Brauereirings harrt noch der Sühne. Den Hunderten unschuldig aufs Pflaster geworfenen Arbeitern ist noch keine Genugthnung ges worden. Arbeiter und Parteigenossen! Ohne Eure opferwillige Unterstützung würden die Gemaßregelten der bittersten Noth verfallen und gezwungen sein, um Gnade zu betteln. Die Hochherzigkeit der Berliner   Arbeiterschaft hat diese Schmach verhindert. Der erste Sturmlauf des Prozenthums scheiterte an Eurem Solidaritätsgefühl. Nicht eine Bresche vermochte der Bierring in Eure Reihen zu legen. Einig, geschlossen, kampfesmuthig und opferwillig seid Ihr fest entschlossen, den entbrannten Kampf zum siegreichen Ende zu führen. sij lisar Arbeiter, Parteigenossen! Euer Wollen garantirt Euer Können! Ihr könnt, wenn Ihr wollt. iso

Den zweiten Sturmlauf auf Euere Phalanx mußten die dem Bierring Leheusdienste leistenden Saalbesitzer unternehmen. Die Agitation sollte unterbunden, das Mund­todtmachungssystem praktizirt werden.d

Auf der Mine, die sie gegraben, sind die Saalbefizer aufgeflogen. Ihr Wehgeschrei könnte Mitleid erwecken. Arbeiter, Parteigenossen! Selbst der Himmel, auf den der Bierring seine letzte Hoffnung seßte, ist mit uns im Bunde. Die Saison kann dem Ring nicht mehr über bie Verlegenheiten hinweghelfen, die mit jedem Tag des weiteren Kampfes sich thurmhoch häufen.

Ausharren bedeutet für uns siegen. Unsere Position ist uneinnehmbar. Der Stand des Boykotts ist ein vorzüglicher. Wir können zuwarten, ohne entbehren zu müssen. Arbeiter, Genossen! Je konsequenter der Boykott durchgeführt wird, desto nachhaltiger seine Wirkung, desto entscheidender der Sieg. Duldet keine Ausflüchte, keine Ausreden. Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns. Soweit unser Einfluß reicht, muß das Ringbier verpönt werden. Nicht ein Tropfen darf getrunken werden.

Arbeiter, Genossen! Die Bierzufuhr ist eine geregelte. Sie wird mit jedem Tag der Fortdauer des Boykotts eine bessere. Alle Ansprüche können befriedigt werden. Darum widersteht jeder Versuchung, Ringbier zu trinken. Die schwerste Arbeit ist gethan. Die Periode der Organisirung des Kampfes war die aufreibendste. Jetzt wird uns der Kampf leicht, weil wir das Terrain zum guten Theil beherrschen. Der Sieg muß unser werden, wenn wie bisher mit gleicher Schärfe und Ausdauer der Parole gefolgt wird.

Hoch der Boykott sämmtlicher Ringbrauereien! Trinkt keinen Tropfen Ringbier!

Boykottfreies Bier liefern:

Brauerei Carlsberg  ,

lottenburg.

Friedrich Reichenkron, Char- September.

Brauerei Wilhelmshöhe, E. Lehmann, Berlin  . Brauerei Pichelsdorf, Direktor Hoffmann.

Münchener   Brauhaus, Attien- Gesellschaft, Berlin  . Süddeutsche Brauerei, Karl King   u. Ko., Berlin  . Brauerei Müggelschlößchen, Friedrichshagen  . Nordstern- Brauerei, Berlin  .

Rathenower   Exportbrauerei- Niederlage. Juh. May

Dennhardt, N.W.  , Hannoverschestr. 18a. Tel. III. 8178. Schloßbrauerei, Fürstenwalde  . Niederlage bei Franz Heiser, N., Liesenstr  . 5.

Bürgerliches Brauhaus( in Firma Müller), Frank­ furt   a. D.

Phönig- Brauerei, C. Radon, Lichterfelde  . Brauerei Jagdschlößchen, Eberswalde  . Niederlage, Edm. Reuter, Swinemünderstr. 45.

Brauerei Wusterhausen, Vertreter: Max Fleischer  , Reichenbergerstr. 155.

Brauerei Tivoli, Strausberg  . Niederlage Stabernad, Mühlenstraße 49a.

Louisen- Brauerei, Bellermannstr. 71a/ 72.

Brauerei Danz, Freienwalde   a. D. Vertreter: W. Marten, N., Gartenstr. 152.

Bürgerliches Brauhaus, Luckenwalde  . Niederlage Gust. Spiekermann, Weberstr. 66.

Boykottirt sind die folgenden, dem Ring angehörenden Brauereien:

Aftien- Brauerei Friedrichshain, Berlin  . Attien- Brauerei- Gesellschaft Friedrichshöhe, vorm. Patzen­hofer, Berlin  .

Aktien- Brauerei- Gesellschaft Moabit  , Berlin  .

Aktien- Gesellschaft Schloßbrauerei Schöneberg, Schöneberg  . Bergschloß- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .. Berliner   Bockbrauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .

Berliner   Kronen- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .

Berliner   Unions- Brauerei, Berlin  .

Böhmisches Brauhaus, Kommandit- Gesellschaft auf Aktien,

A. Knoblauch, Berlin  .

Brauerei Oswald Berliner, Berlin  . Brauerei Julius Bögow, Berlin  .

Brauerei Borussia  , Aktien- Gesellschaft, Niederschönweide bei Johannisthal.

Brauerei Gambrinus, Aktien- Gesellschaft, Charlottenburg  . Brauerei Carl Gregory, Berlin  .

Brauerei F. Happoldt, Berlin  .

Brauerei Königstadt, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .

Brauerei Pfefferberg, vorm. Schneider u. Hillig, Berlin  .

Brauerei A. Werm, Berlin  .

Bürgerliche Brauerei, Berlin  .

Bürgerliches Brauhaus, Otto Müller  , Berlin  .

C. Habel's Brauerei, Berlin  .

Gebrüder Josty, Berlin  .

Norddeutsche Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .

Schultheiß' Brauerei, Aktien Gesellschaft, Berlin  , Abth. I

Schönhauser Allee.

desgl. Abth. II Tivoli.

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Brauerei Schweizergarten, Berlin  .

Spandauerberg- Brauerei, vorm. C. Bechmann, Westend   bei

Charlottenburg  .

Vereinsbrauerei Rixdorf.

Versuchs- und Lehrbrauerei, Berlin  . Vittoria- Brauerei, Aktien- Gesellschaft, Berlin  .

Germania- Brauerei, David u. Martin, Berlin  . Brauerei Stralau,

Unterm neuen Kurs.

1. Zenleuroda. Genosse Robert Schent wegen Fabri fantenbeleidigung 30 Mart Geldstrafe event. eine Woche Gefängniß.

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Frankfurt   a./M. Der Schmied Arnold zwei Monate Gefängniß, wegen Aufreizung zum Klassenhaß, begangen durch eine Rede am 1. Mai.

Kempten  . Wegen Veranstaltung eines polizeilich nicht genehmigten Zuges Genosse Müller 9 M. Geldstrafe. Es handelte sich um einen Mai- Ausflug. Chemnitz  . Einen Monat Gefängniß Genoffe Franz Hoffmann   wegen Beleidigung eines Gendarmen. Genosse Wagner wegen Verkaufs von Maifestzeichen 5 M. Geldstrafe.

3. Glanchan. Durch Vortrag des Zukunftsstaates" groben Unfug verübt zu haben, Genosse Meyer 5 Tage Haft. Meißen  . Genosse Dr. Gradnauer wegen Beleidigung eines Buchdruckereibefizers 40 M. Geldstrafe. Braunschweig  . Wegen 4facher Beleidigung feines Kollegen von der Landeszeitung" Redakteur Genosse Calver 100 M. Geldstrafe.

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Nürnberg  . Die Genoffen Segit und Dertel je 20 M. und Genosse Roßkopf 10 M. Geldstrafe wegen einer unerlaubten Sammlung.

Dresden  . Wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruches die Genoffen Pietsch und Büttner aus Cotta je 6 M. Geldstrafe. Die beiden Genossen übten nach der Meinung eines Wirthes das Amt von Boykott­Kontrolleuren aus.

4. Bromberg  . Die Tischler Gebrüder Tesch nowegen Majestätsbeleidigung, je 3 Monate Gefängnißstrafe.

5. Erfurt  . Genosse Rauh als Redakteur der Thüringer Tribüne" 100 M. Geldstrafe wegen Beleidigung des Generals v. Hänisch.

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Dessau  . Sechs Monate Gefängniß Genosse Peus wegen Beleidigung eines Pfarrers und eines Bergwerk Direktors.

Nürnberg  . Durch die Veranstaltung einer Märzfeier hat sich der Genosse Grillenberger der Veranstaltung einer unerlaubten öffentlichen Luftbarkeit und eines Ver­gebens gegen das Vereinsgesetz schuldig gemacht. Buße 45 M. Geldstrafe..

München  . 5 M. Geldstrafe wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes Genosse Wambsgans, Reat, Festrede bei der Märzfeier.

6. Burg. Der beim Tack'schen Ausstand betheiligte Schuh. macher Hettwer, wegen Nöthigung, 3 Monate Ge­fängniß.

Die Boykottkommission.

13. Dresden  - Plauen. Fünf Vorstandsmitglieder des All­gemeinen Arbeitervereins wegen Uebertretung der Kinder­fest Grlasse 30-50 M. Geldstrafe.

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14. Dresden. Von der Anklage, durch Vertheilung von Boykott Flugblättern groben Unfug verübt zu haben, Genosse Röder freigesprochea. Vier Wochen Gefängniß und zwei Tage Haft der Genosse Heinrich Heinze aus Runnersdorf wegen Beamtenbeleidigung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Vergehens gegen das Preßgefezz. 15. Brandenburg  . Wegen vierfacher Beleidigung eines Schneidermeisters der Redakteur der Brandenburger Zei tung", Genoffe Simon, 100 M. Geldstrafe. Der mits angeklagte Verleger Genosse Ewald wurde freiges sprochen. Antrag: 3 Monate Gefängnißstrafe. Eine zweite Beleidigungsflage gegen die Genossen Ewald und Simon endete mit Freisprechung Beider.

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Bielefeld. Gen. Groth, Redakteur der Volkswacht", wegen Beleidigung des Magistrats drei Wochen Gefängniß. Antrag vier Monate.

17. Berlin  . Der Redakteur des Vorwärts", Genoffe Pösch, wegen groben Unfugs sechs Monate Gefängniß. Kaffel. In der Berufungsinstanz Genosse Huhn wegen Beleidigung eines Restaurateurs 50 M. Geldstrafe.

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18. Zeit. Genosse Henschel, Redakteur des" Voltsboten", wegen Beleidigung des Staatsanwalts 50 m. Geldstrafe. Berlin  . 6 Monate Gefängniß der Redakteur des Sozial­demokrat", Genosse Bachau, wegen Vergehens gegen§ 111 des Strafgesetzbuches, Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze.

19. Stettin  . Wegen Majestätsbeleidigung und Beleidigung des Offizierkorps Genosse Herbert brei Monate Ges fängniß.

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Dortmund  . 50 M. Geldstrafe Genosse 2ütgenau wegen Beleidigung eines Polizeikommissars.

20. Leipzig  . In 2. Instanz Genosse Riem, Redakteur der ,, Neuen Wurzener Zeitung", wegen Beleidigung des Generals v. Hänisch 40 M. Geldstrafe.

21. Chemnitz  . Wegen Majestätsbeleidigung Genosse Gunder mann 3 Monate Gefängniß.

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Breslau  . Genosse Reinhold Schebs, Redakteur der Volfswacht", wegen Beleidigung des Generals v. Hänisch 500 M. Geldstrafe.

Höchst  . Sechs Wochen Haft wegen groben Unfug, Ge­nosse Kost. Delikt: Ein Hoch auf die revolutionäre Sezialdemokratie.

Dresden  . Der Redakteur der Arbeiter- 3tg.", Genosse Reichard, wegen Beleidigung eines tgl. Kammerherrn 100 M. Geldstrafe.

22. Leipzig  . Wegen Verstoßes gegen die Verordnung des Tragens republikanischer Abzeichen, Genosse Frey, zwei Wochen Gefängniß.

7. Saalfeld  . Der Redakteur Genosse Becker wegen Beleidigung eines Pfarrers 30 Mark Geldstrafe. Der Amtsanwalt hatte einen Antrag nicht gestellt. Strehla  . Wegen unberechtigter Ausübung eines Ge­werbes Genosse Walther 10 M. und Genosse Fleischer 20 M. Geldstrafe. Es handelte sich um den Verkauf von Liedern bei der Mai- Demonstration. Halberstadt  . Von der Anklage groben Unfug verübt zu haben, Genosse Hurlemann freigesprochen.

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10. Dresden  . In zweiter Instanz Genosse Reinhard Heimann 6 Wochen Gefängniß, wegen Verübung groben Unfugs. Delikt: Boykottverhängung.

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Wegen Beleidigung eines Gendarmen der Tischler Jahreiß 1 Monat Gefängniß.

Berlin  . Genosse Ortmann von der Anklage, Flug­blätter an öffentlichen Orten verbreitet zu haben, frei­gesprochen.

" Stuttgart  . Gleichfalls freigesprochen die Genossen Dietz und Kautsky   von der Anklage, das Gesetz über die Urheberschaft von Schriftwerken verletzt zu haben. Frankfurt   a. M. Fünfzehn Mark Geldstrafe Genosse Diener wegen Verübung groben Unfugs, begangen durch Vertheilung von Flugblättern an einem Sonntag während der Kirchenstunden.

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Berlin  . Genosse Raspar wegen Beleidigung des Amtsvorstehers in Steglig 30 M. Geldstrafe.

Glauchau  . Wegen Bergebens gegen das Vereinsgeset Genosse Schmalfuß 10 M. Geldstrafe. Delikt begangen bei dem Ausflug des Volksvereins.

11. Schwedt  . Wegen unerlaubten Verbreitens von Druck­schriften an öffentlichen Orten Genosse Krause aus Angermünde   30 M. Geldstrafe.

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12. Zwickau  . Auf grund des§ 153 der Gewerbe- Ordnung der Bergmann Hermann Ebert 1 Monat Gefängniß. Kaffel. Die Genossen Huhn, Hedderich und Sohn von der Anklage, den Wirthschaftsbetrieb unerlaubter Weise ausgeübt zu haben, freigesprochen. Die Genossen bildeten den Vorstand einer Kasino- Gesellschaft.

Niedergorbit. 60 Mark Geldstrafe ein Genosse, weil er vor 6-7 Wochen in einem Gasthof eine nicht erlaubte Geldsammlung veranstaltet habe, wie es in dem Straf­befehl heißt.

13. Bremen  . Wegen Beleidigung des Generals v. Hänisch Genosse Bruhns 75 M. Geldstrafe.

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Mannheim  . Die Genossen Pfeiffle, Drees bach und Fenz zu 50 bez. je 30 M. Geldstrafe wegen vor­zeitiger Veröffentlichung prozessualer Attenstücke.

Dresden  . Aergerniß mit einem Vortrag über das Volks­einkommen erregt zu haben, Genosse Dutsch eine Woche Haft.

Hamburg  . Genosse Pfannkuch wegen Beleidigung eines Fabrikanten 100 M. Geldstrafe.

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Dortmund  . Drei Tage Haft Genosse Bölger wegen Beleidigung eines Buchdruckereibefizers.

Waldenburg. Der Porzellanmaler Schmidt 10 und sein Kollege Rosenthal 2 Monate Gefängniß wegen Aufreizung zum Klassenhaß.

Erfurt  . Wegen Anstiftung zur Majestätsbeleidigung Genosse Hülle 6 Monate Gefängniß. Die Strafe wurde durch Verwerfung der Revision rechtskräftig.

24. Rudolstadt  . Je sechs Wochen Haft erhielten durch Straf­mandat drei Genossen zudiktirt, weil sie durch Verbreitung eines Flugblattes groben Unfug verübt haben sollten. Vom Gericht wurden die Genossen freigesprochen. Leipzig  . In der Revision wurden die Genossen Geiger und Agst er von der Anklage der unerlaubten Veröffent lichung einer Anklageschrift freigesprochen. Dagegen wurde die Revision des Genossen Lingweiler- Elberfeld, verworfen. Das Urtheil lautete auf 3 Monate Gefängniß wegen Bes leidigung eines Hauptmannes.

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25. Berlin  . Der Redakteur der Bildhauer- 3tg." Dupont  und der Bildhauer Fladung in Frankfurt   a. M. wegen Beleidigung von Streitbrechern, je 4 Wochen Gefängniß. Deffau. Fünfzig und 20 Mart Geldstrafe muß Genosse Peu 3 blechen, wegen Beleidigung eines Lieutenants in Brandenburg   und des Antisemitenführers Zimmermann- Dresden.

Frankfurt   a. M. Wegen Beleidigung des General­Postmeisters Stephan, Genosse Hoch, Redakteur der Voltsstimme", 200 M. Geldstraje.

26. Dresden  . Wegen Bedrohung bezw. Nöthigung die Töpfer Mech und Grundke 4 bezw. 3 Wochen Gefängniß. Die Strafthat war gegen einen Streitbrecher bei Gelegen­heit des Dachdecker- Ausstandes gerichtet.

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Dresden  . Der Redakteur der Arbeiterzeitung", Genosse Reichard, von der Anklage die Beamten der Orts­polizei in Loschwitz   beleidigt zu haben, freigesprochen. Das Gericht fah in dem guten deutschen   Wort ,, Büttel" teine Beleidigung.

28. Gera  . 150 M. Geldstrafe, Genosse Leven, Redakteur ber Reußischen Tribüne", wegen Beleidigung des Antisemiten Liebermann v. Sonnenberg  .