Nr.363 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 44
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Mittwoch, den 21. Juli 1920
Reichstagssitzung am Montag
Die Ausschußberatung.
B
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Die Regierung in Mecklenburg .
Obstruktionspolitik der Unabhängigen.
Aus Mecklenburg- Schwerin wird uns geschrieben: Die Wahlen zum mecklenburgischen Landtage brachten
Berlin , 21. Juli. Nach einem Beschluß des Weltesten-| wortet werden. Aus diesem Gesichtspunkte heraus erfolgte die ebenso wie im Reiche die Koalition zwischen Sozialdemoausschusses tritt der Reichstag am Montag, den 26. d. M., Unterzeichnung des Protokolls. Bei Behandlung der nachmittags 5 Uhr, zu einer Volligung zusammen, um den Bericht der Regierung über die Verhandlungen in Spa entgegenzunehmen.
Kohlenfrage
fratie und Demokratie zum Scheitern. Die Demokraten verloren von 82 571 Stimmen, die sie im Jahre 1919 erwurde zunächst eine Beratung zwischen den Sachverständigen abge- hielten, nicht weniger als 60 368 Stimmen und zogen mit lehnt, dann aber nach Anhörung der Vertreter der Bergarbeiter und nur 4 von 17 Abgeordneten in den neuen Landtag. Den Bergwerksunternehmer eine Verhandlungsbasis geschaffen. Unsere größten Teil der ehedem demokratischen Stimmen gewannen Der Reichstagsausschuß für auswärtige Angelegen augenblicklich so ernste Situation in der Kohlenfrage ist erst durch die Ste chtsparteien. Zu diesem überaus starken Verheiten trat( wie wir im heutigen Morgenblatt bereits kurs das Eingreifen des Generals Le Rond in die Verteilung der ober- lust kam noch, daß unsere Partei 25 000 Stimmen an die meldeten) am Dienstag abend 29 Uhr zu einer Sigung zu schlesischen Stohle herbeigeführt, das eine Verniinderung der bis- u. S. P. und Kommunisten abgeben mußte. Gemeinsam sammen. Zu Beginn gab Reichstagspräsident Löbe die Erklärung ab, daß auch er durch die Einberufung des herigen Lieferungen an die Entente und den beschwerdeführenden mit den Demokraten besaßen wir 1919 eine ansehnliche Bericht der Wiedergutmachungsfommission an den Obersten Nat zur Mehrheit und haben diese auch im Interesse der ArbeiterReichswirtschaftsrats überrascht wurde. Er müsse daran Folge hatte. Die Forderung der Alliierten, denen nach dem schaft und des Landes zu benußen gewußt. erinnern, daß der Reichstag auf Wunsch der Regierung bis Friedensvertrag 39% Millionen Tonnen jährlich zustanden, ging zuzum 28. Juli vertagt worden sei. Reichsminister Simons erklärt, daß im Reichswirtschaftsrat nur ein Be- nächst auf Lieferung von monatlich 2,4 Millionen Tonnen, deren richt des Reichswirtschaftsministers über die rein wirtschaft- Wert einfach auf das Wiedergutmachungskonto gutgeschrieben werlichen Fragen erstattet werden solle. Die Regierung wolle den sollte. Die Annahme dieser Forderung hätte die Vernichtung die Priorität des Reichstages in feiner Weise antasten. Auf Antrag der Sozialdemokraten und der Unabhängigen wird die Oeffentlichkeit der Sigung beschlossen. Dagegen wird die von Ledebour beantragte frühere Einberufung des Reichstages gegen die Sozialdemokraten und die Unabhängigen abgelehnt.
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Reichsminister Dr. Simons.
führte ungefähr folgendes aus:
des deutschen Wirtschaftslebens zur Folge gehabt. Unser Angebot der sukzessinen Steigerung, anfangend mit 1,1 Millionen Tonnen monatlich und endigend mit 1,8 Millionen, wurde abgelehnt. Notwendig war aber vor allem eine Besserung der Lebenshaltung der Bergarbeiter im Zusammenhang mit der Kohlenfrage herbeizuführen.
Diese Mehrheit ist verloren. Der neue Landtag besitzt wieder 64 Abgeordnete. Von ihnen stellt die Sozial demokratie 26, die 1. S. P. 5, die Demokraten 4. Da beide sozialistische Parteien mit ihren 31 Mandaten eine Mehrheit nicht besigen, konnte für die Regierungsbildung von vornherein nur eine Koalition in Frage kommen, der außer den sozialistischen Parteien auch noch die Demokraten angehörten. Leider mußte als sicher angenommen werden. daß die Unabhängigen ein Angebot unserer Partei zur Mitarbeit a blehnen würden. Trotzdem wurde auf einDie Alliierten gingen dann von 2,4 Millionen auf 2 Millionen stimmigen Beschluß des Bezirksvorstandes beider MecklenTonnen zurüd, und es wurde schließlich das Protokoll unter- burg und Lübeck und der Landtagsfraktion der Versuch gezeichnet, wonach Deutschland zur Lieferung von 2 Millionen macht, sie zur gemeinsamen Soalition zu bewegen. Die ihnen Tonnen verpflichtet ist. Der Inlandpreis der Kohle, die auf dem zur Annahme unterbreiteten Stichtlinien für die ReBandwege geht, wird dem Wiedergutmachungskonto gutgeschrieben.
hatte.
Die Lage der deutschen Delegation in Spa fei von vorn herein eine ungünstige schon durch die Art der Unterbringung Deutschland erhält eine Brämie von 5 Goldmark pro Tonne, und gierungsbildung lehnten sich im wesentlichen an das Ueberund die Schwierigkeit der Nachrichtenübermittlung und Preise die Differenz zwischen dem Inland- und Weltmarktpreis wird einkommen der beiden sozialistischen Parteien in Braun berichterstattung gewesen. Die Behandlung der deutschen Dele- Deutschland als Vorschuß gegeben. Deutschland hat die Möglich- chweig an, das dort bekanntlich zur Einigung geführt gation war im Anfang nicht die, die gleichberechtigten Vertretern teit, aus der Prämie und den Vorschüssen Summen zu einer Bessezugekommen wäre. Ein anfängliches Verbot für die deutschen rung der Lebenshaltung der Bergarbeiter zu verwenden. Das in Delegierten, sich mit den Delegierten der Gegenseite privatim zu der Kohlenfrage verfügbare Bahlermaterial fonnte nicht als in unterhalten, wurde am zweiten Tage aufgehoben, so daß bald ein allen Punkten stichhaltig angesehen werden, weil eine größere Ausreger Verkehr zwischen den Mitgliedern der Delegation beider nußung der Braunkohle möglich erscheint und außerdem ein Teil Seiten einsette. Der Reichsminister gibt sodann an Hand ein ber Steinkohlen durch Verschiebung dem eigentlichen 3wed entzelner Beispiele ein Bild der feindseligen Stimmung der Bezogen wurde. Der Reichsminister betont ausbrücklich, daß nicht die bölferung, die bis zur Verweigerung von Arzeneien für ertranfte Drohung der Gegner durch das Erscheinen och 3, und Wilsons Delegationsmitglieder durch einen Apotheker ging, Der Gang ihn eingeschüchtert habe, daß vielmehr die Ueberzeugung, daß der der Verhandlungen in den ersten Tagen war der, daß in strengem Einmarsch schon vor der Konferenz von Spa definitiv beschlossen Ton Rechenschaft über die mangelhafte Ausführung des Friedens- war, ihn zu seiner Haltung veranlaßt habe. Am Schluß weist der bertrages verlangt und eine Reichsminister noch einmal darauf hin, daß die Konferenz von Spa tein Erfolg für Deutschland gewesen ist, sondern uns eine schwere 2ast auferlegt worden ist, die wir noch schwer tragen müssen.
bobingungslose unterwarfung
unter das Dittat der Gegner erwartet wurde. Zu Beginn wurde die bekannte Tagesordnung für die Konferenz: 1. militärische Klauseln( Heer, Marine, Luftflotte), 2. Strafverfolgung der der Verlegung der Kriegsgesetze Beschuldigten, 3. Kohlenfrage, 4. Wiedergutmachungen vorgelegt und von der deutschen Delegation, da ein Grund zur Ablehnung nicht vorhanden, angenommen. Der vierte Punkt ist in eingehender Weise nicht mehr in Angriff genommen, sondern der Konferenz von Sachberständigen in Genf vorbehalten. Die schnellste Erledigung fand der Punkt 2, nachdem durch das Eingreifen Lloyd Georges die Sachverständigen beider Seiten zusammengebracht waren. Ber Behandlung der Militär- und Kohlenfrage war auf seiten der Gegner die Grundlage die Androhung der
Besetzung des Ruhrgebiets.
Da zu befürchten stand, daß die Unabhängigen eine folche Soalition ablehnen würden, machten wir uns an beischig, gemeinsam mit den Demokraten eine Minder beitsregierung zu bilden, wenn die Unabhängigen eine wohlwollende Neutralität berbürgten. Wir wuß ten, daß diese Lösung ein schweres Opfer für die Partei bedeutet; doch mußte unter allen Umständen verhindert werden, daß in unserem, von der Reaktion ehedem so arn mißhandeltem Lande sich eine Rechtsregierung bil dete. Die Deutschnationalen, echte sünger des Talmijuden v. Graefe, sind die stärkste bürgerliche Partei. In einer rein bürgerlichen Regierung müssen sie den ausschlaggebenden Einfluß besigen. Und das war die cft und laut geäußerte Befürchtung des Landproletariats. Der Reaktion mußten deshalb die größten Schwierigkeiten bereitet, ihre Rückkehr verändert werden, mochte auch die Partei in eine weniger günstige Stellung als die der Opposition gedrängt werden.
Die Unabhängigen lehnten ohne Rücksicht auf den unabfehbaren Schaden, den eine Rechtsregierung über Mecklenburg bringen muß, unsere Vorschläge furzerhand ab und übergaben uns ihrerseits Bedingungen, bei deren Aufstellung sie von allen guten Geistern verlassen gewesen sein mußten. In ihrem Schreiben heißt es u. a.:
die Widerstände der besitzenden Klassen gegen die Befreiung der arbeitenden Schichten in Stadt und Land können nur durch die proletarische Diktatur überwunden werden. Als Uebergang fommt für die 1. S. P. D. in Mecklenburg nu eine rein sozialistische Regierung in Betracht; bon der folgende Forderungen rückhaltlos anerkannt und tatkräftig durchgeführt werden:
Wir wußten, mit welchen Interessen und Vorurteilen zu kämpfen war, um Ermäßigungen zu erzielen. Wir sind damit einverstanden, daß sich die Regierung auf den Rechtsstand punkt stellte und dasjenige, was wie die Einmarsch= lausel, über den Vertrag hinausging, ablehnte. Die Behandlung der Militärfrage scheint mir nicht glüdlich. Der Argwohn in Frankreich ist nun einmal vorhanden und verständlich. Wir können nur wünschen, daß die ganze Reichswehr so rasch wte Die Reichswehr tann eigentliche möglich umgebildet wird. Ginmärsche nicht abwehren, aber doch regellose Einfälle, wie sie namentlich aus Polen von entlassenen Soldaten drohen. Jedes Gemeinwesen braucht eine Sicherung. Aber der Geist in Es war Frankreich schon in San Remo , Boulogne und Brüssel ge, der Reichewehr muß sich gründlich ändern. Die Form muß so Jungen, von England und Italien die Zustimmung zu einer Be- sein, daß eine Wiederbelebung des Militarismus unmöglich ist. fegung zu erlangen. Rechtlich hat die deutsche Delegation immer In der Kohlenfrage hat die Delegation nicht mehr erreichen den Standpunkt vertreten, daß die§§ 17 und 18 des Anner 2 tönnen, als was erreicht worden ist. Die Last, die dadurch den 1. Ronsequente sozialistische Politif, insbesondere Bewaffnung Teil VIII h nur auf wissentliches Vernachlässigen, ein Arbeitern aufgebürdet wird, ist unendlich groß. Aber der EinZurückbleiben in der Erfüllung der Vertragspflichten in Zusam-| marsch wäre doch viel schlimmer gewesen. Daß er vermieden der Hand- und Kopfarbeiter in Stadt und Land. Cofortige Gr menhang mit den Wiedergutmachungsverpflichtungen beziehen. wurde, ist zu begrüßen. Der heutige Bericht wirkt beruhigender, richtung bon örtlichen Arbeiterwehren durch Eingliederung organi Diesen Standpunkt hat die deutsche Delegation auch in Spa ver- als was wir in der Presse gelesen haben. Die Kohlenschie- sierter Arbeiter und Aegestellter treten und ist von ihm auch nicht durch Unterzeichnung der Ver- bunge.n, von denen der Minister gesprochen hat, sind ungeZerschlagung der deutschen Kleinstaaterei durf einbarungen abgewichen. Sie habe sich auch zu einer solchen Ab- heue lich. Kohle ist ein so wichtiges Voltagut, daß sie nicht Schaffung einer sozialistischen deutschen Einheitsweichung ohne Zustimmung des Reichstages nicht berechtigt ge- Gegenstand des Privateigentums sein tann, sie muß sozialisiert republik, Beseitigung, der Militärgerichtsbarkeit, Uebergabe der halten. Die deutsche Unterschrift deckt die sogenannte Drohtlausel werden, und von der Herrschaft der Syndikate befreit werden. Kapp- Putschisten an Volksgerichte, Entfernung der Reichswehr aus nicht, eine Tatsache, die von Lloyd George ausdrücklich anerkannt Wir haben den Feind im Land: das sind die Syndikate. Einzelne Mecklenburg und Auflösung der Reichswehr überhaup: wurde. Deutschland nimmt nur Kenntnis und verpflichtet sich zur Dinge sind vorgekommen, die unsere schärfste Kritik heraus- Aufbringung der Steuern durch die Besitzenden, völlige Be von dem Arbeitseinloyalen Durchführung der Bedingungen. fordern. Stinnes durfte nicht als Vertreter Deutschiands seitigung der Steuerabzüge In der militärischen Frage hatte die deutsche Regierung nach in Spa erscheinen. Er war die ungeeignetste Persönlichkeit. Woher wir in unserem Ländchen die Macht nehmen dem vorangegangenen Notenwechsel eine mündliche Verhandlung Ganz anders, eindrucksvoller war die Sprache des Arbeitervernicht erwarten können und hat daher erst die betreffenden notwen- treters Wir müssen Spa als eine Gtappe betrachten, die Aus- sollen, um unbefümmert um den Friedensvertrag digen Unterhändler, den Reichswehrminister Dr. Geßler, den Gesicht auf künftige, bessere Beziehungen zwischen den Völkern er- die Reichsverfassung und die Reichsgesetze derlei For neral von Seeckt und den preußischen Minister des Innern nach- öffnet. derungen durchzusetzen, mag außer den schlauen Unabhäntommen lassen, nachdem sich eine Möglichkeit zur Verhandlung ergigen vielleicht noch der Himmel wissen. geben hatte. Die von deutscher Seite vorgeschlagenen Fristen für Wir wünschen, daß die Vertreter Deutschlands als vollkommen Einen positiven Wert fonnten die Bedingunge die Verminderung der Reichswehr und die Durchführung der Ent- gleichberechtigt behandelt werden. Der Minister Simons hat recht, der Unabhängigen nicht besißen. Schon die Grundlag waffnung wurden nicht angenommen, immerhin sind die im Frie- daß es vor allem darauf ankam, den Ginmarsch zu verhindern. weiterer Verhandlungen, die rein sozialistische Regierung", densvertrag enthaltenen Fristen zu unserem Gunsten erheblich, Wir billigen es, daß die Regierung es abgelehnt hat, den ange- war nicht gegeben. Eine solche wäre noch vor der Geburt an wenn auch nicht genügend, verlängert. Bei den Gefahren, die ein drohten Einmarsch zu sanktionieren. Die Regierung hat das Not- der bürgerlichen Opposition gestorben. Nicht leichten Einmarsch in das, Ruhrgebiet bedeutet hätte, fonnte ein Abbruch wendige getan, um den deutschen Rechtsstandpunkt zu wahren. Herzens verzichteten wir deshalb auf weitere Bemühungen der Berhandlungen wegen der militärischen Frage nicht berant( Schluß auf der 3. Seite des Hauptblatts.) um die Bildung einer Linksregierung, nachdem auch noch
fommen."