Nr. 366 37.Jahrgang Ausgabe A Nr. 46
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Freitag, den 23. Juli 1920
Sforza über Spa.
Rom , 22. Juli. ( Stefani.) Der Minister des Aeußeren, Graf den Standpunkt seiner Arbeitsgenossen darzulegen, und man Sforza erklärte in Beantwortung mehrerer Anfragen über die hörte ihm mit Aufmerksamkeit und Achtung au. auswärtige Politik in der Kammer zur Kohlenfrage: Nach Im ganzen glaube ich sagen zu dürfen, daß Italien mit Spa dem Vertrage von Versailles hätte Italien Deutschland das Dar- zufrieden sein kann und daß wir die Konferenz als eine Ich verweigern können, das sich aus dem Unterschied glückverheißende Etappe auf dem Wege zu einer curs zwischen dem vom Friedensvertrage festgesetzten Mindestpreis und päischen Regelung ansehen können. dem wirklichen Preis ergibt, aber dann würden die deutschen Bergarbeiter nicht gearbeitet haben und hätte man, um Kohle zu erhalten, das Ruhrgebiet befehen müssen. Dies sei durch seine Vermittlung verhindert
worden.
Weiter sagte er: Im Anbeginn einer europäischen Regelung nach dem Kriege muß man nicht Wunder verlangen. Um zu einem Urteil über Spa zu gelangen, muß man vor allem an die Abgründe denken, die sich vor der Konferenz aufgetan hätten, wenn sie plöslich abgebrochen wäre, wie man es einmal befürchtet hat. Mein ganzes Bestreben lag darin, diese Gefahren zu vermeiden und Europa auf einen fruchtbareren Weg
zu führen.
Die Zerstörung des„ Avanti".
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Die Erklärung der deutschen Regierung, daß sie im Kriege zwischen Rußland und Polen und demzufolge auch im Kriege zwischen Rußland und der Entente ſtrenge Neutralität zu wahren entschlossen sei, ist in allen Kreisen der Bevölkerung gebilligt worden. Die Frage unserer Stellung zu diesem Krieg wäre mit dieser Erklärung restos gelöst, wenn wir auch die Gewißheit hätten, unsere Neutralität unter allen Umständen aufrechterhalten zu fönnen. Das ist aber leider nicht der Fall. Schon die Notwendigkeit, die ostpreußische Grenze gegen Einfälle versprengter Truppenteile der einen oder der anderen StreitTie römische Presse mit dem„ Avanti" solidarisch. macht zu schüßen, hat zur Gründung von OrtsSchwere Zusammenstöße in Rom und Turin . wehren geführt, eine Mitteilung darüber ist nach Paris Mailand , 22. Juli. Infolge der 3erstörung der Druckerei dazu stellt. Sie wird es jedenfalls gerne sehen, wenn die Mailand , 22. Juli. Infolge der Zerstörung der Druderei gegangen, man weiß aber noch nicht, wie sich die Entente des„ Avanti" haben alle Zeitungen in Rom dem sozialdemo- Russen daran gehindert werden, deutschen Boden als Auftratischen Organ ihre Druckereieinrichtungen zur Verfügung marschterrain gegen Polen zu benutzen, fie wird weniger daDie Leitung des„ Avanti" hat das Anerbieten des von erbaut sein, wenn auf deutsches Gebiet abgedrängte polgestellt. Blattes Epoca" angenommen. Trotzdem konnte der nische Truppenteile entwaffnet und für die Dauer des Kriegs Avanti" nicht erscheinen, da die Demonstranten die Zeitungs- interniert werden. Deutschland darf aber zwischen den Uniträger nicht herausfommen ließen. Die Demonstrationen nahmen formen keinen Unterschied machen, und wenn ihm gesagt einen äußerst heftigen baratter an. In ihrem Verlauf würde, daß die Erlaubnis zur Aufrechterhaltung der Ortswurden die beiden Deputierten Modigliani und Delaceiar wehren von einer Differenzierung seiner Unparteilichkeit zuverlegt. Modigliani trug eine so schwere Kopfberlegung davon, gunsten Polens abhängig gemacht werde, so müßte es dieses daß er ins Krantenhaus gebracht werden mußte. Anfinnen ablehnen.
Meine Kollegen auf der Konferenz sahen nämlich ein, daß meine Bemühungen und selbst die Einwände, die ich mehrmals gegen gewisse Anschauungen vorbrachte, dem herzlichen Wunsche entsprangen, die allgemeinen und gemeinsamen Interessen zu schüßen. Ich hoffe, daß das Werk von Spa Früchte tragen wird. Niemand ist vollkommen zufriedengestellt von Spa weggegangen. Keine der Großmächte war vollkommen zufrieden. Auf jeden Fall haben wir die Grundlagen zu einer europäischen Zusammenarbeit gelegt. Es fehlten auch nicht neue Erscheinungen in den Annalen der Diplomatie. So wurde der Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet zugelassen, um gehabt.
Vandervelde und die Kriegspolitik derS.P.D.
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Der Corriere della Sera " meldet, daß infolge derNachrichten aus Rom in Turin heftige Demonstrationen stattgefunden haben. Verschiedene Offiziere wurden schwer mißhandelt.
Nach einer Meldung römischer Blätter hat der infolge der Borgänge in Rom ausgerufene Protest streit teinen Erfolg
Schwäche sind sie an der Schreckenspolitik und der ErDas Hollandsch Nieuwsbureau veröffentlicht nachstehende oberungspolitit, welche die kaiserliche Regierung bis zum Meldung aus Brüffel, die einige Worte der Erläuterung un- Ende des Krieges in Belgien und Frankreich geführt hat, mit seinerseits bedarf. Der Parteivorstand der S. P. D. hat über schuldig geworden. Sie haben kaum ein Wort des Tadels über die Frage der Verantwortlichkeit am Kriege und die Stellung die Verschleppung der belgischen und französischen Arbeiter nahme unserer Partei eine Denkschrift verfaßt, die dem geäußert, während die Unabhängigen Sozialisten hingegen bevorstehenden Internationalen Sozialistenfongreß in Genf gegen diese neue Freveltat protestierten. Sie haben vorgelegt werden soll und von der eine Anzahl von Eremplaren den Frieden von Brest - Litowst genehmigt, sachlich zu diesem Zwede bereits dem Internationalen Bureau in unterstützt und dadurch eine Wiederaufnahme der internatioBrüssel zugesandt wurde. Da diese Denkschrift ausdrücklich für nalen Beziehungen unmöglich g'e macht. Dieses ist der den Genfer Kongres bestimmt ist, sollte mit ihrer Veröffent- Grund, weshalb die belgische Arbeiterpartei sich geweigert hat, lichung im Vorwärts" erst nach der Eröffnung des Kongresses nach Stockholm zu gehen. Solange die Sozialisten der Mittelbegonnen werden. Da nun mit Vanderveldes Entgegnung mächte nicht bereit waren, ihre Regierungen dazu zu bringen, die die, Polemik über dieses Tokument schon jetzt eingeleitet Bedingungen eines demokratischen Friedens anzunehmen, und die worden ist, werden wir mit dieser Veröffentlichung früher be- Mehrheitssozialisten diese Bedingungen selbst nich ginnen müssen. Deshalb auch werden wir auf die Argumente annahmen und sich von der kaiserlichen Politik losjagten, fonn und Behauptung Vanderveldes und anderer etwaiger Kritiker ten sie sich an der Novemberrevolution erst nach der Niederlage erit eingehen, wenn diese Publikation in unseren Spalten erfolgt jein wird.
Brüssel , 22. Julj.( Meldung des Hollandsch Nieuwysbureau.) Der sozialistische Minister Vandervelde wird in der berorstehenden Konferenz der zweiten Internationale in Genf einen Bericht über die Verantwortlichkeit für den Krieg abstatten. Dieser Bericht wurde gestern im allgemeinen Rat der belgischen Arbeiterpartei genehmigt. Er lautet:
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Ueberdies ist es klar, daß die im Entstehen begriffene Notorganisation nur regellose Einfälle kleinerer Truppenteile abwehren kann, daß sie aber nicht imstande sein würde, einem organisierten Einmarsch größerer Verbände Widerstand zu leisten. Ein solcher Einmarsch könnte nach Lage der Dinge nur von Rußland erfolgen, das derartige Absichten entschieden ableugnet. Hoffentlich sehen die Machthaber Rußlands auch wirklich ein, daß jeder Versuch, die von der Entente Deutschland aufgezwungene Ohnmacht zu mißbeeinflussen müßte.
brauchen, die Stimmung ihnen gegenüber aufs ungünstigste
Eine Erschwerung der Lage besteht ferner auch darin, daß Deutschlands . Grenzen im Osten noch gar nicht feststehen. Wohl hat die Volksabstimmung schon stattgefunden, aber die Grenzfestießung ist noch nicht erfolgt. Da das Abstimmungsgebiet unmöglich als herrenloses Land betrachtet werden kann, die Ententetruppen aber nicht in der Lage sind, die Neutralitätswacht zu übernehmen, ist das deutsche Verlangen durchaus berechtigt, daß die Ententetruppen nur zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern verwendet werden, der Schutz der äußeren Grenzen aber deutschen Truppen überlassen bleibt.
Noch problematischer als im Osten steht es mit dem Schuß der Neutralität im Westen. Deutschland befißt hier überhaupt keinerlei gesicherte Grenzen, wie ihm eben erst bei den Verhandlungen in Spa eindringlichst zu Gemüte geführt worden ist, und es steht hier, entwaffnet, einer so starken disziplinierten Waffenmacht gegenüber, daß der Gedanke an Gewaltproben von vornherein ausgeschaltet werden muß. Darum hat sich Minister Dr. Simons in feiner vorgestrigen Rede im Reichstagsausschuß für auswärtig: Angelegenheiten darauf beschränken müssen, zu erklären, daß jeder Verfuch der Entente, Truppen- oder Waffentransporte durch Deutsch land zu erzwingen, ein Bruch des Völkerrechts märe, während er zuvor für den Osten geiagt batte, auf deutschem Boden übertretende Truppen würden entwaffnet und interniert werden.
Nun ist der Gedanke aufgetaucht, den deutschen Neutralitätswillen durch eine gewerfichaftliche Aktion der Arbeiter zu stützen in der Weise, daß für die Leitung unneutraler Transporte durch Deutschland jede Arbeit verweigert werde. Dieser Gedanke ist prinzipiell zu begrüßen, Schwierigkeiten ergeben sich aber bei seiner Ausführung. Denn wenn nach Grindiäßen der Neutralität verfahren werden soll, dann muß genau unterschieden werden, welche Transporte neutralitätswidrig sind und welche nicht. Die Unterbindung jedes Verkehrs nach Polen , also die Blockade, würde nicht Aufrechterhaltung der Neutralität, sondern ihren Bruch zugunsten Rußlands bedeuten.
der deutschen Heere beteiligen. Sogar jetzt noch müssen wir feststellen, daß die doppelseitige Saltung vieler deutscher Sozialisten und ihr Zögern, öffentlich die Verantwortung für den Krieg anzuerkennen, nicht geeignet sind, uns Vertrauen einzuflößen, was für eine gemeinsame Aktion der anderen Länder gegen Militarismus und Imperialismus eine Vorbedingung ist. Es ist deshalb notwendig, daß, wenn die deutschen Sozialisten dies nicht genügend klar sehen, die Konferens " Die. Sozialisten der Zentralmächte haben in der ersten Kon- felbst die Verantwortlichkeit feststellt, und die Anerken ferenz 1915 anerkannt, daß die imperialistische Politit nung der begangenen Fehler verlangt, und auf aller Mächte indirekt mitverantwortlich für den der anderen Seite nichts unterlassen wird, was die deutsch e Weltkrieg gewesen ist. Wenn aber irgend eine Tatsache historisch sozialistische Einheit wiederherstellen kann, in der die feststeht, so ist es die, daß die Regierungen der Zentralmächte eingige tatsächliche und zweckmäßige Eicherheit gegen eine neue direkt für die Heraufbeschwörung der Katastrophe verantwortlich Offensive der reaktionären Elemente zu suchen ist." sind. Diese Verantwortlichkeit wurde außerdem früher von dem fozialistischen amtlichen Organ, dem Vorwärts", vor Kriegsende eingestanden. Die Denkschrift, welche die deutschen London , 22. Juli. Der Korresondent des„ Daily Expreß " in Sozialisten zur Rechtfertigung ihrer Haltung in Genf einreichen werden, läuft übrigens hinsichtlich ihrer eigenen Verantwortlich- Konstantinopel telegraphiert, daß im türkischen Kriegsministerium keit auf ein Plaidoyer für mildernde Umstände be- die Nachricht eingelaufen sei, die Griechen hätten am Dienssonders dadurch hinaus, daß sie auf ihren geringen Gin- tag vormittag Adrianopel besezt. Auf ihrem Rückzuge hätten die fluß auf die auswärtige Politit hinweist und auf die Türken Feuer in Adrianopel angelegt. Die Brücke zwischen Furcht, welche der russische Zarismus dem deutschen Tschataldscha und Lule Burgas sei zerstört worden. Volfe einflößte. Seit Kriegsanfang haben wir nicht gezögert, Athen , 22. Juli. Amtlicher Bericht. Heute früh lan- beiterklasse, darf aber feinen Zweifel daran bestehen lassen, diese mildernden Umstände anzuerkennen. Wir deten die Griechen Truppen in der Bucht von Sultantöjdaß wirklich jede wie immer geartete Einmischung zugunsten können zugestehen und haben das auch immer getan, daß die Heraklia und Rodosto in Ost thrazien. Die Landung des einen oder des anderen Teils vermieden werden soll. deutschen Sozialdemokraten sich im Anfang über die unmittel- wurde unterstützt durch englische und griechische Kriegsschiffe. Bei Tie Sympathien, die in einem Teil der Arbeiterschaft bare Verantwortlichkeit irren fonnten und im guten Glau der Ausschiffung in Seraflia, und Sultan töi wurde den für Kußland bestehen, und die entgegengelegten Gefühle, die ben darüber hätten sein können, daß der Krieg für sie, teilweise Griechen Widerstand entgegengesetzt. Heraklia und Sultanköj wur- die Entente einschließlich Polens durch ihre Gewaltpolitik wenigstens, ein Verteidigungskrieg war. Dies erklärt, daß sie den besett. Die Operationen und Ausschiffungen gehen im größten Teil unseres Volfes ausgelöst hat, dürfen daran miffast allen Stimmen die ersten Kriegskredite annehmen normal weiter. Die türkischen Truppen fliehen ins nicht das mindeste ändern. Nicht durch eigene Schuld dürfen fonnten, ohne daß dies aber ihre Haltung rechtfertigte. Innere. wir Deutschland der Gefahr aussehen, daß es zum Schlachtield Europas wird.
Durch die späteren Ereignisse ist es aber vom moralischen Standpunkt aus unmöglich gewesen, bei dieser Ansicht zu beharren. Rosa Luremburg, Liebnecht, Bernstein und die Unabhängigen haben sich von ihrer Partei getrennt. Die Mehrheitssozialisten hingegen änderten ihre Saltung nicht. Sie haben mu deinem einzigen Wort gegen die Verlegung der bei
Loudon, 22. Juli. ( WTB.) In Belfast wurden gestern abend und heute früh bei schweren Zusammenstößen zwischen Sinnfeinern und Unionisten drei Personen getötet und 80 verwundet, davon 40 schwer.
Die Kriege Rußlands sind die ersten, die nicht für den Sozialismus, aber mit einer sozialistischen Phraseologie geführt werden, so wie der Krieg der Entente gegen Deutsch land der erste war, der mit einer demokratischen Phraseologie geführt wurde. Es soll hier nicht näher untersucht werden. ob der Sozialismus Lenins echter ist als die Demokratie