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Mit dieser Antwort gab sich unser Genosse keineswegs zufrieden' Er wie« daraus bin. dag mit Leichtigkeit uud nursehr geringen Kosten die Räume zu Wohnungen hätte» einge» richtet werden können und betonte abermals die Gesetzwidrig» k e i t der Handlungsweise de« Wohnungsamtes. Da die Firma Lindström überdies dem Wohnungsamt andere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt habe, sei kein Grund vorhanden, ihr die Räume in der Schlefischen Strohe anzuweisen. In seiner Antwort wich da« Wohnungsamt geschickt aus und teilte lediglich mit,.dah«ine Kündigung der Räume der GaSrevier-Jnipektton durch Beschluß deS MietSeinigungSamteS IX als zu Recht bestehend anerkannt ist.' Soweit der Sachverhalt. Wir können uns der Argumentation unsere« Gewährsmannes nur vollinhaltlich anschlietzen und richten
die Fortsetzung üer Generalversammlung des Sozialöemokratischen Vereins öerlin findet am Dienstag, 6 Uhr, in de» M» s i k e r- sä len, Aaiser-WilhelM'Dtrafie 31, statt. — Die alte» Delegiertenkarte» legitimiere».—
unsererseits an das Wohnungsamt die Frage, ob sein Bescheid vom 12. J)lni daS letzte Wort in dieser Angelegenheit gewesen ist. Es darf versichert sein, dah e« aus diese Weise nicht im geringsten zur Linderuug der Wohnungsnot beiträgt und durch solch« Mahnahmen bei der Bevölkerung immer mehr den Eindruck erweckt, dah e» ent- weder seinen Aufgaben nicht gewachsen ist, oder sich von Grundsätzen leiten läht, die nicht dem Jnteresi« der All- gemeinheit entsprechen. Wir erwarten nicht nur, sondern verlangen, dah der Entscheid in dieser Angelegenheit ge« ändert wird und die Räume in der Schlestichen Str. 26a nicht der Firma Lindström, sondern der unter der Wohnungsnot schwer leidenden Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Schitsftmg automobiler Sprengwage«. Nachdem jüngst durch Gemeindebeschluh die Beschaffung von 40 elektromobilen Kehrmaschinen genehmigt worden war, um nach Ablauf de« Unternehmerdertrages über dre Bespannung der im Betriebe der Strahenreinigung stehenden alten Strohenkehrma'chinen am 1. April 1321 den automobilen Betrieb einzuführen, sollen nun auch die Kehr- Maschinen und die mit ibnen zusammenarbeitenden Sprengwagen mit automobiler BetriebSkrafl ausgerüstet werden. Für jede Kehrmaschine ist ein Sprengwagen erforder- lich. weil dem Kehren eine Besprengung des StrahendammS zum Aufweichen des Kehrichts und zur Niederhaltung des Staube« vor- angehen muh. Obwohl hiernach für die zu beschaffenden 40 Kehr- Maschinen auch 40 Sprengwagen erforderlich wären, und ein Ver- such die Zweckmähigkeit des Umbaues der für Pferdebespannung eingerichteten Sprengwagen ergeben hat, sollen au« Sparsam« keitSrückiichten und zur weiteren Erprobung zunächst nur fünfzehn Sprengwagen umgebaut und mit elektrischem Vorspann versehen werden. Diese auto« mobilen Sprengwagen würden sowohl nachts vor den Kehrmaschinen die Reinigung, als auch am Tage ohne sie die Besprengung der Steinpflasterstrahen besorgen können; sie erfordern aber bei dieser doppelten Ausnutzung alsdann auch die doppelte Anzahl von Batterien. Di« umzubauenden Wagen sind nur für die Verwendung auf den Steinpflasterstrahen in Aussicht genommen, da für die Besprengung der Asphaltstrahen 60 elektrische Strahenwafchmaschinen im Betrieb« sind. Die Kosten für die Umwandlung deS Pferdebetriebes der 16 Sprengwagen in den elektromotorischen werden voraussichtlich 1820 000 M. betrage«. deren Bewilligung bei der Stadtverordnetenversammlung vom Magistrat beantragt wird._ .Das Opfer einer Täuschang.' Bon dem Vertreter de« JugendamlSinipektorS. über besten Verfehlungen wir in Nr. S67 berichteten, erhalten wir folgende Zu» �.Es ist unwahr, dah zwischen den Klagen der nach Prero w verschickten Berliner Schulkinder über mangelhaft« Ernährung und den angeblichen Verfehlungen meine« Mandanten irgendein Zu- sommenhang besteht. Die« erhellt schon au« der Tatsache, dah die Beschaffung der Lebensmittel für die Kinder nicht dem siadtischen Jugendamte, sondern den Pflegeeltern obliegt. Unrichttg ,st weiterhin die Behauptung, dah mein Mandant sich an der L er- schiebung von Nahrungsmitteln beteiligt habe. In | einem Einzelfall bat er im Rabmen seiner Dien si befug-
« i s s e gutgläubig über einen kleinen Posten Kond«»«- milch im Interesse der Jugendpfleg« verfügt und ist hierbei bedauerlicherweise das Opfer einer Täuschung geworden.' Die Untersuchung wird ergeben, was an der von einer Karre- fpondenz verbreiteten Meldung über die Verfehlungen richtig ist.
5ür öela khun. Di« Unabhängigen hatten im Verein mit den Kommunisten die Berliner Arbeiterschaft am Sonnabendnachmittag zu einer Protestkundgebung gegen die Jnternierung Bela K h u n S in den Lustgarten gerufen. Schon in den ersten Nach- nrittagsstunden sah man teilweise sehr stark« Gruppen zum Ver- sammlungsort« marschieren. Di« grüne Sicherheitspolizei hatte die Grenzen des Bannkreise« stark besetzt, während sie im Lustgarten selbst nicht vertreten war. Zu den Versammelten sprachen bekannte Führer der linkSradi- kalen Parteien. Ihre Aufgabe wurde dadurch besonder» erschwert. dah»Ine Glocken der Reaktion', wie Ledebour die Domglocken nannte, in dem Augenblick zu läuten begannen, als die Redner das Wort ergriffen. Adolf Hoffmann protestierte gegen die Schmach, die er darin sah, dah Deutschland angeblich das Asylrecht verletzt hckbe. Diese Tat stehe am Anfang derjenigen, die die Reaktion noch plane. Der Auslieferung Khuns solle der Transport französischer und englischer Soldaten nach Polen folgen. Da« dürfe kein beut- scher Arbeiter zulassen. Ledebour, der von der Museumsfrei- treppe sprach, zog mächtig gegen die deutsche Regierung, die von der„von NoSke grohgepäppelten OffizicrSiamarilla' geführt werde. loS. Er appellierte an die deutscheu Eisenbahner, Transporte von Ententesoldaten nicht zu befördern, und kündigte an. dah die deutsche Arbeiterschaft unter Umständen mit Hilfe deS General- st r e i k S Bela Khun« Freilassung erzwingen werde. Wiederholt kam e« zu lebhasten Auseinandersetzungen zwischen Unabhängigen und K.Ä.P.D.-Leuten. Die letzteren warfen den unabhängigen Führern Lauheit und Unentschlossenheit vor und forderten sofortigen Generalstreik. Richtlinien für kommunale BesokdungSreforme» find vom Deutschen Gtädtetage aufgestellt. Da» Preuhischr Beamten- diensteinkommengesetz lag zugrunde. ES wurde eine Muster- besoldungSvorschrist für städtisch« Beamte ausgearbeitet mit De- stimmungen de« genannten Gesetzes, die sich zur Uebernahme auf das städtische Beamtenverhältnis eignen. Bei Erörterung der Frage, in welcher Weife die verschiedenen Gruppen der städtischen Beamten in den staatlichen BesoldungStarif einzugliedern feien, ergab sich die Unmöglichkeit, die Einrethung einheitlich für das Gebiet des Reiche« oder auch nur de« Preuhifchen Staate« zu bewerkstelligen. Zur Ergänzung der in der.Muster- besoldungSvorschrist' empfohlenen Regulierung der Bezüge der aktiven städtischen Beamten ist ferner von der Zentralstelle de« Städtetage« ein Borschlag für ein preußisches Ortsstatut über Ruhegehalt und Hinterbliebenenbezüge ausgearbeitet worden. Der Magistrat Berlin hat den Beschlüsten der Großen Depu- tation über die Regelung der Tarife der städtischen Arbeiter zugestimmt. Die Siadtverordneten werden sich in ihrer nächsten Sitzung, die voraussichtlich schon am Donnerstag. den 6. n. Mt«. stattfinden wird, mit den Abmachungen beschäftigen: Beschlagnahme und Anzeigepflicht von Luftfahrzeuggerät. Di« Durchführung des Protokolls von Spa, vom S. Juli 1920, macht es erforderlich, die bis zum 16. August 1920 im Deutschen Reichs- anzeiger Nr. 137 vom 24 Juni geforderte Anmeldung von Luftfahrzeugmatecial bereits auf den 6. August 1g20 zu verlegen. Die Abänderung der Bekanntmachung ist im Deutschen ReichSanzeiger Nr. 162 vom 28. Juli erschienen. Bei Nichteiu» Haltung der Frist wiiio unverzüglich Strafverfolgung eintreten. I» ZirknS Busch gibt et ein neues Programm. Di« Darbietungen haben einen hohen künstlerischen Wert und bringen so ziemlich daS neueste auf dem Gebiete der S r t i st i k. Auf M a r g a Behrwalls aufregende Todespromenade folgen gymnastisch« Akte von unendlicher Komik; die Kunstradfahrer Geichwister I o n n tz find reizender Grazie voll, auch in den gefährlichsten Situationen. Auch Ha go und Pepita mit ihrem Musikalakr gefallen sehr. Der lebende Pr opeller der 2 Mandro ist an Tollkühnheit wohl da« verwegenste, was je auf dem Gebiete der Lustgymnosiik geleistet wurde. Geschwister Weis« als Kopf- auf- Kopf« Künstler find, wie das Programm sehr richtig sagt, ohne jede Kon- kurrenz. Den Balanceakt der Perla» muh man gesehen haben, um es überhaupt zu glauben, da« so etwa« möglich ist. Abgeschlossen wird da«.mustergültig« Programm durch ein« hoch- komische Pantomime.Alle« wegen der Wohnungsnot'.
SroßGerün Sruüer Arbeiter. Das; deine Hände hart sind und hätzlich, und die meinen weich und schön, sieh, du mutzt deswegen nicht bitter werden. Bruder Arbeiter; mich dünkt, deine Hände sind schön als Zeugnis der Arbeit! Datz deine Kleider schmutzig sind' und rauh, und die meinen sauber und modisch, sieh nicht scheel. Bruder Arbeiter; mich dünkt, deine Kleider sind reich mit den schmückenden Spuren der Arbeit! Datz dein Körper gekrümmt ist von Lasten und mürbe. und der meine gepflegt und schlank, wirs's mir nicht vor. Bruder Arbeiter; mich dünkt, dein Körper hat Adel und Würde durch Qualen erkauft! Latz von dem Mitztrauen, ich fühle wie du; latz von dem Tadel, ich schaffe gleich dir am Bauplatz der Zeit; nicht leichter, nicht froher. Auch ich bin dein Bruder und strebe das Schöne des Lebens für alle zu schaffen. Nicht Hartes uns allen auf- zubürden ist das Ziel, denn einem jeden die Güter des Lebens zu ermöglichen; Erreichtes nicht zu vernichten. Es mutz eine Zeit kommen, in der wir alle wie Brüder leben, freundlich zueinander, sorglos und froh. Es mutz eine Zeit kommen, in der es keine Ueberhebung gibt, keinen falschen Stolz, keinen Hochmut, wo sich die Menschen als Gleiche begegnen, stolz nur auf die Arbeit. Es muß eine Zeit kommen, in der alle Völker ein Christentum eint im Sinne des Christus, nicht im Sinne einer Lehre, bis vergewaltigt wurde, das Morden zu heiligen. Es mutz eine Zeit kommen, in der wir alle geeint sind und glücklich; ein Zeitalter. daS die Fehler und Sünden oller vergangenen Geschlechter tilgt und das unendliche Leid unserer Tage mit Frieden und Glück aufwiegt. Ich strebe und helfe als einer unter Millionen am Bauplatz der Zeit, in meinem Beruf, in Arbeit, wie du, Bryder Arbeiter. Datz meine Hände weiß sind und glatt, datz meine Kleider weich sind und schön, datz mein Körper gepflegt ist und schlank, sieh mich nicht bitter an, Bruder Arbeiterl L. Seidel.
Wohnungsamt und Wohnungsnot. Nicht nur die Klagen über die Wohnungsnot, sondern auch über die Wohnungsämter nehmen kein Ende. Man gewinnt sehr osl den Eindruck, als ob in einigen dieser Aemter Leute sähen, die gcoheS Interesse daran baben, die Wohnungsnot zu steigern, s:air zu mildern. Alle Klagen und Beilbwerden waren bisher nicht imstande,«iniaermahen geordnet« Verhältnisse auf dem WobnungS- markt zu schaffen. Wir sind leider nickt in der Lage, die uns zahl- reich zugehenden Klagebriese der Oeffentlichkeit zu unterbreiten. An? einem Schriftwechsel aber, der ein bezeichnende« Lickt auf die Tätigkeit des Wohnungsamtes Berlin wirst, wollen wir doch einiges der Oeffentlichkeit unterbreiten. In dem Hause Schlei ische Straße 26» war dre 21. Sie- pierinspeltion der Städti'chen Gaswerke untergebracht. Diese Räüme. die vorher zu Wohnzwecken benutzt wurden, räumte die Inspektion am 21. Juli. Anstatt nun die leergewordene Wob- nung, wenn nötig, umzubauen und einer wohnungSlosen ffainilie zur Verfügung zu stellen, wurde sie der Firma Carl Lind- ström A.-G.. Berlin , zu Bureauzwecken überwiesen. Das Gesetz bestimmt bekanntlich, dah lreiwerdende Bureau« a u«- schlietzlich Wohnzwecken zuzuführen sind. Da« Wohnung«- amt hat also offenbar gegen diese Gesetzesvorschrift verstotzen. Daraus wurde e« von einem unserer Genossen, der al« Angestellter der Städtischen Gaswerke die Angelegenheit bearbeitete, aufmerksam gemocht. Darauf antwortete da« WobnungSamt, dah au« den frei werdenden Räumen.nur mit sehr erheblichen Kosten Wobnungen hätten geschaffen werden. können'. Es wieS darauf hin. dah die GaSrevierinipektion in einem ehemaligen Restaurant untergebracht worden sei. und dotz die Firma Lindström als Ausgleich ander«. ihr zur Verfügung siebende Räume.zur Verfügung gestellt' habe. so dah alio für da« WohnungSaml' kein Grund bestand, Einspruch zu erheben'.
„0] Segen öer Cröe. Roman von Knut Hamsun . Arel Ström merkte, daß er wieder in Gefahr war; er bcgegneie, als er aufsah, nicht einem einzigen Bück, aller Augrn hingen an dem Redner. Aber ganz hinten im Saale satz Mitzler wieder, er sah äußerst überlegen aus. als ob er Platzen wolle vor Hochmut, mit seiner vorgeschobenen Unter- lippe und mit gen Himmel gelvondtein Gesicht.. Ties« un- geheure Gleichgültigkeit gegen den Ernst des Gerichts, dtetes laute gen Himmel gesandte„Hm" wirkt« ermunternd auf Axel, er fiihlte sich wieder der ganzen Welt gegenüber nicht mehr allein....... Und nun kam endlich die Sache ins Blei, dieser Staats- anwalt schien endlich zu der Einsicht zu kommen, daß es nun genug sei, er hatte soviel Bosheit und Verdacht gegen Axel verbreitet, als irgend möglich war, nun hielt er inne.-ja, der Herr Staatsanwalt wachte gewissermaßen vollkommen Lehrt, er beantragte nicht einmal Barbros Verurteilung. Er sagte zum Schluß gerade heraus, daß er selbst nach den vor- liegenden Zeugenaussagen nicht die Verurteilung der Ange» klagten beantragen könne., Das ist ja sehr gut, dachte Arel. Dann hat bte Getchichte ein Ende. Nun legte sich der Verteidiger ins Zeug, ein junger Mann, der die Juristerei studiert hatte und dem nun in diesem Prächtigen Fall die Verteidigung anvertraut worden war. Es war auch nachher nur eine Stimme darüber, noch niemals fei ein Mann so sicher gewesen, daß er eine Un- schuldige verteidigte. Im Grunde war ihm diese Frau Schultheiß Heyendahl zuvorgekommen, ste hgtte ihm am Vor- mittag verschiedsne Argumente gestohlen, er war sehr unzu- frieden damit daß sie die Gesellschaft ausgenützt hatte.— O diese Gesellschaft batte auch bei ihm sehr viel auf dem Kerbholz! Er war ärgerlich auf den Vorsitzenden, daß er Frau Heyerdohl das Wort nicht entzogen hatte. Dys war ja eine ganz richtige Verteidigungsrede gewesen, die sie gehalten hotte; was blieb da ihm noch übrig? Er fing mit dem allerersten Anfang von Barbro Bredes Lebenslauf an: sie stammte aus kleinen Verhältnissen. übrigens von strebsamen und achtungswerten Eltern, sie sei frühzeitig in den Dienst gekommen, und zwar zuerst zu dem
Schultheiß.„Wir haben heute die Ansicht gehört, die ihre Diensthörrin, Frau Heyerdahl , von ihr hatte, sie könnte nicht ftrdblenber sein." Dann sei Barbro nach Bergen gekommen. Der Verteidiger verbreitet sich eingehend über das sehr wohl- meinende Zeugnis, das ihr von den beiden Kontoristen in Bergen, bei denen sie eine Vertrauensstellung eingenommen hatte, ausgestellt worden war. Dann sei-Barbro wieder heimgekommen, als Haushälterin bei einem Junggesellen draußen im Oedland. Hier habe ihr Unglück angefangen. Von diesem Junggesellen habe sie ein Kind unter dem .Herzen getragen. Ter geehrte Herr Stäatsanwalt habe übrigens aus die allertaktvollste und schonendste Weise— die Möglichkeit einer Gelmrt im geheimen angedeutet. Ob Barbro ihren Zustand verborgen, ob sie ihn verhehlt habe? Die beiden Zeuginnen. Mädchen aus ihvcm Heimatdorf. hätten gemeint, daß sie guter Hoffnung sei, und als sie sie fragten, hatte sie durchaus nicht geleugnet, sie fei nur kurz darüber weggegangen. So machten es junge Mädchen in diesen Fällen, sie gmgen kurz darüber weg. Sonst fei Barbro überhaupt von ntemand gefragt worden. Ob sie zu ihrer Frau gegangen sei und ihr gebeichtet habe? Sie habe keine Frau gehabt, sie sei selbst die Frau gewesen. Einen Haus- Herrn bobe sie allerdings gehabt; aber so ein junges Mädchen gehe mit einem solchen Geheimnis nicht zu ihrem Herrn, sie trage ihr Kreitz allein, sie spreche nicht davon, sie flüstere nicht einmal sie sei«in« Trappisttn. Sie perstecke sich nicht, aber sie holte sich in der Einsamkeit. Das Kind iverd« geboren, es sei ein ausgetragener und wohlgebildeter Junge, er habe nach der Geburt gelebt und geatmet, aber er.sei erstickt. DaS Schwurgericht Lenne die näheren Umstände bei dieser Geburt, sie sei im Waffer vor sich gegangen, die Mutter sei im Wasser gefallen und habe dort geboren, sie sei nicht imstande gewesen, das Kind zu retten, sie habe liegen bleiben müssen und sich selbst erst nach? her ans Land retten können. Nun gut. an dem Kinde sei kein« Spur von ihm angetaner Gewalt zu entdecken gewesen, es trage keine Spuren davon an seinem Leibe, niemand habe seinen Tod gewollt, es fei im Wasser erstickt. Es sei gar nicht möglich, eine natürlichere Erklärung für seinen Tod zu finden. Der geehrte Herr Staatsanwalt habe aus ein Kleidungs- stück hingedeutet: das sei ein dunkler Punkt, daß sie dieses halbe Hemd mit auf ihren Gang genommen habe. Aber nichts sei Hauer als diese Dunkelheit; sie habe den Lappen
mitgenommen, um Wachholderreis darein zu sammeln. Sie hätte ja auch— sagen wir einmal einen Kissenbezug— mit- nehmen können, aber sie habe nun einmal das Stück Hemd mitgenommen, etwas habe sie ja doch haben müssen, sie hätte das Wacholderrets nicht in den Hgnden heimtragen können. Nein, hierüber könne sich das Gericht vollständig beruhigen. Aber es gäbe da noch einen anderen Punkt, der nicht ganz so klar sei. Ob der Angeklagten die Unterstützung und die Sorgfalt zuteil geworden sei, die ihr Zu stand zu jener Zeit verlangt«? Ob ihr Hausherr gewußt habe, daß sie ge- schont werden mutzte? Schön, wenn er es getan hotte. DaS Mädchen habe hier während des Verhörs mit Anerkennung von ihrem Hausherrn gesprochen, daS dgute auf eine gute und edle Gesinnung von ihm. Der Mann selbst, Axel Ström, habe in seinen Aussagen die Beklagte durchaus nicht belastet — und darin habe er auch ganz recht getan, um nicht zu sagen klug._ denn_ mit ihr würde auch er freigesprochen werden. Möglichst diel Schuld auf sie zu werfen, würde ja, wenn es zu ihrer Verurteilung führte, ihn selbst mit ins Verderben reißen. Es sei unmöglich, sich in der vorliegenden Sache in die Akten zu vertiefen, ohne vom tiefsten Mitleid mit diesem Mädchen und ihrer Verlassenheit ergriffen zu werden. Und dennoch habe sie nickt nötig, die Barmherzigkeit anzurufen. sie wende sich nur an die Gerechtigkeit und das Verständnis. Sie und ihr Hausherr seien gewissermaßen verlobt mitein» ander, aber Uneinigkeit und entgegengesetzte Interessen schlössen die Ehe aus. Bei diesem Mann könne dieses Mädchen in der Zukunft nicht das Glück finden. Es sei nicht ange- nehm, davon zu reoen, aber um noch einmal auf daS mitge- nommene Kleidungsstück zu kommen, wenn man der Sache näher trete, so habe das Mädchen nicht eines von ihren eigv- nen, sondern eines von den Hemden ihres Hausherrn mitge- nommen.„Wir haben uns selbst gleich zu Anfsng gefragt? War ihr dieses Hemd von ihm zur Verfügung gestellt war- ben?" sagte der Verteidiger.„Hier, meinten wir, könnte eine Möglichkeit herausschauen, daß der Mann Axel die Hand mit im Spiel gehabt habe." „Hm!" machte es hinten im Saale. DaS klang so h«t und laut, daß der Redner innehielt, oller Lugen suchte» nach dem Urheber dies« Unterbvechung. und der Vorfitzende schleu- derte einen scharfen Blick nach jener Richtung. sForts. solgt.)