Nr. 235
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Vorwärts
11. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Dienstag, den 9. Oktober 1894.
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Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
Zum Attentat
herigen landesgefeßlichen Gesindeordnungen fernerhin anzuwenden sind, und in wie weit das neugeplante Reichs
gesetz Blat greift.
Das Wesen eines jeden Gesindeverhältnisses ist darin das wir vor Kurzem( in Nr. 228) im Anschluß an einen diesbezüglichen Aufsatz des Genossen Dr. Quard im„ Sozial- gefunden worden, daß einmal das Gesinde seine Dienste diesbezüglichen Aufsatz des Genossen Dr. Quarck im Sozial- einem bestimmten Hauswesen widmet, und daß weiterhin politischen Zentralblatt" besprochen haben, erhalten wir ber Gesindevertrag die volle Arbeitskraft des Gefindes für jetzt eine Berichtigung" des Rechtsanwalts Suchsland in die Herrschaft in Anspruch nimmt. Halle a. S. Dieser Herr wurde bereits vom Genossen 4. Unrichtig ist, daß in der Begründung, wie der Artikel Dr. Quard als Urheber des fraglichen Gesezentwurfes, der behauptet, stände, formelle Bedenten hätten obgewaltet, bekanntlich mit einer Empfehlung des Deutschen Land- als man die Gesinde- Ordnung in die Regelung herüber wirthschaftsraths jetzt beim Bundesrath liegt, genannt. Wir fügten, wie es scheint irrthümlich, hinzu, daß Rechts- genommen habe." Vielmehr steht darüber wörtlich Folgendes anwalt Suchsland mit dem Vorsitzenden des Bundes in der Begründung des Geseßentwurfs: Der vorliegende Gesezentwurf soll lediglich ein Spezialder Landwirthe identisch ist. Dies scheint nicht gesetz sein. Ebenso wie die Gewerbe- Ordnung die speziellen richtig zu sein. Von anderer Seite uns Verhältnisse der Industrie zusammenfaßt, soll durch dieses geschrieben, daß Herr Suchsland wahrscheinlich mit dem Gesetz eine einheitliche Regelung für das Deutsche Reich, durch die Chikanirung von Sozialisten und Prozeßsucht für das Arbeiterrecht der Landwirthschaft ins Auge gefaßt be- rühmten ehemaligen Wurzener Gemeindebeamten Suchs- werden. land identisch sein soll. Wir mögen uns nun in der Person des Herrn Suchsland geirrt haben, aber in der Kritik seines Gefeßentwurfes behalten wir Recht, trotz der langen Be richtigung die uns zugeht, und die wir hier zum Abdruck bringen:
bestimmt. Hieraus folgt, daß die alten Gesinde- Ordnungen völlig in Kraft bleiben sollen.
6. Unrichtig ist, daß nach dem fraglichen Gesezentwurf die Ortsbehörden unter einander die Angaben über ab- und anziehende Landarbeiter austauschen sollen, wie sie die Strafregister über Verurtheilte führen. Vielmehr lauten die Bestimmungen des Gesetzentwurfes wörtlich folgendermaßen:
Die Ortsbehörden sind verpflichtet, die Anfragen über den Anfenthalt von Personen innerhalb ihres Gemeindebezirks mit möglichster Bestimmtheit eventuell nach stattgehabter Nachfrage, spätestens binnen drei Tagen zu beantworten, sofern der Grund der Anfrage angegeben ist. Die Behörden, welche die Listen der Krankenkassen führen, müssen der Ortsbehörde darüber Auskunft geben, wo und bei wem der Arbeiter in Arbeit steht. Kommt der Arbeiter aus einem anderen Landbezirk, so muß die Ortsbehörde des neuen Arbeitsverhältnisses von Amtswegen der Ortsbehörde des früheren Arbeitsverhält nisses vom jezigen Aufenthalte des Arbeiters Nachricht sichtlich außer Betracht. Einmal würde dies den Umfang Die Regelung der Gesindeverhältnisse bleibt dabei ab- geben. der Arbeit erheblich vermehren und die Schwierigkeiten, die wie der Artikel behauptet, vorgeschrieben werde, daß das 7. Unrichtig ist, daß in dem fraglichen Gesezentwurf, dem Gesetz sich bei seiner Verwirklichung in den Weg Arbeitsbuch die Personalien und den Lebenslauf stellen werden, in völlig unnöthiger Weise, vielleicht sogar des Arbeiters lückenlos verzeichne. Vielmehr soll das ,, 1. Unrichtig ist die Behauptung, daß den fraglichen von an sich befreundeter Seite, vergrößern. Zwar ergiebt Arbeitsbuch lediglich enthalten, einen zeitlichen Vers Gesezentwurf, welchen- der gedachte Artikel bespricht, der sich ein näheres Studium der mannigfaltigen Gefindejetige Direktor des Bundes der Landwirthe aus- Ordnungen, wie sie im Deutschen Reiche bestehen, daß gearbeitet habe. Der Verfasser des angegriffenen der Inhalt derselben in den wesentlichen Punkten überGesetzentwurfs ist vielmehr der Einsender dieser Berich- einstimmt und deshalb eine einheitliche gesetzliche Regelung, igung. die ein einheitliches formelles Recht auch auf diesem Ge2. Unrichtig ist, daß der angegriffene Gesetzentwurf biete schaffen würde, keineswegs unmöglich ist. Nichtsdestojorgfältig geheim gehalten worden sei. Vielmehr ist der weniger würden vermuthlich bei dieser Materie partitufelbe im Buchhandel bereits erschienen, und können Sie den laristische Anschauungen mit Zähigkeit festgehalten werden. selben von der Verlagsbuchhandlung F. Telge, Berlin SW. 61, Deshalb erscheint es richtiger, diese Rechtsmaterie im Einin beliebiger Anzahl beziehen. zelnen außer Betracht zu lassen.
3. Unrichtig ist die Behauptung, daß in dem Gesetzentwurf verlangt werde, daß der ganze Körper" des Gefindes jederzeit zur ausschließlichen Verfügung" der Herr schaft stehe. Dies ist ein Verlangen, das der Artikelschreiber aus seiner eigenen Phantasie geschöpft hat. Viel mehr steht wörtlich in dem fraglichen Gesezentwurf Folgendes:
mert
über den Eintritt in das Arbeitsverhältniß, einen zeitlichen Vermerk über den Abschluß des Vertrages, über den Austritt aus dem Arbeitsverhältniß und einen Vermerk der Behörden über die zeitliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Rechtsanwalt. Suchsland."
Ein seltsames Gemisch von Scham vor der eigenen, so unvermuthet an die Deffentlichkeit gezogenen That, die 5. Unrichtig ist, daß der mehrgenannte Gesezentwurf sich in nutzlosen Bemäntelungsversuchen äußert und advo anstrebe, mehr von dem Gesinde zu verlangen als die bis- tatorische Wortklauberei, die beim Volke nur komisch wirken herigen Gesinde Ordnungen, insbesondere daß die Be- kann! Eine Anwandlung von Scham hat zunächst die ftimmungen der 1844er Gesinde- Ordnung für die Rhein - Ziffer 3 diktirt. Hier zitirt unser neuer Herr Mitarbeiter provinz gelindere Bestimmungen enthalte, als der fragliche wohl die, Begründung", wohlweislich nicht den Wortlaut seines Gesetzentwurf. Gesetzes. In letzterem heißt es aber ausdrücklich, daß das Bielmehr steht in dem fraglichen Gesezentwurf wörtlich Gesinde seine ganze Arbeitskraft der Dienstherrschaft z u Der§ 9 enthält die Begriffsbestimmung des Gesindes. folgendes: jeber Beit... zur ausschließlichen Verfügung Da das Gesinde nicht unter das geplante Gesetz fallen soll, Der nähere Ausbau dieses Rechtsverhältnisses( nämlich stellen" soll. Es ist ja recht erfreulich, daß man auf jener so ist es nöthig eine feste Begriffsbestimmung aufzustellen, des Gesindeverhältnisses) wird im übrigen durch den besonderen Seite diese Ungeheuerlichkeit als dasjenige erkennt, was sie Damit Klarheit besteht, auf welche Personen die bis- Inhalt einer jeden einzelnen landesgeseßlichen Gesindeordnung ist; aber unser Sch I uß aus jener Gesetzesstelle, daß damit
Feuilleton.
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auf die schmählichste Weise durch eine jener unsauberen Hand schenkt, anstatt einer strengen Bestrafung des An Manifestationen, welche man Zivilbegräbnisse nennt, be- geklagten, seine Freilassung bewirken kann. Also wie 7 schimpft. Der Mensch, welchen man auf solche Weise in man auch die Sache wendet, alles geht gut und ich werde die Erde scharrte, wie einen Hund, war, wie unsere Leser Gesandtschafts- Attaché."
Erinnerungen eines Kommunarden. erraten werben, ein aus dem Bagno entſprungener Re
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Weißt Du, daß das eine glückliche Eingebung war, die dieser Journalist da gehabt hat?"
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Man hat ihm ganz leise geholfen," warf Lucien mit einem Anflug von Dünkel ein.
" Wie, mein Sohn, Du wärst es, welcher--?" " Ich wollte es Ihnen verbergen Mama; aber Ihre Scharfsicht hat meine Bescheidenheit durchschaut und es bleibt mir nichts übrig, als es einzugestehen."
" Mein Sohn, Du wirst ein Talleyrand sein!" " Liebe Mutter," erwiderte der Baron, sich in die Brust
publikaner, welcher direkt aus Cayenne tam, wie man verAus dem Französischen von Jakob Audorf.. fichert. Die aufrührerischen Reden, der Ruf zu den Waffen, Die Mutter eines Diplomaten. Drohungen, alles mit Blut und Feuer zu verwüsten, wurden Welcher Standal! Welche Schande für unsere Familie, nicht gespart. Ein junges Mädchen, welches anwesend war, wenn Du nicht da gewesen wärest, ihren Ruf zu retten! man weiß nicht, weshalb, fiel bei Anhörung dieser Reden Und gezwungen zu sein, eine solche Fluth von Schmähreden in Ohnmacht, Reden, welche allen ehrbaren Leuten die Haare anhören und einer solchen Aufwiegelei beiwohnen zu müssen? zu Berge steigen machten. Es geschah gewiß auch nur für Dich, Lucien, und um Man erzählt, daß ein junger Mann aus guter Familie, Deinen Traum des Glückes nicht ganz unmöglich zu machen. verführt durch Freunde und Bekannte, sich ernstlich komO, diefer Jacques! Hat man jemals dergleichen erlebt?! promittirt hat. Er war, so sagt man, betrunken. So werfend, ich erinnere mich immer des tiefsinnigen Wortes, Ich glaube das Kind ist durch die Amme ver wenigstens schüßen die Bekannten vor, welche troftlos über welches Pascal über die Jesuiten ausgesprochen hat:" Sie tauscht worden. Ich erkenne mein Blut nicht wieder, einen solchen Standal find. Aber man wird Mühe haben, sprechen wenig, schreiben nicht und intriguiren viel." das Blut der Meylan , welche niemals etwas zu thun das Auge der Gerechtigkeit zu täuschen, welches immer um in jetziger Beit sich vorwärts zu bringen, darf hatten mit dem Aufruhr, der Anarchie, Plünderung, Mord." wachsam die Feinde der Gesellschaft bedroht" man sich nicht blosstellen, weder in Worten noch in Mäßigen Sie sich, theure Mama," unterbrach Achtung, das Ende ist ausgezeichnet, mein Ehrenwort! Thaten; man muß nur die mehr oder weniger vers falbungsvoll der Baron den Redeſtrom der Empörten, es„ Einige Verhaftungen ohne Bedeutung wurden vor- borgenen Triebfedern kennen, mit denen man die ist noch nicht alles so hoffnungslos und vielleicht können genommen." Menschen in Bewegung sett. Um Erfolge zu erringen, wir noch vieles wieder gut machen." Ah! diese Redakteure, das find Leute," rief meine heißt es nicht mehr mit Dante: Nur Kühnheit! Wohl Wie das, mein Sohn?" stieß Madame Meylan leb- Mutter aus, welcher Schwung, welche gerechte Ent- aber: Verstellung, noch einmal Verstellung und immer Verhaft hervor, vor Begierde sich aus ihrem Sessel, in dem sie rüstung!" stellung!" lang ausgestreckt lag, emporrichtend. Begreifen Sie jetzt, daß wir gerettet sind und das Mit diesem Schlußeffekt verließ der Baron seine würdige Der Baron holte aus seiner Tasche eines der Blätter, Kapitol ersteigen werden?" Mutter, welche ganz geblendet, stolz ihrem geliebten Sohne Aber wie das?" welche Leute von Ehre höchstens mit einer Zange anfassen, nachschaute,- eines der Journale, welche ihr Dasein durch ihre geistige" Sehr einfach. Infolge dieses Artikels wird Jacques Prostitution fristen. Er entfaltete das Blatt langsam und verfolgt und verurtheilt werden. Dann bin ich eines Nebenmit einer Wichtigkeit, als wenn er ein Gebetbuch öffuete, buhlers entledigt." begann er: Aber Sylvia liebt Jacques?"
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Am nächsten Tage, als unsere Aufregung etwas gelegt und ich Sylvia nach einem kurzen Spaziergange wieder in ihr Hotel begleitet hatte, fand ich es für nöthig, eine ernste Unterredung mit meiner Mutter zu halten und lenkte meine " Ergößen Sie sich, liebe Mama, indem Sie diese" Sylvia ist noch ein Kind und die Liebe junger Schritte in die Rue Turenne au Marais , in welchem ausgezeichnete Stelle anhören und Sie werden mir Mädchen beruht hauptsächlich auf hingebende Aufopferung. ernſten ſchweigsamen Viertel meine nächsten Verwandten", fagen, ob der Inhalt nicht gediegen ist. Die Echos von So wird sie auch den Gegenstand ihrer Liebe opfern, wenn wie man sagt, eine ihren Verhältnissen nach fein einBaris" schreiben:" Heute wurde das Gewissen des Publikums man ihr zu verstehen giebt, daß ich, wenn sie mir ihre gerichtete Wohnung inne hatten. In der Straße begegnete
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