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Nr. 381 37.Jahrgang Ausgabe B Nr. 53

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Telegramm- Adreffe:

Sozialdemokrat Berlin ".

Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3.

Wernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 15190-15197.

Sonnabend, den 31. Juli 1920

Die Entwaffnung der Zivilbevölkerung

Deutscher Reichstag.

15. Sibung. Sonnabend, den 81. Juli, vormittags 11 Uhr. Am Regierungstisch: Koch . Gingegangen ist ein Schreiben des Reichsverkehrsministers Gröner, wonach den Wünschen des Reichstages entsprechend ein Ausschuß zur Prüfung der technischen und finanziellen Verhält niffe der Reichseisenbahnen eingejezt worden ist. Ihm sollen neben Verkehrssachverständigen 12 Reichstagsabgeordnete und 12 Mitglieder des Reichswirtschaftsvats angehören..

der Regierung Antwort auf die Frage, ob auch diese Selbst­schuk berbände unter die Wohltat des§ 2 des vorliegenden Gefeßentwurfs fallen. Die Selbstschutzverbände haben beschlossen, sich einer Entwaffnung mit Gewalt zu widersetzen und fie fin­den dabei die Unterstützung der Wehrtreisfommandos. Der bayerische Ministerpräsident von Kahr will es jogar auf einen Bruch mit dem Reich

BO

Vorwärts- Verlag G.m.b. H., SW. 68, Lindenstr. 3. Fernsprecher: Amt Moritplats. Nr. 117 53-54.

Moskauer Thesen.

Das Exekutivkomitee der dritten Internationale ver­öffentlicht seine Thesen zum zweiten Kongreß der Moskauer Internationale. Die erste dieser Thesen lautet:

Die Kommunistische Partei ist ein Teil der Arbeiterklasse. und zwar ihr am meisten vorgeschrittener, ihr klassen­bewußtester und darum auch revolutionärster Teil. Die Kommunistische Partei entsteht durch die natürliche Aus­wahl der besten, flassenbewußtesten, selbstlosesten, woitsehendsten Arbeiter. Die Kommunistische Partei hat ankommen lassen, um inter allen Umständen die Entwaffnung zu beine von der Arbeiterklasse verschiedenen Interessen. Die Kom­verhindern. In Ostpreußen stehen die Selbstschußver- munistische Partei unterscheidet sich von der ganzen Masse bände mit Zustimmung der Reich mehr unter Leitung von der Arbeiter dadurch, daß sie den ganzen historischen We z Offizieren, die aus der Sicherheitswehr entlassen werden mußten, der Arbeiterklasse als Gesamtheit übersieht und auf allen Wen­Die Entwaffnung der Bevölkerung. weil sie in bezug auf die republikanische Verfassung nicht zubungen dieses Weges die Interessen nicht einzelner Gruppen, nicht Auf der Tagesordnung steht zunächst der Gefeßentivurf über ber läffig waren.( Sört, hört!) Der mit der Entwaffnung einzelner Berufe, sondern die Intereffen der Arbeiterklasse als Ge­die Entwaffnung der Bibilbevölkerung. Danach sind alle betraute Reichskommissar muß ein durchaus zuverlässiger. Militärwaffen bis zu einem von dem Reichskommissar für unparteiischer Mann sein. Auf keinen Fall darf dazu ein früherer die Entwaffnung festzusehenden Zeitpunkt an die von ihm zu be- Offizier verwandt werden. Die jetzt im Entwurf zugelassenen ftimmenden Stellen abzuliefern. Dasselbe gilt für die Munition. Baffenlager, die noch überall auf den Gütern vorhanden stimmenden Stellen abzuliefern. Dasselbe gilt für die Munition. Ausnahmen müssen verschwinden. Angesichts der großen Reichsminister des Innern Koch:

Zu dieser Vorlage find wir durch das Abkommen von Spa verpflichtet. Wir können diese Aufgabe aber nur lösen, wenn sie nicht gegen das Bolt, sondern mit dem Wolfe durchgeführt

find, müssen die Strafbestimmungen bedeutend verschärft mer den. Es darf auch nicht vor der Vermögenston fistation Nur wenn die Vorlage gründlich zurückgeschreckt werden. umgestaltet wird, können wir ihr zustimmen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) ( Schluß in der Morgen- Ausgabe.)

jamtheit verteidigt.

Sieht man sich diese These mur oberflächlich an, so wird fönnen; eingehender Prüfung jedoch hält das Fundament man sich ihrem bestechenden Aeußeren nicht ganz entziehen nicht stand. Daß die Kommunistische Partei behauptet, in ihren Reihen die best qualifizierten Arbeiter zu vereinigen, ist eben eine Behauptung und fein Be­wei 3, eine Behauptung, wie sie übrigens jede Partei mehr wird. Wieviel Waffen noch im Besitz der Bevölkerung sind, kann oder minder deutlich ausspricht. Der zweite Teil der These auch nicht schätzungsweise angegeben werden. General lehnt sich unverkennbar an die Darwinsche Theorie von von Seedt hat in Spa eine Aufstellung übergeben, wonach in der Auslese der Besten im Kampf ums Dasein" an. Die unbefugten Händen sich noch etwa 1,9 Millionen Gewehre, Anwendung dieser Theorie jedoch ist da unmöglich, wo 8400 Maschinengewehre und 4000 Minenwerfer befinden. Ob die Bahlen zutreffend sind, läßt sich nicht sagen. Die Ablieferung fann Der Haushaltsausschus des Reichstages beriet heute die Be- es einer Gruppe an historischer Vergangenheit in so mur Erfolg haben, wenn das ganze deutsche Bolt dabei schlüsse des Unterausschusses über die Einstufung des Verkehrs- hohem Maße fehlt wie der K. P. D. Die Theorie stürzt, an mitwirkt. Neben den gesetzlichen Maßnahmen wird daher auch personals in die Besoldungsordnung. Die Vertreter der drei Ei- falscher Stelle angewandt, ebenso in sich zusammen wie der eine weitgehende Aufklärung des Voltes notwendig sein. Hinweis des letzten Sapes der ersten These auf den histori­schen Weg der Arbeiterklasse; denn gerade die K. B. D. ist eminent unhistorisch. Weiter heißt es in den Grund­jäßen der dritten Internationale:

Die Entwaffnungsaftion

Streifdrohung der Eisenbahner.

fenbahnerverbände hatten dazu ein Ultimatum eingereicht, daß sie einen Demonstrationsstreit der Eisenbahner nachmittag 3 Uhr ihre Forderungen erfüllt seien. in ganz Deutschland herbeiführen würden, wenn nicht bis heute Darüber entwickelte sich eine lebhafte Aussprache. Der Fi

selbst fann nur durch das Reich und nicht durch die Länder durchgeführt werden. Die Durchführung muß in den Händen Erst nachdem die proletarische Dittatur die Bour­einer girilen Behörde liegen. Es soll daher ein Reich stom­misfar für diesen Bwed eingesetzt werden, der völlig unpar- nanzminister erklärte, daß er angesichts des Ultimatums seine Be- geoisie solcher mächtiger Beeinflussungsorgane wie der Bresse , teiijd norgehen soll. Die Hauptzahl der Waffen befindet sich in mühungen um eine Berständigung einstellen müsse. Es gehe gegen der Schule, des Parlaments, der Kirche, des Verwal. den Bänden derjenigen, die einen Angriff von der Gegenseite er- die Autorität der Regierung, gegen die Demokratie und gegen das tungsapparats und anderer mehr beraubt haben wird, erst warten. Dieses Mißtrauen muß beseitigt werden. Die Aftion Parlament, daß die Eisenbahner in einer derartigen Weise einen nachdem die endgültige Niederlage der bürgerlichen Ge= foll daher so unpolitisch wie möglich durchgeführt werden. Drud auszuüben suchen, diesem könne man nicht weichen. Abg. sellschaftsordnung für alle offensichtlich geworden sein ( Lachen der U. Soz.) Ersing( 3.): Der Ausschuß kann sich dem Diftat dieser Orga- wird, werden alle oder fast alle Arbeiter in die Reihen nisationsvertreter unter keinen Umständen beugen. Ich beantrage der Kommunistischen Partei hineingehen. Aussehung der Verhandlungen.

Abg. Lübbring( Soz.):

Wir haben gegen den Gefebentwurf die größten Bedenken. Er muz in einer gründlichen Kommissionsberatung noch weient liche Berbefferungen erfahren, wenn wir ihm zu stimmen sollen. Das Gejes muß dazu führen, daß sich Waffen nur noch in den Händen der Reichsmehr und Sicherheits­polizei befinden. Der Minister ist im Irrtum, wenn er glaubt, daß die Kreise, die Butschabsichten hegen, nicht mehr viele Waffen

hätten. Wir haben

die größten Bedenken gegen die Einwohnerwehren und die in Bildung begriffenen Gelbstschubber bande ". Die letteren Verbände werden schon dadurch gekennzeichnet, daß sie das Werk des reaktionären baherischen Forstwarts Escherich sind. Nach den Sagungen sind die zwei parteipolitisch neutral, aber ihre Führer sind durchaus vom Geiste des Herrn Kapp be­feelt. Diese heimlich gegründeten Verbände verstoßen gegen die §§ 128 und 129 des Strafgejezbuches. Ich verlange von

Jean Jaurès ' Ermordungstag. Bum 31. Juli 1914.

Am heutigen Abend jährt sich zum sechsten Male der grauenhafte Augenblick, an dem sich durch ein offenes Fenster des kleinen Bariser Journalistencafés Au Croissant" ein Fauft durchschlich und den unvergeßlichen Führer der fran­ zösischen Sozialisten und der Internationale. Jean Jaurès , mit zwei Browningschüssen in den Hinterkopf bestiafisch und feige hinmordete.

Abg. Dr. Pachnide( Dem.): Sachlich wäre eine Einigung leicht möglich gewefen. Dieses Schriftstück der Organisationen an die Reichsregierung und den Haushaltsausschus swingt uns abei. die Verhandlungen auszusehen. Sie können nicht eher wieder aufgenommen werden, als bis die Organisationen von die­fer offenbar durch Unberufene erhobenen Drohung mit dem De­monstrationsstreit zurüdtreten. Die Abgeordneten Robur( Soz.), Schuldt( Dem.) und Dr. Höfle( 3.) stellten fest, daß die ihnen naheftehenden Organisationen von dem Ultimatum nicht verstän­bigt worden seien. Auch die Vorstände der Organisationen wissen nichts davon.

Der Ausschuß faßte danach den Beschluß, bis zur Klärung ber Angelegenheit und zur förmlichen Zurückziehung des Ultimatums die Verhandlungen auszufegen. Die nächste Sigung wurde auf Montag angesetzt.

gende bringende Telegramm an die Pariser Humanité", von dem wir allerdings nicht wissen, ob es in den Kriegswirren überhaupt an seine Adresse gelangt ist:

" Tief erschüttert bernehmen wir die entsetzliche Botschaft, daß Guer, daß unser aller Jourès nicht mehr unter den Lebenden ist. Kein schweverer Verlust konnte Euch, fonnte uns alle in dieser ernsten Beit treffen. Das deutsche Volf neigt sich vor dem Genius dieses großen Vorfämpfers und beklagt es aus tiofstem Herzen, daß gerade jetzt der Mann nicht mehr auf dem Blaze sein kann, der sein Leben lang gefämpft hat für die Ver­ständigung zwischen Frankreich und Deutschland . Sein Wirken wird unvergänglich sein in der Geschichte des internationalen Sozialismus und der menschlichen Kultur. Für die Sozialdemo­fratische Partei Deutschlands : Scheidemann ."

Selbst wenn der 31. Juli 1914 nicht obendrein das Kriegsverhängnis ins Stollen gebracht hätte und somit den Tod und das Elend für Millionen von Proletariern aller Länder bedeuten würde, so genügte die Erinnerung an den Bekanntlich wurde im Frühjahr vorigen Jahres, nachdem der großen Märtyrer der Völkerversöhnung, um diesen Tag von Meuchelmord während des ganzen Krieges ungefühnt geblieben ollen fozialistisch und pazifistisch Denkenden auf ewig ver- mar, der Mörder Raoul Villain vom Pariser Schwurgericht fluchen zu lassen. freigesprochen, ein unauslöschbarer Schandfleck in der französischen In diesen Zeiten des Bruderkampfes und der Nachwir- Juftiggeschichte. fungen des Bölferkampfes gibt es leider nur zu wenige In der vorigen Woche ist der gänzlich in Vergessenheit ge­Gebiete des sozialistischen Fühlens, auf denen fich alle Pro- ratene Billain plöglich wieder aufgebaucht: er wurde in einem Ietarier aller Länder vereinigen können. Das schmerzliche und Pariser Borort verhaftet, als er in einer Spelunde Handel treue Gedenken an den edlen und tapferen Jean Jaurès ge- mit Silbermünzen trieb. hört aber zu den Momenten, in denen die gleichen Gefühle der Trauer und der Bewunderung alle sosialistischen Herzen geschlachtet! ohne Unterschied der Nationalität und der Parteizugehörigkeit bewegen.

Und dieser verkommene Bursche hat einen Jaurès hin.

Straßenbahnerstreit in Hannover . Am Freitag nachmittag Im Namen des Vorstandes der deutschen Sozialdemokratischen forderungen die Arbeit niedergelegt. Der Straßenbahn­haben die Straßenbahner in Hanover wegen nicht erfüllter Lohn Partei sandte Genosse Scheidemann am 1. August 1914 das fol- verkehr ruht vollständig.

Auch hier wird an Stelle des Beweises die apodiktische Behauptung gewählt. Mary und Engel& haben bekannt­lich abgelehnt, im einzelnen darzustellen, wie sich das Bild nach dem Zusammenbruch der bürgerlichen Gesellschaft, den auch sie als Notwendigkeit lehrten, gestalten würde. Die Kommunisten von heute wissen es besser: fie dekretieren, daß nach dem Zusammenbruch der Bourgeoisie alle Arbeiter der K. P. zuströmen werden. Dabei ist nicht einmal gesagt, ob der Versuch einer gewaltsamen 3er­trimmerung des Apparates der bürgerlichen Gesellschaft tatsächlich ihren schnelleren Untergang herbeiführt als der den ökonomischen Gesezen folgende natür­liche und organische Entwidlungsgang. Doch mit Defonomie haben diese eigenartigen Marristen" wenig zu schaffen. Wie weit der kommunistische Weg von dem durch Marr und Engels nachgewiesenen abführt, beweisen nachfolgende weiteren Säße der Thesen des Erekutivkomitees: Jeder Klassenkampf ist ein politischer Kampf. Das 3iel dieses Stampfes, der unvermeidlich in den Bürgerkrieg über. geht, ist die Groberung der politischen Macht.

Hier geht Richtiges und Falsches bunt durcheinander. Richtig ist, daß der Klassenkampf ein politischer Kampf ist; richtig ist auch, daß sein Ziel die Eroberung der politi­chen Macht st. Beide Wahrheiten sind nur halb wahr. hei ten; denn der Klassenkampf ist ein politischer und ein wirtschaftlicher Kampf mit dem Ziel, neben der politischen Macht und durch diese die ökonomische zu erringen und zu befestigen. Der Uebergang des Klassenkampfes in den Bürgerkrieg ist nicht unvermeidlich, wie die Kommunisten behaupten, sondern er kann seine Begleiterscheinung werden, nie aber darf man ihn als Selbst zweck profla­mieren, wie es seit Begründung der Sowjetherrschaft in Rußland unaufhörlich von kommunistischer Seite ge­predigt wird.

Bemerkenswert ist, daß die dritte Internationale von der A. A. P. D. beträchtlich abrückt. Dieser wird Rückkehr um Syndikalismus und zur reaktionaären An­schauungsweise borgeworfen.

Aber im Vergleich mit dem revolutionären Marris­mus, d. 5. mit dem Kommunismus, stellen der Syndikalis. mus und der Industrialismus einen Schritt rückwärts dar. Die Erklärung der linken" Kommunisten Deutschlands , daß sie zwar eine Partei, aber keine Partei im überlieferten Sinne des ungen des Syndikalismus und Industrialismus, die reaktionäre Wortes" schufen, ist eine geistige Kapitulation vor jenen Anschau­Anschauungen sind,