Zehn Protestv-rsammlmigeu gegen daS beabsichtigteAttentat wider das Leipziger Kommunalwahl-System sind seitensder Leipziger Parteigenossen auf heute(Dienstag) Abend in Leipzigund den Vororten einberufen worden.*»DaS Lalideskomitee der sozialdemokratischenPartei des Großherzogthums Hessen, dessen Sitzdurch den Beschluß der Landeskonferenz von Darmstadt nach Mainzverlegt worden ist, hat sich jetzt konstituirt. Vorsitzender ist SchreinerSteck, Schriflführer Redakteur Sprenger und Kafsirer Stadt-verordneter Tiefet. Das Komitee macht bekannt, daß das inOffenbach beschlossene Organisationsstatut in Kürze zur Vevsendung gelangt. Zusendungen für das Komitee sind an die„Mainzer Volkszeitung" zu richten.»«Alle Zuseildul, gen an den LandeSvorstand dewürttembergischen Sozialdemokratie sind nicht,wie in Nr. 228 unseres Blattes fälschlicher Weise angegebenwar. an Leickhardt, sondern an Karl Sporka, Tannenstraße 12 in Stuttgart, zu richten.»«Eine„Lokalfrage" besteht für die Parteigenossen fast einesjeden Ortes dank des Druckes der Behörden und der Feigheit derWirthe. Bei einer allgemeinen Umfrage bei den Gastwirthen vonA r n st a d t erhielten unsere dortigen Parleigenossen fast nur abschlägige Antworten, so daß ihnen nur drei kleine Lokale zur Ver>fügung bleiben. Die Genossen beantworten diese SIbsage mit derVerhängung der Lokalsperre.* mZu den Schwärmern für ein neue? Sozialistengesetz gehören auch die„Jtzehoer Nachrichten". Sie sind erbost über diesozialdemokratische„Schlesw.-Holst. Volksztg." in Kiel, welchevon den„Jtzehoer Nachrichten" als von der„nationalmiserablenJtzehoer Tante" geschrieben hat. Das hat die„Tante" so inHarnisch gebracht, daß sie laut nach einem neuen Sozialistengesetz schreit. Sie schreibt nämlich in bezug auf die Auslassungen unseres Partei- Organs:„Leider fehlt heutzutage der Polizei das alte Sozialistengesetz, umgewissen sozmldemokratischen Agitatoren und Blättern wieBlättchen durch Zwangsmaßregeln, wenn sie es gar zuarg treiben, beizubringen, daß Ordnung und Gesittung vonjedem Bürger und jeder Zeitung im Deutschen Reich anerkanntwerden sollen."Ihr Fläschchen, Frau Nachbarin!Der„Hochverrathsprozeß" gegen die Mannheimer„Volksstimme" wird Freitag, den 19. Oktober, vor dem Schwurgericht zu Mannheim verhandelt werden. Merkwürdiger Weiselautet die den Angeklagten zugestellte Ladung nur wegen Ver>brechen bezw. Vergehen nach ß 8S, 82, 812 R.-St.-G. und 20Preßgesetzes, während in der Anklageschrift außerdem noch die§§ 130, 73 und 47 St.-G.-B. angeführt sind.Der Ruhm der Leipziger Bürgerrechts-Ver-w e i g e r e r läßt die Falkensteiner Stadtväter nicht schlafenSie verlangen, wie die„Leipziger Volkszeitung" mittheilt, ebenfalls ein Klassenwahlsystem. Der klassengenössische Stadtralh hatauch dem Plane der Verschlechterung des Wahlrechts seine Zustimmung ertheilt, und es bleibt nur noch abzuwarten, was dasStadtverordneten-Kollegium dazu sagt.DaS alkgemeine Wahlrecht in Oesterreich. VonLemberg wird berichtet: Eine am Sonntag hier abgehaltenesozialdemokratische Arbeiterversammlung nahm eine Resolutionzu Gunsten des allgemeinen Wahlrechtes an. Am Nachmittagdurchzogen die Arbeiter die Stadt unter Hochrufen auf das allgemeine Wahlrecht.Die Beschlüsse der Dekegirtenversammlnng deS schweizerischen Grütlivereins— so schreibt man uns aus derSchweiz— finden in der Presse lebhafte Besprechung und siesind, ebenso wie die darüber gepflogenen Verhandlungen selbst,von gewisser Bedeutung. Zurückgreifend auf diese sei bemerkt.daß es geradezu erfrischend und wie gewitterreinigendwirkte, als Genosse Wullschleger von Basel die voneiner gewissen Richtung in der Züricher Arbeiterbewegunggeübte Seklirerei mit fanatischer und terroristischer Verfolgunganderer Meinungen brandmarkte und unter energischem Protestgegen diese unsozialdemokratische Taktik den vollständigen Bruchmit derselben forderte. Leider wird dieser unseres Erachtensnicht so schnell erfolgen, als es im Interesse der Züricher undder ganzen schweizerischen Arbeiterbewegung wünschenswerthwäre. Die Ursache davon ist in der Verpflanzung der„Unabhängigen" nach Zürich zu suchen, gegen die sich Wullschlegerebenfalls energisch in Baden wandte und erklärte, daß der Streitder deutschen Sozialdemokratie mit den Unabhängigen dieschweizerische Arbeiterbewegung nichtsWeise hat man sich aber seinerZweifel richtigen Standpunkt inWürde man auch hier den Streitdemokraten und den paar in ihredeutschen Unabhängigen überlassen haben,anging. BedauerlicherZeit auf diesen ohneZürich nicht gestellt.den deutschen SozialReihen verschlagenenso wäre er ohne vielGeräusch und in kurzer Zeit geschlichtet gewesen oder er wäredoch bei längerer Fortdauer auf diese Kreise beschränkt geblieben;allein die„Unabhängigen" hatten in der Züricher Arbeiterbewegung vor allem in den Gewerkschaften die gesuchte Hilfegefunden und das Resultat war zwar nicht die Vernichtung der„Fraktionellen" durch die„Unabhängigen", wohl aber die In-fizirung der Züricher Bewegung mit„unabhängigem" Geist;will man nun jene, wie sieJahren gestaltete, verstehen undman diesen als einen wichtigenziehen müssen. Man wird dann aberSeklirerei und der Terrorismus gegensich in den letztenbeurtheilen, so wirdFaktor in Betrachtauch einsehen, daß dieabweichende Meinungenüber Fragen und Vorgänge in der Arbeiterbewegung nicht soschnell verschwinden werden.Unseres Erachtens waren die scharfen Worte, welche Wull-schleger gegen das vielfach taktlose Auftreten der Ausländer inder Schweiz richtete, in erster Linie auf � die vordrängendeArroganz der„Unabhängigen" und Anarchisten gemünzt. Nachunseren Erfahrungen stehen wir aber nicht an, zu erklären, daßsie mit Recht gegen einen großen Theil der Ausländerüberhaupt zutreffend sind. Wullschleger sagte, es seieine Frechheit und keine Jnternationalitüt, wenn Aus-länder, welche die schweizerischen Verhältnisse nicht kennenund sich auch �ar nicht bemühen, sie kennen zu lernen, über die-selben rasch fertig mit dem Urtheil sind, während die Schweizerselbst erst jahrelanger Studien bedürfen, um sich«in Urtheil zubilden.Wenn Leute aus Deutschland, Oesterreich, Italien:c., welchedie Verhältnisse des eigenen Heimathlandes nicht einmal kennen,in die Schweiz kommen und hier großmäulig über alle Fragenin der Arbeiterbewegung und in der schweizerischen Politik über-Haupt nicht blos mitsprechen, sondern nicht selten das großeWort sühren wollen, so ist dies in der That, wie Wullschlegersagt, nicht Bethätigung von Jnternationalilät, sondern Frechheit.Diese scharfen, aber berechtigten Worte sollten insbesondere vonallen Genossen, welche in die Schweiz gehen oder schon da sind,beherzigt und befolgt werden. Die schweizer Verhältnisse sind— das sollte sich jeder merken— so grundverschieden von denenin feudal- polizeilich- bureaukratischen Monarchien, daß auf sieweder die hier angewandte Taktik, noch der Ton der Agitation,noch daS Urtheil einfach übertragen werden können. Ge-schießt es dennoch von Ausländern, so schaden sie derschweizerischen Arbeiterbewegung mehr, als sie rn ihrem Eiserihr zu nützen glauben. � ,,,,,,. v mWas die Besprechung der Badem Beschlüsse tn der Presse be-»rifft, so wird die Bedeutung anerkannt, welche m der mit allen gegenfünf Stimmen beschlossenen Zurückweisung der Angriffe auf dasschweizerische Arbeitersekretariat und in dem ertheilten Vertrauensvotum an dasselbe liegt. Diese Kundgebung war aber auch nothwendig, weniger gegenüber Angriffen von Leuten wie Hans Müller,als vielmehr solchen, welche auS den eigenen Reihen erfolgten unddie nun als über das Maß berechtigter sachlicher Kritik hinaus-gehend desavouirt sind.»»«Polizeiliches, Gerichtliches re.— Die Polizei hat mit den Sozialdemokraten ihre liebeRoth. Ter vor einiger Zeit in der Umgegend von Heiligenhafenverbreitete„Norddeutsche Volkskalender" ist in dem Gute Löhrstorf und der Dorsschaft Großenbrode vom Polizisten der Gutsobrigkeit Löhrstorf wieder eingesammelt worden. Grund: DieVerbreiter haben keine Erlaubniß vom Amtsvorsteher und Land-rath dazu gehabt, den Kalender abzugeben.— Wahlverein aufgelöst. Als kürzlich der Vor>sitzende die Versammlung des Wahlvereins in Kirchberg(Sachs.)eröffnet und dem Referenten das Wort erlheilt hatte, erklärte deranwesende Machtmeister, daß die Versammlung nicht stattfindendürfe, da der Verein bereits aufgelöst sei. Grund: Betheiligungam Crimmitschauer— Sängerfest.— Zwei Volksversammlungen in P e n i g, in welchen über:„Der Reichstag und die Parteien gesprochen werden sollte,wurden vom dortigen Stadtrath verboten. Köstlich ist dieBegründung, welche anführt, daß die Wirksamkeit des Gewerbe-gerichts in Penig zur Genüge ergeben habe, daßzwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dasbeste Einvernehmen herrsche, daß die Versammlungaber geeignet erscheine. dies„gute Einvernehmen"zu stören.Soziale Lteverstrizk.DaS städtische Slrbeitsamt in Erfurt hat seit dem1. Oktober eine Erweiterung dahin gefunden, daß nun auch eineDienstbotenvermittelung damit verbunden ist. Die Abtheilungfür Frauen und Mädchen wird von einem weiblichen Beamtenverwallet.DaS städtische Arbeitsamt in Mainz soll einer Depu-tation unter Zuziehung von Beisitzern zum Gewerbegericht unter-stellt werden. Die gesammten Kosten soll die Stadt übernehmen.Geplant ist auch die Einbeziehung der Dienstboten in die Arbeits-Vermittlung ein sehr wichtiger Punkt—, denn gerade dieDienstboten werden von den Stellenbureaus am meisten geschröpft.Für diesen Zweig der Verwaltung wird eine Frau den Verkehrvermitteln.Weibliche Beamte sollen nunmehr, wie wir der„Münch.Post" entnehmen, auch in B a y e r n zur Verwendung kommen.Es ist beabsichtigt, Frauen vorerst mit der Bedienung des Tele-phous zu betrauen. Auch im Eisenbahndienste, in der Haupt-Güterexpedition sollen solche probeweise angestellt werden. Daßsich die Frauen für genannte Dienste eignen, unterliegt wohl keinemZweifel, ebenso ist von ihnen Pünktlichkeit sicher zu erwarten.Nachforschungen dieser Art, hauptsächlich in der Schweiz,welche seit Jahren weibliche Beamte sowohl bei der Postals auch der Eisenbahn beschäftigt, lieferten die denkbarbesten Resultate. Den Frauen, so bemerkt unser MünchenerParteiorgan, ist die Eröffnung dieses Erwerbes nur zu wünschen,doch hat bekanntlich jedes Ding auch seine Schattenseiten. Voraussichtlich werden die weiblichen Angestellten für dieselben Arbeiten,welche bisher von Männern versehen wurden, niedriger bezahltals letztere und würden sie dann nebst gefährlichen Konkurrentenals Lohndrücker funktioniren. Die letztere Befürchtung ist nur ,uberechtigt; es ist leider eine all bekannte Thatsache, daß im Landeder sozialen Reform auch in Staatsbetrieben die Frau geringerentlohnt wird, als der Mann.GeiverKlsilhafllirtrev.An die Arbeiter in Berlin nnd Umgegend. GenossenSeit langer Zeit geben sich die Händler und Händlerinnen diedenkbar größte Mühe, um für die Lokal- und Straßenhändlerund-Händlerinnen eine aus dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehende Organisation zu bilden; dies ist nun zumTheil gelungen. Eine Freie Vereinigung der Händler und Händ-lerinnen ist vor kurzem gegründet. Zwar ist das Häuflein klein,aber durch die Hilfe der Arbeiter kann es sehr bald größerwerden. Die Freie Vereinigung hat sich zur Aufgabe gestellt,durch gute Vorträge seine Mitglieder zu klassenbewußten Pro-letariern heranzubilden, sie hat sich bereit erklärt, bei Lohinkämpfen diejenigen Maaren zum Vertriebe zu verweigern, welcheaus Werlstätten oder Fabriken stammen, wo sich die Arbeiter imLohnkampf befinden. Arbeiter, Genossen! An Euch ist es, nunür unsere Vereinigung einzutreten, unterstützt uns in demKamps gegen den Jndisserentismus unserer Nollegen und Kolle-ginnen.An die Zimmerer von Gr.-Lichterfelde, Lankwitz,Teltow, Steglitz und Marienfelde! Am Sonntag, den14. Oktober. Vormittags 10'/- Uhr. findet im Lokale des HerrnEberl, Bcrlinerstraße, Rosenthal'sches Terrain, die erste Mit-!zliederversammlung des neugegründeten Lokalverbandes statt.Wir ersuchen alle Kameraden recht zahlreich zu er-cheinen und tüchtig für unsere neue Organisation zu agitiren.Der provisorische Vorstand.Achtung, Glacee-Handschuhmacher l Am Sonnabend, den13. Oktober,' findet im Vereinslokal, Gipsstr. 3, ein Vergnügenzum Besten der ausgesperrten Brauerei-Arbeiter statt. Kollegen!Zeigt auch hier Eure Solidarität mit den ausgesperrten Arbeiternnnd erscheint an diesem Abend zahlreich mit Freunden und Be-kannten. Der Delegirle: H. Hinz.Als eine Folge des Güstrower Streiks ist eine Anklagej u betrachten, die am 3. Oktober vor dem Schöffengericht rnGüstrow stattgefunden. G r a p e n t i n. der Führer der Streik-bewegung. war angeklagt wegen Körperverletzung, die er be-angen haben sollte an einem Arbeiter B u b l i tz, welcher alstreikbrecher in der Fabrik weiter arbeitete. Von den beidenZeuge», Bublitz und Grise, giebt der erstere an, daß er mitletzterem zusammen von der Arbeit auf dem Heimweg begriffengewesen sei, in der Nähe des Bahnüberganges Grapentin be-! egnete und von diesem zweimal auf den Kopf geschlagen wurde.Grise bezeugt dem entgegen, daß er nicht mit Bublitz zusammengegangen fei und sich auch nichts mit diesem unterwegserzählt habe, daß Bublitz vielmehr kurz vor demBahnübergang plötzlich etliche Schritte zurückgeblieben sei, zuwelchem Zwecke, wisse er nicht, auch will er nicht gesehen haben,daß Grapentin geschlagen hat. Letzterer behauptete, daß BublitzLump zu ihm gesagt habe, und er denselben darauf von hintenwohl ergriffen, nicht aber geschlagen habe. Das Urtheil lautetauf acht Tage Gefängniß und Tragung der Kosten; dasselbe wirdgestützt nicht auf die widersprechenden Aussagen der Zeugen,andern auf die Aussage des Bublitz. Auch der§ 185 des Straf-gesetzbuches, thätliche Beleidigung, und§ 1S3 der Gewerbe-Ordnung, Nölhignng, wurde angezogen, da in bezug auf den letzterenangenommen werden müsse, daß Grapentin sich als Streikenderdes Vergehens gegen Bublitz schuldig gemacht habe, um seinerRache dafür, daß derselbe weiter arbeile, Ausdruck zu geben.Wegen Mangel an Beschäftigung wurden vorige Wochevon der Holzhandlung von Havemann und Sohn inLübeck 70 Arbeiter entlassen.Beim Seidenweberstreik in Bielefeld zeigt sich in rechterfreulicher Weise, was Arbeitersolidarität vermag. Seit sechsWochen streiken die Arbeiter und bereit? über 7000 Mark hattrotz der gegenwärtig gewiß nicht glänzenden Geschäftslage dieArbeiterschaft ausgebracht, um die Opfer rücksichtsloser Fabrikanien-willkür widerstandsfähig zu erhalten. Einige hundert Arbeitereines dortigen Etablisiements haben den Beschluß gefaßt, anjedem Lohntage pro Mann eine Mark sür die Streikenden ab-zustoßen.Internationaler Eisenbahnarbeiter- Kongreß. Manschreibt uns aus Paris unterm 6. Oktober: Der erste Punkt,mit dem der Kongreß seine Berathungen wieder aufnahm, betrafdie Einberufung von Meetings unter freiem Himmel, die aneinem und demselben Tage in allen Ländern behufs Diskussionder vom jetzigen Kongresse angenommenen Beschlüsse stattzufindenhätten. Auf Einwendung verschiedener, namentlich italienischerund österreichischer Delegirten hin, die auf die gesetzlichen Hinder-nisse hinwiesen, die in ihrem Lande dem entgegenstünden, wurdedieser Punkt, der von den Holländern ausgegangen war, vondiesen selbst zurückgezogen, hingegen aber dem Wunsche allgemeinAusdruck gegeben, daß die Eisenbahnarbeiter sich überall an derMai- Manifestation betheiligen sollen. Der folgende Punkt:Achtstundentag, wurde mit dem zweitnächsten: WöchenllicherRuhelag, zusammengefaßt und nach längerer Diskussion, in deru. a. auf den Zusammenhang zwischen der Ueberarbeit derEisenbahnbedienstelen und den Eisenbahnunsällen hingewiesenwurde, ein Antrag angenommen, wonach der Arbeits«tag höchstens zehn Stunden betragen dürfe, ohne daß indeß diewöchentliche Arbeitszeit 43 Stunden übersteige, und hat all-wöchentlich eine ununterbrochene Ruhepause von 36 Stundeneinzutreten. Der Punkt, betreffend die Abschaffung der Fracht-züge an Sonntagen, wurde mit dem Zusatz angenommen, daßdie Beförderung von Nahrungsmitteln hiervon auszunehmen ist.In bezug auf die Frage des Minimallohns wurde beschlossen,dieselbe dem nächsten Kongreß zu überweisen. Inzwischen solldos internationale Studienkomitee lohnstatistische Daten sammeln.Was hingegen den nächstfolgenden Punkt, die Gedinge- bezw.Stückarbeit anbelangt, hat der Kongreß mit dem Hin-weis darauf, daß diese Art von Arbeit nur zurLohndrückerei führe, einstimmig ihre Abschaffung votirt.Desgleichen wurde die Abschaffung der Prämien verlangt, dienur zur AbHetzerei der Bediensteten benützt werden und eine»integrirenden Bestandtheil der Löhne bilden. An Stelle derPrämien soll ein der Arbeit entsprechender auskömmlicher Lohnfixirt werden. Bei Behandlung des folgenden Punktes der Tages-ordnung, der die Abschaffung der verschiedenen Dienstklassen undan deren Stelle eine Beförderung nach dem Dienstalter mit einervon 5 zu 5 Jahren steigenden Lohnerhöhung verlangt, wurdedarauf hingewiesen, daß eine Beförderung nach dem Dienst-alter keine Abschaffung, sondern vielmehr einer Vermehrungder Dienstesklaffen gleschkomme und daß weniger gegen dieseVerschiedenheit der Dienstesklassen als gegen das Protektions-wesen anzukämpfen sei. Schließlich einigte man sich denn auchdahin, daß von den Eisenbahnverwaltungen gewisse Garantiengegen die Protektionswirthschaft zu verlangen seien, doch würdees jeder Nationalität überlassen, die Wege und Mittel zu wählen,die ihr hierfür zweckentsprechend erscheinen. Was den Ruhegehaltanbelangt, verlangt der Kongreß, daß jeder Eisenbahnbcdienstet«nach 20jähriger Dienstzeit und nicht erst, wenn er schon miteinem Fuße im Grabe stehe, eine Pension erhalte. daß diesemindestens zwei Drittel seines früheren Lohnes betrage unddaß die Eisenbahn- Gesellschaften bezw. der Staat,fern dieser im Besitze der Eisenbahnen ist. sürPensiousfonds allein aufzukommen haben. Bezüglichweiteren Punktes, der die Vorlage eines Gesetzes verlangt.die Diensterfordernisse mit dem Rechte der Eisenbahnbediensteten,zur Wahlurne zu schreiten, in Einklang bringt, sprach sich derKongreß dahin aus, daß er die Nolhwendigkeit anerkennt, allenEisenbahuarbeitern und Angestellten die Erfüllung ihrer bürger-lichen Pflicht als Wähler zu ermöglichen, daß er es aber denOrganisationen der einzelnen Länder überlasse, ihren gesetz-gebenden Körperschaften diesbezügliche Gesetze vorzuschlagen.Der sozialistische Geist des Kongresses trat besonders bei Berathungdes darauf folgenden Punktes, der von dem Rechte der Eisenbahn-bedienstetenaufdasEigenthumdcrEisenbahnen spricht, hervor. DerKongreß wies nämlich auf das Unlogische dieser Forderung hin underklärte, daß die Vergesellschaftung der Eisenbahnen gleich deraller Produktionsmittel anzustreben sei. Damit war die Tages-ordnung erschöpft und auch die eigentlichen Arbeiten des Kon-gresses erledigt. Der nächstjährige Kongreß wird auf Antragder italienischen Delegation in Mailand tagen. Heute Abendfindet den Delegirten zu Ehren ein Bankett mit darauffolgendemKonzert und Vall statt, während für morgen Nachmittag einegroße Volksversammlung mit der Tagesordnung:„Der inter-nationale Eisenbahnarbeiter- Kongreß und die öffentliche Sicher-heit" angesagt ist. In dieser Versammlung soll auf die häufigendurch die Ueberarbeit hervorgerufenen Eisenbahnkatastrophen hin-gewiesen und damit gleichzeitig dokumenlirt werden, daß. wenndie Eisenbahnbediensteten gegen die Ueberarbeit Front machen,sie zugleich die Sache des großen Publikums vertreten.so-dendesdasVepcsUien.<Wolff'S Ttlegravhen-Bureau.)Breslau, ö. Oktober. Die Grenzsperre bei Myslowitz istgestern aufgehoben worden; auch der Grenzübergang aus Oester-reich wurde gestern für den Verkehr eröffnet.Antwerpen, 3. Oktober. Einer der Hauptanziehungspunkteder hiesigen Weltausstellung. Alt-Antwerpen steht in Flammen.Rivc de Gier, ö. Oktober. Bei einem gestern Abend ineinem Caföhaus aus unerheblicher Ursache entstandenen Streitezwischen französischen und italienischen Ardeitern wurden fünfPersonen verwundet, darunter drei schwer. Fünf Verhaftungenwurden vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft wurde von demVorgange unterrichtet.PariS, 8. Okt. Hier wird versichert, die Entsendung vonvier französischen Kriegsschiffen nach China sei bereits infolgedes Einvernehmens zwischen den betheiligten europäischen Mächtenerfolgt.(Depeschen-Bnrean Herold.)Köln a. Rh., 8. Oktober. Aus Petersburg wird der. Kölnischen Zeitung" gemeldet: Die Truppenabtheilung, welchezum Schutze der russischen Grenze gegen die chinesischen Räuber-banden ausgesandt werden soll, wird aus fünf ostsibirischenSchützenbataillonen, zwei Sotnien Kosaken und drei Batterienbestehen.Pari», 8. Oktober. Aus Hongkong wird telegraphirt, daßein französisches Admiralschiff in den chinesischen Gewässern ein»getroffen ist.London, 8. Oktober. Aus Peking witd berichtet: DieStreitigkeiten, welche unter den chinesischen Generälen entstandensind, nehmen immer weiteren Umfang an. Dagegen herrscht inder japanischen Armee noch immer die beste Disziplin.London, 8. Oktober.„Staudard" bringt ein Telegramm,nach welchem der Oberbefehlshaber der japanischen Arniee, Prinz""amagata, im Namen seiner Regierung dem diplomatischenorps milgetheilt hat, daß er im Falle der Einnahme Pekingsseinen Truppen nicht die Erlaubniß zur Plünderung der Stadtgeben werde.London, 8. Oktober. Einer telegraphischen Meldung ausShanghai zufolge sind in Taku von einem aus Hamburgeingetroffenen Schiffe drei leichte Geschütze und 4000Gewehre ausgeladen worden. Ferner wird gemeldet, Prinz Kunz,einer der Leiter der militärischen Operationen, beschäftige sichgegenwärtig mit den Vertheidigungsmaßregeln in der NähePekings. Er stehe in beständigem telegraphischen Verkehr mitdem Vicekönig Li-Hung-Chang, der in Tientsin weilt und demPrinzen Kung 8000 Mann Truppen zugesandt hat.Verantwortlicher Redakteur: I. Dierl(Emil Roland) in Berlin. Druck und Verlag von Mar Babing in Berlin L)V.. Beulhstraße 2.Hierzu zwei Beilage«.